Ja, jetzt hat der Dauerbrenner auch hier gezündet.
Als Vodoo wollte ich den gefühlten Unterschied nicht abtun BluesMen! Ich gestehe (fast) jedem gehörten Unterschied seine Daseinsberechtigung zu. Nur hab ich das Gefühl, dass die Ursachen des Unterschieds oft nicht richtig erkannt werden. Die Aussage, ein Modeler macht Gitarren austauschbar, vermittelt eine Wertigkeit, die ich nicht beobachte. Sicher klingen die Gitarren am Amp und am Modeler leicht unterschiedlich. Warum das so ist, hat Martin meiner Meinung nach gut erkannt:
Das Problem ist aber halt auch, dass das Gefühl welches man mit einem AMP hat, der direkt vor einem steht, ein ganz anderes ist, als wenn die darauf gespielte Musik über Monitore (gleich) oder Stereoanlagen (später) wiedergegeben wird ... Und da kann Röhre oder Transistor oder Computer recht wenig für ... eher der Lautsprecher in der Gitarrenbox ... der im Vergleich zu Monitor und Stereoanlage andere Klangeigenschaften hat ...
Mir - mit/ohne Ahnung - ist zumindest auch schon aufgefallen, dass ich den direkten Unterschied zweier Gitarren am AMP anders wahrgenommen habe als in der Simulation. Nehme ich den AMP per Micro ab, geht - zumindest im nicht völlig optimalen Raum, Setup, Mikro - ein Teil der Differenz verloren.
Das empfinde ich genauso. Nachdem man einen Amp aber sowohl auf einer größeren Bühne als auch beim Recorden mikrofonieren muss, bleibt vom gefühlten Unterschied vor dem Amp (beispielsweise der Druck von 4x12) wenig bis kaum etwas übrig. Mein persönliches Fazit: ein Röhrenamp erfreut den Spieler selbst wesentlich mehr als es der Zuhörer (im Publikum oder beim Anhören der Aufnahme) überhaupt wahrnehmen kann. Noch deutlicher gesagt: ein Röhrenamp ist auch viel Selbstbefriedigung für den Gitarristen, von der dritte weniger haben, als der zufriedene Gitarrist sich eingestehen möchte.
Und da bin ich voll bei Empty: Musikmachen ist hochgradig subjektiv.
Ich hab in diesem Jahr zwei mal wirklich viel Zeit verwendet, um Unterschiede von Gitarren und PUs genauer auf den Puls zu fühlen. Und auch da hat sich bestätigt, dass ich beim Selbstspielen riesige Unterschiede und Welten zwischen einzelnen Modellen wahrgenommen habe. Beim Anhören des recordeten Ergebnisses waren die gehörten Unterschiede aber ehrlicherweise eher bescheidene Nuancen als gefühlte Welten.
Man muss sich von der Vorstellung verabschieden, dass man beim Spielen die gleiche Wahrnehmung wie beim Anhören des Gespielten hat. Seitdem ist mein Leitgedanke: traue keinem Unterschied, denn Du nicht selbst recordet hast!
(Das ruft natürlich alle jene auf den Plan, die davon überzeugt sind, dass ich die Unterschiede durch Verwendung eines Modelers nivelliert habe.
)
Ich spiele jetzt fast seit 30 Jahren relativ konsequent in unterschiedlichen Bands. Und was mich immer wieder erstaunt ist, dass Bandkollegen Unterschiede an meinen Einstellungen hören, die es nicht gibt. An manchen Tagen klingt es cool, an anderen fehlt der Druck, an wieder anderen fehlen die Höhen, etc. Alleine wie die Kollegen im Winkel zur Box stehen, wie die Gesamtlautstärke eingestellt ist oder einfach nur wie die persönliche Tagesverfassung ist, führt zu total sinnfreien Diskussionen über den Sound - den ich beschwören kann - immer gleich eingestellt zu haben. Sehr mühsam ist das mitunter!
Mit Vodoo ist das so eine Sache. Bei solchen Diskussionen muss man immer die Relationen im Auge behalten. Man kann sich schon über die marginalen Unterschiede von Tremoloblocks aus Gusseisen, Aluminium der Blech auslassen. Aber viele dieser Diskussionen werden so geführt, als seien da große Sprünge möglich. Und auf die naheliegendsten und ergebniswirksamsten Ergebnisse wird da gerne vergessen, und das sind immer noch die verwendeten Hölzer, deren Kombinationen, die Bauform, die PUs und eine saubere Einstellung der Gitarre.
Gleiches Vodoo Phänomen gillt für das Anspielen im Musikgeschäft. Wie oft hab ich schon gehört: "diese Gitarre klingt nicht". Und dann wird loskritisiert, dass es einem die Schuhe auszieht. In einem Soundreview sind dann bisweilen aber auch Aussagen zu lesen: klingt sehr cool was Du mit dieser "Krücke" spielst, hast wohl ein sensationelles Modell der Serie erwischt. Nein, weit gefehlt. Ich meine viel mehr, dass es beim Anspielen schon sehr schwierig ist, in kurzer Zeit zu erkennen, welche der verschiedene Gitarren mit welchen eingestellten Effekten und Amps in der Kette harmoniert. Und mit einem speziellen Sound im Ohr nur eine Gitarre anzuspielen ist halbherzig. Sound ist das Ergebnis einer komplexen Kombination von Parametern und abhängig von der individuellen Tagesverfassung des Spielers.
Serienstreuung ist auch ein interessantes Vodoo Thema. Das beste Modell aus fünfen herauszufiltern trau ich in kurzer Zeit im Laden auch nur wenigen Gitarristen zu. Spätestens bei der vierten Gitarre selben Modells hat das Ohr vergessen, wie die erste geklungen hat. Insbesondere dann, wenn man bei jedem Modell ein wenig PUs variiert, Clean und Drive abwechselt, etc. Darüber hinaus sind Gitarren selben Modells nicht immer gleich gut eingestellt. Wenn also eine an sich gute Gitarre nicht optimal eingestellt ist, wird sie in diesem halbherzigen Serienstreuungstest unverdienter Weise ausgesiebt. Um das nicht falsch zu verstehen: ich glaube schon, dass einzelne Gitarren gleichen Modelle schon aufgrund des Holzes um Nuancen abweichen können. Aber ich glaube nicht, dass es viele Menschen gibt, die das ohne ausgiebige Tests im Schnellverfahren rausfinden können. Außer es ist ein eindeutiger Produktionsfehler mit Dead Spots etc. vorhanden.