Dann will ich auch mal. Also ich bin am 31. gerade 44 geworden also 1974 geboren. In meiner Familie hat so gut wie niemand ein Instrument gespielt. Selber Musik machen war nicht präsent. Bis auf weihnachten, wo mein Vater seine Blöckflöte jedes mal ausgepackt hat.
Aber mein Vater hatte und hat eine große Platten- und CD-Sammlung. Mit 12 hat er mich mit
Born in the USA für Springsteen begeistert. Seine original LP hängt jetzt bei mir an der Wand, nachdem ich sie dies Jahr gegen eine von mir gekaufte eingetauscht habe. Damit hat eben mein Springsteen-Fan-Sein begonnen.
Zeitsprung. 5 Jahre in die Zukunft. Ich war 17 und das letzte mal mit meinen Eltern im Urlaub. Wolfgangsee. Pension in die meine Eltern schon seit Jahren fahren. Die Vermieterin hat eine Tochter in meinem Alter und die hatte eine Gitarre. Eine klassische aber mit Stahlsaiten. (Jetzt wo ich mehr über Gitarren weiß, schlage ich die Hände über den Kopf zusammen. Ich wüsste ja gerne, ob die Gitarre noch lebt in an Betracht der Stahlsaiten.) Jedenfalls habe ich mir die Gitarre geschnappt und mir selber Kinderlieder drauf bei gebracht in den zwei Wochen
Zurück aus dem Urlaub musste natürlich eine Gitarre her. Ich mit meinem Vater in ein Musikgeschäft. Wir beide natürlich nur Bahnhof verstanden, was der Typ und da zu erklären versuchte. (Ich wette, als wir aus dem laden raus waren, hat er mit seinen Kollegen abgeklatsch, dass er es geschafft hat, die schrottigste Westerngitarre im ganzen Laden zu verkaufen.) Aber da ich bisher nie eine hochwertige Gitarre in den Händen gehabt habe, hat mich die sagenhaft schlechte Saitenlage nie gestört. Bedingung meiner Eltern war aber, dass ich Unterricht nehme. "OK, wenn es sein muss. Ist ja vielleicht auch nicht schlecht." Also wurde ich an der örtlichen Musikschule angemeldet.
Zusammen mit drei Mädels bekam ich da im Klassenraum einer Grundschule klassischen Gitarrenuntericht. Muss ein geiles Bild gewesen sein. Die Mädels mit klassischen Gitarren und ich mit meiner Western. Fußhöckerchen und Notenständer. Der Lehrer war schon klasse. Spanier und hatte auch was drauf. War auch sehr geduldig mit den manchmal rumgackernden Mädels.
Wir haben nach Noten gespielt. Und so einfache Sachen eben. Theorie und so war noch nicht auf dem Plan. Es ging erst mal darum die Lust zu gewinnen bzw. nicht zu verlieren. Lief alles gut. Prima. Ich zolle ihm heute noch Respekt, was er geschafft hat uns bei zu bringen.
Zu Hause geübt. Im Sommer bei offenen Fenster und gleich kam der Nachbar an: "Also das Gitarre spielen ist ja schön und gut. Aber eine halbe Stunde lang die Tonleiter hoch und runter dudeln?" Unterschwellige Nachricht: "Könntest du dabei bitte das Fenster zu machen!"
Nebenbei hatte ich mir ein Beatles Songbook gekauft. Diese mit dem bunten Cover, ist wohl das bekannteste, und mir nebenbei Akkorde beigebracht. Ich konnte dann so ein paar einfache Songs schrammeln.
Hey Jude,
Girl,
Rock Raccon und so was.
Dann hatte die Musikschule so einen Auftritt, wo alle mal zeigen sollten, was sie können. Und Yeah! Ich mit meinen drei Mädels auch dabei.
Ich erinnere mich noch. Es war ein mehrstimmiges Stück für drei Gitarren. Und wer durfte die "Leadgitare" spielen? Richtig ich, weil meine Western die lauteste war.
Und wir waren perfekt. Das eine Lied ohne Fehler vorgespielt. Also so gesehen habe ich "Bühnenerfahrung".
Unterricht ging weiter und dann haben die Mädels rebelliert. "Wir wollen mal was vernünftiges Spielen." Ich bin ja eher so der Typ: Grundlagen und langsam steigern. Aber die Mädels wollten was "richtiges" spielen. Der Gitarrenlehrer hat sich drauf eingelassen: "OK. Im Buch ist ganz hinten als letzten Stück
Yesterday zwei stimmig drin." Wie sagt man "Let's go" auf spanisch? "Ihr habt es so gewollt." Wir sind dann das Stück Takt für Takt durchgegangen. Er hat uns geduldig den Fingersatz und alles auseinander klamüsert und beigebracht. E voilà. Wer konnte es nach drei Wochen flüssig spielen und wer nicht? Ohne mich jetzt selbst loben zu wollen.
Nur leider haben dann zwei Mädels aufgehört und die Klasse wurde aufgelöst.
Aber es ging weiter für mich. 1994/95. Eine E-Gitarre musste her. Natürlich. Es gab mal so eine Sonderausgabe von
Gitarre & Bass über Gitarrentechnik. Fender, Gibson, Telecaster, Stratocaster, Les Paul, Singlecoil, Humbucker. Eben alles. Die Zeitschrift habe ich verschlungen und fast auswendig gelernt. Ich weiß noch es war in einer Ferienwohnung mit meinen Eltern auf Föhr. (Ich war mittlerweile 18 und hatte den Führerschein. Nebenerlebnis: Auf der Rückfahrt hat mich mein Vater seinen guten Opel Vectra auf die Fähre fahren lassen. Scheiße war das eng.
)
Zurück aus dem Urlaub wurde dann das Ersparte in die Hand genommen und ab in eine Musikalien Handlung. Diesmal wusste ich, was ich wollte und ich kannte ja die Sonderausgabe von
Gitarre & Bass auswendig.
Ich wollte eine einfache Gitarre. Nicht viel Schnickschnack. Zwei Pickups, Volume- und Tonecontrol. Fertig. Ich wollte mich auf das Lernen konzentrieren und mich nicht in den Einstellmöglichkeiten verlieren. Also Telecaster. Und was für ein Zufall, mein Idol, Bruce Springsteen, spielt auch einen Telecaster. So was aber auch. Unerklärlich.
Es wurde dann eine Chery/Chevy Two-Tone-Sunburst (Ich kann es mir nicht merken. Wie hieß die Firma 1994 noch?) mit einem Aria 35R Verstärker. Keine Ahnung, was ich dafür hingelegt habe. 200 DM? 300 DM?
Und jetzt sind meine Eltern wieder reingegrätsch: Unterricht! Im Örtlichen Irish Pub ist damals Tony Hudspeth (Kennt den hier jemand?) aufgetreten. Der hat mir einen lokalen Musiker empfohlen, der auch Unterricht gibt. War nicht so ganz mein Fall. Und er hat mich dann auch abgegeben, weil er sich auf talentierte Schüler und seien Karriere konzentrieren wollte. Also so kam es rüber. Ich kann es ihm nicht verdenken. Ein musikalisches Naturtalent bin ich nicht. Ich muss viel üben und es schwarz auf weiß vor mir haben. Nur nach Gehör und Kassettenaufnahmen geht bei mir nicht.
Dann kam ein "richtiger" Lehrer. Aber auch nur zwei oder drei Stunden. Der hat mir dann mein Buch aus der Gitarrenschule "geklaut" mit dem
Yesterday. "Ich würde mir da gerne was rauskopieren. Kannst du es mir mal da lassen?" Nun ja. Ich habe die Seite mit
Yesterday noch als seine Kopie hier zu Hause. Das Buch ist weg.
Dann kam ein noch professioneller Lehrer. Richtig mit Vertrag und dass die Bezahlung in den Ferien, wenn er keinen Unterricht gibt, weiter geht. Kommentar meiner Eltern: "Der spinnt." Es blieb dann auch bei der einen Stunde zum Kennenlernen. Einzige Erinnerung an die Stunde: Er hatte eine große (für mich damals) Fender Combo mit diesen red knobs. Keine Ahnung, was das war. (Kann mir da jemand helfen?) Aber diese Fender red knobs haben sich bei mir eingebrannt. jdensfalls ich hatte meine Gitarre da eingestöpselt und wollte gerade einen Akkord zur Probe anschlagen. Er so: "Halt! Stopp! Bist du wahnsinnig?!" Und hat dann den Volumen Regler auf 2 oder so runter gedreht.
Fazit dieser Periode: Die professionellen Lehrer waren scheiße. Der mit empfohlene so la la, weil hatte keine Ahnung von Noten lesen und theorie. Aber mit genommen aus der Periode habe ich
The Last Time auf der Bühne vom Irish Pub von Tony vorm Auftritt beigebracht bekommen, und
Proud Mary.
Break. 1995 (Und zwar ein ziemlich heftiger.
) Bundeswehr. Grundausbildung zum Sanitäter. Auf einer 48-Stundenübung Hirnhautentzündung. Als Folge auf dem linken Ohr taub und auf dem rechten schwerhörig geworden. Bäm! E-Gitarre war dann erst mal 20 Jahre Deko. Erst in der Studentenbude. Dann im Wohnzimmer der gemeinsamen Wohnung mit meiner damalige Freundin (2004). 2009 getrennt und auseinandergezogen. Gitarre immer noch Deko. Kennt jemand die Szene aus
Zurück in die Zukunft wo er auf dem Sofa sitzt und wehmütig die Gitarre zur Hand nimmt und ein paar Akkorde, in Erinnerungen schwelgend, anschlägt? Das war ich zu der Zeit. Immer mal wieder in die Hand genommen, Riff und Akkorde von
The Last Time oder das Intro von
Proud Mary angespielt.
Zeitsprung. 2012. Bruce Springsteen kommt nach Europa!
Berlin. Scheiße. Weit weg von Kassel. Alleine dahin? Doof. Vater angesprochen. Hey, er hat mich zum Bruce Fan gemacht! "Ja. Nein. Wäre natürlich schon geil." (Anmerkung des Autors: Er hat in den 70'ern
Meat Loaf und die
Dire Straits in der Eissporthalle live gesehen.) "Ja aber meine Ohren. Ich bin doch schon leicht schwerhörig." (Anmerkung des Autors: "Ich bin halb taub! Und es gibt Ohrtstöpsel.") Also Vater war schon mal raus aus der Nummer. Ich habe dann mein Leid einer meiner besten Freundinne geklagt. Sie so: "Pass auf. Ich habe Bekannte in Berlin, die ich mal wieder sehen will." Ich: "
. Ja?
." Sie: "Und noch zwei Kumpel die auch mal wieder nach Berlin wollen." Ich: "
." Sie: "Du musst nur fahren." Ich: "
." ("Worauf läuft das jetzt hinaus?") Sie: "Ich mache ein Pensionszimmer klar, wo wir schlafen können. Am nächsten Tag dann zurück." Ich: "
." Ich also am nächsten Tag zu meinen Eltern. Karte kaufen! Ich habe keine Kreditkarte. Wohnzimmer, Eltern. Mutter am Laptop. Macht etwas rum. Vater: "Also wenn das was werden soll, musst du die Karte jetzt kaufen. Wenn wir da noch rumdiskutieren ist es vorbei." Ok. Das wurde dann als vorab Geburtstagsgeschenk deklariert und ich habe Bruce, mein Idol, 2012 zum ersten mal live gesehen. (Fun fact: Meine beste Freundin hat mich 2012 regelrecht in die S-Bahn gesetzt, ist bis auf den Bahnsteig mit mir gekommen, und hat gesagt: "Steig da aus, wo alle aussteigen. Da bist du richtig."
)
2012. Springsteen. Berlin. Das war so das erste erneute Vorglühen, um die Gitarre wieder in die Hand zu nehmen. Dann kam 2016. Springsteen wieder in Berlin.
The River Tour. Karte musste her aber arbeitslos.
Wieder meine Eltern. (Ich bin ihnen sehr, sehr dankbar.) "Ja, wir wollten ja schon im er mal wieder Berlin besuchen." Ich: "
." Sie: "Wir könnten die Städtetour auf das Wochenende legen." Ich: "
." Sie: "Und du hast ja wieder Geburtstag." Ich: "
." Sie: "Wir schenken dir die Karte zum Geburtstags und laden dich auf die Städtetour nach Berlin ein." Ich: "
."
Und dann hat es "Zoom" gemacht, um mal einen deutschen Liedermacher zu zitieren. Zurück aus Berlin wurde die gerissene hohe E-Saite ersetzt. Und sich wieder im Musiker-Board angemeldet. Die Chevy zum Setup gebracht und es wurde autodidaktisch, strukturiert los gelegt mit dem Ziel einmal mit drei, vier einstudierten Songs bei der Open Stage im ehemaligen Schlachthof mit einer kleinen Band aufzutreten. Und darauf arbeite ich jetzt konsequent hin: "To make my dream come true." Nur einmal die gute Chevy Tele-Kopie Bühnenluft schnuppern lassen. Nur einmal mit der Gitarre auf der Bühne stehen. Nur ein mal. Und scheiß drauf, dass ich halb taub bin. Es wird schon irgendwie gehen. Pff, blinde Gitarristen und Musiker! Hier kommt der erste halb taube auf die Bühne!
"Ich höre die Band nicht, aber mich!"
Ja, das ist so meine Geschichte.