Die Ergebnisse von Selbstversuchen bei einem Gitarrenumbau sind als "Beweis" völlig untauglich:
Das
auditive Kurzzeitgedächtnis hält nur ein paar Sekunden lang. Einen gehörten Klang nach ein paar Minuten oder gar Stunden mit einem anderen zu vergleichen, funktioniert nicht.
Die zu vergleichenden Klänge müssten abwechselnd hintereinander abgespielt werden. Ansonsten macht man sich leicht selbst etwas vor und da sind wir schon wieder bei der
Psychoakustik und
akustischen Täuschungen.
Aussagekräftige Tests müssen "
blind" durchgeführt werden, sonst kann man sie einfach vergessen, denn das Auge hört mit.
Das halte ich so nicht für zutreffend. Schon weil diese These voraussetzt, dass es nur ums Hören geht. Was mir persönlich der Austausch von Bodies vermittelt hat, war aber weit mehr als das, nämlich das Spielgefühl im Sinne der Reaktion auf mich, das Einbetten in einen Bandsound usw.. Der scheinbar objektive blinde Hörtest sagt einem über die Qualitäten einer Gitarre exakt Nullkommanix.
Weiter halte ich entgegen: ich war ja nun gerade
positiv voreingenommen für den Body, den ich ausgetauscht habe. Ich hatte eigentlich ganz klar die Erwartung, dass sich der Sound so gut wie gar nicht ändern würde, aber die Strat mit einem Body in Candy Apple Red viel geiler aussehen würde als in 2TS.
Tat sie auch
!
Beide Bodies waren von Rockinger und aus Erle, die Maße waren so identisch, dass ich nichts an der Saitenlage oder der Okatvreinheit ändern musste - Teile abgeschraubt, auf den neuen Body drauf, spielfertig.
Nur leider klang die Gitarre jetzt nicht mehr . Ich habe dann auch die Halstasche kontrolliert, die Halsschrauben verschieden fest angezogen und dergleichen, denn das kann durchaus Soundunterschiede bewirken. Ich habe die Gitarre monatelang in der Form gespielt, Saiten gewechselt, auch mal andere Pickups ausprobiert undundund. Attack und Sustain waren schon da, nur war sie irgendwie total farblos und ging im Bandsound unter. Sie sah soo geil aus, und ich
wollte, dass es funktioniert - tats aber nicht.
Den alten Body hatte ich zum Glück nicht verkauft, also tauschte ich ihn irgendwann entnervt zurück, und was soll ich sagen, die Strat war wieder eine richtig gute Strat, die genau so war, wie ich sie in Erinnerung hatte. Auch spätere erneute PU-Wechsel haben an ihrem Wesen nichts geändert.
Mein Fazit: Es ist völlig richtig, dass man sich Höreindrücke so gut wie gar nicht merken kann, aber der
Charakter einer selbst gespielten Gitarre, den man nicht einfach an einer Frequenzkurve festmachen kann, der bleibt sehr wohl langfristig im Gedächtnis, da er viel tiefer und an viel mehr Stellen im Hirn verankert ist.
Ob das ein Beweis im naturwissenschaftlichen Sinne ist? Wohl nein, nur stellt das für mich die Frage, ob die eigentliche Essenz einer guten Gitarre dem überhaupt zugänglich ist.
Und wer hätte es gedacht: Schon wieder eine Beweisaufnahme!
Und solche Klangbeispiele? Richtig, die kann man auch vergessen! Ein Spieler, der uns etwas beweisen will und sein Spiel entsprechend ausrichtet und sei es nur unbewusst.
Und was noch wichtiger ist: Leider hat er nicht angegeben, wie er die Aufnahme gemacht hat. Üblich sind heute meist Verfahren, die auf verlustbehaftete
Datenkompression zurückgreifen, was bedeutet, das die Aufnahmen manipuliert sind.
Mit Verlaub, diese Verwendung des Begriffs "manipulieren" halte ich für manipulativ
. Sie impliziert ja, dass die Aufnahmen bewusst in eine bestimmte Richtung verändert werden, und das kann man nur aufgrud der Datenkompression wohl kaum annehmen. Soweit für alle Aufnahmen die gleiche Technik der Kompression benutzt wurde, kann man allenfalls eine
Gleichmacherei des Formats unterstellen, aber wohl kaum, dass Unterschiede geschaffen würden, die im Original nicht zu hören wären.
Ich finde im Gegenteil, dass die typischen Unterschiede der Holzarten kaum je so treffend hörbar gemacht wurden; die etwas breitbandigere Swamp Ash, die etwas knochigeren Hochmitten des Maplenecks, das ist hier doch sehr gut rauszuhören. Wenn jetzt wieder einer einwirft, dass das ja alles doch sehr ähnlich klänge, geb ich ihm durchaus recht - nur sind genau diese feinen Unterschiede das, was für Gitarristen die "richtige" Gitarre von der nicht ganz so tollen unterscheidet.
Aus Deinem Post schließe ich, dass Du diese Unterschiede auch selbst durchaus gehört hast. In diesem Fall würde ich dann aber etwas konkretere Erklärungen dazu lesen, wie genau diese Unterschiede erzeugt werden können, wenn in Wirklichkeit alles gleich klingt. Nicht zuletzt würde ich den Gitarristen gerne hören, der sowas durch eine andere Plektrumhaltung oder Anschlagsstärke faken kann. Ich empfand das Spiel des Testers eigentlich als sehr konsistent, und auch der Text zeigte mMn eigentlich mehr einen Ausprobierenden als einen "Gläubigen".
Der Vollständigkeit halber: ja, es gibt sicher Swamp Ash-Bodies, die wärmer und mittiger klingen, oder Erle, die mehr Bässe und Höhen hat. Dass sich die Variationsbreiten überschneiden, heißt aber für mich keineswegs, dass die
Tendenz bestimmter Holzsorten zu bestimmten Klängen widerlegt wäre.
Gruß, bagotrix