Achtung, langer Post:
Die drei Hauptsängerinnen haben alle eine gewisse Zeit im Schulchor verbracht, wobei die mit der Range bis ungefähr e'' / f'' am längsten dabei ist (was man auch merkt). Atemübungen gehören da logischerweise auch zum Aufwärmprogramm (da wir ja auch in der Begleitband für den Chor spielen, bekomme ich das auch immer mit, was die da machen). Deshalb bin ich ja überhaupt erst auf die Idee gekommen, die Damen mal mit diesen etwas anspruchsvolleren Dingen zu konfrontieren. Dass man absolute Anfänger mit sowas direkt abschrecken würde, ist klar, da lässt man's lieber bleiben und ist froh, dass sich jemand überhaupt traut, zu singen.
Ich bezweifle ja sehr, dass eine Sängerin, die nur bis e''/f'' kommt, die keine echte Altstimme hat, die nötige Basis hat. Deswegen solltet ihr davon Abstand nehmen "anspruchsvollere Dinge" mit ihnen zu machen. e''/f'' ist keine Range für eine Frau! Wenn sie da oben nicht hinkommen oder nur mit Anstrengung, sorry, das ist für mich noch Anfängerniveau, also noch nicht reif genug, um sich auf Stilistiken zu stürzen. Eine solide mittlere/hohe Frauenstimme sollte zumindest locker bis a'' kommen.
Dass man Stimmumfänge nicht verallgemeinern kann, ist ja ohnehin klar. Nur aufgrund der oben beschriebenen Tatsache, dass ab und an auch die eine Sängerin für die andere einspringen können muss, müssen die Songs eben zu einem gewissen Maße auf jede von ihnen passen, ohne, dass man sich auf einen Bereich beschränkt, der so klein ist, dass er keinen Spielraum für etwas spektakulärere Passagen lässt.
Dann müsst ihr für die andere Sängerin halt transponieren oder sie soll Passagen umändern (oktavieren, anderen passenden Ton aus der Scale nehmen). Man muss ja nicht alles wie im Original singen. Wenn man mit einem kleinen Stimmumfang einen Song einer Sängerin mit großen Stimmumfang singen soll, muss man halt Abstriche machen. Ihr könnt ja auch Songs nehmen, welchen die meisten schaffen, und wer Lust auf Höhenjagd hat, soll die ein oder andere Passage dann halt höher singen. Ganz einfach. Da lernen sie auch sich vom Original zu lösen und eigenständiger zu singen.
Was die stimmliche Power angeht hast du natürlich Recht. Ich habe jetzt auch weniger bombastisch geschmetterte Opern-Parts gemeint, sondern mehr die weicher gesungenen, die eben etwas mehr "
geträllert" klingen. Das geht halt meistens nicht dauerhaft gut, wenn man sich gegen eine Band durchsetzen muss - wir haben ohnehin schon aus genau dem Grund einen massiven
Balladen-Überschuss!
Dann sprich auch bitte nicht von Oper. "Geträllert" hat ja sowas von gar nichts mit Klassischen Gesang zu tun. Keine Ahnung wie du auf so eine Assoziation kommst. Schon mal überhaupt bewusst Klassik gehört??
Und auch einfach das Prinzip, dass Frau die ganze Zeit in der Randstimme singt, sich also quasi auf ein Register beschränkt, was imho - auch bei noch so guter Ausbildung dieses Registers - auch irgendwo eine Verschwendung des übrigen Potentials ist, wenn da noch so viele Möglichkeiten mehr bestehen. Und da eben fast schon eine klassische Ausbildung notwendig ist, um solche Kraft in der Kopfstimme zu haben, schien es mir eben realistischer, erstmal entweder mit Belting oder eben Twang zu arbeiten, wenn man doch auf die Kopfstimme aufbauen will.
Und wieder nein. Man kann auch als Popsängerin eine gute, nicht klassische Kopfstimme entwickeln. Hör dir mal die Kopfstimmtöne der ganzen Souldiven (Mariah Carey, Whitney Houston, Christina Aguilera, Beyonce, Leona Lewis, etc.) an. Die haben eine gute Kopfstimme, die nicht klassisch klingt. Es muss nicht immer Belting und Twang sein. Also wenn, dann arbeitet an der Kopfstimme und die Erschließung der hohen Lage. Dann kommt man dazu das "normale" Mischen zu üben. Erst dann, wenn Frau die Mischstimme beherrscht, kann sie an Variationen (Belting, Twang, etc.) arbeiten, wenn sie nicht eh schon ein Naturtalent ist. Man kann die Basics einfach nicht überspringen.
Ich denke sowieso, dass du dir viel zu sehr einen Kopf über die Ausbildung ihrer Stimmen machst. Jeder ist für sich selbst verantwortlich. Ihr sorgt dafür, dass sie singen können ohne sich die Stimme zu zerschießen, also dass ihr ein gutes Aufwärmprogramm habt und vernünftige Lieder aussucht. Da das ja kein Gesangstechnikworkshop ist, ist Stimmbildung nicht eure Aufgabe! Vor allem nicht, wenn ihr selber keine gesangspädagogische Erfahrung habt. Das muss man einfach einsehen, dass man nicht der Richtige ist.
Eben.
Aber zumindest das "leise" kriegt man mit Twang dann doch schon einmal weg. ;D Ich bin damals in meinen blutigen Anfängen, als ich von Stütze etc. noch nicht wirklich was verstand, auch durch Zufall drauf gekommen, einfach durch
Ausprobieren: Hatte einen Song, wo der höchste Ton ein fis' war (damals natürlich noch Randstimme für mich, da gab's keine Chance, das zu belten). Bin dann mal so einem Gefühl gefolgt, und auf einmal war ich
eine Oktave höher beim fis'' und der Ton klang deutlich lauter (weil Twang mir persönlich auf diesen besonders hohen Tönen eben leichter fällt). Auf den tieferen Randstimmentönen fällt es ja, und da stimme ich wieder Lunte zu, deutlich schwieriger, durch Twang die Stimmbänder einander wieder anzunähern.
Solche (für damalige Verhältnisse) extremen Sachen habe ich dann natürlich auch nicht jeden Tag gemacht, aber es ging.
Das mag bei dir vielleicht so gewesen sein, aber ich weiß von mir, dass ein piepsiger Ton durch Twang vielleicht babykreischiger wird, aber nicht lauter bzw. tragfähiger. So will ja auch keine klingen. Wenn die Kopfstimme tragfähig werden soll, braucht es eine gute Stütze, eine entkrampfte Kehle und die sinnvolle Nutzung von Resonanzen.
Und natürlich wird's ab dem Passagio anstrengend zu singen, ob's jetzt bei f' für Männer oder bei a' für Frauen liegt. Wenn man sich für keinen Ton wirklich anstrengen muss, kann man ja auch keine wirkliche Intensität in die Musik legen oder Höhepunkte einbauen. Deshalb klingt es aber eben auch besser, wenn'sdann klappt. ;D Und klappen tut's schließlich nur, wenn die Leute das - auch aus eigenem Antrieb - anfangen, zu üben.
Ja, man muss aus eigenem Antrieb üben. Aber dass es anstrengend sein muss, kann ich nur ablehnen. Der Zauber an solchen intensiven Tönen ist ja, dass es so einfach und unangestrengt wirkt, aber trotzdem groß ist. Man sagt ja immer "Das sieht bei der sooo einfach aus!" und ist es auch! Erst wenn große Töne auch unangestrengt sind, sind sie so richtig intensiv und wow.
Also, grundsätzlich werden ja in so einer AG immer noch keine Befehle erteilt, sondern Vorschläge gemacht. Ob man die dann beherzigt oder nicht, muss jeder selbst entscheiden. Ich kann schließlich nicht selbst fühlen, ob es für eine Sängerin schon ab a' anstrengend wird, in der Vollstimme zu bleiben, oder eben erst ab c''. Das müssen die Leute dann letztendlich selbst beurteilen, man merkt ja selbst am besten, wenn's etwa anfängt, wehzutun o. ä. (sicherlich das klarste Zeichen, nicht auf diese Art und Weise weiterzumachen).
Das sagt sich so leicht. Aber in Wirklichkeit ist das so, gerade bei der Stimme, dass Vorschläge sehr beherzigt werden. Wenn man dann auch mehrmals gut gemeint gesagt bekommt, dass man dies und jenes tun könnte, dann setzt es einen sehr wohl unter Druck. Was glaubst du, wie viele Laien mir damals gut gemeinte Gesangstipps gegeben haben, die mich nur frustriert haben und mir schlechte Gewohnheiten eingebracht haben, die meine erste GL mühsam ausbügeln durfte. Wenn ich so zurückdenke, würde ich den ein oder anderen am liebsten für seinen gut gemeinten Tipp erwürgen
Auch im Internet finden sich haufenweise Gesangstutorials, die sich gegenseitig widersprechen, und einiges davon ist sicherlich auch äußerst schädlich für die Stimme. Aber die wenigsten, die da versuchen Tipps zu geben, meinen das schließlich böse. Es kann halt keiner für sich in Anspruch nehmen, da das absolute Wissen zu haben. Man muss eben in der Lage sein, zu filtern, was man für sinnvoll erachtet und was nicht, und was einem für die eigene Stimme vorteilhaft vorkommt und was nicht.
Das Problem dabei ist, dass viele Leute einfach viel glauben und eher an sich selbst zweifeln als an der Lehrmethode. Manche merken, dass etwas ihnen nicht gut tut, erst wenn es fast schon zu spät ist. Natürlich meint es keiner der Leute böse, aber das heißt noch lange nicht, dass es gut ist.
Was ich nicht gut finde, ist wenn Laien zu viele gut gemeinte Tipps geben, die potentiell gefährlich sind. Ich denke da z.B. an ein Tutorialvideo von nem Mädel, die gut gemeint den Tipp gegeben hat, dass man viel trockene Kekse und Alkohol zu sich nehmen soll und zum Einsingen so laut wie möglich schreien soll bis es weh tut, um rockig zu singen. Oder an einen Patienten, dessen Nachbar gut gemeint gesagt hat er solle die Zecke am Bein anzünden, der sich deswegen schwere Brandverletzungen zugezogen hat. Keiner hat es böse gemeint, aber es ist deswegen noch nicht ok.
Wie gesagt, natürlich kann man auch vorsichtig sein und bis ans Ende seiner Tage nur in dem Bereich singen, wo es verhältnismäßig leicht und ungefährlich für die Stimme ist. Fest steht nur eben auch: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. ;D
Aber dumm ist der, der statt durch die Tür durch die Wand gehen will. Fordern ja, überfordern nein.
Nochmal Lob für dein Engagement, aber übertreibs nicht. Wenn du willst, dass sich die Mädels gesangstechnisch bessern, dann gib ihnen z.B. Tipps wann der nächste Gesangsworkshop ist, welche Lehrer du kennst, etc.. Ihr kümmert euch besser darum, dass sie aus dem was sie mitbringen das beste machen und Spaß dabei haben.