Moin!
Danke, ich habe mich da mal ein wenig umgeschaut!
...dann ist Dir sicher nicht entgange, dass viele Diagramme in der Onlineversion nicht erhältlich sind (wohl aber die Interpretationen. Immerhin will der Professor ja auch (und dagegen ist Nichts einzuwenden) ein paar Printvarianten verkaufen, von denen er wirtschaftlich profitiert. Zeig mir mal die Studie, die alle Ergebnisse online stellt...
http://www.spektrum.de/rezension/physik-der-elektrogitarre/1336616
http://www.spektrum.de/rezension/physik-der-elektrogitarre/1336616
Hast du dir das Buch gekauft? Ich würde gerne die Differenz erfahren. Mich wundert nur, dass die Saitenanzahl der Online-Ausgabe identisch mit der Hardcopy ist. Wo sollen die fehlenden Diagramme versteckt sein?
Viele Deiner Einwände finde ich zumindest nachvollziehbar, wenngleich ich nicht Deiner Meinung sein muss.
Na gut, Meinungen gibt es viele. Da ist ja nichts Verwerfliches dran.
Aber es ist ziemlich mühselig zum 4.000sten Mal in dieser Diskussion zu lesen "warum hat er nicht einfach den Hals..." Wenn bereits 3.999 Mal darauf verwiesen wurde, dass Zollner in seinem Werk (das Du ja genau gelesen hast) ausführlich begründet, warum es mit dem Halstausch (o.ä.) nicht getan ist und warum sich nicht alle Faktoren genau kontrollieren lassen. Man misst bei einem Halstausch zu viele Artefakte, die mehr mit der Tremoloeinstellung, der Saitenlage, der Veränderung der Saite (die Selbe hat einen strapaziösen Prozess hinter sich, wenn sie gewechselt wurde, die Gleiche ist nicht identisch -> Messmist vorprogrammiert, insbesondere, wenn man zugleich nachgewiesen hat, wie sehr die Saite den Ton bestimmt).
Also das ist zu einfach betrachtet. Zu allererst wird zur Erklärung aller Zusammenhänge ein einfaches Modell erstellt. Das macht jeder, um den Kern der Fragestellung heraus zu arbeiten und die Umliegen Einflüsse auszublenden. Dieses Modell wird so einfach wie möglich gehalten und erst erweitert, wenn die Ergebnisse dieser mit dem Modell durchgeführte Approximation zu sehr von der Realität abweichen. Um eine kontrollierte Umgebung zu schaffen, hätte er sich eine Konstruktion einfallen lassen können, in der er verschiedene Hälse einspannt und solche Messungen wiederholt. Natürlich gibt es Abweichungen bei den Saiten, allerdings sind die Schwankungen bei den derzeit technischen Gegebenheiten vernachlässigbar gering, sodass ich damit keine Schmerzen hätte. Lustigerweise misst er dem Faktor der Kaltverfestigung der Saiten einen signifikanten Faktor bei, behauptet aber Cryo sei Voodoo, obwohl es zu diesem Thema seit Jahrzehnten genügend Forschung der Stahlindustrie gab und somit dessen Gefügeveränderung duch diesen Prozess gut dokumentiert sind. Eine gute Dissertation zu diesem Thema finden man übrigens
hier.
Wenn du jetzt argumentierst, dass der Hals aus zu vielen Teilen besteht, kann man dir mit ruhigem Gewissen sagen, dass mit modernen CNC Maschinen die Fertigung selbst bei Holz um nur wenige Hundertstel abweicht. Es ist möglich mehrere Hälse identisch zu fertigen und nur das Material zu variieren. Die letzendliche Einstellung der Halsparamtere sind mit Lasermessgeräten günstig und einfach zu überwachen.
Und selbst wenn das nicht reicht, nimm profaner Weise drei Stöcke mit identischer Form, spanne eine Saite drauf und zupf.
Zurück zu seinem Ergebnis und was daran fischig ist: Beide Graphen sind absolut identisch, obwohl ein Gitarrist - also ein Mensch - diese Gitarre bedient und keine Maschine. Zudem wird ein Akkord gegriffen und nicht offen angeschlagen. Da sollten aufgrund des menschlichen Faktors etwas zu sehen sein. Da scheint die Skalierung nicht zu stimmen. Der nächste Punkt, der mich stört ist der Aufnahmezeitpunkt. Es wurde nur einer gewählt. Ich widerspreche nicht, dass es so sein könnte, dass die Gitarre beim Anschlag mit dem Attack kein Unterschied vorhanden ist. Aber warum zeigt er kein Wasserfalldiagramm, wenn er behauptet, dass der Interessante Teil das Abklingen der Saite ist? Er schreibt von den Impendanzen der Saitenaufhängung. Diese Werte wirken auch ohne FEM Simulation plausibel. Allerdings ist gerade nach seiner Aussagen das Ausklingverhalten der Saite Soundprägend.
Es gilt ja wirklich das Energiegleichgewicht. Daher hat eine Paula ein geringeres Sustain als eine Strat, klingt dafür aber wärmer, da mehr Schwingungsenergie absorbiert wird. Als erstes gehen da natürlich die Harmonischen drauf. Woran liegt das? Ich weiß es nicht. Ich baue meine Gitarren aus rein optischen Gründen, da ich mir sage: "Wenn sie mich nicht anturnt, dann spiele ich halt nicht gut und klinge von mir aus beschissen." Natürlich klingen alle Gitarren anders und sonst wäre es auch langweilig. Mir fehlt da einfach die Differentation. Demnach müssten Gitarren aus Balsa genauso gut klingen, wie welche aus Nato.
Dabei sei es dahin gestellt warum dieser prikäre Unterschied vorhanden ist. Seien es die PUs, die an der Paula kräftiger daran ziehen, obwohl der Strat eher die Stratitis nachgesagt wird, da die Magnetfelder schmaler sind und eigentlich kräftiger an der Saite ziehen. Sei es die Mensur, der hohe Metallanteil der Hardware, sonstwas...
Und, nein, es ist keine wissenschaftliche Arbeit wie eine Promotion... aber es ist ein wenig deutschsprachiger Dünkel zu glauben, wissenschaftlich Bücher müssten langweilig geschrieben sein. DA sind uns die Amerikaner meilenweit voraus...
Ich habe sehr viel Literatur gelesen und kenne den Humor der Amis sehr gut. Hawking ist zum Beispiel ein sehr lustiger Geselle, was seine Bücher angeht. Ich habe nichts gegen eine lockere Art zu schreiben oder einen Witz zwischen den Zeilen. Ich habe nur was dagegen, wenn man in seiner Arroganz gegen Leute stänkert, die ihren Anteil zur jetzigen Welt bereits geleistet haben und dies nicht zu knapp. Man darf nie vergessen und muss sich stehts sagen "Wenn ich weiter sehen konnte, so deshalb, weil ich auf den Schultern von Riesen stand." Alles andere ist unnötig und arrogant.
OK - ich bitte inständig darum, mal das Gedankenexperiment zu machen andersherum zu denken:
Manfred Zollner steckt quasi in einem Catch 22, weil egal wie er es tut, es wird gegen ihn verwendet werden.
http://de.wikipedia.org/wiki/Catch_22
Um ein verlässliches Ergebnis zu bekommen, müssen Experimentalbedingungen herrschen. Schließlich will man die Faktoren, die man misst bestimmen. Da eine Gitarre ein System ist, kann man nicht einfach ein Element weglassen, sondern man muss austauschen.
Ja, aber er bemüht sich nicht darum. Mir sind seine Bedingungen nicht bekannt, da er sie in seinem Buch nur marginal schildert. Die Bedingungen sind zudem das eine, die Durchführung wieder etwas anderes und die Doku eigentlich der wichtigste Teil. Wer mir eine Doku liefert, in der der Versuch so mangelhaft beschrieben ist, dass ich ihn nicht selber durchführen kann, hätte die Versuche auch genauso gut sein lassen. Auf diese Weise kann ich die Messung weder verifizieren noch falsifizieren. Daher sind alle daraus geschlossenen Synthesen uninteressant.
Was passiert denn, wenn man ein Teil weg lässt? Daraus besteht doch die Forschung: Modellbildung und Fokus auf die Fragestellung.
Aber danke, dass ich noch ein Link zur Erklärung eines Catch 22 erhalte.
Nichts für ungut.
So weit klingt es noch einfach. Die Forschungsergebnisse legen aber eine Sache unmissverständlich nahe. Bedeutsam ist AUF JEDEN FALL - und zwar unabhängig von der Frage ob Holz klangformend ist oder nicht - AUF JEDEN FALL die Saite (Saitenspannung, Saitenalter), die Saitenlage, die Einstellung, wie fest genau welches Schräubchen festgezogen ist... Auf das Thema bezogen bedeutet das, dass es, damit man verlässliche Messergebnisse hat, ALLE beteiligten Faktoren zu kontrollieren. Das scheitert aber schon an der Saite, da die gleiche Saite eben nicht die Selbe ist und damit schon eine Varianz auftritt, die nur einigermassen beherrschbar ist, wenn man nicht 1 Mal oder 5 Mal misst, sondern vielleicht 100 Mal und Mittelwerte bildet (auch dann bleiben Zweifel).
Die selbe Saite kann man aber nicht nehmen, denn nach aufziehen - testen - abziehen - wieder aufziehen haben wir nicht mehr eine Saite die physikalisch identisch mit sich selbst ist (bez. Schwingungseigenschaften). Und hier endet die Möglichkeit der Replikation. Da ist die Einstellung etc. noch gar nicht berücksichtigt.
Was würde eigentlich bedeuten zwei Hälse anzuschrauben, die sich "nur in der Holzsorte unterscheidet". Also sollten noch Form, Maserung, Dichte, Gewicht... vergleichbar sein... Es wird wieder nicht möglich sein... zu viele Faktoren SIND NICHT KONTROLLIERBAR!
Was spricht denn dagegen? Immer zu behauptet das System sei zu kompliziert langweilt mich auch auf Dauer. Modell bilden, vereinfachen, alles übrige an Einflüssen weg lassen und schauen was dabei raus kommt. Zudem sind viele Einflüsse vernachlässigbar gering. Man muss sich auch mal trauen Fehlertoleranzen auszuloten und wenn dies nicht gelingt, mögliche Ursachen nicht nur umschreiben, sondern auch überprüfen! Wenn Schraube XY Schuld an der Misere sein kann, dann schraub gefälligst dran rum, untersuche welchen Einfluss diese Schraube hat und linearisiere das System dann bitte mit einer Ausgleichskurve.
Dies legt Zollner klar dar. So klar, dass sogar ich das verstehe (und das heisst etwas, weil ich zwar eine Idee von Forschung habe, aber leider wenig Plan von Elektrophysik). Ganz sicher, kann ich daher Vieles von dem was der Professor schreibt nicht ausreichend beurteilen - aber das Problem der Nicht-Reproduzierbarkeit ist evident!
Das ist es ja. Als Akademiker versteht man sowas nicht nur, sondern hinterfragt es.
Die Grundlagen kennt jeder und keines seiner Versuche ist so von niemanden reproduzierbar, weil er nicht beschreibt was er genau macht. So viel zur Wissenschaftlichkeit... Du schreibst es ja selber.
Damit haben wir keine Kontrollbedingungen mehr - und damit kann er entweder auf die Messung auf Basis seiner Begründung nachvollziehbar sein lassen - und sich vorwerfen lassen keinen Versuch zu machen - oder er macht den Versuch - und muss sich vorwerfen lassen, zu versuchen etwas zu messen, von dem klar ist, dass es nicht unter kontrollierbaren Bedingungen messbar ist. Letzteres ist ganz klar der unwissenschaftlichere Weg.
Nein, er bekommt ein Versuchsergebnis, das gar keines ist, von dem man nicht weiss, WAS es misst und das daher nicht aussagekräftig ist.
Es muss einem Professor erlaubt sein, diese Dummheit nicht zu begehen.
Cheers
Zwiebler
Bei Versuchen wird daher auch eine Annahme getroffen, welches Ergebnis erwartet wird. Oft wird diese Annahme noch mit Simulationen unterfüttert. Es ist ein leichtes heutzutage eine Gitarre in den PC zu hacken und mal eine Schwingungsanalyse durchzuführen. Nach dem Versuch wird das Ergebnis dann mit der Annahme verglichen und dann nach Gründen gesucht, die dazu geführt haben könnten. Bei geringen Abweichungen geht man allerdings davon aus, dass sein System stimmig ist. So einfach ist es. Und das fehlt ja auch komplett. Es ist ja keine Dummheit dahinter etwas zu versuchen. Man kann sich seine eigenen Kontrollbedingungen schaffen. Man kann Systeme erstellen, die den Einfluss einzelner Teile kontrolliert betrachten lassen. Man kann so viel und er machte einfach so wenig.
Nichts für ungut. Bitte fühl dich nicht von meinen Worten angegriffen, auch wenn sie lapidar daher kommen. Es soll nicht gegen dich gerichtet sein. Es ist nur das Buch, dass mich seit gestern in den Bann zog und ich weiß einfach nicht ob ich weinen oder lachen soll dabei. Ich habe zwar nicht so viel Erfahrung wie der Zollner, aber bitte glaube mir, dass wissenschaftliches Arbeiten ganz anders aussieht. Zumindest kann es das. In jungen Jahren saß ich Nächte lang im Labor der Uni, weil sonst kein Zeitfenster zur Verwendung der Geräte offen war, nur um eigene Messungen durchzuführen und oftmals ernüchteten mich die Ergebnisse.
Vielleicht ist es einfach nur unglücklich formuliert. Vielleicht sollte der Konsen lauten, dass gute Hölzer nicht teuer sein müssen und einem die Gitarrenhersteller mit den selektierten Hölzern klangtechnisch übers Ohr hauen. Aber solche aussagen sind einfach tötlich. Besonders, wenn keine Differentiation vorhanden ist.
Das letzte was ich jetzt zu diesem Thema noch schreiben werde ist folgendes: Es gibt genug Videos im Netz, in dem Leute versuchen Gitarren vom selben Typ blind zu unterscheiden. Diese Erfahrung habe ich selber oft gemacht. Da bekommt man eine Augenbinde auf und hat keine Idee, ob man eine Tele von Squier auf dem Schoß hat oder eine aus dem Custom Shop von Fender. Selbst erfahrene Gitarristen tippen oft genug daneben, auch wenn sie die Gitarren zuvor eine Stunde lang bespielt haben. Vieles richtet sich nach Etikette. Ich wurde schon so oft beschimpft, dass ich mit selbst gebauten Equipment im Proberaum saß. Da hieß es immer mein Kram wäre Mülle und man hat mir eine Gibson/Fender/XY auf den Schoß gelegt, mit dem ich nichts anfangen konnte, da er entweder in meinen Ohren nach Müll klang oder das Setup so daneben war, dass ich damit nicht spielen konnte. Viele Effekte sind und bleiben bei uns Gitarristen psychosomatisch. Daher kann ich damit leben, dass etwas in Wirklichkeit anders als wahrgenommen ist. Aber es ist immer noch einfach zu glauben, dass messbare Unterschiede vorhanden sind und diese unter der wahrnehmbaren Hemmschwelle liegen, als dass man behauptet keinen Unterschied gemessen zu haben. Denn noch NIE, wirklich noch NIE in meinem Leben habe ich das gleiche gemessen und wirklich das SELBE ERGEBNIS erhalten!!! Noch N I E ! ! ! Es gibt immer Ausreisser beim Messen und ich bin immer empirisch vorgegangen.
Schicken Gruß,
Etna