So, nachdem ich nun gerade auf den allerletzten Seiten von Ken Folletts "Die Tore der Welt" bin, wollte ich mich mal an einen Vergleich zu "Die Säulen der Erde" wagen
VS.
"Die Säulen der Erde" ist ja das Werk von Ken Follett schlechthin, mit dem Werk wurde er weltberühmt, "Die Tore der Welt" ist nun seit 2008 der heiß ersehnte Nachfolger für den Follett angeblich 40 Mio. Euro im Voraus kassiert hat, nur damit er überhaupt anfängt zu schreiben.
Letztlich hat es nicht mehr viel mit dem Vorgängerbuch zu tun, außer dass es in Kingsbridge spielt und die Kathedrale noch steht. Einige der Hauptpersonen sind Nachfahren von Figuren aus dem ersten Buch, aber eine wirkliche Verbindung gibt es nicht mehr. Auf den Inhalt will ich auch gar nicht mehr groß eingehen, den kann man eh überall nachlesen, nur so viel: Es geht um 4 Hauptpersonen (Merthin, begnadeter Baumeister, Caris, die irgendwie nur ihre Freiheit im Kopf hat und scheinbar nie so wirklich weiß, was sie will, Gwenda, eine arme Bettlerstochter, die nur darauf aus ist, ihren Traummann zu heiraten und Ralph, Merthins Bruder, der Graf von Shiring werden will), deren Geschichte hier erzählt wird.
Wie bei den Säulen der Erde schon hat sich Ken Follett auch hier nicht auf eine einzelne Handlung beschränkt, sondern erzählt mehr oder weniger das komplette Leben der Hauptpersonen in einzelnen Abschnitten des Buches. Es wird also immer mal wieder "vorgescrollt" und man hat plötzlich eine 10 Jahre ältere Hauptperson vor sich, kann sich aber relativ schnell wieder einlesen, da Follett dies immer recht zügig und gut beschreibt, wenn so ein Zeitsprung kommt.
Was als erster Unterschied zum, Vorgängerbuch auffällt (und mir persönlich ist es sehr drastisch aufgefallen) ist der Fokus des Buches. War der Fokus bei "Die Säulen der Erde" noch auf dem Bau der Kathedrale, der für Tom Builder und später für Jack Builder noch das Lebenswerk bedeutete und um den herum sich die komplette Story im Buch entwickelte, ist es nun in der Fortsetzung komplett anders. Hier gibt es keinen Hauptfokus mehr, sondern mehrere kleine Schauplätze. Hier wird mehr die Geschichte einzelner Personen nebeneinander erzählt und nicht eine Hauptgeschichte, um die herum dann andere kleine Geschichten eingebaut werden. "Die Tore der Welt" hat demnach vier Geschichten, nämlich die der vier Protagonisten, in einer, "Die Säulen der Erde" eine Geschichte. Das macht "Die Säulen der Erde" mehr "straight forward", weil man immer weiß, was das Ziel des Buches ist, "Die Tore der Welt" ist zerfurchter, allerdings dadurch auch anspruchsvoller zu lesen.
Aufgebaut ist die Gesamthandlung dennoch exakt gleich wie im Vorgängerbuch. Es dreht sich letztlich alles um den Streit "böser Adliger" gegen das gerechte Volk. War es in "Die Säulen der Erde" noch (Graf) William, der Kingsbridge andauernd zusetzte und seine Hasstiraden an Jack und gewissen anderen Personen ausließ, ist es nun (Sir/Graf) Ralph von Wigleigh, der seinen Hass an Wulfric und anderen Personen auslässt. Wohingegen William jedoch komplett wie aus Raserei viele Menschen sinnlos umbringt, ist Ralph am Anfang noch etwas von seinem Bruder gesteuert, der ihn manchmal zur Vernunft bringt und letztlich ist sein Hass auch nur gegen Wulfric gerichtet, der ihm in Jugendjahren die Nase im Streit gebrochen hatte. Alles in allem ist Ralpf mehr der schwache Bösewicht, der einfach so mal seinen Zorn auslässt, aber nicht voller blinder Wut wie William Menschen tötet.
Vom Schreibstil her merkt man dem Buch finde ich nicht an, dass Ken Follett quasi dazu gedrängt wurde, es zu schreiben. Es liest sich leicht, hat keine Durchhänger, wo es mal langweilig wird und mit etwas mehr als 1300 Seiten hat man auch genug Lesestoff für lange Winterabende!
Mir persönlich hat dieses Buch noch viel besser gefallen als "Die Säulen der Erde", da es nicht so konzentriert auf eine Handlung war, sondern weitaus mehr Handlung verpackt wurde (die Anfangsjahre, in denen sich alles entwickelt, die Pestjahre, Caris ist Wollhändlerin, dann geht sie ins Kloster, wird sogar Priorin, tritt am Ende doch wieder aus und heiratet Merthin, der zwischendrin 9 Jahre in Florenz verheiratet gewesen ist, Ralphs hart erkämpfter Aufstieg zum Grafen, eine komplette Schlacht in Frankreich... nur um ein paar Beispiele zu nennen). Es passiert einfach viel mehr "außerhalb" des Erwarteten als in "Die Säulen der Erde".
Ich kann das Buch jedem nur empfehlen, der schon den Vorgänger mochte!