Hier möchte ich widersprechen. Gut musst du keineswegs sein, du musst "verkaufbar" sein. Wer sich bewusst gegen Komerzmusik entscheidet (was auf einen Großteil hier im Forum zutrifft, wenn man gewisse andere Threads liest) darf sich nicht wundern wenn er für ein (gewinnorientiertes) Label uninteressant ist.
Interessanterweise kann aber fast jede Musikrichtung (von einigen Extremen à la Slayer mal abgesehen) zu "Kommerzmusik" werden, wenn sich nur eine große Plattenfirma findet, die die entsprechenden Sachen ordentlich pusht. Nicht selten passiert es, dass ich einen noch unbekannten Titel auf einer Party auflege, und das Publikum guckt mich nur doof an. Wenige Monate später reißt sich eine große Plattenfirma dieselbe Platte unter den Nagel, macht eine Werbekampagne draus, und das Ding kommt in die Charts. Und schwupps, schon wollen es alle Leute hören.
Aktuelles Beispiel: "Cavatina": Der Großteil des jungen Pubikums dürfte den Song bis vor kurzem nicht gekannt haben. Ich fand den aber so geil, dass ich den im Webradio immer wieder mal gesendet habe. Trotzdem hat sich keiner dafür interessiert. Nun hat sich die Musikindustrie diesen Titel geschnappt, von Paul Potts einsingen lassen, also einem bereits bekannten Star, und prompt ist das Ding auf Platz 1 in den Charts.
Solche Phänomene haben sich schon vor Jahrzehnten beobachten lassen: So kauften schon Anfang der 60er plötztlich alle Teenies, die sonst wohl Volksmusik hassten wie die Pest, das Volkslied "Muss i denn zum Städtele hinaus", bloß weil das irgendwann ne neue Elvis Presley Single war. Auch "Sloop John B." hätte man schon lange bekommen können, bevor es die Beach Boys zum Hit gemacht haben - das ist nämlich ein altes amerikanisches Volkslied. Der letztes Jahr über Super RTL gepushte Hit "Papa Pinguin" von Pigloo existiert schon seit 1979 in einer viel besseren französischen Version von Sophie & Magaly, es war nur sehr unbekannt, vor allem bei den jungen Leuten.
Im Grunde bedient sich die Musikindustrie doch seit Jahrzehnten im Untergrund, um irgendwelche Sachen dann kommerziell auszuschlachten. Bei den anspruchsvolleren Bands, die tatsächlich eher eine echte Fanbase aufbauen können, da kann man tatsächlich noch sagen, dass da der Erfolg durch die Fans zur Band kommt.
Ich z. B. setze mich aber auch sehr intensiv mit den "primitiveren" Sachen auseinander, und bei den ganzen Tracks, die da in den letzten Monaten und Jahren auf den Markt geworfen wurden, ist der Erfolg EINZIG UND ALLEIN den großen Labels und ihrer Werbung zu verdanken - egal ob das der kleine Hai war, Schnappi, Die mit dem roten Halsband, Burger Dance, Veo Veo, Dragostea Din Tei, Ab in den Süden oder solche Sachen ... also reine Partymucke also... da kann man unbekannte Titel im Radio oder in der Disco pushen ohne Ende... interessiert keinen, will keiner hören. Im Dance- und Techno-Bereich sieht das genauso aus. In ausnahmslos jedem Fall ist hier entweder
- ein bekannter Sänger / Interpret (z. B. DJ Ötzi) oder
- ein bekannter Produzent (z. B. Alexander Christensen) oder
- ein bekanntes Label (z. B. Polydor, EMI) oder
- eine uralte Melodie vorhanden.
Oft treffen sogar mehrere dieser Aspekte zusammen.
Leider besitzt solche Musik für fast keinen Menschen einen wirklich hohen Stellenwert, und somit wird sich an dieser Masche nichts ändern. Auch hier im Forum scheint es ja doch so zu sein, dass sich die Bandbreite in immer denselben Musikrichtungen bewegt. Praktisch alle Bandgründungs-Threads gehen hier ums Thema Rock/Metal. Kaum einer, der mal Leute für eine Samba- oder Western-Truppe sucht. Im DJ-Subboard hier wurde ich schon mehrfach angegriffen, weil ich dazu stehe, u. a. auch Ballermann- und Après-Ski Sound, Kirmestechno usw. zu spielen. Auch eine
SONGSUCHE FÜR ZWEI GRIECHISCHE VOLKSLIEDER meinerseits blieb bislang unbeantwortet. Die Leute, die wirklich an echter Musikvielfalt interessiert sind und auch mal unbekannte Bands oder Musikrichtungen den bereits etablierten vorziehen, scheint wirklich verschwindend gering zu sein - auch hier im Forum. Ich versuche z. B., indem ich bei einem Webradio arbeite, dass auch sehr viel wirklich Neues am Start hat, mehr Vielfalt in die Musikszene reinzubringen. Obwohl unter jedem meinem Post der Link zum Radio in der Signatur steht, hat das nicht zu einem deutlich größeren Zulauf geführt. Daran sieht man mal, dass selbst hier unter den Foren-Mitgliedern der Wunsch nach echter Musikvielfalt gar nicht wirklich da zu sein scheint.
DJ Nameless