Wer nicht hören will, muss fühlen ... so war im Januar dieses Jahres ein Artikel im Bereich "Gitarren-Tuning" einer E-Gitarrenfachzeitschrift überschrieben. Darin berichtete ein gewisser Udo P. - wir wollen ja keine Namen nennen
- von einem Blindtest, den er im Rahmen eines Workshops mit 30 Teilnehmern durchgeführt hatte. Er schickte voraus, dass er von solchen Blindtests eigentlich nichts halte, da nur die Ohren der Zuhörer beteiligt seien und sie keinen Eindruck des Spielgefühls und der Verzückung des Spielers ergäben.
Die neun getesteten Instrumente waren zwei alte Gibson Les Pauls und zwei Gibson Custom Shop Collectors Choice Les Pauls, die mit alten (PAF) Tonabnehmern, Cryo-Tuning-Brücke, Kondensatoren, etc. ausgerüstet wurden, um das "old wood" besser beurteilen zu können, sowie drei alte Stratocaster (61er, 62er, 63er) und zwei neue "Relic-Modelle".
Der Amp war ein Selbstgebauter des Vorführenden.
Er spielte also hinter einem langen Vorhang seinen Hörern einige Akkorde und Licks vor.
Das Ergebnis:
"Die ersten Reaktionen der Zuschauer waren typisch für das, was für den Rest dieses Tests folgen sollte: Die meisten Zuhörer hielten die neue Stratocaster für die alte, ... Gleichgültig in welcher Kombination ich diesen Test wiederholte, die Zuhörer lagen mit ihren Tipps fast immer falsch. Ja nicht einmal die Besitzer der Vintage-Gitarren, die ebenfalls unter den Zuhörern saßen, konnten ihre eigenen Instrumente heraushören. Sogar wenn ich zweimal hintereinander dasselbe Instrument spielte, wurden Unterschiede, die es ja eigentlich gar nicht geben durfte, beschrieben. Schon nach zwanzig Minuten Stratocaster testen, hörten die meisten Zuhörer gar nichts mehr. ... Obwohl ich selbst beim Spielen hinterm Vorhang teils erhebliche Unterschiede empfand, blieb die Verwirrung auch bei dem Les-Paul-Test bestehen. Das was ich beim Spielen fühlen konnte, kam beim Zuhörer nicht an. Mehr gibt es zum Blindtest eigentlich nicht zu sagen."
So weit ganz richtig der Autor. Er merkt noch an, dass man, hätte er eine günstige Epiphone gespielt, sie wohl auch nicht erkannt hätte.
Aber nach der Mittagspause kam die Wende:
Jetzt durften die Zuhörer selbst spielen und nun waren die Unterschiede auf einmal zum Teil "enorm"! Weil sie beim Zuhören nicht "gespürt" hatten, wie die Instrumente waren und weil die Instrumente vorher immer nach dem Spieler, also Udo P. geklungen hatten!
"Spielt ein anderer, sind die Klänge vielleicht ganz anders."
Weitere Zitate erspare ich mir, wer will mag es selbst lesen, Copyright und meine Tippfaulheit stehen dem entgegen, ausser dem abschliessenden Satz, der es doch wert ist, gelesen zu werden:
"Wenn wir ein Instrument spielen, scheinen wir mit allen Sinnen zu musizieren und nicht nur mit den Ohren ... Bis zum nächsten Mal!"
Es reizt mich allerdings hinzuzufügen: Sofern wir noch bei allen sind!
Der Psychologe sagt dazu wahrscheinlich: It´s all in your head.
Der Autor sah sich aber in der Ablehnung von Blindtests bestätigt, was ja kein Wunder ist, wenn man das Ergebnis sieht.
Ich hätte aber den Test weitergeführt und den anderen Teilnehmern die Instrumente ausgehändigt, ohne das Alter oder die Marke zu nennen, anonym sozusagen. Und zwar im Dunkeln! Oder eine Epiphone dazwischen auch mal als "Vintage-Gibson" angepriesen. Was die Probanden wohl dann gehört hätten?