Nachdem ich mir zu Neujahr pop around the clock mit ZZ Top reingeschraubt hatte, setzte ich mir in den Kopf, eine Gitarre zu bauen, die die ganze Bandbreite zwischen
Fender Esquire und Gretsch Jupiter Thunderbird abdeckt. Das Problem war, dass ich sie zu gern schon in den nächsten Tagen gespielt hätte, während sich in Wahrheit Finanzierung und Zusammenbau in die Länge ziehen würden.
Also sagte ich mir eines Abends: "Morgen fährste mit dem bisschen Geld, dassde hast, ins Musikgeschäft und gehst mit einem Telecaster-Nachbau nach Hause."
Nun gibt es ja Tele-Varianten, die sich konstruktiv ein wenig an eine Minihumbucker-Gitarre anlehnen, wie z. B. die American Standard. Saitenlage und Bundreinheit werden an Einzelreitern eingestellt, die zudem aus Zinkguss bestehen, und der Steg-TA verzichtet auf einen Metallboden. Daraus ergibt sich ein runderer Klang, der nicht ganz so kompromisslos in Richtung von z. B. Thin Lizzys "Cowboy Song" geht.
Am nächsten Tag kam ich dann mit einer Squier Affinity Tele nach Hause. Neben den von der American Standard bekannten Merkmalen kombiniert sie eine "maple cap"-Konstruktion (Ahornhals mit aufgeleimtem Ahorngriffbrett) mit einem Korpus aus Erle, selbst in der "blonden" Ausführung. Natürlich sind auch einfachere Tonabnehmer drin als im US-Modell. Mit dieser Gitarre sitzt man nun tatsächlich ziemlich exakt zwischen beiden Stühlen; sie klingt weicher und neutraler als die alten Fender-Teles. In der Halsposition macht sich das eindeutig positiv bemerkbar. Hier wünscht man sich nur noch eine weniger ruckartig einsetzende Höhenblende, dann könnte man diesen Klang gut für Balladen verwenden.
Die Mittelposition klingt schön glockig, während in der Stegposition der für eine Esquire typische Biss zu erahnen ist. Das ultimative Esquire-Brett ist damit aber nicht hinzukriegen. Fahre ich mein Overdrive ohne Mittenboost, sind die Bässe zu stark. Mit Mittenboost fehlen dagegen die Höhen. Über die Anlage im Laden waren die Ergebnisse ähnlich.
Die Gitarre bietet also recht eigenständige Klänge, die weniger profiliert daherkommen als bei den alten Telecasters. Damit ist sie eigentlich noch vielseitiger einsetzbar und zieht nach objektiven Maßstäben klanglich mit ihrem Vorbild gleich. Für das Imitieren diverser Rocklegenden ist sie dagegen nicht die erste Wahl.
Aber hier lässt sich mit neuen Schaltern, Stegreitern, Lastwiderständen, Lastkondensatoren und Serienkondensatoren noch Einiges ausrichten. Ich werde in den nächsten Tagen in dieser Richtung experimentieren und Euch andernorts über die Ergebnisse auf dem laufenden halten.
Übrigens verbindet die Gitarre etliche bauliche Merkmale, die während der maple-cap-Ära und danach (teilweise auch schon davor) auf alten Telecasters zu sehen waren. Es kommt der im Querschnitt hutartige Schalterknopf zum Einsatz, der von 1956 bis 1985 verwendet wurde. Der Saitenniederhalter ist ein gebogener Blechstreifen, der neben der Mechanik für die A-Saite sitzt, ebenfalls typisch für Teles von vor 1960 bis zum Aufkommen des ersten Vintage-Modells. Das Logo aus dicker schwarzer Schrift (allerdings ohne Umrandung) ähnelt in Art und Platzierung dem von 1967 bis gegen Ende der CBS-Ära verwendeten Logo. Ebenfalls erst 1967 führte Fender die von der Les Paul bekannte Zweikanal-Schaltung (Steg allein, beide zusammen, Hals allein; Tone-Regler steht in allen drei Schaltstufen zur Verfügung) ein, zusammen mit einem Bypasskondensator von 1 nF und einem Tone-Kondensator von 50 nF (die heute gebräuchliche Normreihe liefert hier 47 nF). Diese Schaltung blieb bis 1983 aktuell, nur die Potentiometerwerte wurden innerhalb dieses Zeitraums noch zweimal (kurz nach Beginn und kurz vor Ende dieser Ära) überarbeitet. Auch diese Schaltungsdetails finden sich auf der Affinity.
Der Steg-TA ist allerdings eine "non staggered"-Version, die bei Fender schon 1954 aus dem Programm flog und (anders als bei der Stratocaster) erst in den Achtzigern wieder eingeführt wurde. Im Gegensatz zu diversen Fremdprodukten sitzt er trotz des modernen Steges an der alten Stelle; die Verlängerung des Steges gegenüber dem Urmodell erfolgte also in Richtung unterer Gurtpin.