Von der Wahrheit. Philosophische Logik Bd. 1
Autor: Karl Jaspers (18831969)
Verlag: Piper & Co Verlag München/Zürich (2. Auflage 1958)
ISBN 3-492-02553-6 / Reprint der Ausgabe 1947
1102 Seiten gebunden, fadengehefteter Originalpappband mit Schutzumschlag
allein die
Inhaltsübersicht umfasst
17 ½ Seiten !! (siehe Anhang am Ende dieser Vorstellung). Wer sich dafür interessiert, dem schicke ich es per email!
das Buch ist in Antiquariaten (Internet-Shops) für ca. 45-65 zu bekommen - es lohnt sich!
Auszug aus dem Klappentext:
Über Jaspers Werk könnte man besten Lessings Worte setzen: Nicht die Wahrheit, in deren Besitz irgendein Mensch ist oder zu sein meint, sondern die aufrichtige Mühe, die er angewandt hat, hinter die Wahrheit zu kommen, macht den Wert des Menschen. Denn nicht durch den Besitz, sondern durch die Nachforschung der Wahrheit erweitern sich seine Kräfte.
Leseprobe von Seite 1:
"Wir leben nicht unmittelbar im Sein, daher wird Wahrheit nicht unser fertiger Besitz. Wir leben im Zeitdasein: Wahrheit ist unser Weg. Unsere höchsten Augenblicke sind unser Innesein des Wahren, sei es im Tun, sei es in der Wirklichkeit des bewegten Bewußtseins, sei es in der Teilnahme an einem Ganzen, sei es im Schauen des Grundes und in der Liebe. In jede gelebte Stunde dringt der Sinn der Wahrheit, der uns aufgegangen ist, vernichtigend oder steigernd. Durch Zweifel kommen wir zum Gewißsein, aber der Wandel in der Zeit läßt uns in neuen Zweifel geraten. Durch Verzweiflung kommen wir zum erlösenden Erfahren des Ursprungs, aber der Gang der Dinge in der Zeit bringt uns in neue Verzweiflung."
Leseproben von Seite 2:
Wahrheitsbewußtsein ist nicht einfach da in vitaler Unmittelbarkeit. Vielmehr muß es jeweils im Zeitalter und seinen Menschenvon neuem erwachsen. Es erwächst durch Überlieferung aus dem angeeigneten Bildungsprozeß der Menschheit, der für unsere Erinnerung mit den Griechen beginnt, in Asien und in dem an Geheimnissen reichen Dunkel der Vorgeschichte seinen Hintergrund hat, und es erwächst aus der Erfahrung der Welt durch inneres Handeln des Einzelnen in seiner Gemeinschaft.
Das Wahrheitsbewußtsein hat seine Quelle in einer Tiefe, aus der dem Verstand entgegenkommt, was durch ihn erst hell wird. Wahrheit ist weder im Verstand noch im Gefühl einfach da. Ich darf mich weder verstandesfeindlich auf Gefühl, Instinkt, Trieb berufen, noch verstandesstolz in dem Dunkeln nur verwerfliche Gedankenlosigkeit sehen. Wahrheit erwächst im umfassenden Prozeß des ganzen Menschen, der auch im Gefühl eine unmittelbare, als solche für sich noch inkommunikable, aber unerläßliche Daseinsweise gewinnt. Gefühl ist erst wahr, wenn, was in ihm liegt, zum klaren Gedanken, zur sinnvollen Tat und sichtbaren Gestalt wird
Wahrheit erwächst aus dem Ineinander von Denken und Leben, die Trübung des Wahrheitsbewußtseins aber aus dem Zerfall; statt Wahrheit bleibt die Leerheit des Verstandes und die Blindheit des erlebten Lebens, die Unverläßlichkeit und Wandelbarkeit leider. Sich konzentrierend, in-eins-bindend, was auseinanderdrängt, wird der Mensch er selbst auf dem Wege der Wahrheit. Sich zerstreuend verliert er sich, beruft sich abwechselnd einmal auf den bloßen Verstand, einmal auf den bloßen Instinkt, und ist nie als er selbst da. Der eigentliche Mensch erfährt als ihm wesensfremd das gedankenlose Sein und Tun und Fühlen. Denn er hat seine Gewißheit und sein Selbstbewußtsein nie ohne Denken. Aber als ebenso wesensfremd erfährt er das zeitlose und wirklichkeitsfremde Denken. Denn sein Denken ist ihm nur wahr dadurch, daß es in die Zeit tritt, daß es Leben und als solches an geschichtliche Wirklichkeit gebunden ist.
Leseprobe von Seite 29:
Was ist Sein? Was ist Erkennen des Seins? Was ist Wahrsein? das sind Fragen, die in jedem Augenblick schon beantwortet scheinen. Denn Antwort sind die Selbstverständlichkeiten, mit denen wir jeweils leben: dies ist das Sein; dies weiß ich; dies ist wahr.
Wir leben in der Geborgenheit dieser Selbstverständlichkeiten. Beginnen wir aber nach dem Ganzen zu fragen, so wird das Selbstverständliche in Frage gestellt. Wir berauben uns durch Zersetzung des bis dahin Unbefragten Schritt für Schritt des Bodens, auf dem wir stehen. Mit dem ersten Fragen nach dem, was Sein, Wissen, Wahrsein sei, beginnt zwar das Philosophieren, aber zugleich auch die mögliche Bodenlosigkeit.
Denn das Denken als solches hat eine überwältigende Macht für unsere innere Verfassung. Was ich denke mit der Gewißheit, es sei so, oder mit dem Wissen um seine Möglichkeit, das bewirkt mein Seinbewußtsein, meine Entwürfe, meine Sorgen und meine Hoffnungen, meinen Mut und meine Ohnmacht. Der Gedanke kann mir geben, woran ich mich halte; er kann mehr noch mich berauben. Wenn aber der Gedanke gefährlich ist, so ist er doch das Wagnis, mit dem allein zum Eigentlichen zu kommen ist, das ich in der Fraglosigkeit des Nichtdenkens in dumpfem Ungenügen entbehre.
Information zur Person Karl Jaspers, sein Leben und Wirken findet man bei Wikipedia -
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