Was mir allerdings generell etwas Sorge macht, ist der Punkt, dass angeblich, ich kann das nicht wirklich beurteilen, die Qualitätsunterschiede zwischen den gleichen Gitarren so groß sein sollen. Wie soll ich da wissen, welche Qualität der Klang der Gitarre, die ich gedenke, zu kaufen, hat? Wenn ich in einem Laden bin und LPs anspiele höre ich da nicht wirklich einen signifikanten Unterschied, wo ich sagen würde: "Wow, die hier ist besonders toll, diese ein echter Ausfall!" Wie das halt so ist, man spielt seine Gitarre, ist zufrieden damit und hat natürlich kaum Übung im Vergleichen, wie jemand, der ständig umgeben ist von LPs.
Wenn Du keinen Unterschied wahrnimmst, ist es auch nicht sinnvoll, mehr Geld auszugeben, es sei denn, Du willst auf Nummer Sicher gehen und entscheidest Dich deswegen für die teurere Serie.
Die andere Möglichkeit ist: spielen, spielen, spielen.
Eine gute Les Paul muß offen, knorrig und holzig klingen. Klingt sie dick und breit, mumpft sie dann meistens am Halspickup.
Letztendlich hilft es aber nur, viele Modelle miteinander zu vergleichen. Spiel Studios an, spiel Standards an, spiel Custom Shop Reissues an, spiel auch mal ne Epiphone an. Nach ein paar Mal zeichnet sich dann schon ab, wo die Unterschiede, die teilweise innerhalb einer Serie schon gewaltig sind, liegen.
Wichtig hierbei ist, daß Du Dich nicht von anderen Dingen ablenken lassen solltest. Prüfe, wie die Gitarre trocken reagiert. Hat sie eine schnelle Ansprache oder ist sie träge im Anschlag. Schau, ob sie in allen Lagen sauber ausklingt. Das vielgepriesene Sustain ist zwar auch ein Eckpunkt, jedoch nutzt Dir das tolle Sustain nichts, wenn sie so träge reagiert wie ein nasser Getreidesack.
Wenn Du sie elektrisch prüfst, nimmst Du einen einfachen Röhrenamp. Keinen Dreikanaler mit tausend Möglichkeiten und 100 Watt, die Dich nur vom Spielen abhalten. Am besten einen Einkanaler oder Zweikanaler, mit dem Du die Gitarre dann auf Herz und Nieren checkst. Clean und verzerrt. Der Halspickup sollte klar und glockig klingen, sollte aber auch sehr offen und transparent sein, auch bei verzerrten Betrieb. Am Hals liegt die Schwachstelle der Standards von früher, als sie noch massiv ( mit Löchern ) waren. Da mumpften die meisten einfach nur.
Sustain haben sie konstruktionsbedingt ( fast ) alle mehr als genug. Eine gute Les Paul unterscheidet sich von einer schlechten durch ihre Direktheit und Ausgewogenheit.
Da muß ich immer schmunzeln, wenn ich das bei ebay-Texten lese: "Die Gitarre hat ein Wahnsinns-Sustain!". Und das dann als einzige Aussage zum Klang. :screwy:
Das sagt noch lang nicht, ob sie gut ist.
Wie lässt sich dieses Problem lösen? Wenn ich im Laden kaufe, evtl. durch einen der Verkäufer, was natürlich auch nicht die sicherste Sache ist; doch wenn ich per Versand bestelle (denn eine Gitarre aus dem Vorführraum zu kaufen, habe ich eigentlich nicht vor; wenn ich die so sehe, vergeht mir die Lust, eine zu kaufen)?
Wenn Du eine per Versand bestellst, kaufst Du die Katze im Sack. Da kann man Dir alles unterjubeln. Und wie Du schon sagst, daß Du evtl. nicht gleich dahinterkommst, obs denn nun ne gute ist, wäre Versandhandel gleich doppelt fatal.
Ein guter Laden sorgt normalerweise für ein gutes und gepflegtes Inventar. Und eine Gitarre aus'm LAden ist auch schnell mal geputzt.
Mir fällt übrigens grad zu den Historic-Hälsen ein, dass deren Historizität anscheind auch fraglich ist. Gregor Hilden, dem dieses Forum vermutlich auch nicht unbekannt ist, hat bekanntlich eine '59er Sunburst und etliche Historics besessen und schreibt über die Hälse:
"Übrigens: Der Hals einer originalen 59er ist keinesfalls so extrem dick, wie bei den Historic-Reissues, er liegt zwar satt in der Hand, hat aber ein viel natürlicheres" Profil absolute Ideal-Maße, wie ich finde." Das bezieht sich natürlich erst mal nur auf die R9, aber wenns hier schon der Fall ist...
Die wenigsten hatten bisher eine echte 59er in der Hand und haben deswegen auch keinen Vergleich. Hilden hat halt den Vergleich. Ich weiß allerdings auch nicht, auf welchen Jahrgang er sich bei den Reissues bezieht.
Die Reissues wurden ja über die Jahre immer wieder verfeinert und dies betrifft auch den Hals. Von den Gitarren ab 2006 wird gesagt, daß die 59er dünner und näher am Vorbild seien. Mangels eines Originals zuhause kann ich diesen nicht mit meiner '06er R9 vergleichen.
Der R9er Hals liegt schon traumhaft in der Hand die Bespielbarkeit ist erstklassig. Ob er nun den historischen Maßen entspricht, ist mir egal, da er mir so auch perfekt liegt. Die Reissues um 2000, 2001 rum, hatten definitiv einen etwas dickeren Hals, aber auch nicht unangenehm.
Die historische "Korrektheit" der heutigen Reissues ist ja auch nicht perfekt. Die weichen ja immer noch in zig Punkten von den historischen Vorbildern ab. Sei es Brazilian Rosewood, Lackzusammensetzung, Truss-Rod Condom und der fehlende Knochenleim, Fake-Bumblebee Kondensatoren, abweichende Deckenwölbungen, abweichende Inlays, usw.
Sogar die Verdrahtung ist werksmäßig eine andere.
Spielt aber keine Rolle, solange die Gitarre klingt und sich super spielen läßt. Wer sich über abweichende Inlays und fehlendes Brazi-Board aufregen kann und sich so die Freude an seinem Instrument verderben lassen kann, der hat schon andere Probleme....
Nett, wenn alles 100% stimmt, aber auch nicht tragisch, wenn es inhaltlich vom Original abweicht, dafür aber nicht qualitativ passt.