Vorgeschichte 1:
Neulich erklärte mir eine Bekannte, "Amateure besitzen ca. 3 bis 5 Instrumente; Profis oft nur eines"
Und da ich mich überhaupt nicht als Profi fühle, kam ich mir mit nur einem Akkordeon unterinstrumentiert vor. Also holte ich als erstes mal meine alte Concerto II, mit der ich vor mehr als 40 Jahren angefangen hatte, aus der Versenkung. Aber damit fühlte ich mich immer noch als Halbprofi. Irgendwie mussten drei Instrumente doch zu erreichen sein ...
Vorgeschichte 2:
Schon seit Jahren hege ich immer wieder den Gedanken, auf Knopfgriff umzusteigen. Bisher hielt mich der Gedanke ans Orchesterspiel davon ab - es wird ja einige Zeit dauern, bis ich auf Knopf das Niveau erreiche, das ich auf Piano schon habe. Die Idee, fürs Orchester das Pianoakkordeon weiterzubenutzen, kam mir irgendwie nie. Bis jetzt ...
Schon vor einem Jahr in Monheim hatte ich zwei Knopfinstrumente in der Hand: das eine war ganz nett, aber sehr klein; das andere größer, aber nicht wirklich ... schön (technisch und klanglich). Beide zeigten mir, dass ich wohl klarkommen würde, aber den großen Haben-Will-Effekt lösten sie nicht aus. Anders, als ich vor nicht allzu langer Zeit bei einem gemeinsamen Akkordeonspielwochenende mit einer Freundin, die Knopfgriff spielt, ihr Instrument anspielen durfte: da machte es "klick" und der Schalter war umgelegt.
Fazit: ein Knopfgriffinstrument musste her! Die Frage war nur: woher nehmen und nicht stehlen ...
Die Anforderungen waren mir ziemlich schnell ziemlich klar:
- C-Griff: in meinem persönlichen Umfeld befinden sich C-Griff-Spieler (z.B. jene Freundin und auch mein zukünftiger Lehrer), aber keine B-Griff-Spieler
- Cassotto: nach 25 Jahren Cassotto-Klang möchte ich kein Instrument mehr ohne
- lieber 4- als 5-chörig; wenn 4-chörig, dann auf jeden Fall mit Doppeloktavstimmung
Meine Suche betrieb ich zweigleisig: einerseits fragte ich bei den süddeutschen "Kleinherstellern" Gomes, Modricker und Preti nach Instrumenten (gebraucht wie neu), andererseits suchte ich in den Kleinanzeigen der Akkordeonjugend und bei ebay. Da C-Griff in der Schweiz weit verbreitet ist und diese nicht weit von mir, sowohl ebay.de als auch ebay.ch. Und erinnerte mich auch an ricardo.ch. Und sowohl bei der Akkordeonjugend als auch bei ricardo tauchte jeweils ein interessantes Instrument auf.
Die Probespielsitzungen chronologisch:
* bei Modricker:
- diverse gebrauchte ältere bis alte Instrumente, die mich nicht ansprachen
- eine fabrikneue Bugari (Fehlbestellung eines Händlerkollegen) im finnischen Griff, bei der die Diskantseite (bis auf das Finnische) toll war, aber der Bassklang nicht nach meinem Geschmack
- Modrickers Hausmarke 5- und 4-chörig: feine Instrumente. Vor allem das 4-chörige hätte mir sehr gut gefallen, aber mit recht hohem Anschaffungswiderstand ...
* bei Gomes:
nur angefragt; Gebrauchtinstrumente hatte er keine, die zu meinem Anforderungsprofil passten; seine Hausmarke wäre in ähnlichen Regionen gelegen wie die von Modricker (kein Wunder, ist die Basis doch die gleiche)
* Pietsch:
vorher telefonisch abgeklärt, Gebrauchtinstrumente keine passenden, aber diverse Neuware. Nach längerem Herumspielen und -probieren und anhören lagen noch im Rennen: eine Borsini, eine Scandalli und eine Serenellini. Und da ich mich weder beim Spielen noch beim Hören für eine eindeutig hätte entscheiden können, ließ ich den Geldbeutel mitreden und entschied: wenn die noch ausstehenden Gebrauchten nichts sind, wird es die Serenellini (MEY, kommt Dir das bekannt vor?)
* über die Kleinanzeigen der Akkordeonjugend hatte ich eine gutaussehende Öllerer Solist entdeckt, für einen interessanten Preis. Leider mit, wie meine Nachfrage beim Verkäufer ergab, mit Musettestimmung und nicht Doppeloktav
(na ja, somit blieb mir eine Fahrt in den Bayrischen Wald erspart ...)
* bei ricardo hatte ich eine Gola entdeckt. 5-chörig, von Anfang der 1960er, günstig. Sehr günstig. Erste Reaktion: oooooh. Zweite Reaktion: *selbstaufdieFingerpatsch* nein, eine Gola brauchst du nicht! ... aber der Preis ...
Jedenfalls fuhr ich in die Schweiz, um sie mir anzusehen. Das Preis- /Leistungsverhältnis hätte gestimmt. Zwar äußerlich ein paar Macken, dafür seeeehr günstig. Aber die Chemie zwischen uns stimmte einfach nicht. Sie ließ mich kalt, sprach mich nicht an. So sehr mich der Gedanke, eine Gola zu spielen, gereizt hätte, war sie nicht mein Instrument.
Dann meinte der Verkäufer, er hätte noch eine 4-chörige Gola da. Ich die Ohren gespitzt. Aber? B-Griff
Ansonsten hätte bei dem Instrument die Chemie gestimmt.
Hm... kann man nicht B-Griff nach C-Griff umbauen? Der Verkäufer (hat selbst eine Akko-Werkstatt) würde es ja machen, aber aus Zeitgründen müsste ich dann 2 Jahre auf das Instrument warten ...
Ich habe mir eine Woche Bedenkzeit erbeten und in der Zeit durch die Gegend telefoniert.
Gomes: geht nicht
Heinrichs: tue ich mir nicht mehr an
Tauscher: nach reiflicher Überlegung möchte ich es nicht machen
Modricker: ja, kann ich machen. Aber das Instrument wäre halt (wegen der großen Eingriffe in die Mechanik) nicht mehr das gleiche. Bei einer Gola würde er es deshalb nicht empfehlen. Und die von ihm geschätzten Umbaukosten zusammen mit dem Kaufpreis machten die Sache dann auch uninteressant.
Wenn also jemand eine B-Griff-Gola zu einem günstigen Preis sucht, kann ich ihm die Telefonnummer des Verkäufers durchgeben
Damit war für mich die Entscheidung für eine neue Serenellini gefallen. Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt ...
Denn als ich dem Gola-Verkäufer telefonisch Bescheid gab, dass ich sie nicht nehme, meinte er, er hätte übrigens ganz frisch zwei Instrumente reinbekommen, die für mich passen könnten. Also machte ich gestern nochmal einen Ausflug in die Schweiz.
Das erste Instrument, das er mir zeigte, war ein SONUS. Hatte den Namen noch nie zuvor gehört, machte keinen schlechten Eindruck, war aber auch nichts Besonderes. Aber das andere, das ist jetzt meines
Es hat 2 Nachteile:
- muss auf dem Beifahrersitz Auto fahren, da der Koffer für den Kofferraum ca. 7 mm zu hoch ist
- ziemlich groß und schwer. Eigentlich hatte ich gehofft, mit einem 4-chörigen Instrument ein wenig Gewicht zu sparen ... aber dieser zweite Nachteil kommt vom
Vorteil:
- Tonumfang! Es hat 106 Tas... äh Knöpfe, 64 Töne. Ich habe noch nicht genau ausgerechnet, wie tief es runtergeht, aber der Diskant kommt tiefer als der Bass
- Klang! Sehr starkes Cassotto, weicher Klang, einfach schön. Erstklassige Ansprache, "Golastimmzungen" (was auch immer damit gemeint ist
)
Was es ist, wollt Ihr wissen?
Ein 15 Jahre altes Neuinstrument
Es wurde 1998 vom Werk an einen Händler ausgeliefert, der in Konkurs ging, bevor er es verkaufen konnte. Das Instrument wurde dann irgendwie eingelagert, bis es jetzt wieder auftauchte (so genau habe ich die Geschichte auch nicht kapiert). Offensichtlich kam es nie aus dem Koffer - der Balg stinkt noch nach Leim - wurde aber wohl sachgerecht gelagert, da ich keine Lagerschäden feststellen konnte. Ok, ich habe vergessen, reinzusehen, ob die Stimmzungen Rost angesetzt haben oder so, aber bei DER Ansprache kann ich es mir nicht vorstellen.
Ach so, was es ist, wollt Ihr wissen?
Ok, dann halt:
Das Instrument heißt BACH H 500 von der Fa. FISART aus Castelfidardo und sieht so aus:
(wenn jemand nähere Informationen zum Instrument oder der Firma hat, nur her damit! Was ich bis jetzt herausbekommen habe, ist dass es die Firma so nicht mehr gibt; irgendwie scheinen sie mit Vignone zusammengekommen zu sein - ob jetzt fusioniert oder geschluckt worden oder sonstwas, weiß ich nicht.)
Somit habe ich den Stand des Profis oder Halbprofis hinter mir gelassen und Amateurstatus erreicht! Noch ein Bild der ganzen Familie:
(jetzt muss ich nur noch lernen, dem Instrument auch Ehre zu machen ...
)
Und wer bis jetzt durchgehalten hat ... alle Achtung!
Gruß,
INge