Man lernt das Sprechen allerdings nicht erst in der Grundschule…
Genau, sondern auch schon vorher.
Genauso ist es mit Grammatik: welche Wörter in welche Kategorie gehören und nach welchen Regeln sie verwendet werden, lernen wir auch schon vor der Grundschule. Nur halt nicht so systematisch und rational, sondern intuitiv und unterbewusst. Zwischen 3-6 passiert enorm wertvolles Lernen, das den Menschen ein Leben lang prägt und weswegen man von „Muttersprache“ spricht: deren Regeln beherrscht man, wenn man zwischen (circa) 3-6 aufgepasst und durch tägliche Praxis geübt hat. Klappt ja in mehrsprachigen Elternhäusern auch mit mehreren Sprachen gleichzeitig.
Die Regeln unserer westeuropäischen Musikkultur lernt man in diesem Zeitraum übrigens auch, nämlich z.B. wie organische Melodiebildung funktioniert, Funktionsharmonik, Rhythmik, was Klangfarben assoziieren, und welchen Konsens es in der Gesellschaft über musikalisch-kulturelle Konventionen gibt.
An Musikschulen machen wir speziell mit Erwachsenen nicht viel anderes, als dieses Wissen und Können zu erinnern, zu benennen, zu systematisieren, zu verknüpfen und zu erweitern. Neues Wissen kommt hin und wieder auch dazu, ja, aber das ist meist garnicht der wesentlichste Punkt, sondern das Entwickeln des vernetzten Denkens.
Vor allem ist der wesentlichste Punkt nicht die Benennung von Tönen, das ist nur ein Zwischenschritt, den normal begabte Erwachsene ziemlich schnell hinbekommen, wenn sie wollen. Meiner Erfahrung nach sollte es danach aber möglichst schnell dahin gehen, dass an die musikalische Erfahrungswelt des jeweiligen Schülers angeknüpft wird - also z.B. dass aus einzelnen Tönen Intervalle werden, die in bekannten Melodien wiedergefunden werden, was dazu führt, dass man Melodien, die man jahrzehntelang kennt, auf dem Instrument spielen kann.
Das wäre ein wesentlicher Punkt, also ein mögliches Lernziel.