Hallo, Bemolle,
zunächst und zu allererst: hohen Respekt für Deinen um Ausgleich bemühten Schreibstil.
Ich gehöre eigentlich auch zu der Fraktion, die den Akkordeonorchestern eher skeptisch gegenüber stehen. "Eigentlich" deshalb, weil ich, im vergangenen Sommer erstmalig mit einem mal eben schnell zusammengestellten Projekt-Orchester zusammen geprobt und gespielt habe. Und das hat mir große Freude bereitet. In dem Zusammenhang fällt mir auf, daß es bei der Beurteilung von Akkordeonmusik wohl ein großer Unterschied ist, wo man sitzt. Wer hinter dem Akkordeon sitzt hört die gespielte Musik anders, als derjenige, der als Zuhörer davor sitzt.
Sitze ich vor einem Akkordeonorchester, was relativ selten ist, fühle ich mich oft -nicht immer- von dem Klang erschlagen.
Sitze ich in einem solchen Orchester, was bisher erst einmal der Fall war, höre ich den Gesamtklang nicht, sondern bin auf die Einsätze, die Dirigentin und auf meine Anpassung an das Ganze konzentriert. Ich muß sagen, das war eine unerwartet schöne und gute Erfahrung.
Nun habe ich auch schon gelegentlich mit Blasorchestern zusammen gespielt, nicht mit dem Akkordeon, sondern mit dem Dudelsack. Da war allerdings meine Situation etwas anders, das Orchester passt sich mir als Solisten an.
Sitze ich vor einem Blasorchester habe ich manchmal das gleiche ungute Gefühl, wie vor einem Akkordeonorchester. Der Klangbrei erschlägt mich.
Auch Streichorchester erzeugen oft dieses unangenehme Gefühl.
Erkenntnis: Das Problem liegt offenbar nicht vorrangig am Instrument, sondern an der Qualität des Orchesters.
Beim Zusammenspiel eines Orchesters ist größtmögliche Exaktheit enorm wichtig, vor allem Instrumente, die die gleiche Stimme spielen müssen wirklich exakt synchron sein.
Das um so mehr, als das Ohr in einem einseitig instrumentierten Orchester einer möglichen Orientierung durch unterschiedliche Klangfarben beraubt ist.
Außerdem muß sich der Leiter eines solchen Orchesters der akustischen Macht eines solchen Gebildes bewusst sein und entsprechend vorsichtig agieren.
Da hat es ein solistisch agierender Akkordeonist einfacher, der spielt immer mit sich selbst synchron und einigermaßen gedämpft (Meine Meinung meine Frau sieht das mit der Lautstärke etwas anders
).
Mein Fazit: Es gibt keine Form des Akkordeonspiels, die der anderen allgemein vorzuziehen oder überlegen ist. Alle Formen des Musizierens haben ihre Vorzüge und ihre Probleme.
Musiker zu finden, mit denen man gerne und schön zusammenspielt, ist in der Tat nicht immer einfach, ich schreibe das aus eigener Erfahrung. Da spielen so viele Faktoren eine Rolle: der Musikgeschmack, die individuellen Fertigkeiten, die Entfernung zueinander, die räumlichen und zeitlichen Möglichkeiten. Der Level muß aber da nicht gleich sein, man kann viel von einander lernen. Zum Beispiel schreibst Du, das Ausharmonisieren sei Dir vom Prinzip her geläufig, jedenfalls verstehe ich das so. Also hast du doch den Grundstock dafür, beliebige Musikstücke für das Akkordeon zu bearbeiten. Das ist zu Anfang enorm schwierig und bedarf viel Lesens und Probierens, aber es macht, mir jedenfalls, ebenso viel Freude, wie das spätere Üben und spielen auf dem Instrument.
Du schreibst:
Ich allein mit Akkordeon und einem Flötisten - naja, da muss der Flötist schon wahnsinnig gut sein, um das rauszureißen
Dann spiel doch mit einem guten Flötisten zusammen. Es wird eine Bereicherung für beide sein, du wirst sehen.
Freut euch einfach, dass ihr in einer Umgebung lebt, in der viele Freunde irgendwelche Instrumente spielen und man sich einfach mal dazusetzen und ausprobieren kann.
Natürlich freue ich mich darüber, Freunde zu haben, die mit mir musizieren, ob Akkordeon oder andere Instrumente. Und diese Freude wünsche ich Dir auch, ob Akkordeon(orchester) oder andere Instrumente.
wie schwer ist manchmal ist, nur einen Schlagzeuger zu bekommen
Ich kenne das Problem mit den Schlagzeugern, gute sind schwer zu finden, weil selten. Solche, die meinen, laut=gut und Rhythmus, was ist das? findet man an jeder Straßenecke.
Bis man dann einen gefunden hat, der zum Ensemble passt, kann es schon einige Nerven kosten. Ich bin übrigens nicht der Meinung, daß man passende Mitmusiker über Kleinanzeigen findet. Ich glaube eher, die findet man auf Veranstaltungen, Konzerten oder Workshops und durch direkte Ansprache.
Zum Schluß: vielleicht sollten wir nicht so sehr überlegen und argumentieren, was uns stört, sondern was wir gutes und schönes finden können, obwohl uns das eine oder andere stört. Das gilt nicht nur für AOs, sondern für alle Belange des Lebens.
Gruß
Reini2