Hi ihr lieben,
ich sitz wieder in meinem kleinen Eckchen, hör meine (derzeitige) Lieblings-DVD "Legends- Live at Montreux 1997 (Eric Clapton, Steve Gadd, Joe Sample, Marcus Miller und David Sanborn). Das ist so eine derbst geniale Jam-Session mit bekannten Nummern von Clapton und Sanborn. Alles locker, fluffich, bluesig, jazzig. Sehr zu empfehlen, die stehen da auf der Bühne und grinsen sich einen ab, als wären sie zum erstenmal zusammen auf der Bühne stehen.... obwohl, kann durchaus sein.
Jedenfalls,.... diese Konstellation, diese Musik inspiriert mich immer zum Schreiben
Das Windows-Fenster minimal, ich verpasse fast nichts, ein kühles Bierchen steht bereit ....
Da will ich euch glatt wieder was aus meinem Leben erzählen...
Meine letzte Geschichte endete 1993 mit dem Kauf meiner Fender. Ich muss aber nochmal ausholen, weit zurück ins Jahr 1976. Da hatte ich nämlich den Nachbarssohn kennengelernt, von der Volksschule konnte ich ihn nicht kennen, denn er war eine Klasse unter mir. Der Kontakt entstand nicht allein durch die Nachbarschaft, sondern dadurch, dass unsere Väter befreundet waren. Und sie hatten spaßeshalber zusammen Musik gemacht, nur so ein bischen Wanderlieder, ab und zu in der Dorfkneipe... nichts berühmtes.
Der Nachbarsohn war 8, ich war 9. Meine Geschichte mit der kaputten Wandergitarre und den ersten paar Akkorden kennt ihr. Ich erfuhr dann, dass der Nachbarssohn, nennen wir ihn einfachheitshalber "Ralf" (weil er auch so heisst
) im Akkordeon-Unterricht war . Diese Welt verstand ich nicht. Schützenliesl, Rosamunde und Alte Kameraden nach Noten spielen zu erlernen empfand ich etwas,.... naja befremdlich. Aber gut, er macht immerhin Musik. Ich konnte ja auch nicht viel mehr als E-Dur, A-Dur, C-Dur, G-Dur, D-Dur und den "Bescheisser-F-Dur-Akkord". Dieses Akkordmaterial deckte sich aber dennoch fast zu 100% mit den Begleitakkorden seiner Notenhefte.
B-Dur schaffte ich mir in "Bescheisser-Manier" kurzerhand drauf.
Und das war der Grundstock, sich einfach mal zu treffen und gemeinsam Musik zu machen. Ich will gerade deshalb auch prinzipiell diese ganze Schlager und Volksmusik-Geschichte nicht kategorisch ablehnen, denn letztendlich ging dadurch für mich die große Tür zum Musizieren erst auf. Und ich merkte, wie viel Spaß und auch Glückseligkeit das Musizieren mit andern einem geben kann.
In meiner Familie hatten wir immer schon so "Hausmusik-Abende" gemacht, völlig ungezwungen, Vater hat mit dem Akkordeon angefangen, ich schnappte mir die Wandergitarre, meine Mutter und Schwester sangen. Das ging immer recht locker zu.
Aber was ich mit meinem Freund Ralf erlebt hab, obwohl es eigentlich nicht die Musik war, die wir spielen wollten, war schon unglaublich. Wir hatten begonnen, einzelne Parts zu verlängern, die Strophe zu wiederholen oder irgendwas passendes in die Schützenliesl einzubauen. Es war spontan, es war nicht abgesprochen, wir mussten uns nur kurz anschauen und wussten, was der andere musikalisch meint.
DAS WAR DER GRUNDSTOCK.
Und vor allem, was sich da bereits musikalisch abzeichnete, war umwerfend.... aber dass das ganze zudem zu einer tiefen und zu blindem Vertrauen heranreifenden Freundschaft entwickelt war sensationell.
Seit damals ist er mein Freund, mein einziger eigentlich,.... ich kenne sehr viele mir auch über Jahrzehnte liebgewonnene Menschen, die es aber immer nur zu "einem sehr sehr guten Bekannten" geschafft haben. Wenn einer "Freund" zu mir sagt, zuckt es in mir und ich muss ihm mitteilen "Ähm, ja , schön, ich freu mich, aber ich hab nur einen Freund" ... kennt ihr sowas?
Egal, meine Gedanken zum Gitarren spielen wolltet ihr ja eigentlich lesen, oder? J
Also, kurz nochmal zurück, ich hatte also die Ibanez von 1981 bis 1993 gespielt, hatte einen popeligen Ibanez 60 Watt Transistor-Amp, mit dem ich die ganze Schulband-Zeit und Jahre meiner Band "Keller Mountain Blues Band" bestritt, bis ich irgendwann merkte, dass ich einen anderen Sound möchte. Ich bin dann also mit meinem Freund (der zu dieser Zeit seine erste Hammond hatte) zum Thomann gefahren (20 min von mir entfernt), da haben wir dann zusammen,.... also ein Keyboarder und ich die Gitarren-Verstärker-Abteilung durchforstet. Es wurde ein Kitty Hawk Junior (Vollröhre, 60 Watt, Edelholzgehäuse, sah aus, wie ein damals außerirdisch teurer Mesa Boogie, klang aber sehr gut).
Den hatte ich ein paar Jahre, aber mit nur einem Kanal kam ich schlecht zurecht.
Dann, 1993 sagte mir Ralf, Mensch, du brauchst ne andere Gitarre,... ne Fender würde gut zu deinem Stil passen,... hm, ja, wenn du meinst, weiß net,... er kannte jemand, der vom Gitarrenspielen zum Basser umgestiegen war und seine Fender Strat (US) vernachlässigte. Wir hatten uns getroffen und ich hatte die Gitarre lediglich umgehängt und wusste: DIE IST ES. Ich musste sie garnicht hören, die hing einfach so unverschämt bequem am Gurt, dass man immer am liebsten gleich loslegen wollte. Für 700 DM gab er mir das 3 Jahre alte Instrument.
Ein Jahr später, ich schwöre, ich war mit meinem Freund beim Thomann wirklich nur um mal einfach zu stöbern. Steht da nicht in einem dunklen Seitengang ein gebrauchter Twin. Ich hatte ihn garnicht gesehen. Aber wurde gleich darauf hingewiesen, hey, DAS IST ER. Das ist was??? Das ist DEIN Verstärker, DER PASST ZU DIR.
Ich sagte, ok, lass uns fragen und schauen, ob der geht. Wir standen also vor einem 3 Jahre alten Twin, er sollte 2000 DM mit Case kosten und mich interessierte nur, ob er geht, nicht wie er klingt. Weil wenn mein Freund sagt, das wäre mein Verstärker, muss da was dran sein. Wir holten also irgendeine Gitarre und "testeten" den Twin. Er ging.
Da sagte er, ok, den nimmst du. Ich sagte, ich hab aber keinen Knopf Geld einstecken. Sagte er, kein Problem, das leg ich dir schnell mal aus, gibst es mir halt irgendwann mal wieder. Und schon war der Twin im Kofferraum.
Und das ist es, was unsere Freundschaft einfach ausmacht: Absolut blindes Vertrauen. Er sagt, der Verstärker passt zu dir und er hatte Recht !!! Absolut. Diese Gitarre passt zu dir. Und er hatte wieder Recht, das mit dem Geld war eine Selbstverständlichkeit, natürlich hab ich ihm ein halbes Jahr später alles wieder gegeben.
Aber diese Freundschaft ist was ganz besonderes.... entstanden durch Musik und durch gemeinsam Musik machen. Wenn wir heutzutage persönliche Probleme haben, dann gehen wir zu zweit weg, setzen uns in eine Kneipe und können uns 2 Std NICHT unterhalten, sitzen einfach so nebeneinander und verstehen trotzdem des anderen Probleme. Und schon ist alles aus der Welt. Es ist fantastisch.
Und genauso agieren wir heute nach 32 Jahren immer noch auf der Bühne, man muss garnicht mehr groß hinschauen, sich nicht absprechen, man weiß einfach, was der andere als nächstes macht. Ich find das so klasse.
Wir hatten auch schon mal ein Engagement für ein Offenes Podium bei uns in der Stadt, da hieß es, wir sollten zu zweit 20 Minuten irgendwas darbieten. Wir haben uns völlig ohne Absprache am Abend getroffen, ein Bierchen getrunken und dann sind wir auf die Bühne,.... im Gehen segte er, du möchtest bestimmt was in E.Dur, ich sagte, nö, wir fangen in C-Dur an,.... wir sind dann durch mehrer Tonarten und Stilrichtungen gewandert, es war herrlich.... und das Publikum wollte mehr J ...
Gut, dass wir das mit Kassettenrekorder festgehalten haben...
Genauso klasse find ich, wie selbstverständlich meine Familie dieses Phänomen einschätzt. Wenn mein Freund anruft, er braucht was, es ist spontan Probe, wir müssen uns treffen, wir müssen, weil die Band.... es kann sein, was es will,.... meine Frau hat allergrößten Respekt vor dieser Freundschaft, der Band und dem in 30 Jahren erlebten, dass sie immer sofort sagt, "geh du ruhig"... und sie meint das ernst. Weil sie genau weiß, wie wichtig mir das alles ist.
Was bin ich eigentlich für ein glücklicher und zufriedener Mensch.
Ich muss immer schmunzeln, wenn ICH Tipps gebe zum Gitarrenkauf, denn ich habe ehrlich keine einziges Instrument, keinen Verstärker irgendwie besonders getestet, hatte aber immer Glück
Danke für die Aufmerksamkeit