Gute Selbstbeobachtung!
Übst Du denn "per se" mit Metronom?
Kurzfassung: zum Einsteigen empfehle ich, mit Metronom das zu spielen, was Du schon kannst (Tonleitern, "Vorspielstücke"). Solange das Metronom nicht vertraut ist und man nicht auch in den Noten erwartet, wann der Schlag erklingen muss, kann es nicht gut als Werkzeug benutzt werden.
Langfassung: Aufbau so einer Routine.
Einspielen mit Tonleitern in einem Rutsch als Sechzehntel, das Metronom schlägt die Viertel. Gemütlich gespielt wären das für mich 70 bpm, ein derzeit gutes Tempo wären 85 bpm durch alle Tonarten. 60 bpm ist für mich noch ein zuverlässig wahrnehmbarer Schlag, noch langsamer würde das Tempo für mich zunehmend anstrengender, also würde ich so einen Ablauf erst einmal mit "Tap" und ohne Metronom spielen lernen.
Übt man einzelne Tonleitern noch mit mehreren Wiederholungen, dann würde ich erst die Tonarten vervollständigen, bevor es ans Tempo geht.
Wenn das Spielen durch alle Tonarten im Einstiegstempo eine gute Woche oder auch etwas länger fehlerfrei und entsprechend locker funktioniert, würde ich steigern. Im Vordergrund steht dabei nicht Geschwindigkeit, sondern sicheres Spielen und gleichmäßiger Anschlag. Es gibt bei mehr Routine natürlich abweichende Übungen, wie Tonleitern in rhythmischen Untergliederungen.
Beim Üben eines musikalischen Stücks steht das Metronom bei mir nicht ganz am Anfang. Zuerst kommt das Kennenlernen durch Lesen (teilweise Singen) und Klatschen des Stücks oder zumindest der Takte mit Herausforderungen sowie das Begreifen der Form bzw. des Ablaufs. Schwierigere Stellen werden zuerst geübt, wodurch sie unterm Strich mehr Aufmerksamkeit und Übeaufwand bekommen als die einfacheren Passagen. Ein Stück stur von vorne nach hinten zu üben finde ich ineffektiv.
Nach dem Kennenlernen kommt das Spielen des Stücks. Bei fordernden Stücken oder Stellen übe ich zuerst für die linke und die rechte Hand getrennt. Dabei "tappe" ich die (meistens) Viertel mit dem linken Fuß, damit der rechte Fuß für Pedalspiel frei bleibt.
In diesem frühen Übestadium markiert der Tap mit dem Fuß zwar eine Hauptzählzeit, ist aber nicht immer richtig gleichmäßig. Es kommt mir viel mehr darauf an, dass die rhythmische Platzierung der Noten(gruppe) stimmt, wenn der Tap erfolgt. Das baut eine Routine in der Wahrnehmung des Notenbilds in Verbindung mit dem gehörten und körperlich empfundenen Tap auf, aka operante Konditionierung. Schließlich ermöglicht die so eingeübte sichere Rhythmik das flüssige Spielen, auch wenn es unter Umständen noch langsam ist.
Oben schon angesprochen, meine naheliegende Empfehlung für den Aufbau von Hand-Fuß-Koordination bzw. Unabhängigkeit ist, mit den täglichen Tonleiterübungen des Warmups anzufangen. Wenn Tonleitern gut laufen, kann der li Fuß plus Metronom ebenso wie allein zum Metronom und "ohne alles" gespielt werden, das gute Gefühl sollte immer gleich sein. Gutes Gefühl bei Gelingen ist übrigens meine "Belohnung" im Prozess der Konditionierung.
Bei täglicher Routine bildet sich ein Gefühl für den Puls in der Musik und wenn man einen Sinn für Vereinfachungen hat, kann man sich nach und nach auch die wichtigsten rhythmischen Gruppierungen merken.
Wenn ein für die rechte und linke Hand getrennt vorbereitetes Stück schließlich beidhändig geübt wird, hat der Körper dank Tappen und Spielen zum langsamen Metronom (60 bis 70 für Viertel) bereit zuvor viel gelernt.
Der Metronomschlag wird durch Routine zu einer meist unterschwelligen Wahrnehmung, die nicht mehr ablenkt, der Fokus kann daher auf die Musik gerichtet bleiben.
Das ändert sich gewolltermaßen, wenn der "erwartete Metronomschlag" nicht zur gespielten Platzierung der Noten passt. Bei kleinen Patzern spiele ich dann weiter, die Stelle ist dann für die nächste Runde vorgemerkt. Früher habe ich mir bei Stolperstellen eine Brille über den Takt davor gemalt, in meinem damaligen Notationsprogramm Finale gab es sogar ein Symbol dafür:
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Nach meiner bisherigen Erfahrung wären bei so einem Vorgehen verbleibende Probleme mit der Übetendenz zu Frust statt Auflösung in Wohlgefallen ein Zeichen, dass die allgemeine Entwicklung des Spielens noch nicht weit genug ist für das ausgesuchte Stück, ich stelle es dann zurück und suche mir ein leichteres.
Gruß Claus