Dann bring ich als alter Kurzweil-User (K2000 V1 war mein erster Mitte der 90er) etwas Licht ins Dunkle.
Kurzweil ist eine - im Vergleich zu den großen Drei: Yamaha, Korg, Roland - eher kleine Firma. In den 90er gab es es zwei Produktlinien. Die K-Serie mit K2000 als Urahn und den Folgemodellen K2500, K2600 und K2661 als bisher finales Gerät dieser Serie. Die K-Serie sind Synthesizer/Sampler/Workstation Instrumente. Ungeheuer flexibel und sie konnten durch nachkaufbare Erweiterungen den Bedürfnissen und Geldbeuteln angepasst werden. Erweiterungen waren damals, Sample-Board, Speicher, Sound-Boards, KDFX-Effektboard, etc.
Voll ausgebaute K2xxx-Systeme gingen schon mal gut und gerne über die 10.000 DM Schwelle.
Neben der K-Serie gab es immer die PC-Serie: PC= Performance Controller. Instrumente für den Live-Einsatz, oder als Masterkeys in den Studios. Urahn dieser Serie ist der PC88. Diese Serie war immer gegenüber der K-Serie eingeschränkt. Bei der K-Serie hatte man immer vollen Zugriff auf die VAST (Variable Architecure Synthesis Technology) Engine. Die K-Serie ist auch - mehr oder weniger - untereinander kompatibel. Klar wurde VAST immer wieder mit Funktionen erweitert, aber Sounds (Programms bei Kurzweil) die auf Basis-VAST-Funktionen basieren, lassen sich auf allen VAST-Geräten spielen.
Anfang der 2000er ging es Kurzweil nicht gut. Die Firma stand kurz vor der Pleite. Man hatte versucht ein teures Effekt-Gerät auf den Markt zu bringen, basierend auf den KDFX-Effekt-Board aus der K2500/2600-Serie und auf den Virtual-Analog-Zug aufzubringen mit dem VA1-Synthesizer. Die K-Serie war damals in Vergleich zu den anderen Workstations (Motif, Triton, Fantom) etwas in die Jahre gekommen. Hauptmanko: 48-Stimmige Polyphonie, auch wenn Kurzweil hier einen sehr guten dynamischen "Stimmenklau-Algorithmus" installiert hat, ging da bei komplexeren Programms und gerade Setups schnell die Puste aus.
Alle warteten auf den K3000 (das tun einige heute noch
), doch Kurzweil fehlten wahrscheinlich die Mittel, diesen marktreif zu entwickeln. Fast marktreif war aber der Nachfolger des recht beliebten PC2 und so machte man aus der Not eine Tugend. Man fusionierte K-Serie und PC-Serie im PC3. Eigentlich als Stagepiano geplant und nach der Kurzweil-Philosophie halt nicht voll editierbar, spendierte man dem PC3 einige Features aus dem wohl geplanten K3000: Vollen VAST-Zugriff, 32 Programm-Layer mit Kaskaden-Modus, 128 Stimmen, VA-Oszillatoren aus dem VA1 und man baute gleich das KDFX-Board mit ein und verpasste damit dem PC3 ein mächtiges, damals allen anderen Workstation überlegenes Effekt-System.
Verfügbar war der PC3 mit 76 halb gewichteten Tasten (einige lieben diese Tastatur andere hassen sie), mit 88 Tasten mit Hammermechanik als PC3x und als PC3 61 mit 61 Tasten mit normaler Synthesizer-Tastatur. Sonst unterscheiden sich diese drei Geräte nicht.
Der PC3 rettete Kurzweil den Allerwertesten und wurde dann über die Jahre immer wieder erweitert. Einmal mit Software-Updates, die neue Funktionen und Effekt-Algorithmen lieferte (z.B. überarbeiteter KB3 Mode und neue Leslie-Effekte) und auch mit einem Facelift, in Form der PC3K-Serie. Hier wurden z.B. die Schnittstellen überarbeitet und als Hauptneuerung bekam der PC3 das 128MB große Flashmemory, um Samples importieren und speichern zu können.
Die User der Ur-PC3 lies man nicht im unberücksichtigt und man brachte eine ROM-Erweiterungsboard für PC3 und PC3K raus. Die Kore64-Karte mit neuen ROM-Samples.
Kurzweil pflegte also ein Produkt über fast 10 Jahre seit dem Erscheinen und passte es immer wieder an. Man verzettelte sich auch mal wieder, die Artis-Serie schien ein Versuch gewesen zu sein, die alte Ordnung der K-Serie (Premium) und PC-Serie (Budget) wieder herzustellen. Das lief schief und bescherte uns die PC3A: ein PC3 mit Kore64 und einer weiteren ROM-Karte mit den neuen Pianosamples des Artis, aber OHNE Flashspeicher. Dies führt dann schlussendlich zu dem etwas "unübersichtlichen" Produktportfolio der PC3-Serie.
Aber auch in neuer Zeit scheint man wieder diese alte Ordnung herstellen zu wollen. Das Flaggschiff von Kurzweil zur Zeit ist der Forte. Der neue PC4 bedient das Midprize-Segment und die SP-Serie richtet sich ans untere Preissegment.
Kurzweil-Typisch sind sie aber nicht so ganz konsequent bei der Beschneidung der Funktionen. Andere Hersteller specken ihre Mid-Prize-Instrumente schon mal deutlich gegenüber den Flaggschiffen ab. Kurzweil geht da oft einen anderen Weg. Der PC4 hat 256 Stimmen gegenüber dem Forte mit 128 Stimmen. Dafür hat der Forte 16GB an Basis-Samples und der PC4 nur 2GB.
Dafür hat der PC4 halt das Kunststoff-Gehäuse und das externe Netzteil, sowie die Medeli-Tastatur (anstelle von Fatar). Man wollte wohl unter der 2000 Euro Grenze bleiben und dafür ein sehr kompaktes und leichtes Instrument anbieten. Aktuell haben sie kein Modell mit 61-Tasten im Programm.
Soweit meine kleine Abhandlung über Kurzweil, vielleicht kann der ein oder andere Kurzweil-User hier noch was ergänzen. Ich spiele Kurzweil nun seit fast 30 Jahren und bin damit sehr zufrieden. mein PC3x folgt mir treu seit 10 Jahren über die Bühnen und wird nun wahrscheinlich demnächst ersetzt durch ein PC4. Auch wenn ich Kunstoffgehäuse und externes Netzteil nicht gerade toll finde, 13 Kg mit Hammermechanik und sehr kompakte Ausmaße sind einfach mal einen Versuch wert.
Wenn dort steht fx units 16... heißt dies,
- dass insgesamt soviel vorhanden sind?
- dass soviel max. gleichzeitig einsetzbar sind?
- dass pro Sound oder Multi soviel einsetzbar sind?
Was ist eine FX Unit bei Kurzweil?
Nicht nur VAST ist eine Art Modular-System, auch die FX-Engine ist mehr oder wenige rmodular aufgebaut. Im PC3 hat man zwei globale Aux-Effekte (z.B. für Hall oder Delay) und pro Programm einen Insert-Effekt und pro Layer einen Effekt.
Sounds bei Kurzweil heißen Programm, ein Programm besteht aus bis zu 32-Layern. Ein Layer kann je nach Algorithmus verschiedene Funktionen haben: Oszillatoren(Samples oder VA) oder Filter. Mann kann Layer in einem Programm parallel laufen lassen oder sie verketten (kaskadieren). Das macht VAST im wahrsten Sinne sehr "mächtig".
Die Effekte verbrauchen Rechenleistung. Es stehen bei der PC3 Serie 16 FX Units zur Verfügung. Einfache Effekte (einfacher Hall, Kompressor, EQ , Chorus, etc) benötigen eine Unit, komplexere zwei und mehr Units. Das ganze wird noch getoppt: Man kann die Effekte editieren und komplexe Effekt-Ketten schaffen. Ein Effekt kann z.B. aus EQ, Kompressor und Hall bestehen. Das wird als Effekt gespeichert und kann dann als Aux-Effekt, Programm-Insert oder Layer-Insert-Effekte eingesetzt werden. So kann ein Effekt schon mal alle 16 Units verbrauchen. Die Leslie-Effekte im PC3 brauchen z.B. teilweise 10 Units.
Das Ganze kann dann im Setup-Modus, den man Live einsetzt, schnell zu Problemen führen, weil hier die FX-Units dann aufgebraucht werden, wenn man mehrere Sounds für das Livespiel schichtet oder auf der Tastatur verteilt.
Die Werkspresets gehen aber recht sparsam mit dem Effekten um, ein Grund warum Kurzweil oft im Laden als etwas altbacken gegenüber seinen Mitbewerbern empfunden wird.
Was hat es mit dem FlashPlay auf sich?
Ein Abspielen von Sounds ohne Verzögerung ist doch normal egal wie die Sounds erzeugt werden...
Kurzweil kann seit dem Forte sehr lange Samples aus einem Flashspeicher streamen. Der Kronos macht das z.B. ähnlich nur von einer SSD-Festplatte. Ein kleiner Hinweis, jede digitale Klangverarbeitung erzeugt Latenzen. Sie sind nur durch Optimierung von Zugriffs-Algorithmen und schnellen Prozessoren kaum zu spüren. Durch das Streamen von langen Samples müssen diese nicht - oder nur teilweise - in den RAM-Speicher geladen werden.
FM V4 wird angepriesen - gab es auch FM V3 und welche Geräte haben diese?
V4 bedeutet, dass der Forte die Firmware-Version 4 installiert haben muss. Diese bietet als neue Funktion die FM-Synthese an.
Immer noch KB3 - alles das selbe seit 15 (?) Jahren? Oder gibt es hier auch Neuerungen?
Es wurde immer mal wieder in den einzelnen Geräten überarbeitet und etwas erweitert.
In der Tabelle wird bei String Resonanz in "KSR" und nur "JA" unterschieden. Gibt es einen Unterschied?
Gute Frage, der Forte hat anscheinend noch eine spezielle String-Resonanz, als der PC4.
Gibt es bei VAST auch Versionen?
Ja, wobei das nicht als Versionen unterschieden wird. Es gibt immer wieder mal neuere Funktionen oder geänderte Algorithmen. Nicht alle Geräte sind vollständig untereinander kompatibel. Die K-Serie hat einige VAST-Algorithmen, die die PC3 Serie z.B. nicht hat.