Gefühlt gibt es schon eine ganze Ecke mehr Gitarristen als z.B. Bassisten oder Drummer. Wobei es m.E.n. noch mehr Drummer als Bassisten gibt.
Die Gitarre allgemein, also unabhängig von E-Gitarre oder Konzert- oder Westerngitarre ist ein Instrument, was sehr stark verbreitet ist. Es gibt so viele Leute, die zu Hause eine Akustikklampfe haben und darauf ein paar Akkorde und Töne spielen kann.
Meistens das, was man irgendwann mal in einem Grundkurs gelernt hat. Fast jede(r) Grundschullehrer/in oder Erzieher/in kann ein paar einfache Lieder "schrammeln". Als richtige Gitarristen würde ich diese Leute aber nicht bezeichnen. Für viele ist das Musikmachen halt nur eine kleine Nebenbeschäftigung, um mal ein wenig Begleitung beim Singen zu geben oder die ganz coolen lernen schnell mal ein paar Schmusesongs, um Frauen zu beeindrucken. Und ich habe die Erfahrung gemacht, dass man dafür nicht mal wirklich gut spielen muss. Solange man Wonderwall oder ähnliche Songs einigermaßen unfallfrei und in stark vereinfachter Form beherrscht, reicht das schon, um mal eben etwas Eindruck zu schinden. Das wurde selbst im Mittelalter schon mit den Vorläufern unser heutigen Gitarren schon so gehandhabt.
Die Popularität der Gitarre liegt wohl auch daran, dass sie in vielen Musikrichtungen eines der präsentesten Instrumente ist. Die Gitarre ist nicht nur Begleitinstrument, sie kann auch wie eine eigene Stimme agieren. Für Jimi Hendrix ermöglichte die Gitarre das, was er mit seiner Stimme nicht ausdrücken konnte. Dazu kommt noch hinzu, dass nicht wenig davon träumen ein Gitarrengott zu sein. Der "bekannteste" Musiker in einer Band ist neben dem Sänger in vielen Fällen der Gitarrist.
Eine Gitarre ist nicht teuer (je nachdem, was man für Ansprüche hat), die Grundlagen sind leicht zu erlernen (einen E-Moll-Akkord und A-Dur-Akkord bekommt jeder irgendwie hin, zur Not dudelt man einfach ein paar einzelne Töne
), nimmt nicht viel Platz weg, lässt sich also auch leicht transportieren und ist auch nicht allzu laut (na ja, es geht auch anders
). Ein Schlagzeug z.B. braucht viel Platz und ist laut, außerdem kann man es sich nicht mal eben über die Schulter klemmen. Das schreckt viele schonmal von der Anschaffung eines Selbigen ab.
Ein Bass den Ruf, das Instrument zu sein, was der Gitarrist übernehmen muss, wenn er zu schlecht für Gitarre ist. Obwohl ich da eine Lanze für die Bassisten brechen muss. Der Bass ist ein ganz anderes Instrument, als die Gitarre, trotz des ähnlichen Aussehens. Ein Gitarrist spielt einen Bass halt wie ein Gitarrist. Außerdem nimmt man den Bass doch sowieso nicht war, der dudelt doch nur im Hintergrund rum
.
An der Entwicklung ist die E-Gitarre bestimmt nicht unschuldig gewesen. Gerade im Orchesterkontext war die Gitarre nur eines von vielen Hintergrundinstrumenten. Auf Grund der fehlenden Möglichkeit das Instrument zu verstärken war es sowieso kaum wahrnehmbar, besonders nicht in lauten Passagen. Die Gitarristen konnten also fast schon spielen was sie wollten, hat eh keiner gehört. Mit der Möglichkeit den Sound einer Gitarre mit Hilfe eines Verstärkers lauter zu machen, eröffneten sich neue Möglichkeiten und die Gitarre rückte immer mehr in den Vordergrund. Hätte diese Entwicklung nicht stattgefunden, würde es heute wohl keine Rockbands geben. Die "Entdeckung" der Verzerrung hat noch mal einen Fortschritt bedeutet. Man konnte Töne aus dem Instrument holen, die man vorher noch gar nicht kannte, das hat besonders eindrucksvoll Jimi Hendrix gezeigt, der die Gitarre quasi neu erfunden hat. Mit Jimmy Page ist dann auch der erste Gitarrengott geboren worden. Später wollte jeder so sein wie Eddie Van Halen. Und so ging der Siegeszug der Gitarre immer weiter.
Gerade Eltern wollen ja gerne, dass ihr Kind ein Instrument spielt. Die stellen sich dann vielleicht eher so etwas wie Geige oder Klavier vor, aber eine E-Gitarre ist ja auch ein Instrument. Die E-Gitarre steht im Gegensatz zur Akustischen ja immer noch ein wenig für "Rebellion", was sie umso beliebter macht. Mit einem Schlagzeug kann man natürlich auch die Eltern ärgern, aber das ist wie oben schon geschrieben dann vielen Eltern doch zu viel, besonders, wenn sie z.B. in einer Mietwohnung leben. Eine E-Gitarre kann man ja auch mit Kopfhörer spielen. Bei vielen lässt die Begeisterung für das Musikmachen aber schnell wieder nach. Man muss halt schon etwas Arbeit in dieses Hobby investieren und manchmal kann es auch sehr frustrierend sein. Die Gitarre landet also schnell in der Ecke.
Wie man sieht, gibt es schon eine riesige Masse an Leuten, die Gitarre spielen oder mal gespielt haben. Die meisten davon würde ich trotzdem nicht als "echte" Gitarristen betrachten. Das mache ich jetzt gar nicht mal von den Fähigkeiten abhängig. Nur weil man nicht shredden kann wie Malmsteen ist man noch lange kein schlechter Musiker. Vielleicht kann jemand nur ein paar Powerchords, wenn er die jedoch richtig geil rüberbringt und gute Songs dabei rauskommen ist das doch eine super Sache. Aber es ist so, dass die meisten das Gitarrespielen nur als Nebensache sehen, sozusagen als Hobby nebenbei. Ein ernsthaftes Interesse besteht nicht.
Die Anzahl der Leute, die sich wirklich mit dem Musikmachen beschäftigen und z.B. gerne in einer Band spielen, ernsthaft üben, um "besser" zu werden oder einfach nur regelmäßig zum Spaß spielen ist da doch um einiges niedriger.
So einfach ist es also auch nicht, den passenden Gitarristen für eine Band zu finden.