Klar ist aber - was wir hören ist im Frequenzverlauf, der ja Tonhöhe (Hz) im Zusammenhang mit Schalldruck (db) zusammen visualisiert, darstellbar. Denn das - und nur das - ist Grundlage unseres Hörens. Der Rest ist Geist.
Eben nicht. Schallereignisse werden wesentlich komplexer wahrgenommen, wie ich auch schon geschreiben habe. Ein statischer Frequenzgang ist die Abbildung der
insgesamt anfallenden Frequenzverteilung eines Schallereignisses über einen Messzeitraum. Er sagt nichts aus darüber, in welchen zeitlichen Abständen die einzelnen Frequenzen einsetzen, was aber unsere Wahrnehmung extrem beeinflusst. So kommt auch zB die Wahrnehmung einer "Violine" zu Stande, wenn man bei einem verzerrten Leadsound den Attack mit dem Volumepoti abschneidet und dann einfadet. Denk mal darüber nach, wie viele Stimmen wir am Klang unterscheiden können, selbst wenn diese eine sehr ähnliche Tonlage haben. Das Gehirn ist verdammt leistungsfähig bei der Auswertung von Klängen.
...was heisst hier eigentlich "abtun"? Psychologisch hören, ist gar kein richtiges Hören? Und psychische "Störungen" sind natürlich auch keine "echten" Störungen...?
Hier verstehe ich nicht wirklich, worauf Du hinaus willst. Der Sinn des Begriffs "psychologisches Hören" ist mir nicht recht klar. Ich glaube auch nicht, dass ich psychisch gestört bin, weil ich klangliche Unterschiede zwischen Holzsorten postuliere
.
"Abtun" bedeutet für mich jedenfalls, dass Zollner ziemlich pauschal - um nicht zu sagen polemisch - behauptet, dass alle wahrgenommenen Unterschiede zwischen Hölzern auf Einbildung beruhen. Für die Überprüfung dieser These wäre aber eine Auseinandersetzung mit der Frage erforderlich, ob es nach dem Stand der (psychologischen) Wissenschaft überhaupt Wirkmechanismen gibt, die unter den gegebenen Bedingungen bei der überwiegenden Zahl der Gitarristen eine solche Fehlvorstellung auslösen.
Ich nehme an, dass Du immer die selbst Steh- oder Sitzposition zum Schallerzeuger (Lautsprecher / Box) einnimmst und die selben (nicht die gleichen) Saiten in Deinen Testreihen verwendest. Zudem ist auch die Hardware die selbe (nicht die gleiche) auf den Gitarren? Die Potis werden umgeschraubt (Toleranzen)? Vielleicht gibt es keine messtechnische Untersuchung (muss den Zollner noch mal lesen), jedoch eine stringente Begründung, die widerlegt werden sollte, bevor ihr widersprochen wird.
Eine "stringente Begründung" sehe ich hier gerade nicht. Tatsächlich scheint selbst bei den wissenschaftlichen Beiträgen wie auch in den Diskussionen auch immer wieder durch, dass eigentlich keiner die Unterschiede verschiedener Gitarren gleicher Bauart wirklich in Abrede stellt. Es geht also primär um die Zuordnung dieser Unterschiede zu bestimmten Ursachen. Und hier fehlt es mMn völlig an einer alternativen These dazu, wie diese Unterschiede zu Stande kommen. Im Mittelpunkt steht immer nur der Versuch eines Nachweises, dass es jedenfalls
nicht die Holzsorte sei.
Ich sehe bisher zB nicht im Ansatz eine Erklärung der Physiker dafür, dass manche Gitarren unrettbare tote Gurken sind. Jeder, der sich mit einer Vielzahl von Gitarren auseinandersetzt, ist dich schon solchen Teilen begegnet. Ich rede jetzt mal absichtlich nicht von Les Pauls oä, bei denen man vieles einer mangelhaften Halsverleimung zuschreiben könnte (und bei denen diese im Einzelfall tatsächlich problematisch ist). nehmen wir also die Strat, an der man so vieles nachbessern kann: Ich kenne aus mittlerweile 30 Jahren Beschäftigung mit Gitarren etliche Schwachstellen, und eben auch Tricks, mit diesen umzugehen.
Eine kleine Auswahl von Dingen, mit denen man einer Strat beikommen kann:
- die Höhenverstellschrauben der Saitenreiter. Hier schnarrt es gerne mal oder bestimmte Saiten klingen "tot". Mit etwas Geduld findet man fast immer eine Stellung, die das verbessert.
- der Halseinstellstab. Ein wenig anziehen oder nachlassen kann so manche Gitarre deutlich verbessern.
- die Halsschrauben - werden gerne zu fest angezogen und würgen dann manchmal den Ton ab. Oder eine greift nicht mehr, was ein ungleichmäßigen Anpressdruck in der Halstasche bewirkt.
- der Halswinkel - durch CNC sind Probleme seltener geworden, aber manchmal ist er zu flach.
- die Halstasche - da finden sich mitunter unnötige Shims, Schmodder aus der Produktion oder gerne mal eine Vorderkante mit Lacknase, auf der der Hals aufsitzt (statt auf dem Holz).
- Die Befestigung der Mechaniken - auch hier gibt es sowohl lockere Teile als auch zuweilen merkwürdige Effekte, wenn bei geschlossenen Tunern die Mutter zu sehr festgeknallt wird.
- Verstellen der Pickups in Höhe und Neigung, dürfte bekannt sein.
- Potiwerte checken.
- Kondensatoren und mitunter sogar deren Einbaurichtung - rätselhafterweise, denn eigentlich sollte die keinen Einfluss haben.
- interne Verkabelung und Lötstellen.
- die Pickups selbst, klar.
All das sind Parameter, an denen man schrauben kann. Dennoch ist keiner von Ihnen geeignet, den individuellen Charakter der Gitarre auf den Kopf zu stellen. Manchmal hilft wie gesagt alles nix und die Gitarre klingt halt sch... So wars eben mit einem bestimmten Erlenbody, den ich mal an der Strat hatte. Mitunter ist es mir auch schon gelungen, aus einer mittelprächtigen eine richtig gute Gitarre zu machen, aber das grundsätzliche Timbre ist individuell wie die Stimme eines Menschen. Und ja, es steht nach meiner Erfahrung durchaus im Zusammenhang mit der Holzsorte. Ein gutes Beispiel ist meine Warmoth, eine Strat mit Mahagonibody. Sie hat in den oberen Mitten ein gewisses Singen im Ausklang, eine Verdichtung, die meiner Rockinger aus Erle so nicht zu eigen ist. Einer weiteren Strat aus Linde geht es sogar gänzlich ab. Du wirst jetzt sicher sagen, das kann man ja nun gar nicht vergleichen, die haben ja andere Hälse, andere Hardware, andere PUs. Nur habe ich das alles schon bei den Kandidatinnen mit den verschiedensten Ersatzteilen geändert und wieder zurück getauscht, ohne dass der individuelle Kern ihres Klangcharakters irgendwie ähnlicher geworden wäre. Die Frage ist also: was soll ich denn
noch machen, damit meine Warmoth so klingt wie die Rockinger???
Von daher brauche ich auch gar keine Testreihen mit Laborbedingungen. Darin liegt ja gerade der Denkfehler! Denn durch die Messungen Zollners werden immer nur die "groben", leicht zu messenden Parameter erfasst. Klar, mit einem Dreh am Mittenregler kann ich den Frequenzschrieb total auf den Kopf stellen. Der Punkt ist aber der, dass der individuelle Unterschied zweier Gitarren trotzdem noch wahrnehmbar ist, weil es gar nicht um etwas so simples geht wie mehr Mitten, Höhen, Bässe oder Sustain. Das ist ja auch der Grund dafür, warum so mancher vom Ergebnis enttäuscht ist, wenn er seine PUs wechselt, selbst wenn er einen`59 gegen einen JB tauscht.
Ich bitte Dich jetzt nochmals um eine klare Stellungnahme: Klingen
für Dich alle Strats aus einer Serie gleich? Hast Du schon mal ganz bewusst im Laden eine American Standard aus Erle mit einer verglichen, die aus Esche besteht? Wenn nein, dann mach es und frage Dich, ob Du im Ampsound wirklich nichts von dem wieder findest, was man landläufig der Esche und der Erle zuschreibt.
Ich kann irgendwie nicht glauben, dass ein Gitarrist das
nicht hören könnte. Zwischen den Zeilen wird das auch oft eingestanden. Die Physiker-Fraktion schreibt dies dann aber allen möglichen Umständen zu, ohne aber auch nur zu untersuchen, ob sie durch diese überhaupt erzeugt werden können. Ein solches empirisches Ausschlussverfahren wäre auch durchaus nicht unwissenschaftlich. Wenn man die Auswirkung all dieser Faktoren untersucht und feststellt, dass man dem Ziel eines typischen "Erle"-Sounds aus der Esche-Strat keinen Deut näher gekommen ist, muss man die eigene Grundthese eben überdenken. Die Bereitschaft hierzu sehe ich aber nicht.
Methode der wissenschaftlichen Forschung ist die Falsifikation. Alles Andere wird Dir (zu Recht) zerrissen. Die Studie müsste also postulieren, dass ein Unterschied wahrnehmbar ist, und dies dann testen. Wenn das alles so klar ist... wieso überlegen wir eigentlich noch, ob EC auf dem Beano Album einen Rangemaster verwendet hat oder nicht? Ist doch völlig klar, denn wir hören ja sogar das Holz seiner Paula.
Wie hier schon mehrfach festgestelllt wurde: Richtig, man kann sowas oft nicht heraushören. Nur gehts darum gar nicht, sondern um die Eigenwahrnehmung beim Spielen, die eben wesentlich mehr Parameter umfasst als das passive Hören.
Tatsächlich wurden viele Argumente vorgebracht (Psychoakustik, Dämpfungseigenschaften der Materialien, Hörschwelle etc.). Aber das ficht keinen der hier aktiven Holzvertreter an. Das klingt für mich noch viel mehr nach "dass nicht sein kann, was nicht sein darf". Das ist dann nämlich "kein Argument". Ach so. Ich bin mir sicher, dass das nächste Argument, wieder kein Argument ist, und dass die Messungen, die auf etwas Anderes kommen, als den subjektiven Höreindruck der Holzfraktion schlicht fehlerhaft, ungenau...
Die Dämfungseigenschaften der Materialien gehören ja gerade zu den objektivierbaren Argumenten, die den Einfluss von Holzsorten logisch plausibel erscheinen lassen. Es steht außer Frage, dass die verschiedenen Spezies sich in ihren physikalischen Eigenschaften in den Randbereichen mehr oder weniger stark überschneiden, aber unterschiedliche Varianzbreiten aufweisen.
Ich sehe (s.o.) nicht, dass die Psychoakustik in diesem Zusammenhang wirklich aktiv untersucht worden wäre, ihre Auswirkungen werden nur postuliert bzw. aus dem Umstand gefolgert, dass die gemessenen Parameter keine ausreichende Differenzierbarkeit ergeben haben. Logisch zwingend wäre dies aber nur, wenn tatsächlich alle objektiv möglichen Parameter erfasst worden wären - dies widerum wird weder behauptet, noch ist es feststellbar, da wir ja gerade
nicht wissen, was die unterschiedliche Wahrnehmung auslöst.
Zollner wendet zu seiner Behauptung also gerade
nicht die oben genannte Methode der Falsifikation an.
Er schließt daraus, dass er keine Ursache auf seinem wissenschaftlichen Gebiet
gefunden hat, in einem Zirkelschluss darauf, dass er auf diesem Gebiet alle potentiellen Ursachen
abgedeckt hat und seine Messmethoden die richtigen Parameter erfasst haben. Es ist jedoch logisch einem Beweis gar nicht zugänglich,
alle potentiellen Parameter vollkommen erfasst und untersucht zu haben. Damit kann und muss man leben, klar. Aber dann geht er noch einen Schritt weiter und behauptet konkret, dass die Ursache der unterschiedlichen Wahrnehmung von Holzeigenschaften auf einem Gebiet zu suchen sei, auf dem er überhaupt nicht geforscht hat.
Ich habe weiter vorne vorgeschlagen eine Testreihe unterschiedlicher Strats im "Blindspiel" und "Blindhörtest" (BEIDES!) zu machen (Post #134) - inkl. wild guess der Holzsorte.
Das ist gerade der Punkt, den ich schon mehrfach angesprochen habe. Passive Hörtests bringen keinen Erkenntnisgewinn, weil das Hörgedächtnis so schlecht ist. Erst recht gilt das für den "wild guess", womit Du wohl das Benennen einer Holzsorte ohne Referenzmaßstab meinst. Das ist ja auch das, was ich
Soper ankreide: er widerlegt allenfalls eine Behauptung, die so wohl eh nur wenige aufstellen (ich jedenfalls nicht), nämlich die eines eindeutigen, durch isoliertes Hören wahrnehmbaren Unterschiedes.
Der Knackpunkt ist doch der, dass eine Strat je nach Holzart einen anderen
Charakter für den Spieler annehmen wird, und dass sich die Eigenschaften der einzelnen Spezies da zwar teils durchaus überschneiden (da Naturprodukte mit erheblichen Streuungen), aber eben doch typisierbar sind. Ich bin kein Physiker, aber eine Strat aus Mahagoni klingt
nie so wie eine aus Esche, jedenfalls nicht für den, der sie spielt.
Gruß, bagotrix