Doch schon, ist ja das was ich auch beklage. Oft ists aber so dass die Schärfe eher aus der "Frauenversteher"-
Ecke kommt, -Mir fällt grad nix dümmeres als Begriff ein-, aber aus der Ecke kommt doch gleich Schärfe rein.
Da bin ich ganz bei Dir. Ich finde die Schärfe in der Diskussion kommt nicht aus einer Fraktion, sondern wird von Befürwortern der Pro- und Contra-Gruppe gleichermaßen bedient.
Und, man kann drauf warten, kommt aus ähnlich "motivierter" Ecke dann zwangsläufig der "alte weisse Mann", der übrigens hoffe ich für uns alle, im Laufe der Jahre persönlich im Spiegel begegnet.
Naja es gibt total chauvinistische Männer in jungen Jahren und sehr differenzierte und selbstkritische alte Männer ohne offensichtliche sexistische Tendenzen in allen Hautfarben. Aber es ist nunmal so, dass der Herrenwitz (Achtung Reizwort!) vorwiegend ein Phänomen weißer alter Männer ist. Und sie alle über einen Kamm zu Scheren ist so dumm wie jede andere Pauschalisierung. In meiner persönlichen Wahrnehmung sind sie es aber nunmal häufiger, die damit negativ auffallen. Und hier beginnt aus meiner Sicht das Problem: Ich bin 37 und auch meine Generation ist sexistisch sozialisiert. Bei Menschen die älter sind, ist das ganz sicher mehr als weniger der Fall. Wir wurden durch Film, Fernsehen, Schule, Mitmenschen und vielleicht auch die primäre Familie sozialisiert, weil Sexismus in milder und manchmal auch schwerer Form einfach überall war und auch heute noch ist.
Nur als Beispiel: Worauf achte ich, wenn ich eine Band auf der Bühne sehe? Bei einem Frontsänger ist es mir total egal wie er aussieht. Snowy White z.B. ist nicht unbedingt eine Schönheit. Aber sobald eine Frau auf der Bühne steht, nehme ich ohne darauf irgendeinen Einfluss zu haben als erstes mal wahr, ob sie gut aussieht oder nicht. Und danach erst beginne ich mich mit ihrer Musik zu beschäftigen. Das ist scheiße aber so bin ich sozialisiert, so ungerne ich mir das eingestehe. Es ist eine Folge von Entwicklung und eine Entscheidung, sie aber nicht danach zu beurteilen. Und ich glaube das geht sehr vielen Menschen/Männern so. Ich höre schon die Unkenrufe "Mir würde das nie passieren". Mag sein, herzlichen Glückwunsch. Glauben kann ich es aber nicht. Und dazu gibt es Studien noch und nöcher. Wir beurteilen Menschen in den ersten Bruchteilen einer Sekunde nach per Sozialisation erlernten Merkmalen. Bei Männern ist das Auftreten, Körperhaltung, Wirkung in Kompetenz etc. und bei Frauen nunmal das Aussehen. Wer sich davon gänzlich freispricht macht sich (aus meiner Sicht und Erfahrung!) etwas vor. Das ist nichts willentliches, sondern eine unterbewusste Reaktion auf erlernte Muster. Dagegen anzugehen verdammt anstrengend und erfordert einige Auseinandersetzung.
Und was ich sagen will, ohne irgendeinen alten weißen Mann zu beleidigen: Je älter, desto höher die Wahrscheinlichkeit mehr von einer solchen Sozialisation geprägt zu sein, ob man das will oder nicht. Und zum Glück heißt das noch lange nicht, dass man danach auch handelt. Sonst würden hier wohl kaum hitzige Debatten pro Gleichberechtigung geführt.
Oft kommt die Schärfe unnötig auf diese Weise ums Eck, einerseits will man ja nur Frauen unterstützen oder Ungerechtigkeit aufdecken, abschaffen. Sobald man aber nicht wortgleich in den Tenor verfällt und nur andere Aspekte andenkt gehts los schon fast in Richtung Beleidigung und Haudrauf. So wird das aber nichts wenn man nen anders kolorierten Standpunkt sich dei Erlaubnis nimmt einfach drauf zu bashen.
Auch hier bin ich voll bei Dir. Mit ganz wenigen Ausnahmen sind sich alle einig, dass man mehr Frauen auf Festivals sehen wollen würde, die gute Musik machen. Ich glaube hier schreibt keiner, der von sich sagen würde, er sei gegen Gleichberechtigung. Was ich aber herauslese sind verschiedene Standpunkte der Fraktionen Pro und Contra (was auch immer), die mit immer mehr Studienbelegen, Begriffsdefinitionen, Zeitungsartikeln geführt werden und zeitweise ziemlich aggressive Noten anklingen lassen. Das kann man fortführen bis die Mods schließen oder das Internet leer ist. Und das meine ich mit einer sehr männlichen Diskussionskultur: Es geht darum den anderen mit Beweisen zu überwältigen und am Ende darzustellen, dass man im Recht ist. Leider ist aber absehbar, dass keine der beiden Seiten einen Millimeter zurückweichen wird und so kann das ganze hier nur irgendwann eskalieren oder irgendwann einschlafen. Und wo doch alle pro Gleichberechtigung sind, wäre es doch eine prima Gelegenheit mal einen Schritt zurück zu machen und zu schauen, was hier gerade (sehr männliches) passiert.
Interessant fände ich, was jede(r) Einzelne bei sich an Sexismus beobachtet und was ggfs. dazu beitragen könnte, dass die Situation ist wie sie ist. Wenn ich mich für Gleichberechtigung einsetze und z.B. gerne mehr Frauen auf den Bühnen von Rock am Ring sähe, die sehr gute Musik machen, könnte ich mich doch z.B. fragen, wieso z.B. in der Elektroszene viel mehr Frauen präsent sind. Was ist denn da anders? Wie sehen das eigentlich ein paar Frauen? Die kamen hier kaum zu Wort. Mit einer Diskussionskultur die glaubhaft vermittelt, dass es um die Sache und nicht um das Belegen der eigenen Sichtweise geht, würde man Frauen vielleicht mit in die Debatte holen können.