Irgendwann las ich im „Spiegel“ zum Thema Hirnforschung, daß Reime automatisch als besonders seriös, geistreich, bedeutungsvoll empfunden werden. Das überraschte mich, hatte ich doch bis dahin einen Reim eher vorrangig als Gedächtnis-Stütze wahrgenommen….
Gleichzeitig empfinde ich jedoch den End-Reim stets als eine riesengroße Gefahr, inhaltlich seine jeweilige Absicht laufend aus den Augen zu verlieren. Deshalb spielte ich die letzten Monate immer mal wieder mit dem „endreimfreien“ Vers. Und dabei erinnerte ich mich quasi automatisch an den Kehrreim - die identische Wiederholung bestimmter Zeilen einer Strophe.
Egal ob die Wiederholung am Anfang, in der Mitte oder am Ende einer Strophe stattfindet: Eine Wiederholung verleiht der entsprechenden Zeile von Mal zu Mal ein immer größeres Gewicht. Was für ein Zauber: dieses automatisch wachsende Gewicht
Je länger ich mich mit dem Phänomen der Wiederholung beschäftigte, umso häufiger fiel mir die einmalige Struktur von „Das Wandern ist des Müllers Lust“ auf. Ein besseres Beispiel für die extreme Wirkung von Kehrreimen kenne ich nicht! Das Lied gilt als das bekannteste deutsche Volkslied. Interessant, nicht?