relact
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Off-Topic
@relact hast du etwas psychologisches oder wirtschaftliches mit Konsumerverhalten studiert? Finde ich immer wieder interessant, viele Menschen verwenden solche Begriffe nicht und Auflösung von kognitiven Dissonanzen ist auch den wenigsten Konsumenten ein Begriff
Dann machen wir es doch zum Topic:
»Kognitive Dissonanz« klingt finde ich als Wortschöpfung schon sehr cool, weil es eine musikalische Assoziation weckt. So, als ob sich eine »Blue Note« oder ein »Tritonus« ins Gehirn eingeschlichen hätte und die mentalen Prozesse und Strukturen verstimmt hätte, so dass schlimmste Dissonanzen in Gedanken, Meinungen, Einstellungen, Wünsche und Absichten entstehen. Was zum Wunsch nach Auflösung hin zu einem harmonischen Dreiklang des Sein, der persönlichen Tonika, drängt.
Den Begriff der »kognitiven Dissonanz« habe ich von Günter Schweiger, ein österreichischer Wirtschaftswissenschaftler und Leiter des Universitätslehrganges für Werbung und Verkauf an der Wirtschaftsuniversität (WU) in Wien. Die Motive für Kaufentscheidungen sind in Werbung, Marketing und Verkauf natürlich hochinteressant und Gegenstand vieler Untersuchungen. In seinem Werk »Werbung« - an der WU gemeinhin als »Die Bibel« bezeichnet, untersucht und beschreibt er gemeinsam mit Gertraud Schrattenecker diverse Kaufmotive.
Heute findet man die eine Beschreibung der »kognitiven Dissonanz« sogar auf Wikipedia. Interessant ist bei der Wikipedia-Beschreibung finde ich gerade folgende Passage:
»In Äsops Fabel Der Fuchs und die Trauben möchte der Fuchs Trauben fressen, ist jedoch unfähig, sie zu erreichen. Statt sich sein Versagen einzugestehen, wertet er die Trauben ab als "zu sauer und nicht der Mühe wert".«
Wenn ich mir manche frustrierte und leider oft sehr geringschätzenden Abwertungen von Equipment, das ich selbst kenne und beurteilen kann und als akzeptabel und annehmbar erlebt habe, durchlese, erweckt das bei mir oft den Eindruck, als würde die Unfähigkeit einen vernünftigen Sound zu produzieren bei manchen auf das Instrument und den Hersteller projeziert. Dann klingt die Gitarre »billig« und »tot«, der Modeler nach »Plastik« oder der »Krempel« ist schlichtweg »unspielbar«, etc. Und das sind noch nette Formulierungen der manchmal an den Tag gelegten Bandbreite an vernichtenden Kraftausdrücken. Kein Wunder, wenn jemand, der mit dem Teil sehr zufrieden ist und eine sehr positive Beziehung dazu hat, sich angegriffen fühlt. (Würde in der Kneipe in solch einem Tonfall über die Partnerin abgelästert, gäbe es beinharte Schlägereien.)
Andererseits liefern auch die diversen Custom Shop Threads bisweilen abenteuerliche Begründungen sündhaft teurer Kaufentscheidungen, die rational betrachtet nicht die eigentliche Ursache für so einen gewaltigen Griff in die Tasche sein können. Da sind Emotionen am Werk, die der Verstand nicht zu erfassen vermag. Die Begründungen wirken dann oft »plump«. Es entsteht sehr schnell der Eindruck, als ob das eigentliche Kaufmotiv nicht die gelieferte Begründung sein könne. Auch hier ist es kein Wunder, dass sich die Besitzer angegriffen fühlen, wenn andere die dünne rationale Begründung herausfordernd in Frage stellen.
Statussymbol ... sehe ich in dem Zusammenhang auch als unterstelltes Motiv, weil man die dargestellte Begründung nicht glauben kann oder will. Ein sehr, sehr heikles Thema, weil Motive nicht immer ehrlich genannt werden, sei es bewußt oder unbewußt. Jemanden indirekt als Angeber hinzustellen und die genannte Begründung der Kaufentscheidung als Lüge abzutun ist in meinen Augen aber kein guter Umgang damit.
Negative Rezensionen spiegeln manchmal den Lebensfrust des Autors wider. Besser, man liest sowohl positive als auch negative Meinungen und verschafft sich einen eigenen Eindruck. Negative Rezensionen sind nicht automatisch richtiger oder ehrlicher, sondern auch mal unfair oder der Vergeltungsschlag eines zutiefst frustrierten Menschen.
Ich denke, in Umgang mit gelesenen Begründungen von Kaufmotiven und der Zufriedenheit mit dem Equipment sollte man eine enorme »Reaktionsflexibilität« entwickeln und Impulsivität unter der Gürtellinie hinten anstellen!