Danke! Auch wenn ich gerne so eine steile Lernkurve wie viele andere hier hätte - da ich nicht aufhören möchte, muss ich meine Lernkurve so akzeptieren, wie sie ist. Es dauert solange, wie es dauert.
Ich hatte einen vielseitig ausgebildeten ersten Lehrer, der auch vielen Profis geholfen hat. Menschlich und altersmäßig auch alles gut. Aber ich verstand seine Erklärungen, besonders die Musiktheorie, nicht. Seine Sätze klebten eng am Wortlaut der Lehrbücher, ich dachte, "Wo bleibt die didaktische Reduktion? Die erläuternde Umformulierung?" Seine handwerklichen Erwartungen überforderten mich. Bei mir geht wenig Multitasking. Darum muss ich meine Lernprozesse überwiegend in kleinen und sauber voneinander getrennten Schritten organisieren. Diese Lehrweise liegt Lehrer Nr. 1 nicht wirklich. Eher der Typ "Coach für Profis" denn Anfängertrainer. Ich steckte immer tiefer fest, dachte oft ans aufhören. Zweieinhalb Jahre brütete ich über einen Lehrerwechsel nach, sah die Fehler aber auf meiner Seite, stand irgendwann so mit dem Rücken zur Wand, dass ich nach dem ersten Covid-Lockdown doch noch den Lehrer wechselte.
Rückblickend war das die richtige Entscheidung. Mein zweiter Lehrer sieht manche Dinge lockerer als der erste und ist bei anderen Themen strenger. Monatelang hat mir der Ärmste erst einmal den Kopf sortiert, Grundlagen wiederholt, die Theorie in (mir) verständliches Deutsch übersetzt und nach und nach auch in die größeren Zusammenhänge eingepasst. Er zeigt keine Scheu vor Wiederholungen. Ein fachlich ebenso breit aufgestellter Musiker wie Nr. 1 mit einer Engelsgeduld.
Etwa seit Jahresbeginn 2022 vernetzen sich nun auch in mir die Zusammenhänge. Nach einem halben Jahr Zusammenarbeit wurde sogar meine Lernkurve sanft steiler. Toll zum Beispiel, was
nebenbei mit meinen Fingern passiert: Geläufiger, selbstverständlicher, Phrasieren und Quervibrato gehen jetzt los, mit weniger Nachdenken darüber. Mir fällt ein Stichwort zu einer Spieltechnik ein, ich probiere das aus, und es fällt mir jetzt tendentiell leichter als bei früheren Versuchen, warum auch immer. Ohne dass wir viel darüber geredet hätten, integriere ich das Abdämpfen unerwünschter Saiten in meine Übungen. Neulich dudelte der Lehrer damit Oktaven á la Wes Montgomery zu meiner Rhythmusgitarre, meinte noch "das ist nicht leicht" und jetzt (schön heimlich
), übe ich Oktavzupfen mit abgedämpften Zwischensaiten ein paar Mal täglich in Zeitlupe zuhause, bin schon ein wenig schneller geworden und werde ihn eines Tages damit überraschen, dass ich diese unausgesprochene Anregung aufgenommen habe.
Ich finde es schade für meinen ersten Lehrer, dass er die Früchte seiner Arbeit mit mir nicht ernten kann. Er hat mir vieles beigebracht, und ich konnte es noch nicht anwenden. Derzeit macht mir das Spielen soviel Spaß wie noch nie, und ich bin dankbar und froh darüber.
Hier im Forum staune ich darüber, wie viele Menschen sich ohne Gitarrenlehrer ans Lernen setzen. Dabei werden doch zig handwerkliche Fehler ins Muskelgedächtnis einprogrammiert.
Der nächste Hänger wird kommen, so ist das beim Lernen, aber ich weiß jetzt im Groben, wie ich persönlich vorgehen muss, wenn es partout nicht weitergeht. Und das heißt natürlich NICHT, dann wieder den Lehrer zu wechseln. Was passt, passt.