Geht das wieder hoch her hier ...
Wie groß der Informationsgehalt für den neugierig hier vorbei kommenden geneigten Leser ist? Fraglich, denn leider ist im Audio-Sektor im Netz viel Voodo unterwegs und der hilft meiner Meinung nach nicht weiter.
Bei Verstärkern aller Art handelt es sich technisch gesprochen um Vierpole und deren Eigenschaften lassen sich in allen Details sowohl berechnen als auch messen. Da sich reale Bauteile aufgrund technischer Grenzen in der Fertigung und unvermeidbarer parasitärer Komponenten nie ideal verhalten, muss man im Endeffekt aber messen, wenn man die Eigenschaften genau bestimmen will.
Moderne Messgeräte messen in Regionen, in die unsere Ohren nicht mehr annähernd kommen, locker bis hinunter zu "Verzerrungen" im -160 dB-Bereich.
Unsere Ohren (also Ohr und "Schnecke") machen ohnehin nur den kleineren Teil des Hörens aus das meiste steuert das Gehirn dazu. Und das Gehirn filtert, interpretiert, wählt aus, verwirft - denn das ist sein Job. Und da spielen bei unseren Wahrnehmungen viele Dinge mit hinein, über die wir uns kaum bewusst sind. Zur Vertiefung dieses Themas empfehle ich die Lektüre dieses Artikels:
https://www.theatlantic.com/health/...t-why-we-cant-tell-good-wine-from-bad/247240/
Letztlich kann ich
@Burkie nur voll und ganz zustimmen: wenn es klangliche Unterschiede zwischen verschiedenen Geräten gibt, dann kann man sie auch messen. Faktisch wird man bei einigermaßen gut und up-to-date konstruierten Verstärkern sogar Unterschiede messen können, die man bereits nicht mehr hören kann.
Damit ich nicht falsch verstanden werde: Es ist absolut nichts dagegen einzuwenden, wenn jemand einen mehr oder weniger stark färbenden Preamp benutzt, warum sollte er es nicht tun, es ist schließlich das klangliche Ergebnis, das zählt und wie man dahin kommt, muss jeder für sich selber entscheiden. Diese Färbungen wird man dann auch mit Leichtigkeit messen können.
Woran ich mich reibe, sind aber Aussagen wie "dieser Preamp ist fantastisch, erst dieser lässt das Gras wachsen hören" u.s.w. oft in Verbindung mit "das Zeugs von B.... taugt nichts, das verwischt den Klang" oder so ähnlich (keine Zitate aus diesem Thread, nur Beispiele allgemeiner Art).
Ich habe vor einem Jahr eine Uraufführung eines Avantgarde-Kammermusikstücks mit einem X18 mitgeschnitten (Mikrofone alle von Haun) und das Ergebnis war hervorragend, das Ensemble und vor allem auch der Komponist waren hochzufrieden (er hat davon eine CD veröffentlicht).
Technik wie ein X18/X32, aber auch RME, Soundcraft, Yamaha, und vergleichbare ist heutzutage in jeder Hinsicht voll ausgereift und für Aufnahmen
aller Art sorgenfrei einsetzbar.
Da stimmen die Rauschabstände, die Linearität, der Phasengang und wie hier schon öfter erwähnt ist das dank moderner, ausgereifter intergrierter Schaltungstechnik keine allzu große Kunst mehr. Kann man natürlich auch diskret aufbauen, da spricht nichts dagegen. Bei einem Mischpult mit 32 Eingängen ist das aber nicht wirtschaftlich und da es auch nicht besser ist, macht das bei Mischpulten schon lange keiner mehr.
Zum Impulsverhalten/Transienten/slew-rate:
Auch in dieser Hinsicht gibt es schon lange keine limitierenden Faktoren mehr in der Technik. Moderne OP-Amps für Audiozwecke (wie z.B. die in diesem Thread bereits erwähnten) haben slew-rates jenseits von Gut und Böse und deren Grenzfrequenzen liegen im MHz-Bereich. Einfach, weil das technisch heute kein Problem mehr darstellt.
Für die Verarbeitung von Audio-Signalen sind diese Teile sozusagen schon überdimensioniert. Die Einschwingvorgänge von akustischen Schallerzeugern liegen schon alleine aufgrund der Masseträgheit der klangerzeugenden Komponenten (also Saiten, Blätter/Reeds, Lippen, Stimmbänder, Felle usw.) im ms-Bereich und auch wenn die Einschwingvorgänge in sich quasi chaotisch ablaufen und dadurch Geräuschhaft sind, liegen doch die beteiligten Frequenzkomponenten alle im hörbaren Spektrum. Instrumente, Sänger erzeugen keine Rechteckschwingungen!
Was für mich als Fazit übrig bleibt, ist schließlich mehr eine Frage der Neigung oder der eigenen Klangphilosophie und sicher auch des bevorzugten Genres.
Der eine setzt lieber färbende Technik an der Quelle ein (also Mikro/Premap), der andere lieber nicht. In der DAW arbeiten in der Praxis dann doch beide je nach Bedarf später noch noch nach.
Was mich stets an diesen Diskussionen stört, ist der missionarische Eifer und die Unversöhnlichkeit.
Warum sollte jede Seite der anderen unterstellen, mit den von ihnen gewählten Mitteln das klangliche Ziel nicht erreichen zu können?
Das ist in der Praxis doch überhaupt nicht so. Es gibt hervorragende Produktionen sowohl mit der einen als auch der anderen Technik - und bekanntlich kann man ´Schrott´ auch mit beliebigen Mitteln produzieren. Das Allein-selig-Machende gibt es auch hier wie so oft nicht.
Eine weiteres Fazit:
Für
meinen Bereich (Klassik/E-Musik) habe ich keinen Vorteil von ´färbender´ Hardware, eher im Gegenteil.
Als angenehmen Nebeneffekt beschert mir dieser Umstand auch so wie es aussieht, gößere Investitionen, zumindestens in Preamps
.
Ergänzung:
Weil es weiter oben mal erwähnt wurde, habe ich das auch noch mal getestet: Mit einem X18 und einem Rode NT1 (extrem rauscharm), aber auch einem AKG C391b (diese Mikrofone habe ich im Übezimmer immer aufgebaut) höre ich die fallende Stecknadel (auf Holzfußboden) auch sehr gut und deutlich. Entfernung Stecknadel NT1 ca. 2m, zum C301b ca. 2,50m. Gain unverändert wie ich es für die Aufnahme von der Klarinette eingestellt habe, um die fallende Stecknadel im Kopfhörer laut zu hören, habe ich den Kopfhörerausgang maximal aufgedreht - da rauscht beim NT1 absolut nix, aber beim beim C391b ist es kaum wahrnehmbar!