Leider macht das dann auch den feinen aber entscheidenden Unterschied. Familie und Kinder haben für Frauen einen höheren Stellenwert als für viele Männer.
Das, was in vielen Posts durchklingt, endlich mal auf den Punkt gebracht: Frauen sind generell nicht so erfolgreich wie Männer, weil sie generell nicht bereit sind, so viel dafür zu tun wie Männer. Aus diesem Grund sind sie auch generell entsprechend schlechter.
Frauen haben die vollkommen gleichen Rechte und damit per Definition auch die gleichen Möglichkeiten und Hindernisse. Wenn es also mehr Männer in den begehrten Positionen gibt (sei es Jobs oder Festival-Slots), muss das folgerichtig daran liegen, dass die Frauen nicht genug Leistung gebracht haben. Die Männer hatten es ja auch schwer, dahin zu kommen, wo Frau gerne wäre.
Die Frauen, die sich öffentlich und medial darüber beschweren, dass sie irgendwo mit Benachteiligung zu kämpfen haben, suchen nur Ausreden für ihr scheitern. Da sie ja per Definition die gleichen Chancen wie die Männer hatten, diese es aber geschafft haben, muss es an ihnen selbst gelegen haben.
Da Frauen nicht dafür kämpfen, in Bergwerken arbeiten zu dürfen, sondern nur für gute Jobs, geht es ihnen gar nicht um Gleichberechtigung, sondern sie wollen etwas haben, sind aber nicht bereit, das dafür Nötige selbst zu leisten. Sie wollen also eine Bevorzugung und Abkürzung zum Ziel. Gleichberechtigung nur, wenn man davon profitiert.
(edit: Ende der überspitzten Polemik)
Das wäre(!) alles vollkommen richtig, wenn man 100% sicher sein könnte, dass gleiche Rechte automatisch mit gleichen Chancen einhergehen. Genau hier ist aber für mich der Haken.
Bei aller Polemik von allen Seiten: Bitte stellt euch einfach einmal kurz vor, dass das in der Praxis nicht automatisch so ist. Bewertet die Beschwerden, Bitten und vorgeschlagenen Maßnahmen einmal unter der Annahme, dass es zwar vielleicht selten offenen Sexismus gibt, dass es aber in der Realität noch Strukturen gibt, die die Möglichkeiten der Frauen einschränken.
Tatsächlich ist das doch gar nicht soo unwahrscheinlich. Bis vor 25 Jahren war die Vergewaltigung in der Ehe noch nicht strafbar. Und da hatten noch über 25% im Bundestag gegen die Gesetzesänderung gestimmt. Wie ich schon geschrieben hatte: Erst vor gut 30 Jahren wurde das Wahlrecht der Frauen in der Schweiz flächendeckend durchgesetzt. Die (männlichen) Volksvertreter im letzten Kanton hatten noch dagegen gestimmt. Und so gibt es viele Beispiele, dass die formale Gleichstellung erst in den letzten Jahrzehnten und Jahren vollzogen wurde. Meist gegen Widerstand. Wie kann man da erwarten, dass das so schnell in der Praxis ankommt?
Ich denke, ein wichtiger Punkt ist, sich nicht selbst angegriffen zu fühlen und in Abwehrhaltung oder sogar zum Gegenangriff zu gehen, wenn die Chancengleichheit angezweifelt wird. Hier wurden schon die vielen, kleinen sexistischen Fehler von jedermann angemerkt und angeprangert. In der eigentlichen Ursprungsdiskussion hier geht es um die aber gar nicht. Es geht um Strukturen, die Frauen ausbremsen. Das sind keine großen Beschränkungen oder Verbote, sondern oft "nur" einfach immer mal wieder ein bisschen Sand im Getriebe. Und das reicht oft aus, um gegenüber männlicher Konkurrenz das Nachsehen zu haben.
Ich bin nicht selbst betroffen und kenne niemanden im Musikbusiness. Ich maße mir nicht an, von meinen 25 Jahren Tanzmucke, Coverrock und Bands mit eigenen Liedern auf die Strukturen und Probleme im Pro-Bereich zu schließen, weil es schlichtweg in keinster Weise vergleichbar ist. Deshalb stellt sich für mich ganz einfach die Frage: Was ist wahrscheinlicher: Ist an den vielen Aussagen und Studien etwas dran oder nicht? Wobei "nicht" ja dann bedeutet, dass mein erster Absatz oben zutrifft.
Warum ist es leichter zu glauben, dass alle nur Jammern, um sich Vorteile zu erstreiten, als dass es vielleicht wirklich noch Probleme gibt, trotz formal gleichen Möglichkeiten?
Jetzt sind wir schon auf Seite 16 und hatten, wenn ich es richtig gesehen habe, noch keinen NS Vergleich. Deshalb einer von mir: Nachdem die Alliierten uns Deutschen von den Nazis befreit hatten, gab es die formal nicht mehr. Bis das Gedankengut (ich meine damit nicht die Extrempositionen) aber tatsächlich nur noch Randerscheinung ist, ist es ein langer Prozess. Der normale Bürger sah in den 50ern auch keinerlei Anzeichen mehr und fühlte sich angegriffen, wenn das Thema wieder aufkam und aufgearbeitet werden sollte. Tatsächlich waren aber einige Vorurteile und Verhaltensweisen noch immer unbewusst im Alltag verankert und die Strukturen waren so kurz danach sicher noch nicht frei davon.
edit: Vielleicht noch ein anderes Beispiel: Die Mauer ist mittlerweile länger weg als sie gestanden hat. Formal sollte es auch keine Unterteilung mehr zwischen Ost- und Westdeutschland mehr geben. Und doch scheinen die Chancen nicht überall gleich zu sein. Auch hier kann man argumentieren, dass die niedrigeren Löhne im Osten ja auch mit niedrigeren Wohnkosten einhergehen oder dass man ja alle Möglichkeiten selbst in der Hand hat und eben nur woanders hinziehen muss, wenn man andere Vorstellungen oder Wünsche hat. Andere machen das ja auch. Aber genau wie bei der Geschlechterdiskussion macht man es sich damit vermutlich etwas zu einfach.
Natürlich ziehe ich bei beiden Beispielen keinerlei inhaltlichen Vergleiche zur Geschlechtergleichberechtigung. Und natürlich möchte ich die beiden Fässer nicht noch aufmachen. Mir geht es eher um die Zeitachse: So schnell (und schnell meint hier Jahrzehnte) wächst sich das in der Praxis eben einfach nicht raus.
(Eine Frage, auf die ich wirklich keine Antwort möchte, die man sich aber vielleicht mal selbst vollkommen ergebnisoffen stellen könnte: Würden sich die Antworten unterscheiden, wenn ich das Treffen auf ein Bier mit den Bandkollegen ablehne, mit der Begründung "ich muss noch Rasenmähen" oder "ich muss noch das Bad putzen und die Wäsche machen"? Ich kenne viele Situationen in denen letzteres mindestens einen Spruch provoziert hätte. In manchen Situationen vermutlich auch von mir... Ist natürlich keine Tragödie und man muss ja auch nicht alles auf die Goldwaage legen. Und doch zeigt es ganz einfach, dass die alten Geschlechterrollen doch noch irgendwo verankert sind. Warum sollte das bei Entscheidungsträgern anders sein?)
(
@mikroguenni: Ich unterstelle dir nicht, das so wie im ersten Absatz geschrieben und vor allem so allgemein gemeint zu haben. Das Argument der 100%igen Hingabe ist ja schon schlagkräftig, ohne geht es nicht. Wenn ich solche Beiträge wie deine aber weiterdenke, wäre das am Ende für mich aber die konsequente Schlussfolgerung: Frauen scheitern nur, weil sie zu wenig leisten (wollen). Und da kann ich so allgemein einfach nicht mitgehen. Das klingt für mich einfach zu unwahrscheinlich.)