Sooo, dann geb ich meinen Senf auch mal dazu...
Ich für meinen Teil bin durchaus der Meinung, dass der Begriff "Ton"holz gerechtfertigt ist.
Eingangs gleich mal das "Mitleidsargument" (wurde glaub ich weiter vorn mal so bezeichnet
):
Ich mühe mich jetzt seit nunmehr ca. 35 Jahren, wohlklingende Töne aus Gitarren herauszukitzeln und hatte in dieser Zeit eine veritable Zahl von Gitarren in Besitz und weit mehr Klampfen mal länger, mal nur flüchtig in der Hand. Wobei ich durchaus zugebe, dass das Musizieren bei mir ohne jeglichen wissenschaftlichen Anspruch geschehen ist und meine Klangeindrücke auch keineswegs akribisch mitprotokolliert wurden. Leider fehlen mir daher beim Folgenden somit Angaben zu Rahmenbedingungen wie Raumtemperatur und -feuchtigkeit sowie Windrichtung und -stärke. Trotzdem reklamiere ich für mich in quasi grenzenloser Arroganz, evtl. gewisse Erfahrungswerte gesammelt zu haben, die bezüglich der Beurteilung von Klang und/oder Ton hilfreich sein könnten.
Das Thema "Ton durch Holz oder Ton durch Pickup oder Ton durch Amp" ist ja nun nicht gerade das neueste, im Zuge einer solchen Diskussion haben wir vor ein paar Jahren mal folgendes Experiment durchgeführt:
Da die folgenden Probanden...
a) ESP KH-2 Custom, Baujahr 1995, Riegelahorn-Schraubhals, Erle-Korpus, 2x EMG 81, Schaller FR-II
b) ESP M-II Custom, Baujahr 1998, Ahorn-Schraubhals, Ahorn-Korpus, 2x EMG 81, Original-Floyd Rose
...bei nahezu identischen Specs doch deutlich unterschiedliche Amp-Einstellungen aufwiesen, um wiederum ein ähnliches Klangbild zu produzieren, wurde interessehalber der M-II-Korpus in die KH-2 verpflanzt.
Und siehe da: Die Gitarre klang - bei unveränderten Amp-Einstellungen - deutlich heller/höhenbetonter, weniger warm im Bass-/Tiefmittenbereich und schien insgesamt weniger resonant... was irgendwie aufgrund der dem Ahorn zugeschriebenen Klangeigenschaften auch zu erwarten war, von der Fraktion "der Pickup macht den Sound" aber vehement in Abrede gestellt wurde.
Letzten Endes war anscheinend nicht mal der "große Gleichmacher" EMG 81 derart gewichtig in der Kette der Klangerzeugung, um den Grundcharakter komplett aus der Gleichung zu nehmen.
Unterschiedliche Klangcharakteristika verschiedener Tonhölzer ließen sich übrigens auch mit Strat-Bodys (von Rockinger u. Warmoth), einem Rockinger-Hals (Maple/Rosewood) und einem vorverdrahteten Pickguard gar trefflich überprüfen. Wobei festzuhalten bleibt, dass es sich hier um Grundcharakteristika, klangliche Tendenzen oder Texturen handelt;
Ich möchte hier keineswegs behaupten, in einem Blindtest rauszuhören, ob jemand mit einer Ibanez RG aus Linde, einer Jackson Dinky aus Sumpfesche oder einer ESP Horizon aus Erle zugange ist.
Unterschiede? Auf jeden Fall.
Welches Holz? Unwahrscheinlich.
Aber zu attestieren, dass Korpusform und -holz irrelevant sind, lediglich der Pickup den Klang erzeugt und somit kein Unterschied zwischen einer Charvel So-Cal und einer Les Paul zu hören ist, wenn beide z.B. mit ner Seymour Duncan JB/Jazz-Kombi ausgestattet sind halte ich angesichts zumindest meiner Erfahrungswerte für absurd.
Schlussendlich - und das ist meine Meinung, die für niemand außer mir relevant sein muss - gehe ich durchaus konform damit, dass das Holz einer Gitarre in erster Linie ein resonantes Bauteil ist und hier viel Klang-Esoterik und Shredding-Voodoo - mithin also viel subjektives... - zu Fakten hochstilisiert wird; andererseits ist nicht von der Hand zu weisen, dass eine Paula mit Ahorndecke anders klingt als eine ohne, eine Strat aus Erle anders klingt als eine aus und dass Profis von einem zum anderen Korpusholz wechseln um bestimmte Klangvorstellungen realisieren zu können.
Ob nun all diese Erfahrungswerte angesichts vermeintlich anderslautender wissenschaftlicher Erkenntnisse ad absurdum geführt werden können muss jeder für sich selbst entscheiden - am Ende des Tages ist subjektive Präferenz oder persönliches Erleben nur schwer in Formeln auszudrücken.