Ich habe das Gefühl, dass es zwei Welten im Musiker-Universum gibt und Gibson in beiden unterschiedlich wahrgenommen wird.
Es gibt die Welt der Musiker. Die treffen sich auf Gigs, im Probenraum oder an Stammtischen und dort sind einfach andere Themen von Bedeutung als einzelne Hersteller. In meinem aktiven und realen Musikerdasein ist mir eine Gibson Qualitäts-, Marken- oder Imagediskussion noch nicht untergekommen. Man spricht über Sounds, Veranstalter, Kohle, das Musizieren und alles mögliche, aber es ist noch niemand nach einem Gig zu mir gekommen und hat mich für meine Gibson gelobt oder getadelt - für meinen Sound, meine Spielweise und meine Performance habe ich beides schon erhalten (... meinst mehr Tadel als Lob
)
Eine ganz andere Welt ist scheinbar die des Internet-Musikers. In diesem Forum tummeln sich Leute, die man im realen Leben wohl als Theoretiker bezeichnen sollte. Das zeigt sich ja schon an der Diskrepanz zwischen den Fachfragen um Technik und Bauweisen von Instrumenten, die auf extrem hohem Niveau beantwortet werden und auch mal zu für Laien kaum noch nachvollziehbare Diskussionen um Holztrocknungsprozesse und Klangeigenschaften führen. Anders Fragen und Antworten im Gig- und Bandunterforum, die sich eher unter Anfängerniveau bewegen.
Vielleicht liegt diese Sichtweise und Vermutung auch an mir. Ich wundere mich immer, wenn ich lese, dass Gitarristen zig Gibsons in Läden angespielt haben. Als ich jünger war und eher frisch am Instrument bin ich auch noch - damals nach Köln in den großen Laden da am Heumarkt - gefahren und habe zig Gitarren ausprobiert. Von Intrumenten hatte ich keine Ahnung und wenn ich ehrlich bin, ging es mir doch damals darum, mich als Musiker zu fühlen und in den elitären Kreis mit aufgenommen zu werden, als wirklich ein Instrument zu kaufen.
Ich habe seit vielen Jahren keine Gitarre im Geschäft mehr angespielt. Meine ersten Gibson SGs habe ich vom Label meiner Band bekommen als Tour-Instrumente. Die hießen damals "All American" und ich kann mich an keine Probleme erinnern. Mechaniken habe ich austauschen lassen, Gurthalterung vertiefen und die Elektronik ordentlich festlöten lassen - wie ich das auch bei den Fender Mexico Strats habe machen lassen, die ich davor mit auf Tour hatte.
Meine Gibson Les Paul ist ein Gebrauchtkauf und schon viele Jahre alt, die sollte man als Qualitätsindikator nicht mehr bemühen. Die war schon beim Kauf mies, es gab nur einen Grund, warum ich sie gekauft habe - der Preis! Genau wie eine "the SG" (der Vorgänger der "worn SG"), die war auch völliger klump. Aber damals hat mich an Gibson schon überzeugt, dass man für 300 USD eine übel verbastelt und ruinierte Gitarren bekommt, die sich grauenhaft spielt und kaum stimmen lässt, aber einfach toll klingt.
Meine SG Standard ist von 2009 und da ist nichts dran. Ob der Elektronikfachdecken schief oder gerade drin ist, weiß ich nicht, ich habe mir die Gitarre scheinbar noch nie von hinten angesehen. Ich habe die Gitarre dank des Kampfpreises eines Münchner Laden blind bestellt und im Karton mit nach Hause genommen. Ich habe nicht geguckt ob was da Macken oder Fehler sind, sondern gespielt und war vom Ton überzeugt. Nach der nächsten Probe werde ich die SG mal mit nach Hause nehmen und schauen, ob und was ich da finden kann. So ein wenig funktioniert die Foren-Meinung ja schon.
Was auch ein spannender Punkt ist: Netnographie - also wie verhält sich der Mensch als soziales Wesen im Netz. Eine spannende Sache die viel zu weit führen würde, aber man kann schon sagen: Er verhält sich ganz anders als im realen, zwischenmenschlichen Umgang. Kleines Beispiel, kennt ihr diesen Facebook-Spam a la "Ab Freitag kostet Facebook Geld, postet das in Euer Profil wenn ihr das verhindern wollt!"? Es stimmt nie, aber aus irgendeinem Grund verbreitet es sich wie wahnsinnig. Die Leute haben einfach Spaß daran, ein angebliches Geheimnis zu teilen und scheinbar geheime Informationen zu besitzen und als erster weiter geben zu können. Kein Wunder, dass die Verschwörungstheorien seit Erfindung des Netz eine rasante Verbreitungswelle erfahren haben.
Verhält es sich mit den Qualitätsschwankung bei Gibson nicht ähnlich? Nur wenige können hier konkrete Probleme mit ihrem Instrument aus erster Hand so berichten, dass es für alle bzw. mich nachvollziehbar ist. Viele der entdeckten Qualitätsmängel waren beim Antesten von Instrumenten, von Kumpels oder wo anders gehört.
Keine Firma der Welt produziert etwas, ohne dabei Fehler zu machen. Die Frage ist, wie sie damit umgehen und wie sie auf ihre Kunden reagieren. Da ich noch keine Gibson zurück in den Laden gebracht habe, da etwas nicht stimmte, kann ich dazu nichts sagen, aber es würde mich tatsächlich mal interessieren: Was machen die, die hier von fehlerhaften Instrumenten berichten, denn damit? Und wie reagieren Händler und vor allem, wie reagiert Gibson?
Und damit ich wenigstens ein wenig von Fehlern berichten kann: Die schlimmste Gitarre, die ich je gesehen haben, war eine B.C. Rich eines Gitarrenschülers. Die war unstimmbar. Meine schlimmsten kamen alle aus Asien und dem damals mittleren Preissegment von Marathon, Vester und Marina aus dem unsäglichen Jahrzehnt der Heavy-Strats. Die waren ganz mies, schlecht zu stimmen, schlecht zu spielen und alle klangen nach nix - besonders aus heutiger Sicht.
Nein, ich habe mich angemeldet um unbeeinflusste Meinungen von Usern zu lesen, mir reicht es nicht, Werbung und Händlerpräsentationen zu sehen.
Die Art, wie Unternehmenskommunikation verstanden wird, entscheidet jeder für sich. Wenn du es als Werbung empfindest, ist das so, es ist aber nicht mein Empfinden. Ich finde die Beteiligung Gibsons hier sehr gut und auch aufschlussreich. Für dich schwierig ist natürlich, wenn du auch jede Usermeinung, die die deine nicht wiedergibt, als Markenkokettierei abtust. Dann bist du in jedem Forum falsch aufgehoben.