
wilbour-cobb
Registrierter Benutzer
Da galt ja auch nicht das Diktat der Einschaltquoten. Und manch fähige Musikredakteure wußten gute Musik überall einzustreuen.
Zum Glück diktieren heute die Einschaltquoten, da sich so wenigstens der ein- oder andere "Kulturschaffende" tatsächlich darüber Gedanken machen muss, ob das, was er vielleicht unter "Kunst" oder "Kultur" versteht auch das ist, was andere darunter verstehen.
In Deutschland dienen die Landesmedienanstalten eigentlich dazu, möglichst viel Vielfalt in der begrenzeten Reichweite des UKW-Bandes zu bringen, defakto sind es aber Kuppelvereine die den immer gleichen Begünstigten durch jahrelang gepflegte Beziehungen ihre Frequenzen zuschanzen. Es gibt aus unerfindlichen Gründen 15 dieser Anstalten, die auch in Popel-Bundesländern wie Bremen die Sender regulieren und verwalten müssen, wiederum organisiert im Dachverband der ALM. Es herrscht eine verkrustete Verwaltungsstruktur und ein absoluter Kompetenz-Wirr-Warr, der es wunderbar verhindert, dass neue Technologien wie DAB in Deutschland Verbreitung finden können - deutschlandweites digitales Radio könnte ja auch von einer aufgesplitteten Verwaltung nicht bearbeitet werden.
Diese Überregulierung hat es gut zu verhindern gewusst, dass in Deutschland eine Radiolutur entstehen konnte, trotz der gerade in der Neuzeit sich immer vereinfachenden Technik. Nicht nur, dass Radio im wesentlichen dem Hörer nur für Wetterberichte, Staumeldungen und Autofahrtuntermahlung dient, es finden sich auch kaum Kreative und Mutige, die sich als Radioschaffende betätigen da dieses Medium einfach ein Schattendasein fristet - trotz recht beeindruckender Hörerzahlen. Glücklicherweise wurde dieses Medium nicht schon mit seiner Erfindung - wie das Fernsehen - als Idioten-Medium abgetan und bis zum Aufkommen der Privaten im Wesentlichen gekonnt ignoriert.
Gäbe es keine privaten Radiostationen, gäbe es heute kein Radio mehr. Die Programmstruktur, wie du sie beschreibst, ist völlig unzeitgemäss und wird vom Großteil der Radionutzer abgelehnt. die moderne Übertragunstechnik macht das Ansagen der Titel völlig überflüssig, Nachrichten und Staumeldungen könnten on demand abgerufen werden und das Radio eigent sich sehr gut für Interaktionen - alles Dinge, die von gestandenen Radiomachern ignoriert werden, da die nicht am Grundsätzlichen des Mediums rumdoktorn wollen. Da die öffentlich / rechtlichen Medienanstalten hemmungslos überaltert sind, sind es auch deren Sendeformate und Techniken. Was der deutsche Medien-Bauer nicht kennt oder versteht, das frisst er nicht.
Private Fomate wie you.fm haben bewiesen, dass man junge Leute mit einer intelligenten Mischung aus Web-Community und Radiosender wieder als Zuhörer gewinnen kann. Die Qualität der Musik spielt da für mich keine Rolle, jeder darf hören, was im gefällt. Die von dir genannten Genres wie "Oldies, Tanzmusik von Orchestern, Big Band-Aufnahmen, Singer-Songwriter, Soul-Jazz, anspruchsvollere Schlager/Chansons, leichte Klassik und vieles mehr" interessieren mich nicht und fallen für mich unter die verstaubte "Müll"-Musik, um die in diesem Thread geht. Ein Glück also, dass ich nur (mit)-entscheiden darf, was auf "meinem" Radiosender gespielt wird und nicht auf allen - meinen Sender müssen ja auch nicht alle hören. Leider liegt da das Problem, was die Landesmedienfürste entscheiden, wird auf allen Sendern gespielt und das ist nun mal immer das "beste von den 70ern bis heute". Nicht mal die Werbetriebenden, die diese Formate finanzieren wollen das so, da sich so keine anständige zielgruppenorientierte Werbung schalten lässt.
Mit den fetten Geldern aus den GEZ-Töpfen werden sinnlose offene Kanäle gefördert, die keine Sau hört, aber junge Start-Ups und Nischenradios abseits des kulturellen Mainstreams oder dem, was die Entscheider dafür halten, wird tot-verwaltet oder gar nicht erst zugelassen.
Ich halte das Medium Radio in keinsterweise für überholt oder tot - in Deutschland aber für extrem unterentwickelt.