Das Geheimnis der schwarzen Tasten

Ein sehr schöner Thread, auch wenn manchmal die Begrifflchkeiten etwas durcheinander geraten und wahrscheinlich einem Laien wie böhmische Dörfer vorkommen müssen, gibt es eine Fülle von wichtigen und richtigen Informationen.

Ich möchte jetzt auch nicht alles "auseinanderpflücken" und wieder von vorne anfangen, sondern nur kurz auf ein paar Punkte eingehen, die Klaus in einem Post weiter oben beschrieben hat.

Aber die legendären 15 Minuten Stimmgeschwindigkeit überzeugen mich überhaupt nicht. Das ist doch sowieso ne ziemlich vage Aussage. Wie war das Klavier vor diesen 15 Minuten gestimmt? Mitteltönig? Na, dann Topp - die Wette gilt!
Die 15 Minuten Stimmgeschwindigkeit halte ich bei Bach durchaus für möglich und zwar aus folgenden Gründen:
Diese Stimmzeit ist und war möglich. Sie ist immer noch möglich - wie Klaus schon geschrieben hat - wenn man davon ausgehen kann, dass das jeweilige Instrument nicht total verstimmt und sozusagen eine Grundstimmung vorhanden ist.
Ein geübter Gitarrist stimmt seine sechs Saiten in ca. 30 Sekunden.
Das ist widerum für einen geübten Gitarristen lang ;)

Legen der Temperatur innerhalb einer Oktave:

1. Starte mit C (249 Hz)
2. Stimme die darüberliegende Quarte (F) um eine Schwebung/sec zu weit.
3. Stimme die darüberliegende Quarte (B) um eine Schwebung zu weit.
4. Stimme die darunterliegende Quinte (Es) um eine Schwebung zu eng.
5. Stimme die darüberliegende Quarte (As) rein.
6. Stimme die darunterliegende Quinte (Des) rein.
7. Stimme die darüberliegende Quarte (Ges/Fis) rein.
8. Stimme die darüberliegende Quarte (H) um zwei Schwebungen zu weit.
9. Stimme die darunterliegende Quinte (E) um zwei Schwebungen zu eng.
10.Stimme die darüberliegende Quarte (A) um zwei Schwebungen zu weit.
11.Stimme die darunterliegende Quinte (D) um zwei Schwebungen zu eng.
12.Stimme die darüberliegende Quarte (G) um zwei Schwebungen zu weit.
(Nach John Charles Francis BSc (Hons.), MSc, PhD (2005) Das Wohltemperirte Clavier, S.7)

Stimme die übrigen 33 Saiten in reinen Oktaven.

Ergebnis: Wir kommen mit dieser einfachen Anleitung auf eine wohltemperierte Stimmung.
...die allerdings nicht der heutigen gängigen Temperaturen entspricht.

Bach wird wahrscheinlich verschiedene Temperaturen ausprobiert haben, doch er hat sie bestimmt nicht ständig gewechselt.
Das weiß man nicht. Da kann man nur noch vermuten. Es ist sowieso schon schwer vorstellbar, wie man - für damalige Verhältnisse - so derart gegen seine ursprünglichen Hörgewohnheiten angegangen ist, um neue Temperaturen auszuprobieren und die auch als "harmonisch" zu empfinden. Da kann ich heute noch immer ich weiß nicht wie oft meinen Hut vor ziehen.


Das war gewiss so. Ich würde es auch gerne mal hören, tue mich aber leider schon bei den zahlreichen Hörbeispielen im Internet schwer, überhaupt Unterschiede herauszuhören.
Das ist auch wirklich nicht leicht. Da spielen ganz viel Faktoren eine Rolle. S.u.
Als problematisch nehme ich wahr, dass es nicht nur eine ungleich schwebende Stimmung gegeben hat oder gibt.
Oh, es gibt derer viele. Dann kommen noch unterschiedliche Kammertöne ins Spiel. "Eigenheiten" des Stimmers usw
Jede wird wahrscheinlich zu einer leicht veränderten Tonartencharakteristik führen.
Ja :)
Praktisch müsste der Komponist immer dazu schreiben, wie denn die Instrumente zu stimmen seien, richtig?
Zum Teil gibt es ja auch solche Angaben. Der Kammerton ergibt sich meist aus der Zeit und dem Ort, wo der Komponist gelebt hat. Dann braucht man Instrumente, mit den man in der Lage ist, die jeweilige Musik zu spielen. Und letztendlich braucht man Musiker, die es schaffen, sich auf das jeweilige Stimmsystem einzustellen. Und das ist schwer!
Demgegenüber hat die gleichschwebende Stimmung den Vorteil, eindeutig zu sein.
Nein, leider nicht. Sie ist zwar eindeutiger, aber nicht sooo eindeutig, wie man gemeinhin annimmt. Da es auch hier "Spielräume" gibt, die von den Stimmern der Instrumente und auch von den Musikern ausgenutzt werden.
 
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Hmmmm - Ich verstehe nicht, was Du in diesem Zusammenhang mit "eindeutig" meinst.
Nein. Ich meinte, es ist eine eindeutige Stimm-Methode, ohne Wenn und Aber. Es gibt nur ein Gleichschwebend. Beim Ungleichschwebend gibt es zig Varianten.
Bzgl. der musikalischen Auswirkungen der Stimmungen hast du natürlich Recht.

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Sie (die gleichstufige Simmung) ist zwar eindeutiger, aber nicht sooo eindeutig, wie man gemeinhin annimmt. Da es auch hier "Spielräume" gibt, die von den Stimmern der Instrumente und auch von den Musikern ausgenutzt werden.
Ja, das sind dann aber eben nur Spielräume, keine unterschiedlichen Definitionen wie man sie zum Vergleich bei der wohltemperierten Stimmung zwischen Werckmeister III und folgende, Valotti-Stimmung etc. findet.

Zu den feinen Unterschieden, die man trotz eigentlich klar definierter Stimmung in der Praxis herausarbeitet, fällt mir der Film Pianomania ein (siehe www.pianomedia.de). Hat mich sehr beeindruckt, wer an Stimmungen interessiert ist und die Möglichkeit hat, sollte ihn sich unbedingt anschauen.
 
...nicht sooo eindeutig, wie man gemeinhin annimmt. Da es auch hier "Spielräume" gibt, die von den Stimmern der Instrumente und auch von den Musikern ausgenutzt werden.

Könntest Du dafür bitte ein Beispiel aus der Praxis beisteuern, wie solche Spielräume konkret aussehen?
Das ist ein interessanter Aspekt, denn ich kenne nur die Definition, dass die gleichstufige Stimmung von einer Oktave ausgeht, die in 1.200 Cent unterteilt ist und in der jeder der 12 Halbtonschritte 100 Cent Abstand zum nächsten hat.

Gruß Claus
 
Könntest Du dafür bitte ein Beispiel aus der Praxis beisteuern, wie solche Spielräume konkret aussehen?
Ich versuch´s in einfachen Worten. Schon allein diese in gleiche Abschnitte unterteilte Temperatur ist von mehreren Faktoren abhängig. Z.B. Schwebungsverhalten der Saiten, Mensur, Inharmonizität. I.d.R. hat man bei einem modernen Instrument drei Saiten pro Ton, die zusammen angeschlagen vom Hörer als ein Ton wahrgenommen werden. Aufgrund der Eigenheiten verschiedener Saiten, kann es innerhalb einer Temperatur zu "Verschiebungen" kommen. D.h. wenn aufgrund der Inharmonizität ein Ton nicht eindeutig einer bestimmten Tonhöhe zuzuordnen ist, kann man davon ausgehen, dass auch die von diesem Ton ausgehenden Intervalle eine andere Zuordnung erfahren (müssen). Diese Unterschiede auszugleichen und zu kompensieren ist ein Teil der Kunst des Stimmens :)
Andere Spielräume liegen im Spreizen der verschiedenen Lagen. Hier liegt es im Ermessen des Stimmers, ab wann er bei welcher Lage wie stark spreizt. Auch hier hängt es von der Qualität des jeweiligen Instrumentes ab, wie weit und ob man spreizen kann.
Es gibt auch Stimmer, die ausgehend von A1 schon eine gespreizte Otkave als Basis für eine Temperatur wählen. Die Intervalle in einer solch schon gespreizten Oktave haben "mehr Platz" und werden als nicht so "unruhig" wahrgenommen.

Zu den feinen Unterschieden, die man trotz eigentlich klar definierter Stimmung in der Praxis herausarbeitet, fällt mir der Film Pianomania ein (siehe www.pianomedia.de). Hat mich sehr beeindruckt, wer an Stimmungen interessiert ist und die Möglichkeit hat, sollte ihn sich unbedingt anschauen.
Ja, kenne ich :)
 
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Danke für die Erläuterung.
Ganz so "gleichstufig" ist die Praxis der gleichschwebenden Stimmung offenbar nicht nur bei Blechbläsern nicht. :D

Im Zusammenhang mit dem zuletzt hier angesprochenen Klavierstimmen stieß ich zufällig auf einen Artikel (PDF) zum Thema der "empfundenen" Stimmung in Bezug auf die gemessene Stimmung des Flügels. Zusammenfassung und Download: http://www.physik.uni-wuerzburg.de/~hinrichsen/research/entropy/tuning/index.html
Aus dem Artikel ist folgende Abbildung der Stimmung eines Flügels. Sie zeigt in der senkrechten Achse die Abweichung vom mathematischen Werts der gleichtemperierten Stimmung in Cent.


Bildquelle: http://en.wikipedia.org/wiki/File:Railsback2.png
 
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Sehr schöne und anschauliche Darstellung :)
Auch das ist so etwas wie eine Ideallinie, die es aber so in der Praxis nicht gibt, was es z.B. fast unmöglich macht 2 Flügel übereinander zu stimmen.

Dann gibt es auch Pianisten, die genaue Vorstellungen davon haben, wie ihr Instrument zu stimmen und zu klingen hat. Diesen Instrumenten muss man dann sozusagen eine solche Wunschstimmung aufzwingen. Chick Corea hat bei einer Tour seinen eigenen Flügel dabei gehabt. Dieser Flügel war mit einem Midiabnahmesystem (und somit mit einer festen Stimmung) ausgerüstet. Die Saiten vom Flügel mussten genau auf diese Stimmung angeglichen werden. Im Endmix wurde dann beides kombiniert.
Andere Pianisten möchten, dass der Bassbereich nicht so stark gepspreizt wird, wie der Diskant, oder umgekehrt. Egal was man dann macht, es verändert sich immer hörbar der Grundcharakter der Stimmung. D.h. aber auch, dass es da kein richtig und kein falsch gibt.
Dann ändern sich zudem auch die Intervallabstände allein durch die Wahl der Höhe des Kammertons. Z.B. im oben angeführten und von mir noch mal zitiertem Beispiel von Klaus, liegt der Kammerton A1 ausgehend von C=249Hz ca 1/2 Ton unter dem heutigen Kammerton. Selbst bei einer Differenz von 3Hz (z.B. von 440Hz zu 443Hz) gibt es schon Unterschiede bei den Intervallen.


Ganz so "gleichstufig" ist die Praxis der gleichschwebenden Stimmung offenbar nicht nur bei Blechbläsern. :D
...und das glit auch für andere Instrumentengruppen, was das Zusammenspiel z.B. in einem Orchester zu einer echten Herausforderung macht :D
und das nicht nur für den Dirigenten ;)
 
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... . I.d.R. hat man bei einem modernen Instrument drei Saiten pro Ton, die zusammen angeschlagen vom Hörer als ein Ton wahrgenommen werden. Aufgrund der Eigenheiten verschiedener Saiten, kann es innerhalb einer Temperatur zu "Verschiebungen" kommen ...

Verständnisfrage:
Ich gehe davon aus, dass Du mit "modernen Instrument" Klavier oder Flügel meinst, obschon nicht der gesamte Tonraum 3-fach besaitet ist. Oder bin ich da jetzt total verkehrt?
Von was für Eigenheiten ist hier die Rede? Und welche "Verschiebungen" sind hier gemeint?

Vom Stimmen doppelt besaiteter Akkordzithern ("Mandolinzither) kenne ich die interessanten Veränderungen des Klangs, wenn ich mich beim "Nachziehen" der 2. Saite langsam den Punkt nähere, wo die beiden Töne "ineinander fallen" und man nur noch einen Ton hört. Solange dieser Punkt nicht erreicht ist (manchmal ist das schwierig), erzeugt der Zusammenklang einen "Mischton" und somit nach Deiner Definition eine nicht eindeutig bestimmbare Tonhöhe. Ist es das, was Du meinst?

Wo finde ich Informationen über das Spreizen der Lagen?
Was ist damit gemeint?
Für mich bedeutet Oktavesprung immer Verdoppelung oder Halbierung der Frequenz.
Wenn ich Dich richtig verstehe, ist das aber lange nicht so selbstverständlich, wie ich bislang annahm. - ? -

Gruß
Lisa
 
Tut mir leid. Es fällt mir echt schwer mit einfachen Worten, ohne allzuviele Fachtermini zu beutzen, diesen sehr komplizierten Sachverhalt zu beschreiben.
Ich gehe davon aus, dass Du mit "modernen Instrument" Klavier oder Flügel meinst
Richtig.
obschon nicht der gesamte Tonraum 3-fach besaitet ist. Oder bin ich da jetzt total verkehrt?
Der gesamte Tonraum dieser Instrumente iist nicht dreifach besaitet, aber der Tonraum der zu Temperatur gehört A -A1, besteht aus dreifach besaiten Tönen = Chören.
Vom Stimmen doppelt besaiteter Akkordzithern ("Mandolinzither) kenne ich die interessanten Veränderungen des Klangs, wenn ich mich beim "Nachziehen" der 2. Saite langsam den Punkt nähere, wo die beiden Töne "ineinander fallen" und man nur noch einen Ton hört. Solange dieser Punkt nicht erreicht ist (manchmal ist das schwierig), erzeugt der Zusammenklang einen "Mischton" und somit nach Deiner Definition eine nicht eindeutig bestimmbare Tonhöhe. Ist es das, was Du meinst?
Nun, es geht in diese Richtung. Wenn aber die 2. Saite aufgrund ihrer Inharmonzität nicht mit der ersten Saite rein zu stimmen ist, tritt auch dieser "Mischton" von dem Du sprichst auf. Dieser hat im ungünstigen Fall schon eine Schwebung. Will man dazu dann einen anderen Ton z.B. die Terz stimmen, adiert sich zu diesem Intervall die Schwebung des einzelnen Tones. Dadurch erhält man aber für diese Terz eine falsche Schwebungszahl. Diese gilt es mit den anderen Tönen der Temperatur so auszugleichen, dass sich die Terz harmonisch zu den anderen einfügt.
Wo finde ich Informationen über das Spreizen der Lagen?
Was ist damit gemeint?
Für mich bedeutet Oktavesprung immer Verdoppelung oder Halbierung der Frequenz.
Mathematisch gesehen ist das auch richtig. Das menschliche Ohr empfindet aber diese mathematische Halbierung oder Verdoppelung oft als unharmonsich. Deswegen vergrößert man beim Spreizen die Oktave und somit den Raum innerhalb einer Oktave.
Wenn ich Dich richtig verstehe, ist das aber lange nicht so selbstverständlich, wie ich bislang annahm. - ? -
Was das Stimmen eines Instrumentes, insbesondere von Saiteninstrumenten wie Flügel, Klavier, etc angeht, ist eigentlich gar nichts selbstverständlich. Mathematisch ist es schon nicht leicht, aber das in die Praxis umzusetzen ist noch mal eine große Herausforderung.
 
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Vielen Dank für die Erläuterungen. Du brauchst Dich für die Verwendung von Fachbegriffen nicht entschuldigen. Fachbegriffe sind letztlich der Weg zum besseren Verständnis. Man muss als Laie nur erst einmal die für einen selbst zunächst leeren Worthüllen mit Inhalt füllen. Das ist manchmal nicht ganz einfach.

Um den Begriff "Inharmonizität" zu verstehen, habe ich mir gerade mal den Wikipedia-Artikel http://de.wikipedia.org/wiki/Inharmonizität durchgelesen.
Die dort beschriebene Beobachtung, dass kurze dicke Saiten schlechter klingen, als lange Saiten, habe ich an einer besonderen Akkordzitherform auch schon gemacht. Darunter kann ich mir also etwas vorstellen.
Abhängig von den verschiedenen "Materialparametern" (Dicke, Länge, umsponnen/nicht umsponnen, Metallsorte, Metall/Darm/Kunststoff) hat ja jede Saite einen typischen Klang, auch Klangfarbe genannt. Wenn zwei Saiten auf denselben Ton gestimmt werden, aber die eine Saite z.B. umsponnen ist und die andere nicht, und wenn die Saiten möglicherweise auch noch unterschiedlich lang sind, dann kann ich die Saiten unter Umständen am Klang unterscheiden. ("Unter Umständen" deshalb, weil ich mir nicht sicher bin, ob ich das immer schaffe. Hab's halt noch nicht gezielt ausprobiert.) Spielt bei der Wahrnehmung des unterschiedlichen Kangeindrucks / der unterschiedlichen Klangfarbe auch die Inharmonizität eine Rolle? Ist der dabei entstehende Mischton das, was Du meinst, wenn Du schreibst,
Wenn aber die 2. Saite aufgrund ihrer Inharmonzität nicht mit der ersten Saite rein zu stimmen ist, tritt auch dieser "Mischton" von dem Du sprichst auf.

- Gedankensprung -
Du schreibst
Das menschliche Ohr empfindet aber diese mathematische Halbierung oder Verdoppelung oft als unharmonsich.
Das verblüfft mich jetzt. Woher kommt das?

So allmählich bekommt der Satz "Es ist wichtig, dass Anfänger auf sauber gestimmten Instrumenten (oft ist das Klavier gemeint und dahinter steht die Mahnung an die Eltern, das Instrument regelmäßig warten zu lassen) spielen, damit ihr Gehör nicht verdorben wird." für mich eine mit Fragezeichen versehene Bedeutung. Fragezeichen deshalb, weil ich mich frage, wie groß der Einfluss der gewählten Stimmung der Instrumente, die man spielt auf das Intervallgedächtnis ist. Ich spiele sowohl auf fest gestimmten Instrumenten (elektrisches Klavier = Yamaha Clavinova; Metallophon, Xylophon (Palisander, Palisono) und Glockenspiel, Mundharmonika, Melodica) als auch auf Instrumenten mit schwankenden, in kurzen Zeitabständen neu zu stimmenden Tonhöhen (Akkordzither, Gitarre) sowie Instrumenten, deren Tonhöhe in gewissen Grenzen beim Spielen fortlaufend manipuliert werden kann (Blockflöte).
In den Ferien muss ich mir wirklich mal die Zeit nehmen und ganz ohne Stimmgerät Saiten-Instrumente stimmen und anschließend, wenn ich zufrieden bin, kontrollieren, was für eine Stimmung da heraus gekommen ist. Mit den weiter oben empfohlenen Web-Seiten habe ich schon herumgespielt. Da man dort den erzeugten Ton nicht messen, sondern nur 2 Töne miteinander vergleichen kann, ist die ermittelte Frequenz nur so genau, wie man die Töne hörend unterscheiden kann. Aber vielleicht reicht diese "Messgenauigkeit" ja für eine erste laienmäßige "Stimmanalyse".


Hmmm. Da gibt es noch eine Menge Gedanken zu sortieren und zu lernen. :)

Vielen Dank für die interessanten Beiträge und das geduldige Erklären. :great:

Lisa
 
Für mich bedeutet Oktavesprung immer Verdoppelung oder Halbierung der Frequenz.

Das ist ein vereinfachtes Modell. In Wirklichkeit gibt es aus zwei unterschiedlichen Gründen Abweichungen davon.

1. Der eine ist physikalischer Natur und durch die Inharmonizität von Instrumenten bedingt, welche auch von der Spielweise abhängen kann.

Erwähnt wurde schon, daß mit der Dicke bzw. Kürze der Saiten beim Klavier die Inharmonizität zunimmt. (Ein Flügel hat längere Saiten und verringert diese Probleme.)

Klaviersaiten weisen vor allem im Bass und Diskant deutliche Inharmonizitätswerte auf. http://de.wikipedia.org/wiki/Inharmonizität#Schwingende_Saite

Man muß auch berücksichtigen, daß daß hier die Saiten durch Hämmer angeschlagen werden. Sie müssen daher

...im Vergleich zu den Saiten anderer Instrumente wie der Gitarre, der Geige, dem Cembalo, etc. einen höheren Widerstand bieten. Das heißt, die Saite weist im Klavier aufgrund ihrer höheren Zug-Festigkeit eine größere Steifigkeit auf. Die Steifigkeit der Klaviersaite verändert deren Schwingungsverhalten und das führt im Endeffekt zu einer leichten Spreizung der Obertöne.
...
Wir wissen heute, dass sich Konsonanz zwischen mehreren Tönen ergibt, wenn diese Töne in ihren Obertönen übereinstimmen. Daher muss man die Oktaven eines Klaviers nicht rein sondern in Übereinstimmung der Obertöne mehr oder weniger gespreizt stimmen.
http://www.klavier-stimmen.de/klavier-stimmen.html#430

Wenig überraschend, daß auch Glockenspiel, Xylophon, Marimbaphon starke Inharmonizitäten aufweisen. Das trifft auch auf Streichinstrumente zu, wenn sie Pizzicato gespielt werden - nicht wenn sie gestrichen werden.

2. Der andere ist physiologischer Natur

Stellen wir zwei aufeinanderfolgende Sinustöne nach Gehör im Okatavabastand ein, so stellt sich heraus, daß das Frequenzverhältnis etwas größer ist als 2:1.

Der Effekt nimmt mit der Tonhöhe zu und beträgt bei 200 Hz ca. 0,5%, bei 2000 Hz dagegen schon fast 3%. Siehe diese Grafik.
Quelle: Martin F. McKinneya and Bertrand Delgutte in: A possible neurophysiological basis of the octave enlargement effect


Der Effekt zeigt bei verschiedenen Hörern ein unterschiedliches Ausmaß. Er tritt sowohl bei musikalisch trainierten und untrainierten auf, in unterschiedlichen Kulturen und auch bei Absoluthörern. (Quelle: Martin F. McKinneya and Bertrand Delgutte in: A possible neurophysiological basis of the octave enlargement effect)

Wir müssen uns vor Augen halten, daß unser Organismus bei diesen Wahrnehmungen mit sehr kurzen Zeiten umgeht. Sie sind um so kürzer, je höher der Ton ist und wir erreichen hier offenbar neurophysiologische Grenzen.

Viele Grüße
Klaus
 
So allmählich bekommt der Satz "Es ist wichtig, dass Anfänger auf sauber gestimmten Instrumenten (oft ist das Klavier gemeint und dahinter steht die Mahnung an die Eltern, das Instrument regelmäßig warten zu lassen) spielen, damit ihr Gehör nicht verdorben wird." für mich eine mit Fragezeichen versehene Bedeutung. Fragezeichen deshalb, weil ich mich frage, wie groß der Einfluss der gewählten Stimmung der Instrumente, die man spielt auf das Intervallgedächtnis ist.
Sehr gute und interessante Frage :) und schwer zu beantworten ;)
Ich meine, dass wir von Geburt an mit unsererem europäischen Stimm- und Harmoniesystem verwachsen sind. Unabhängig davon, wie weit der einzelne sich musikalisch später noch weiterentwickelt.
Beispiel:
Verlangt man von einem musikalischen Laien eine Quart zu singen, wird er einen mit großen Augen anschauen und fragen was das nun wieder soll ;) Bittet man ihn aber das Tatütata zu singen, wird er wahrscheinlich keine perfekte, aber eine deutlich vernehmbare Quart singen.

Was das Erkennen von Verstimmungen angeht, so kennen vielleicht viele das Phänomen, wenn mehrere Leute versuchen mit Blockflöten ein Lied zu spielen. Aufgrund von unterschiedlichen Ansätzen, Flöten, Intonationen, etc. ergeben sich fast bei jedem Ton Verschiebungen in alle Richtungen, die auch vom ungeübten Ohr als nicht angenehm wahrgenommen werden.
Erklingt dasselbe Stück aber von einem professionellen Flötenensemble, hat die Musik eine ganz andere Wirkung. Ähnlich verhält es sich mit einem gestimmten Klavier. Die Musik lässt sich ganz anders auf einem gestimmten Instrument darstellen und gestalten als auf einem verstimmten. Wichtig hierbei ist auch die Kammertonhöhe. Auch hier haben wir alle so etwas wie eine innere Stimmgabel.
Beispiel:
Ich war mit einem Kollegen auf einem Konzert von The Police. Der Kollege ist ein normaler Musikkonsument, ohne sich in der Hamronielehre auszukennen, oder gar ein Instrument spielen zu können. Bei `So lonely´ meint er zu mir, dass sich das Lied irgendwie komisch anhören würde. Das was dem Kollegen "komisch" vorkam, war das The Police (nicht nur dieses) Stück runtertransponiert hat, damit der Sänger bequem dazu singen konnte. Dadurch bekam das Stück eine ganz andere Tonartcharakteristik.


In den Ferien muss ich mir wirklich mal die Zeit nehmen und ganz ohne Stimmgerät Saiten-Instrumente stimmen und anschließend, wenn ich zufrieden bin, kontrollieren, was für eine Stimmung da heraus gekommen ist.
Das ist prima und eine gute Übung :)
Selber stimmen ist keine schwarze Magie. Durch die Stimmgeräte jedoch wurde es den Anfängern vermeintlich leicht gemacht. Das führte aber dazu, dass immer weniger in der Lage sind, ihre Instrumente selbst zu stimmen, weil man sich der Einfachheit halber zu sehr auf die Geräte verlässt. (Stimmgeräte! Noch´n interessantes Thema :))
 
Vielen Dank für Eure Ausführungen. Bevor ich darauf antworte, muss ich die erst mal sacken lassen, im Thread noch mal zurückspringen und zuvor nur halb oder falsch oder gar nicht Verstandenes mit neuen Augen / neu dazugewonnenen Einsichten erneut lesen und durchdenken.

@ Paul
Ohne Stimmgerät stimmen ist mir keineswegs fremd. Selber Stimmen mache ich ja schon "ewig". Allerdings keine Klaviere (wobei ich mich da vor vielen vielen Jahren auch man dran getraut habe; aber nur, um ein paar völlig abgesackte Töne vorsichtig nachzubessern, bis der Klavierstimmer Zeit hatte). Ich stimme Akkordzithern. Ich glaube, ich erwähnte bereits, dass ich das ursprünglich ganz ohne technische Unterstützung nur mit einer alten Stimmgabel "bewaffnet" gemacht habe. Da das mit meiner selbst ausgetüftelten Methode nur gut funktionierte wenn ich Zeit hatte und nicht gestört wurde, habe ich mir dann vor Jahren ein Orchesterstimmgerät gekauft. Das Stimmgerät benutze ich als optische Unterstützung. Aber oft sind meine Ohren schneller als das Gerät. Wenn ich einmal "durch" bin, kontrolliere ich mit meinen Ohren, wie mir die Akkorde gefallen und verschiebe die Tonhöhen gegebenenfalls um Nuancen.

Lisa
 
Zuletzt bearbeitet:
Das wird ja immer komplizierter, das Thema Inharmonizität kannte ich noch nicht. Ein Gedanke: Ich zitiere in meinem Aufsatz, das gute stimmungsungebundene Musiker auch bei Klavierbegleitung zur reinen Intonation tendieren. Das könnte durch die hier zuletzt beschriebene unpräzise Klavierstimmung begünstigt werden. Weiß jemand, ob das bei Orgelbegleitung auch so ist oder die im Gegensatz zum Klavier präzise Stimmung dies erschwert? Ich habe im Chor tatsächlich das Gefühl, dass sich mit Orgelbegleitung nicht gut einstudieren lässt.
 
Ich habe im Chor tatsächlich das Gefühl, dass sich mit Orgelbegleitung nicht gut einstudieren lässt.
Es ist wohl wie bei (fast?) jedem Instrument: (Kirchen-)Orgeln haben ihre eigenen Probleme. :D
Sie brauchen jedenfalls ihre regelmäßige professionelle Wartung. Ob das in Zeiten klammer Kassen bei den Kirchengemeinden noch gewährleistet ist?
Ein paar technische Aspekte werden bei wikipedia angesprochen, z.B. Intonationsstile, Klangverschmelzung (Obertonbehandlung) und Stimmung.
http://de.wikipedia.org/wiki/Orgelpfeife#Intonation

Gruß Claus
 
Zuletzt bearbeitet:
... das gute stimmungsungebundene Musiker auch bei Klavierbegleitung zur reinen Intonation tendieren....

Naja, ich denke eher, dass ich mich beim Flöten oder Singen der Stimmung des Klavieres oder der Orgel anpasse, damit es zu möglichst wenigen Schwebungen kommt und die Stimmen gut zusammen klingen. Oder habe ich da jetzt was mißverstanden? :gruebel:

... Weiß jemand, ob das bei Orgelbegleitung auch so ist oder die im Gegensatz zum Klavier präzise Stimmung dies erschwert? Ich habe im Chor tatsächlich das Gefühl, dass sich mit Orgelbegleitung nicht gut einstudieren lässt.

Die Stimmung der Orgel präziser als die vom Klavier? Wie ist das gemeint?
Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass manche Orgelregister dazu neigen, sich besonders leicht zu verstimmen. Das kann so furchtbar schräg werden, dass sie abgeschaltet werden müssen, damit einem beim Tutti die Ohren nicht wegfliegen :evil:. Ich kannte einen inzwischen längst pensionierten Organisten, der diese Register regelmäßig selbst nachstimmte. Ein Helfer drückte eine Taste und dann passte er die Töne des verstimmten Registers den Tönen eines anderen stabileren Registers an.

Vor einer Woche hatte ich das Vergnügen, von dessen Nachfolger auf dieser herrlichen Orgel begleitet zu werden. Sie klang in sich stimmig, jedoch gut 20 Cent tiefer als meine Sopranblockflöte (a=440Hz mit minimaler Tendenz nach oben). Zum Glück hatte ich mehrere Blockflöten dabei. Das a' meiner 28 Jahre alten Palisanderflöte steigt deutlich über 440Hz, sobald sie angewärmt ist (Das war schon immer so.). Die war in der Situation nicht zu gebrauchen. Ich hätte sie viel zu weit auseinander ziehen müssen und dann ist das Instrument in sich verstimmt. Meine Bubingaflöte macht das nicht in dem Maß. Ich muss dann etwas sachter anblasen und dann passt es wieder. Aber rund 20 Cent tiefer! Da musste ich dann doch ca 1,5 mm auseinander ziehen. Wäre ich öfters mit diesem Problem konfrontiert, würde ich sicherlich versuchen eine weitere Sopranblockflöte in etwas tieferer Stimmung zu kaufen. Nur kommt man da nicht so ohne weiteres dran, weil heute die Stimmung a'=442Hz üblich ist. :mad: Da müßte ich dann erst mal gucken, wer eine für solche Situationen passende Sonderstimmung überhaupt anbietet und was das dann kostet. :gruebel:

Also alles nicht so einfach.


Was bewirkt bei Dir das Gefühl, dass Chorgesang sich mit Orgelbegleitung nicht gut einstudieren lässt?
Es ist zwar schon lange her, aber ich kann mich nicht erinnern Probleme gehabt zu haben, wenn ich meine Chorproben mit Orgelbegleitung abgehalten habe. Ob das an meiner "Stimmfestigkeit" lag? Einige Chormitglieder ließen sich allerdings von manchen Registern ganz schön drücken und sackten in der Stimme ab. Da musste ich sie immer hoch "deuen". Ansonsten hätten sie den ganzen Chor herunter gezogen und am Ende "unter der Orgel" gehangen. Als das das erste Mal passierte, war ich völlig fassungslos. Es war mir unbegreiflich, wie man so gegen ein Instrument singen kann. Da muss man doch taub sein. :eek: ?! Ich habe dann immer darauf geachtet, dass Registrierungen ausgesucht wurden, die die Stimmen besser stützen und Register, die die Stimmen drückten, gemieden wurden. Und schon blieben die Stimmen wesentlich leichter oben.

Nebenbei bemerkt:
An das Stimmen der Akkordzither nach Gehör habe ich mich noch nicht dran gegeben. Heute kam das Paket mit zwei neuen Okarinas, die ich mir für den gewonnenen Einkaufsgutschein ausgesucht habe. Das war eine ganz neue Herausforderung für die Ohren. Zuerst habe ich nach Grifftabelle und Gehör gespielt. Dabei fiel mir auf, dass die Flöten auf Bladruckveränderungen mit sehr deutlichen Tonhöhenschwankungen reagierten. Da ich kein absolutes Gehör besitze, war es mir ohne ein zweites Instrument als Bezugspunkt unmöglich zu erkennen, mit welcher Intonation ich denn nun die richtige Höhe erreichte. Also holte ich mir das Stimmgerät zur Hilfe, um ablesen zu können, was ich da höre. Nachdem ich mich orientiert hatte, kam ich wieder sehr gut ohne Stimmgerät aus. Diese Erfahrung fand ich ganz interessant. Zeigt sie doch, dass auch ein geübtes Ohr sich an einen fremden Klang erst einmal gewöhnen und in ihn einhören muss.

Das ganze ist ein wirklich komplexes Thema.

Gruß
Lisa
 
Ich kann momentan nicht viel schreiben, zitieren geht auch nicht, weil ich im Ausland bin und nur das Smartphone zur Verfügung habe. Mit "präzise" meinte ich, dass die Orgelregister auf singuläre Töne gestimmt werden und ein Ton nicht die Mischfrequenz dreier unterschiedlich klingender und unterschiedlich hoch gestimmter Saiten ist wie beim Klavier. Siehe die Frequenztabellen weiter oben.
Lisa, dass dein Chor gesunken ist, würde ich genau dem weiter oben beschriebenen Phänomen (syntonisches Komma) zuschreiben wollen. Wobei eben das Klavier mehr Spielräume für reine Intervalle lässt und den Chor leichter zur Stimmung zurückfinden lässt als die Orgel. So die Vermutung.
Mit Orgel schließe ich auch die elektronischen Varianten ein, wo sich nichts von alleine verstimmt. Das sich damit schwerer Gesang üben lässt, ist nur ein Gefühl. Vielleicht liegt es auch daran, dass das Klavier obertonreicher 8st als ein dumpfes 8-Fuß-Register....
 
Hmmmmmmm - Wieso betrachtest Du die Töne der Orgelregister im Gegensatz zum Klavier als singuläre Töne? Was ist, wenn mehrere Register gleichzeitig gespielt werden, was ja doch überwiegend der Fall sein dürfte?
Das, was Du in Deinem Schlusssatz vermutest, passt zu meiner Beobachtung. Ich kann Dir die genauen Registrierungen nicht mehr sagen, weil das so lange her ist. Aber ich kann mich gut erinnern, dass ich immer darum gebeten habe, klare helle Register (wahrscheinlich 4-Fuß- und vieleicht noch einen 2-Fuß als "Glanzpunkt" oben drüber) beizumischen. Das erleichtert den Sänger/inne/n die Rückorientierung in die Höhe und lässt sie nicht so tief sacken. Mir fiel auch mal auf, dass Männerstimmen ihren Ton relativ leicht von einer Frauenstimme übernehmen können (Oktavierung nach unten). Wenn Frauenstimmen ihren Ton von einer Männerstimme übernehmen sollen (Oktavierung nach oben) scheint das schwieriger zu sein. Die Gefahr ist groß, dass sie zu tief hängen. Wie bereits weiter oben beschrieben, hängt meiner Erfahrung nach das Halten des Tones unter anderem von der "Singspannung" ab. Ich weiß nicht, wie ich das anders nennen soll. Ein schlapp singender Chor rutscht meiner Beobachtung nach gnadenlos ab. Ein energiegeladener Chor hält dagegen die Höhe.

Gruß in die Ferne

Lisa
 
Lisa, ich hab mich wohl immer noch unklarr ausgedrückt: in den vorgehenden Beiträgen wurde erläutert, dass die dreifach besaiteten Töne beim Klavier mit einer gewissen Frequenzabweichung gestimmt werden, der auf Tastenanschlag erklingende Ton also nicht genau eine Frequenz ist, sondern jeweils ein kleiner von-bis-Bereich. So habe ich es jedenfalls verstanden. Bei der Orgel sind alle 8-Fuß-Register gleich gestimmt, alle 4-Fuß ebenfalls, nur exakt eine Oktave höher usw. Egal also wieviel Register ich ziehe, ich kriege immer einen eindeutigen Frequenzwert raus. Zumindest bei den Standard-Registern.
 
... gewissen Frequenzabweichung gestimmt werden, der auf Tastenanschlag erklingende Ton also nicht genau eine Frequenz ist, sondern jeweils ein kleiner von-bis-Bereich. So habe ich es jedenfalls verstanden.

Das habe ich anders verstanden. Dann müssten ja bei jedem Ton Schwebungen zu hören sein, so wie bei einem Honky-Tonk-Klavier. Ich habe den Hinweis auf Frequenzabweichungen so verstanden, dass wegen Spreizung oder aus anderen Gründen von den rechnerisch ermittelten Frequenzen abweichend gestimmt wird. Die drei zu einem Ton gehörenden Saiten werden aber im Idealfall gleich (nach meinem Verständnis schwebungsfrei aufeinander ab-) gestimmt. Da sich die Spannung und damit die Stimmung der Saiten durch Umwelteinflüsse verändert, bleibt der schwebungsfreie oder schwebungsarme Zustand natürlich nicht auf Dauer erhalten. Drum muss der Klavierstimmer regelmäßig nachbessern.
Bei einer Pfeifenorgel gilt dasselbe. Wenn sich die Stimmung der Pfeifen durch Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsschwankungen verändert, können die Frequenzen der auf eine Tonhöhe gestimmten Pfeifen ebenfalls nicht 100% gleich bleiben (wenn sie es denn jemals waren).
Inzwischen kommen mir gehörige Zweifel, ob Orgelpfeifen verschiedener Bauart auf exakt dieselbe Frequenz gestimmt werden können. 8' ist ja nicht gleich 8'. Register wie Prinzipal 8', Rohrflöte 8' und Gemshorn 8' haben stark voneinander abweichende Klangcharakteristiken, die durch die verschiedenartige Klangerzeugung (Lippenpfeifen/Zungenpfeifen) und die verschiedenen Pfeifenformen, Mensuren und dem Typ (offen/halbgedeckt/gedackt) zustande kommen. Da die Pfeifen keine reinen Sinustöne erzeugen, vermute ich nach allem, was ich bis jetzt gelesen und verstanden habe, dass man die Pfeifen der verschiedenen Register zwar aufeinander abstimmen, jedoch niemals auf eine 100% identische Frequenz bringen kann.
:confused:



,,,Bei der Orgel sind alle 8-Fuß-Register gleich gestimmt, alle 4-Fuß ebenfalls, nur exakt eine Oktave höher usw. Egal also wieviel Register ich ziehe, ich kriege immer einen eindeutigen Frequenzwert raus. Zumindest bei den Standard-Registern.

Da ist wohl nur der Idealfall.
:gruebel:
 
8' ist ja nicht gleich 8'. Register wie Prinzipal 8',
Genau, die Sache mit der Klangverschmelzung beim Stimmen der Pfeifenorgel ist noch gar nicht bei radobo angekommen, wenn ich ihn richtig verstehe.
Seine Gleichsetzung elektronischer Orgeln mit Pfeifenorgeln finde ich kritisch, wenn man nicht zugleich Bezug auf die verwendete Technik der Tonerzeugung nimmt.
Für digitale Flügel hatten wir schon implizit erwähnt, dass aufwendig produzierte Hardware und auch Software-Libraries aufgrund ihrer Samples die Oktavspreizung des jeweiligen besaiteten Vorbilds übernehmen.
Das kann ich mir für digitale Orgeln auch vorstellen, wenn nicht ganz andere Verfahren der Tonerzeugung zugange sind (z.B. Tonewheels und add. Synthese).

Vielleicht ist aber im Augenblick radobos augenblicklicher Internetzugang zu ungünstig, um das alles in einer "schnellen" Diskussion zu beleuchten.

Ein Thread zum jüngsten Nebenthema: https://www.musiker-board.de/contem...c-voc/329310-chor-rutscht-beim-singen-ab.html

Gruß Claus
 
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