Also Leute mit Instrumenten auf der Bühne (egal welche) und die auch damit umgehen können,
gefallen mir 1000 mal besser als "Knöppedreher" mit MacBook.
Vor allem, wenn da jemand nicht als DJ gebillt ist, sondern wirklich als elektronischer Musiker mit Live-Performance, und dann sieht das eher so aus, als wenn er seine E-Mails checken würde, als eine tatsächliche Musikperformance.
Dann lieber der Kleintierzoo™ auf dem Tapeziertisch. Auch wenn's 100% sequencergesteuert ist, ist es doch trotzdem echt.
@Guvnor: Nein, kein Getrolle. Ich habe zwar bisher viel gelesen, was alles nach Mist aussieht. Aber ich habe echt noch keine Vorstellung davon bekommen, wie sowas konkret besser gemacht werden sollte...
Da werden die Geschmäcker sowieso auseinandergehen. Die einen wollen schwarze Gehäuse mit Holzseitenteilen; nur ein Minimoog darf silbern sein. Die anderen wollen, daß nichts aussieht wie nach 1969 rausgekommen. Die nächsten wollen, daß elektronische Instrumente überhaupt nicht sichtbar sind und hinter irgendwas versteckt werden müssen (heißt jetzt nicht backstage, sondern meinetwegen auch so, wie Daft Punk das gemacht haben), undso weiter.
Isso! Hat aber - glaube ich - mehr mit der tollen Lichtshow oben, und - unten - der seltsamen (aufblasbaren?) Bühnendeko und dem lächerlichen Fummel zu tun, in den die beiden Gitarristen gehüllt sind.
Das sind Judas Priest. Das muß gay aussehen.
Guck dir mal Rob Halfords Bühnenoutfit aus der Anfangszeit an. Das sieht nicht nur aus wie ein Tuntenfummel, das
IST ein originaler Tuntenfummel. Eigentlich wollte er damit das Publikum schocken; das hat aber nicht geklappt, weil Schwulen- und Metalszene annähernd null Schnittmenge hatten und die Heten die Provokation gar nicht verstanden haben.
Die Aira-Reihe, um die in dem Thread ja in erster Linie zu gehen scheint (habe aber nur die ersten Posts gelesen) finde ich gestalterisch auch grenzwertig. Wenn allerdings das System 8 (aus dieser Reihe) eine gute Tastatur mit Aftertouch hätte, dann hätte ich ihn vermutlich trotzdem gekauft. JD-Xa finde ich allerdings sogar ziemlich hübsch (aber nur wenn man das matte Overlay aufklebt).
Die Aira-Reihe hat Guvnor überhaupt noch nicht auf dem Zettel gehabt, sondern nur den V-Synth GT mit seinem riesigen Schriftzug im Ende-90er-Stil auf der Rückseite.
Das Design transportiert, abgesehen von den „Oldtimern“ und (Vintage) Klassikern, nun mal relativ wenig Image. Vor allem sind diese optisch universell kompatibel und meist schlicht gestaltet.
Kommt natürlich drauf an, was da für Geräte stehen und wer die sieht.
Keys in einer Rock-/Metalband bei einem entsprechenden Gig sind was anderes als der Tapeziertisch bei einer Elektronik-Performance. Wenn der Tapeziertisch 80% der Modellpalette von Elektron zur Schau stellt, wird der einschlägige Metalhead überhaupt nichts merken, und der Synthnerd wird sich darüber auslassen, was da für ein Scheiß-Hipster am Werk ist.
Aber um eine Brücke zum eigentlichen Thema zu schlagen:
Man könnte ja mal fragen, ob es auch Keyboarder gibt, die ihr Instrument ausgesprochen schön finden und das Logo mit Stolz auf der Bühne zeigen? Wäre ja auch mal interessant zu wissen. Dazu wurde hier noch wenig gepostet. Ich denke unter Gitarristen wäre es z.B. nichts ungewöhnliches, dass sie stolz auf ihre "Schätzchen" sind und damit auch gerne die Bühne betreten. Wie sehen das die Keyboader hier?
Wenn, dann geht es uns nicht darum, wie das Gerät aussieht, sondern was das für ein Gerät ist.
Das wird gern zur Schau gestellt.
Ich meine, ein Alesis Andromeda A6 ist beileibe nicht schön. Trotzdem ist das ein verficktes Statussymbol von einem Musikinstrument und ein richtig fetter analoger Polysynth mit allem Schickimicki aus einer Zeit, wo es die Dinger noch nicht wieder im Dutzend billiger gab. Es zählt nicht, wie das Ding aussieht, aber es zählt um so mehr, daß da ein verdammter Andromeda steht.
Ein oranger Waldorf Wave sieht auch scheiße aus, ist aber was ganz Spezielles, weil a) eine frühe, hybride Wavetable-Wunderwaffe, b) superselten, und c) war das Ding nie nicht sauteuer. Wenn so einer auf einer Bühne steht, macht der Metalhead oder der Altrocker dumme Bemerkungen darüber, wie scheiße der aussieht, und der Synthnerd einen Kniefall, als wäre das der Heilige Gral oder Excalibur oder so.
Gerade im Synthesizerbereich im Gegensatz zur Gitarre geht es eh selten bis gar nicht darum, nur ein einziges Instrument zu produzieren. Im Gegensatz zu einem Gitarristen kann der Synthesizerspieler in einem einzigen Song eine ziemliche Anzahl an Instrumenten zum Einsatz bringen. Der wahre Gearporn im elektronischen Bereich kommt also nicht durch Herausstellen eines einzigen Instruments zustande, sondern durch das ganze Setup.
Friss für viel Geld oder stirb.
Sie werden als Premiumprodukte beworben und bepreist, bei denen der Leistungsumfang und das Portfolio eingeschränkt sind. Also das, was sie tun, das tun sie erstklassig und auf eine ziemlich einzigartig intuitive Weise, aber manches, was bei anderen Herstellern für weniger Geld Standard ist, gibt's einfach nicht.
Die "Fanboy"-Anschuldigungen kommen meist dann, wenn jemand berichtet, dass sein Nord alles bringt, was er braucht, super klingt und bedienbar ist - dann bricht der Sturm los, wie man so überteuerte Instrumente verteidigen kann, die nicht mal [xyz] können.
Das ist es nämlich.
Das, was die Nords können, können sie ziemlich gut. Aber in gewissen Bereichen neigen sie dazu, ziemlich eingeschränkt zu sein im Vergleich zu ähnlichpreisigen Instrumenten.
Mich erinnert das an die Zeit vor 20 Jahren. Clavia Nord Lead 2X vs. Access Virus C. Der Virus: 16fach multitimbral, 32 Stimmen, bis zu 5 Oszillatoren und 3 Filter (davon 2 Multimode in verschiedensten Verschaltungen) pro Stimme, umfangreiche Effektsektion pro Part, also mehr als heute noch jede Workstation usw. Der Nord Lead: monotimbral, 16 Stimmen, 2 Oszillatoren und 1 auch noch eingeschränktes Multimode-Filter pro Stimme und überhaupt keine Effekte.
Die Nord-Fanbois motzten alle gegen den Virus, und der Nord Lead klang ja 1000x besser, und der
brauchte gar keine Effekte, um fett zu klingen. Das war damals die Zeit, wo "fetter Sound" immer nur à l'Américaine gemacht wurde: mindestens zwei Sägezahnoszillatoren leicht gegeneinander verstimmen für "fett" und "warm" und "lebendig", dazu 24-dB/Oktave-Tiefpaß, und dahinter im Prinzip gleich das Mischpult. Effekte sah man an als Krücke für den klanglichen Abstand der in einem Synth verbauten Oszillatoren zum "bestklingenden Synth überhaupt" a.k.a. 1972er Minimoog, der ja angeblich auch immer ohne jegliche Effekte direkt auf Band bzw. in die PA gespielt wurde.
Auf diesen Punkt haben ja schon einige geantwortet.
Aus meiner Sicht hat Nord von Anfang an bewusst eine gewisse Nische bedient:
Beispiel Electro: Nischenprodukt, dass in erster Linie die klassischen elektromechanischen Tasteninstrumente emulieren sollte - und das in einer livetauglichen Art und Weise, die direkten Zugriff auf allerlei Parameter bot.
Alle anderen hatten damals meist keine direkten Eingriffsmöglichkeiten und viel mehr Sounds, die dafür allerdings auch insgesamt eher mittelmäßig waren.
So erkläre ich mir den "Siegeszug" von Nord. Aber das hat natürlich auch Konsequenzen.
Das ging doch schon 1994 los mit dem ersten Nord Lead.
Das Konzept eines Digitalsynth, der im wesentlichen wie ein Analogsynth funktionierte, war nicht neu. Roland D-50, Yamaha EX5... Was Clavia neu gemacht hat, war a), dem Ding auch noch mehr den klanglichen Charakter eines Analogen zu verleihen, b) analogmäßige One-Knob-One-Function-Bedienung und c) das Teil direktweg als Surrogat für alternde und/oder immer teurer werdende Analogsynthesizer zu vermarkten. "Virtuell-analog" als Terminus stammt von Clavia.
Bevor Clavia sich also derer annahm, die eine B3 + Leslie 122 und/oder ein Rhodes wollten, haben sie sich derer angenommen, die einen Moog oder einen Prophet wollten (wobei kein Nord Lead sich je die Mühe gemacht hat, einen Minimoog oder einen Prophet-5 so exakt zu emulieren, wie sich Nord Electro und Nord Stage die Mühe machen, eine Hammond B3 zu emulieren).
In dem Bereich bekam Clavia allerdings sehr viel schneller sehr viel mehr Konkurrenz. Zwei, drei Jahre später waren die Japaner aus dem Dornröschenschlaf aufgewacht und hatten eigene VA-Synths, die zu niedrigeren Preisen als der Nord Lead mehr konnten als der Nord Lead. (Erinnert an die 70er, als Moog von Roland und vor allem Korg preislich in die Mangel genommen wurde.) Und kurz darauf kamen zwei Firmen im europäischen Raum mit VA-Synths, die zwar nicht wesentlich billiger waren als der Nord Lead, aber
sehr viel mehr konnten und damit den Synthnerds ebenso ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis boten.
Eben: "weniger ist mehr".
Vielen reicht aber das "weniger" nicht aus. Für die ist ein Nord dann nicht besonders geeignet.
Paradebeispiel: Nord Lead A1. Geiler Klang, aber sehr eingeschränkte Möglichkeiten und noch eingeschränktere Bedienung. Für den "Ich bin kein Synthesizerspieler"-Keyboarder in der nichtelektronischen Band möglicherweise das Optimum. Für den Vollblutelektroniker, der Zugriff auf jeden Parameter der Klangerzeugung einzeln braucht, ein Unding. Der wartet bis heute vergeblich auf die Antithese zum A1: einen Nord Modular G3.
Sieht aus wie der Yamaha MM6. Das war der Einstiegsrompler von Yamaha auf Basis des Ur-Motif von Mitte der Nullerjahre.
Genauso billo wie die X-Ständer. Paßt also wieder.
Aber in Japan sind ja auch Yamahas 4OP-FM-Kisten der 2. Generation völliger Kult, während in der westlichen Welt alles unter 6OP Spielzeug ist.
Apropos.... ich habe einen Nord Synthy im Portfolio. Den sollte ich wohl wieder stärker in mein Setup einbinden: Den einzigen (?) Flop im Clavia-Sortiment: Nord Modular G2.
Ich glaub, ein Flop war der höchstens, weil er so sauteuer war und rauskam in einer Zeit, wo alle Welt und deren Omas sich lieber NI Reaktor oder AAS Tassman zulegte (wenn man nicht eh schon am anderen Ende des Spektrums saß und Eurorack suchtete).
Der Nord Lead 3 dürfte ein ähnlicher Flop gewesen sein. Da wollte Clavia ja endlich mit den großen Jungs (Access Virus, Novation Supernova) spielen. Das Ergebnis war ein wirklich schweineteurer Synth, der einerseits featuremäßig nicht an die Schlachtschiffe ranreichte, andererseits aber die Reine Nord-Lehre™ verwässerte (Multimode! Effekte! OMGWTFBBQ!), was die Nord-Lead-Fans abschreckte, und meines Wissens obendrein Probleme mit den Endlosencodern hatte (seit dem Prophet '08 wissen wir, wie scheiße die sein können). So teuer war er letztlich auch nur wegen der LED-Kränze um die Endlosencoder, und weil eben "Nord" drauf stand.
Martman