Mein Fokus liegt bzw lag zudem bisher immer auf darauf die Stücke nach Gefühl spielen zu können und mein KL schien das bisher zu genügen.
Verstehe ich total und kann das nachvollziehen. Es ist nur so, dass manche Dinge für einen Fortschritt - oder andersherum: für weniger Probleme - unerlässlich sind. Den Spagat zwischen dem "was lernen müssen" und "Freude haben und einfach nur genießen" zu finden ist nicht immer einfach, aber wenn man weiterkommen möchte, irgendwann notwendig.
Ich würde zu dem unterscheiden zwischen "
nach Gefühl spielen" und "
mit Gefühl spielen". Bei "nach Gefühl" läuft man sehr schnell gefahr, selbst nicht zu merken, dass man nach außen hin nicht korrekt spielt. Das wird auch mit steitgender Komplexität der Stücke immer schwerer und wenn man nicht gerade über intuitives Verständnis für die Materie verfügt, landet man doch beim Analysieren (mit erhöhtem Aufwand). Das "mit Gefühl" hingegen ist absolut wünschenswert und das, was die Musik dann letzendlich dazu bringt, die Seele des Zuhörers (und die eigene!) zu berühren.
Glücklicherweise schaffe ich es dennoch auch ins Gefühl zu kommen und einfach zu spielen und nicht so viel drüber nachzudenken.
Das ist erfreulich, nur wie gesagt, den kleinen Spagat nicht außer acht lassen. Ich hatte das glaube ich relativ weit am Anfang bereits geschrieben: teil dir die Zeit ein, aber variabel. Wenn du Zeit fürs Klavier hast, sagst du dir "so, jetzt mache ich 10 min üben und der Rest ist für den Spaß". Am anderen Tag packt dich vllt Interesse oder eine Idee und du sagst dir "heute 25min üben und dann Spaß". Und dann wird es Tage geben, da hast du gar keinen Bock auf Üben und willst einfach nur abschalten und dich treiben lassen. Die Magie hierbei ist, das richtige Verhältnis zu finden - es dann aber auch konsequent umzusetzen, indem man sich bewusst macht, mit Übung kommt Fortschritt. Wie du auch erwähnst mit dem "von einem kommt man zum anderen und steigt immer tiefer ein bis man sich in Theorie eingegraben hat", so ging es mir auch (und manchmal bekomme ich die Anfälle immer noch), aber da muss man sich eben konsequent auf das einschränken, was aktuell notwendig ist (wie zB die Rhythmussache) und das "aus Interesse" aufschieben, insbesondere wenn die Zeit am Instrument eh schon knapp ist. Wenn die ersten Hürden fallen, wirst du automatisch viel lockerer und freier für solche Nachforschungen und Exkurse.
Was die Sache mit Fremdsprachen und Mathe angeht, da können wir uns die Hand reichen.
Eine bekannte hat mir mal beim Spielen zugeschaut / zugehört und meinte zu mir danach, ich würde "zu mathematisch" spielen - das habe ich direkt angezweifelt, da mein Gehirn bei Mathe nach dem Satz des Pythagoras aussteigt und es "nach Gefühl" ganz gut war. Sie hat mich dann aufgenommen und es hat mich etwas schockiert, es klang als würde ein Roboter rumklimpern. Woran hats gelegen? Ich habe einige Tage zuvor hauptsächlich damit verbracht NUR zu üben und mich auf Rhythmus und Timing zu konzentrieren, weil ich mit 2-gegen-3 massiv Probleme hatte (läuft immer noch nicht flüssig, nebenbei bemerkt, das ist so meine Krux).. Man kann es also auch übertreiben.
Das ist aber bei Erwachsenen oft das Problem, dass sie es ZU VERKOPFT angehen und geradezu nach Theorie fragen.
Genau. Ich höre mir von meinem KL oft genug an, ich solle weniger denken. Wenn es mal klappt, ist es gut, aber dahin zu kommen, das Denken mal wegzulassen, ist nicht so einfach, wenn man über 35 Jahre genau darauf getrimmt wurde. Kinder sind da eben intuitiv und von Erfahrung unvoreingenommen, sie analysieren weil sie sollen, nicht weil sie wollen. Diese Einfachheit vermisse ich sehr oft, aber da werde ich nicht der einzige sein... Mir hilft eben diese Trennung von Üben und Spielen sehr gut, weil ich für das Üben (Erlernen und Verfestigen) denken darf, um eben Sachverhalte und Zusammenhänge zu verstehen und mich dann anschließend beim Spielen davon losreißen kann und nur noch versuche umzusetzen.
Dein Ansatz gefällt mir und ich kann mir vorstellen, dass das ein super Einstieg ist.