Warum nicht Muttersprache?

  • Ersteller totalunwissender
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Ich kann Jongleur nur zustimmen, wenn man Musik kreiert - inkl. allem was dazugehört - sollte man sein Handwerk verstehen. Drehen wir es doch einfach einmal um, würde ein Gitarrist z.B. sagen er spiele schlecht Gitarre, aber es ist im egal, weil es ja nur ein Hobby ist? Sicher, manche würden das tun - aber die möchte ich mir ehrlich gesagt nicht anhören wollen. Und auch wenn der Löwenanteil des Publikums nicht aus Musikern besteht, merken sie doch wenn etwas schlecht klingt. Die meisten Gitarristen erlernen das Spielen ihres Instruments auf irgendeine Weise. Warum eigentlich? Wenn's doch nur ein Hobby ist, ist es doch wurscht wie's klingt.....oder?
Wieso ist das beim Texten anders? Warum wird das Texten so stiefmütterlich behandelt? Warum schämt man sich, wenn man einen falschen Akkord spielt - aber nicht, wenn man Blödsinn dahinbrabbelt? Warum hat man den Anspruch, das Instrument einigermaßen zu beherrschen, schei$$t aber auf die Worte, die man von sich gibt? Weil's bei dem schlechten Livesound eh niemand versteht? Weil es das Publikum angeblich nicht interessiert? Sind das überhaupt Argumente?

Ich kann mit der Einstellung "ich schreibe nur Texte, weil's halt sein muß" nix anfangen. Dann spielt eben Instrumentalmusik oder benutzt Texte von jemand anderem, der Fundus an freiem Material ist schier endlos. Ich würde mich auch nicht von jemandem ansprechen lassen wollen, der überhaupt nichts zu sagen hat oder nur sinnfreies Gestammel von sich gibt - ihr etwa?

Allerdings sage ich nochmals, daß ein Text nicht notwendigerweise eine Botschaft enthalten oder in feinster Sprache verfaßt sein muß. Aber es muß Absicht sein und nicht Unvermögen. Das ist natürlich meine Ansicht und wer mit Gestammel einen Welthit landen will (es wäre ja nicht der erste...), hat meinen Segen :)


Zur Feiglingsnation möchte ich anmerken, daß ich das anders sehe. Der Trend, englisch zu texten kommt wohl in erster Linie daher, daß viele meinen es sei eine Voraussetzung, um erfolgreich zu werden. Dabei ist eher das Gegenteil der Fall, mit deutschen Texten hat man hierzulande wesentlich bessere Chancen auf Erfolg. Viele halten es auch für cooler, so wurden wir eben in den letzten Jahrzehnten geprägt. Es ist ja auch nichts schlimmes dran, nur sollte man die Sprache beherrschen, in der man textet - egal welche das auch sein mag. Feiglinge sehe ich hier nicht allzu viele - da sind die Neider gewaltig in der Überzahl, aber das gehört nicht hierher...
 
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@x-Riff
Hallo, alter Mitstreiter.:) Dein Beispiel mit den Malern ist echt interessant. Meines Wissens nach probieren die sich ja vor allem an formalen Fragen aus wie Farbgebung, Licht- und Schattengestaltung, Perspektive, Strichführung oder Abstrahierungsgrad. Dazu kommen die generellen Techniken wie Malen, Zeichnen, Lithografie usw. - Fast scheint mir das Thema zweitrangig zu sein. Oft wird es ja auch von Auftraggebern vorgegeben. Oder ist eng mit der Demonstration einer neuen Technik verbunden.
Wenn man sich das Ganze auf der Zunge zergehen lässt.... bemerkt man, wie primitiv sich hingegen die Meisten die Gestaltungsmöglichkeiten eines Textes vorstellen. Wie blind oder phantasielos sie für die Orchestrierung eines Themas sind....

Auch deinen Hinweis auf Figurenführung in Filmen teile ich absolut! Oft übersehen Textautoren nicht nur die Notwendigkeit handelnder, konkreter (!) Charaktere, sonder auch die Möglichkeiten der Satzarten.
Angeblich braucht man im Deutschen mehr Silben als im Englischen. Nicht ganz falsch. Aber: Sobald man auf die persönliche Ebene wechselt: du kommst, gibst, trägst... Komm, gib, trag!.... Kommst du, gibst du, trägst du? ...wird es automatisch einsilbiger. Es ist oft das Unpersönliche, Kontemplative, was uns in die Vielsilbigkeit entführt....

@Dj Superherbes
Ängstlich sind alle Menschen. Mit dem englischen Rock&Roll und der späteren "Beatmusik" ist auch in Deutschland ein vokales Klangklischee entstanden. Ausländische Klischees in in die eigene Muttersprache zu übertragen, quasi aufzulösen, braucht manchmal viele Jahrzehnte.
(In der Lyrik gibt es zum Beispiel das japanische Haiku aus dem 17. Jahrhundert. Das Kurzgedicht hat ganz strenge Regeln. U.a. die Silbenzahl für die 3 Zeilen: 5/7/5. - In Europa probieren sich seit ca. 120 Jahren die Dichter an dem japanischen Phänomen. Seit ca. 50 Jahren wurde es auf der ganzen Welt die vielleicht beliebteste Gedichtform Aber erst seit ca. 15 Jahren (!) werden in allen Ländern (auch in Japan) alle Regeln in Frage gestellt. Was übrig bleibt ist ein Kurzgedicht mit max. 17 Silben. Ein Abteuer ohne Grenzen...)

Für mich gibt es keine echten Künstler. Nur gute oder schlechte. Jeder weiß ja, wie berauschend Kunst im Moment des Machens für den Schöpfer ist. Eine ganz andere Frage ist, ob sich dieser Rausch auf den Betrachter überträgt. Meisten leider (fast) nicht... Und das hat mMn aus der Sicht des Schöpfers beeinflussbare Gründe.

Das deutsche Songs außerhalb Europas kaum Erfolg haben, liegt mMn auch an dem statischen Musiksound.
(Ein Kollege leistet sich jährlich das Vergnügen eines sehr teuren Workshops in Frankreich, wo die bekanntesten Produzenten der Welt Ihre Trickkiste öffnen. Kurz gesagt: man stelle sich alle NoGos der Welt vor... Und genau darauf setzen sie :D - Ich sag nur beispielsweise: das ausgeklügelte Verwenden verzerrter Gesangstracks... Ich will das teuer erkaufte Know-how meines Kollegen hier nicht für lau verschleudern. Deshalb nur soviel: Sie produzieren frech, dreist, und....reflektiert. So klingt es und hat Erfolg!)


@reisbrei

Du unterstützt mich in Sachen Einspruch gegen wurstige Sprüche zum Thema Songtexte völlig korrekt. Danke.
Das mit der Botschaft sehe ich etwas anders. Jedes Kunstwerk hat eine Botschaft. So wie jeder Satz eine Botschaft hat. Diese Botschaft kann technischer oder inhaltlicher Natur sein. Selbst Gestammel kann zu einem Welthit werden ( Ma Baby Balla Balla). Und die Botschaft? Frechheit gewinnt! Aber jede Frechheit im Grunde immer nur einmal. Für eine gewisse Zeit... ;-)

Lg
 
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J
  • Gelöscht von antipasti
  • Grund: Doppelpost
Ich Habe im Lauf der Jahre immer mal wieder über ein Metal-Projekt mit deutschen Texten nachgedacht, die frei von den typischen "Metal-Klischees" (nukleare Zerstörung, Zombies, Serienmörder, Drachen, Alkoholkonsum, dicke Eier etc. ...) sein sollten. Da ich mir aber selbst nicht zutraue, deutsche Texte von inhaltlicher Relevanz UND in vertretbarer handwerklicher Qualität abzuliefern, blieb es bis heute bei der Idee ...

"Qualität" ist auch der Grund, warum ich mich mit deutschsprachiger Musik allgemein schwertue und englischsprachige bevorzuge:
Ich halte die textliche Qualität englischsprachiger Pop- und Rockmusik bestimmt nicht für höher als die der deutschen (und kann es im Zweifel auch gar nicht beurteilen ...). Aber zumindest springen mir die Unzulänglichkeiten englischer Texte als Nicht-Muttersprachler nicht gleich ins Gesicht.

Ich höre Musik am liebsten "als Ganzes" und das gelingt mir bei englischsprachiger Musik. Interessieren mich darüber hinaus einmal die Texte, kann ich genauer hinhören oder nachlesen; sprechen sie mich nicht an, kann ich das problemlos überhören. Anders bei deutscher Musik: Geht mir der Text auf die Nerven, dann gefällt mir der komplette Song nicht. Ich kann bei deutscher Musik eben nicht die Texte "überhören" (wie im Englischen) und dann ruinieren bereits kleinste, von mir als solche empfundene Mängel das "Gesamtprodukt".

Mir gefällt so selten mal ein deutscher Text, dass ich kaum spontan Beispiele dafür nennen kann ... Ich bin da vermutlich ein Sonderfall aber das macht mir das Hören deutschsprachiger Musik nahezu komplett unmöglich ;-)
 
Bring doch bitte mal ein konkretes Beispiel für unübertragbare Texte. :)
 
Bin grad zufällig auf den Thead hier gestoßen...
Und das ist ein Thema zu dem ich mir auch schon viele Gedanken gemacht habe.

Meine abschließenden Gedanken dazu lassen sich sehr schnell und simpel zusammenfassen:

Vorteil an Deutsch:
Direkte inhaltliche Bindung an den Hörer
Sprachliche Kompetenz

Nachteile an Deutsch:
Nicht international
Englisch "klingt" besser (bzw. es lassen sich leichter gutklingende Worte finden)


Der Nachteil dass "deutsch" nicht international verständlich ist, ist für mich völlig irrelevant durch die Reichweite der Musik..... dass die Sprache schwierig ist, ist also das einzige Hindernis. Und natürlich die Überwindung, dass man inhahtlich keine Distanz zum Hörer hat... beim englischen denkt keiner über die Texte nach, so dass es viel einfacher ist persönlich zu werden.


Ich Habe im Lauf der Jahre immer mal wieder über ein Metal-Projekt mit deutschen Texten nachgedacht, die frei von den typischen "Metal-Klischees" (nukleare Zerstörung, Zombies, Serienmörder, Drachen, Alkoholkonsum, dicke Eier etc. ...) sein sollten. Da ich mir aber selbst nicht zutraue, deutsche Texte von inhaltlicher Relevanz UND in vertretbarer handwerklicher Qualität abzuliefern, blieb es bis heute bei der Idee ...

Ich hab zwar kein "richtiges" Metalprojekt gemacht, aber bei meiner letzten EP ( https://soundcloud.com/phil-chef/sets/die-y-ep falls es wen interessiert ) mich auch überwunden selbst Vocals aufzunehmen. Ehe ich jetz böse Kommentare zum schlechten Gesang krieg ( ;) ) : Ich bin aber auch kein "Sänger" und habs nich vor zu werden, aber auf instrumentale Tracks hatte ich kein Bock mehr.
Für mich war es aber keine Frage welche Sprache ich nehme.... die Frage nach dem Inhalt war da schon wesentlich schwieriger.
Ich hab das letzendlich so gemacht, dass ich die Tracks instrumental fertig gemacht hab und dann hab ich mir nen Kasten Bier gekauft, mir davon nen paar in den Kopp reingeschraubt und die Texte nach dem Prinzip der freien Assoziation entstehen lassen. Ich hab nach Gesangslinien und der rhythmischen Verteilung der Silben gesucht und hab sie dann einfach mit dem Inhalt gefüllt, der mir spontan einfiel....
 
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Bring doch bitte mal ein konkretes Beispiel für unübertragbare Texte. :)

"Unübertragbar"? Meinst Du vielleicht "unerträglich"? Hm, ich tue mich schwer, jetzt "mal eben" in die Exegese von Texten (und ergo Künstlern) einzusteigen, die mich nerven ...

Spontane Beispiele:

1. Im unvermeidlichen "Atemlos" von Helene Fischer heißt es: "Deine Augen ziehen mich aus". Ok, das ist nur "Schlager" und die Vorstellung, wie die zweifellos ganz nett anzusehende Helene von irgendwelchen Augen ausgezogen wird, ist ja ganz amüsant. Aber auch, wenn die Dame den Text vermutlich nicht selbst verfasst hat: Da muss doch irgendwer in ihrem Umfeld sein (Mitmusiker, Produzent, Manager, Florian Silbereisen, haha ...), der mal 'ne Schule besucht hat und weiß, dass Blicke ausziehen aber nicht Augen ... Im Zweifel vielleicht einfach mal einen Lektor bezahlen?

2. In "Bilder im Kopf" singt Sido "An der Entscheidung kann ich nicht nur Gutes lassen". Man kann etwas nicht gut finden, man kann etwas nicht gut heißen, man kann an etwas kein gutes Haar lassen oder meinetwegen auch gut sein lassen. Seine merkwürdige Mischform sehe ich allerdings nicht als "kreativ" an sondern er ist offensichtlich einfach nicht sattelfest, was den Gebrauch solcher Ausdrücke angeht.

Das sind jetzt nur zwei Beispiele aus Genres, in denen sicher niemand antritt, um den Literatur-Nobelpreis zu gewinnen. Aber auch da würde ich ein bisschen mehr "sauberes Handwerk" erwarten und ein bisschen Gefühl für die Sprache, in der man sich ausdrücken möchte (?).

Ansonsten würde lassen sich jede Menge Schüttelreime und radebrechendes bei Xavier Naidoo finden, dessen Missionars-Lyrik mir extremste auf den Pinn geht. Für sowas hätte einen vor 20 Jahren der Deutschlehrer schon in der 8. aus dem Klassenzimmer gejagt.

Aber, um auch mal was positives zu nennen: Bei Clueso höre ich regelmäßig hin und finde das sehr lohnend, Marteria hat gute Momente, die Fantastischen Vier können zweifellos mit Sprache umgehen.
 
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Bring doch bitte mal ein konkretes Beispiel für unübertragbare Texte. :)
Je vielschichtiger und verdichteter ein Text ist und je unterschiedlicher die Sprache, desto schwerer wird die Übersetzung, weshalb man ja oft sehr freie Übersetzungen bis hin zur Neudichtung findet, allein schon aus zeitlichen Gründen. (Und da geht es bei einfacheren Texten oft auch nur darum den Reim zu erhalten. ) Es ist natürlich auch die Frage was man unter "übertragen" versteht. Halbwegs gerecht werden kann man sicher den meisten Texten.
Aber als Beispiel: Catulls "odi et amo" lässt sich eingentlich nicht ohne Verluste in eine andere Sprache übertragen.

Konkret auf´s Thema bezogen kann das heißen, eben schon gewisse Passagen in einer Sprache vorliegen zu haben und dann nicht aus sportlichem Ehrgeiz drei Tage an einer Übersetzung feilen zu wollen, die dann am Ende vielleicht doch hinter der ursprünglichen Idee zurückbleibt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bitte nicht boshaft verstehen. Ich will etwas Schärfe in die Diskussion bringen, weil beispielsweise viele Engländer/Amis uns mit unseren zusammengeschusterten Texten etwas...ähm...putzig finden. Ich sehe das auch so. Und deshalb bringe ich etwas vorweihnachtliche Polemik in die Sache. Bitte nicht ärgern darüber.

Du darfst gerne nach Herzenslust ablästern. ;)

https://www.musiker-board.de/threads/pulling-the-emergency-brake.591765/

Mir ist klar, dass ich deutsche Texte besser beurteilen kann, eben weil ich Deutscher bin. Andererseits stehe ich nicht selten auch bei deutschen Texten aussen vor, da mir die "Denke" fehlt (eben z.B. Türkisch für Anfänger, die Denke *WILL* ich nicht verstehen ;)).

Wieder andere deutsche Texte finde ich genial, Georg Ringsgwandl wäre ein weiterer, den ich gerne als mich ansprechend erwähnen möchte (und es gibt weitere z.B. Stoppok ;)).

Der eine in kölsch (Gerd K.), der andere auf bajuwarisch (Georgie R.), sie sprechen mich u.a. wegen ihrem Dialekt an. Beide erzählen Geschichten, entweder absurd aber witzig konstruiert, oder auch aus dem Leben gegriffen, da ist immer was los. Dazu braucht es (glaube ich) etliche Versuche, inkl. vieler Fehlversuche, überhaupt aus den beschriebenen Einzelszenen Stimmungen zu erzeugen. Manch einer ist zum Geschichtenschreiber geradezu geboren. Da ist dann auch egal ob es eher gesungen oder doch nur vorgetragen ist. Ringsgwandl ist so ein *konsequentes* Beispiel. Obwohl er auch musikalisch sehr starke Momente hat, beim "Der Gaudibursch vom Hindukusch" zieht er seine schrägen Gedanken konsequent auch "vorgetragen" durch. Musikalisch nicht seine beste Scheibe, der Mann weiss aber trotzdem sich auszudrücken (und auch zu unterhalten).

Und da wären wir wieder, beim Anspruch, vielleicht besser gesagt, beim Fokus. Man wählt eine Richtung, bei der man glaubt, die meisten Dinge für einen selber auszudrücken. Die einen verwenden die Sprache, sicher die genauste Art etwas auszudrücken, ein Blues kann aber (mit teilweise absurden Texten) zum selben Ziel führen. Dann ist da wieder ein Foto, dass mehr ausdrückt als 1000 Worte, oder aber auch das gemalte Bild.

In meinem Fall, ich denke/improvisiere in Englisch Kauderwelsch, häufig entstehen aus den Wortschnipseln Ideen, die ich in (meine Möglichkeiten entsprechend) Lyrics-Ideen umsetze (der rote Faden, die Aussage) -> "expect no quarter".

Kunst ist IMO Emotionen bei anderen hervorzurufen zu können, eine einfache und ganz naheliegende Erklärung.

Die ganzen Erklärungen wie "Kunst kommt von Können" etc. resultieren IMO aus Beobachtungen. Der Gitarren-Newbie göttert den "künstlerischen" Hero an, eben weil der es so *GENIAL* spielen kann. Der Yngwie hat recht wenig davon, da er eben bei den Techniken absolut überzeugt, aber die "anderen Leute" nicht mit ins Boot holt. Künstlerisch überzeugt Yngwie eher wenig, technisch ist er natürlich über jeden Zweifel erhaben.

Von mir aus einfach frech und vergnügt gegen halten. ;-)

Danke für die Einladung, Sprache ist nicht alles sondern nur ein Teil des gesamten Spektrums.

Wenn jemand mit 100% Sprache überzeugen kann, SUPER!

Wenn ein anderer mit 50% Sprache und 50% Musik das selbe erreicht, ebenfalls SUPER!

Für mich bist Du (noch) kein Künstler, da ich dich zuwenig kenne und Du eben mich noch nicht in dein Boot gezogen hast. Ich werde über Weihnachten aber mehr Zeit haben, vielleicht bist Du dann ja doch ein Künstler für mich. ;)
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Zur Feiglingsnation möchte ich anmerken, daß ich das anders sehe. Der Trend, englisch zu texten kommt wohl in erster Linie daher, daß viele meinen es sei eine Voraussetzung, um erfolgreich zu werden. Dabei ist eher das Gegenteil der Fall, mit deutschen Texten hat man hierzulande wesentlich bessere Chancen auf Erfolg. Viele halten es auch für cooler, so wurden wir eben in den letzten Jahrzehnten geprägt. Es ist ja auch nichts schlimmes dran, nur sollte man die Sprache beherrschen, in der man textet - egal welche das auch sein mag. Feiglinge sehe ich hier nicht allzu viele - da sind die Neider gewaltig in der Überzahl, aber das gehört nicht hierher...

Auch Du darfst dich gerne zu meinem "Englisch-Ausrutscher" äussern. :redface:

https://www.musiker-board.de/threads/pulling-the-emergency-brake.591765/

Habe ich nicht mutwillig gemacht, ist eher spontan entstanden, ohne Hintergedanken. Ich will auch keine Welt erobern, bin realistisch, als Ingenieur verdiene ich sicher deutlich mehr denn als lausiger Sänger/Texter.

Hat mir einfach nur Spaß gemacht (als Ausgleich zum Schreibtischjob).
 
Ich hab das letzendlich so gemacht, dass ich die Tracks instrumental fertig gemacht hab und dann hab ich mir nen Kasten Bier gekauft, mir davon nen paar in den Kopp reingeschraubt und die Texte nach dem Prinzip der freien Assoziation entstehen lassen. Ich hab nach Gesangslinien und der rhythmischen Verteilung der Silben gesucht und hab sie dann einfach mit dem Inhalt gefüllt, der mir spontan einfiel....

Das ist Rock (und gefällt mir auch gut :)). ;)

Nachtrag: Die Textpassage "Ich schlachte einen Neo N*zi und schneide ihm den Kopf ab", lehne ich aus Überzeugung (aber nicht als künstlerischer Freiheit) ab. Würde ich selbst nie so texten, auch wenn ich absolut gegen Neo N*zi bin. Ist mir aber verbal zu heftig, würde ich ja nie tun.
 
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Nachtrag: Die Textpassage "Ich schlachte einen Neo N*zi und schneide ihm den Kopf ab", lehne ich aus Überzeugung (aber nicht als künstlerischer Freiheit) ab. Würde ich selbst nie so texten, auch wenn ich absolut gegen Neo N*zi bin. Ist mir aber verbal zu heftig, würde ich ja nie tun.

Es ist ja auch nur ne Perspektive neben anderen, die in dem Song eingenommen werden...
Die Zeile mit dem "Kopf abschneiden" und dem Lachen + Publikumsapplaus im nachfolgenden Part war für mich auch einfach nur nen Mittel um meine Wut auszudrücken.... grade weil ich in Dortmund lebe und es hier ein kleines aber derbes Rudel an ziemlich aktiven Neonazis gibt.
Ich hab grade in dem Zusammenhang nen (extrem langes) Weilchen gebraucht um nicht mehr darüber nachzudenken wie irgendwer irgendwas auffassen könnte oder ob ich irgendwas sagen darf oder nicht.... inzwischen ist mir da alles egal. Ich sag was ich will und wenns irgendwem nicht gefällt is das absolut okey....
Gewalt oder Hass gegenüber irgendwem würd ich trotzdem niemals proklamieren.

Spontane Beispiele:

1. Im unvermeidlichen "Atemlos" von Helene Fischer heißt es: "Deine Augen ziehen mich aus". Ok, das ist nur "Schlager" und die Vorstellung, wie die zweifellos ganz nett anzusehende Helene von irgendwelchen Augen ausgezogen wird, ist ja ganz amüsant. Aber auch, wenn die Dame den Text vermutlich nicht selbst verfasst hat: Da muss doch irgendwer in ihrem Umfeld sein (Mitmusiker, Produzent, Manager, Florian Silbereisen, haha ...), der mal 'ne Schule besucht hat und weiß, dass Blicke ausziehen aber nicht Augen ... Im Zweifel vielleicht einfach mal einen Lektor bezahlen?

2. In "Bilder im Kopf" singt Sido "An der Entscheidung kann ich nicht nur Gutes lassen". Man kann etwas nicht gut finden, man kann etwas nicht gut heißen, man kann an etwas kein gutes Haar lassen oder meinetwegen auch gut sein lassen. Seine merkwürdige Mischform sehe ich allerdings nicht als "kreativ" an sondern er ist offensichtlich einfach nicht sattelfest, was den Gebrauch solcher Ausdrücke angeht.

Auch wenn ich weiß, dass ich damit sicher keine (hier) populäre Meinung vertrete, find ich grade was Sprache angeht Hiphop sehr interessant, weil dort einige Künstler sich von der grammatikalischen und wörtlichen Ebene völlig lösen.... ich denke dass man das unter anderem grade auf Haftbefehl in den letzten 4-5 Jahren zurückführen kann, der arabische, englische, deutsche und französische Wörter ohne grammatikalische Regeln zusammenwürfelt. Teilweise sind dadurch lyrische und musikalische Perlen entstanden... teilweise aber auch völlige Grütze. Ein anderes Beispiel is der Bonner Rapper SSIO der die Bi-Sprache in seinen Lyrics verarbeitet.... z.B. kommen dann Dinge ala "Grabis vertibicken" (Gras verticken) dabei raus....

In dem Zusammenhang find ich es wichtig, dass aber eine Linie erkennbar ist.... wenn - wie in deinen Beispielen - Phrasen/Sprichwörter in einem eigentlich sprachlich korrekten Kontext entstellt werden, is das natürlich zurecht angreifbar.... andererseits find ichs auch nicht verwerflich die Sprach zu vergewaltigen... dann muss mans aber auch schon konsequent machen....
 
@monsy

Bin grad zufällig auf den Thead hier gestoßen...
Und das ist ein Thema zu dem ich mir auch schon viele Gedanken gemacht habe.

Meine abschließenden Gedanken dazu l

"Abschließenden" lädt nicht gerade zum Reden ein. Sagen wir lieber "momentanen"?

Und natürlich die Überwindung, dass man inhahtlich keine Distanz zum Hörer hat... beim englischen denkt keiner über die Texte nach, so dass es viel einfacher ist persönlich zu werden.

Wenn Dich keiner versteht, ist es einfacher. persönlich zu werden? DAS verstehe ich nicht! - Meinst Du: "wenn mich keiner versteht, kann ich als Musiker meine Gefühle ungehindert laufen lassen?" - In diesem Fallehöre ich unterschwellig eine Befürchtung heraus, zu nichtssagend zu schreiben oder zu kompliziert oder zu abgehoben oder vielleicht auch zu autistisch veranlagt zu sein? Ich glaub DAS allerdings ohne Gegenbeweis nicht von Dir. ;-)
Außerdem: Deine Texte haben durchaus den Drang, etwas verbindlich sagen zu wollen. Vielleicht manchmal noch zu sehr auf den Punkt. Finesse, Poesie wirkt in Deutschland durchaus ähnlich schützend wie Englisch ;-)
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Deshalb: meinst Du vielleicht, es fällt dir schwer, auf deutsch sooooo einfach und raffiniert zu schreiben, dass im Prinzip jeder Deine Absicht fühlt, ohne daß Du allzuviel sagst? - DAS ist auch mein Anliegen! Klarheit trotz aller rhetorischer Finessen! DAS ist ja eben die große Kunst! Das geht! Auch auf deutsch.
(Meine größten Texter sind Amis und Engländer. Ich habe sie teilweise ins Deutsche übertragen. Das geht bei guten Dichtern eher einfach! :) Weil gutes Handwerk international anerkannt oder sogar fast verbindlich ist.)

monsy schrieb:
Ich hab das letzendlich so gemacht, dass ich die Tracks instrumental fertig gemacht hab und dann hab ich mir nen Kasten Bier gekauft, mir davon nen paar in den Kopp reingeschraubt und die Texte nach dem Prinzip der freien Assoziation entstehen lassen. Ich hab nach Gesangslinien und der rhythmischen Verteilung der Silben gesucht und hab sie dann einfach mit dem Inhalt gefüllt, der mir spontan einfiel....
Nun war mir beim Hören leider nicht ganz klar, welche Texte so entstanden sind. Neu ist die Verbindung Drogen und schreiben natürlich nicht. Assoziativ empfinde ich die Texte nicht unbedingt. Dazu sind mir Deine Texte nicht bildhaft genug. Für mich sind sie eher sprunghaft. Was ich aber wesentlich besser finde, als zu Tode erklärend.:)

Nun reden wir hier ja von deutsch oder englisch. Also, mich haben deine Texte wirklich interessiert. Und ich hab mir die Songs mehrfach gern angehört. Was spricht also gegen deutsch? - Kleine Anmerkung: Auch wenn der "Suff" Treibstoff war... Spräche etwas dagegen, spontanen Idee bei passender Gelegenheit weiter zu bearbeiten?

(Ansonsten: Ich habe als trinkfreudiger Musiker nie unter Alk geschrieben. - Nun trinke ich seit 15 Jahren nicht mehr und das wirkt sich sehr gut auf meine Kreativität aus. Hab einfach keinen dicken Kopf mehr. UND fast immer den gleichen (eher kühlen) Blick auf die Dinge. Erinnere mich also auch am nächsten Tag noch sehr gut daran, was ich warum tags zuvor schrieb und empfand ;-))

@ Kaspar

Nein, ich fragte, welche Texte nur auf englisch vorstellbar sind, weil sie ins Deutsche einfach nicht kongenial übersetzbar scheinen. -

Kaspar schrieb:
...und weiß, dass Blicke ausziehen aber nicht Augen ... Im Zweifel vielleicht einfach mal einen Lektor bezahlen?

Ansonsten: "jemanden mit den Augen ausziehen" ist laut Duden eine Redewendung. Ob es Dir gefällt oder nicht. Sorry. Sprachlich lohnt es sich als Texter immer, tolerant zu denken!! - Ich frage mich nie: "geht das?" sonder immer nur "versteht man das?"

@Tinitus

Tinitus schrieb:
Aber als Beispiel: Catulls "odi et amo" lässt sich eigentlich nicht ohne Verluste in eine andere Sprache übertragen.

Ich fand bei Wiki folgende Übersetzung:
Ich hasse und ich liebe –
warum, fragst du vielleicht.
Ich weiß es nicht.
Ich fühl’s – es kreuzigt mich.

Meinst Du, es sei schwer, den lateinischen Text deutsch metrisch korrekt auf die Musik von Omnia zu übertragen? Wäre für mich vermutlich kein großes Problem. - Man könnte lateinisch beginnen, dann deutsch weiterführen und wieder lateinisch enden. Könnte ich mir gut vorstellen. Mit 3 Sängern... Gänsehaut. Verstehe ich dich falsch?


@.hs

zu Deinem Link.

Ich habe mich vor längerer Zeit mit vollem Engagement dafür eingesetzt, daß HIER englische Texte mit linearer deutscher Übersetzung angeboten werden. Um Kommentierenden und Übersetzern eine Hilfe anzubieten. An meiner Haltung hat sich bis heute leider nichts geändert ;-)

Daß gute Texte oft viel Arbeit erfordern, ist unbestritten. Soll ja bei Komponieren, Arrangieren und Produzieren von Musik sehr ähnlich sein. Oder?

.hs schrieb:
Man wählt eine Richtung, bei der man glaubt, die meisten Dinge für einen selber auszudrücken. Die einen verwenden die Sprache, sicher die genauste Art etwas auszudrücken, ein Blues kann aber (mit teilweise absurden Texten) zum selben Ziel führen. Dann ist da wieder ein Foto, dass mehr ausdrückt als 1000 Worte, oder aber auch das gemalte Bild.

Also der Eine verwendet Sprache und der Bluestext verwendet ...ähm.. ja was denn...? - Ich meine: Natürlich ebenfalls Sprache.

Herrgott, ich breche hier weiß Gott keine Lanze für die deutsche Hochsprache. Höchstens für die Poesie. und die darf jederzeit deftig oder total verdreht daher kommen. Solange mein flackerndes Hirn etwas damit anfangen kann!

Was dein Bild vom Bild betrifft... ein Baum bleibt ein Baum, egal ob ein Ami oder ein Deutscher ihn malt oder fotografiert. DAS ist allerdings nicht unser Thema. Oder?

@all

Ab morgen bin ich sehr beschäftigt. Vielleicht melde ich mich erst nach den Feiertagen wieder. In diesem Falle: Frohe Fest, Kollegen :)
 
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@monsy
"Abschließenden" lädt nicht gerade zum Reden ein. Sagen wir lieber "momentanen"?

Ich hab da ja nur in Kurzform Gedanken zusammengefasst.... "abschließend" bedeutet in dem Kontext absolut nichts dogmatisches hinsichtlich eines weiteren Ergebnisses für mich. Weder für Dinge die ich mache, noch für irgendwen anders... Mit Dingen zu brechen, Klischees zu erfüllen oder irgendwas dazwischen ist ja immer möglich.

Wenn Dich keiner versteht, ist es einfacher. persönlich zu werden? DAS verstehe ich nicht! - Meinst Du: wenn mich keiner versteht, kann ich als Musiker meine Gefühle ungehindert laufen lassen?

Ja. Genau das meine ich damit.... und ist auch von vielen (deutschen) Musikern gängige Praxis. Ich kenne da von deutschen (nicht-berühmten) Musikern kaum deutsche Texte die sich mit ihrem Innersten ernsthaft/konkret lyrisch befassen... grade wenn es ins Negative geht. (Wenn sowas allerdings passiert, kommen da oft sehr gute Dinge bei heraus)

Es gibt viele Bands/Künstler die Textpassagen z.B. ala "theres a hole inside my head. I dont know what its all about. Who am i? Maybe i just slip away" verarbeiten würden.....
Die englische Sprache ist doch in dem Kontext ein guter Schutzschild, weil sich da auch höchst negative Worte gutklingend verpacken lassen.... seien es jetz depressive oder auch aggressive Gedanken.

Als bekannterer (kommerziell relevanter) Künstler hast du dabei natürlich auch noch den Vorteil, dass du zum Großteil deiner Zuhörer keine persönliche Bindung hast.
Bist du aber ein kleinerer Musiker und deine Texte/Songs werden hauptsächlich von Freunden und Bekannten gehört, sieht das wieder ganz anders aus... da wirst du ja kaum drumherum kommen, dass deine Freundin oder deine beste Freunde dich (oder sich selbst) fragen, was denn mit dir los ist, wenn du darüber singst, dass dein Leben nen Haufen Müll ist oder ähnliche Dinge.... völlig egal aus welcher Motivation heraus und wie ernst gemeint man sowas singen könnte oder wollte.

Das lese ich so, dass Du annimmst, nichts Bewegendes zu sagen zu haben! Dass Du Dich (metaphorisch gesagt) etwas autistisch empfindest?
Ich glaube in der Tat, dass ich in meinem persönlichen Fall wenige Dinge zu sagen habe, die sonderlich relevant/innovativ sind.... deswegen bin ich auch kein Sänger/Texter. Dafür brauch man schon eine gewisse narzisstische und exhibitionirstische Veranlagung... die hätte ich nicht. Genau so gut werde ich aber auch kein guter Fußballer mehr oder als Astrophysiker das menschliche Weltbild revolutionieren... da hat wohl jeder verschiedene Talente ;)

Denn wärst Du der Meinung, etwas zu sagen zu haben, möchtest Du doch auch verstanden werden - zum Beispiel her. Oder?

"verstanden werden" seh ich auch als sehr releative Geschichte. Wenn ich mir Musik von Künstlern anhöre, mach ich mir 0,0 Gedanken darüber ob ich den Urheber "verstehe", sondern fokussier mich einzig und allein darauf, was die Musik in mir auslöst.
Deswegen interessieren mich Privatleben und alles Drumherum von irgendwelchen Musikern/Schauspielern etc. auch nen feuchten Kehricht - weil es mir nicht zusteht sie "verstehen" zu wollen, oder sie als Menschen zu beurteilen.

Ich könnte mich da aber auch niemals entscheiden, ob ich ne gewisse Ambivalenz und interpretierbarkeit einer schonungslosen Direktheit vorziehe.... das liegt letzendlich immer alles an der Umsetzung.
 
Ich fand bei Wiki folgende Übersetzung:
Ich hasse und ich liebe –
warum, fragst du vielleicht.
Ich weiß es nicht.
Ich fühl’s – es kreuzigt mich.

Meinst Du, es sei schwer, den lateinischen Text deutsch metrisch korrekt auf die Musik von Omnia zu übertragen? Wäre für mich vermutlich kein großes Problem. - Man könnte lateinisch beginnen, dann deutsch weiterführen und wieder lateinisch enden. Könnte ich mir gut vorstellen. Mit 3 Sängern... Gänsehaut. Verstehe ich dich falsch?
Das Metrum ist ein Aspekt, ich meine das aber vor allem auf die ganzen formalen "Spielereien" bezogen, die sich im Original finden. (Spielereien hier nicht abwertend gemeint, sondern im Sinne eines Meisters, der alle Register zieht. )

Bei Catull haben wir z.B. einen deutlichen Chiasmus, der Text steht von einigen wenigen parallelen Elementen bis ins Detail "gekreuzigt" da. Das aktive "odi et amo" hat eine klare Entsprechung im "sentio et excrucior" und zwar sogar im Detail. Ich hasse/ich werde gekreuzigt, ich liebe/ich fühle.
Im Zentrum das passive fieri([ich fühle]es mir geschehen) und das aktive /faciam(ich tue )
Und am Ende die Frage und Antwort.

Der Übersetzer ist sich dessen sichtbar bewusst, aber er muss mehrere Kompromisse eingehen. Das tun/getan werden lässt er geschickt unter den Tisch fallen und die parallele Konstruktion von Anfang und Ende muss er aufgeben.
Und letztendlich ist da natürlich noch der Klang. "Odi et amo" das ist gleichzeitig rund und klanglich gespiegelt. Im Deutschen geht das nicht.
Und bei Catull finden sich auch klanglich viele Entsprechungen und Überkreuzungen. Die (meiner Meinung nach sehr gute) Übersetzung hält tapfer mit, aber bleibt eben auf halber Strecke zurück.
Oder wenn wir die rein formal parallelen Stellen anschauen.

Odi et amo. Quare id faciam fortasse requiris.
Nescio. Sed fieri sentio et excrucior.

Ich hasse und ich liebe – warum, fragst du vielleicht.
Ich weiß es nicht. Ich fühl’s – es kreuzigt mich.

Man könnte jetzt zum Beispiel die paralle Konstruktion von Anfang und Ende annähernd retten wenn man z.B. "ich fühle und erleide es" schreibt. Aber dann ist das Kreuz verloren und das passiv ist auch erschlichen.
"Doch ich fühl´s und leide" Da fehlt ebenfalls das Kreuz und das passiv ist komplett weg. Usw. Sportiv gesehen ist das natürliche eine Herausforderung. Realistisch betrachtet wird man der Vorlage aber nie gerecht werden können, außer durch Glück.


Hier noch zwei formal recht gelungene Übersetzungen, die ich gefunden hab.
Man merkt, wie sich die beiden geplagt haben, wieviel Liebesmüh in den Texten steckt. Wo sie gute Lösungen gefunden haben und wo sie Kompromisse eingehen mussten. Die Eleganz des Originals bleibt aber unerreichbar.


Hassen und Lieben zugleich. Du fragst wohl, warum ich’s so treibe.
Weiß nicht. Dass es mich treibt, fühl’ ich und martre mich ab.
(Ed. Norden, 1923)

Oh, ich hasse und liebe! Weshalb ich es tue, du fragst wohl.
Weiß nicht! Doch dass es geschieht, fühl’ ich – unendlich gequält!
(Otto Weinreich, 1974)
 
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Hallo monsy,

danke für deine Aufmerksamkeit.

Monsy schrieb:
Ich kenne da von deutschen (nicht-berühmten) Musikern kaum deutsche Texte die sich mit ihrem Innersten ernsthaft/konkret lyrisch befassen... grade wenn es ins Negative geht. (Wenn sowas allerdings passiert, kommen da oft sehr gute Dinge bei heraus)

Ich hab als englisch singender Bluessänger angefangen. Augen zu beim Singen und volles Gefühl ;-)
Dann hab ich (von meinen Kollegen angefeindet) einige nicht ganz so fetzige Bluesnummern nachgedichtet. So halbhohe Nummern wie "nobody knows you, when you down and out". Und plötzlich wanderten diese Nummern im Live-Ranking ganz weit nach vorn. Wenn der ganze Saal singt "Kein Schwein vermißt Dich, wenn Du untergehst" dann stellt sich eine ganz andere Nähe zum Publikum her, als wenn alle gemeinsam ihre Ego-Show bei "I'm the Hoochie Coochie Man" abziehen.

Niemand hat etwas gegen Angst oder Klagen, solange der Song nicht wehleidig wird. Nicht die Landessprache verbirgt das Jammern, sondern vor allem die künstlerische Sprache. Solange man in vollen Straßen, klappernden Fensterläden, leeren Kneipen, oder karrenden Schaukelstühle auf nächtlichen Versandas Plätze der Einsamkeit erkennt, ist man auf der sicheren Seite gegenüber bildlosen Meinungen wie "Du betrügst mich" "Du lügst" oder abgedroschenen Metaphern wie" du brichst mir das Herz". Keiner im Publikum hat etwas gegen Geschichten, wenn sie kurz, abwechslungsreich und mit einer Pointe erzählt werden. Und wenn dann noch der lakonische Tonfall stimmt... hat man fast alle Kredenzen , die Bluestexte auf der ganzen Welt so beliebt machen. Die Botschaft und der Tonfall lauten immer: Ich geb nicht auf! das muß man in jeder Sekunde beim Texten wissen! In jeder Sekunde!! Ohne es einmal zu sagen !!! :D

Monsy schrieb:
Ich kenne da von deutschen (nicht-berühmten) Musikern kaum deutsche Texte die sich mit ihrem Innersten ernsthaft/konkret lyrisch befassen
So ist es! warum auch? Eine Geschichte, oder ein lockere Spruch (hinter der man Geschichten ahnt, weil der Spruch allein schon so was von dreist ist ;-)) ist allemal interessanter als ein Bekenntnis beim Psychiater :D

Monsy schrieb:
Ich glaube in der Tat, dass ich in meinem persönlichen Fall wenige Dinge zu sagen habe, die sonderlich relevant/innovativ sind

Ich bin unspektakulär. So sieht sich mMn auch jeder gute Autor, den ich kenne. Jedenfalls nüchtern. ;-)

Das Leben schreibt die Geschichten. Nicht der Texter. Der muss nur lernen, die Geschichten zu erzählen. Die Struktur, den Tonfall, die Haltung der Figuren, ihre Sprüche, ihre unfreiwillige Komik. kann man alles lernen. Sogar sein eigenes Schicksal selbstironisch zu schildern. Einfach los schreiben, probieren.

Je unspektakulärer die Requisiten, umso größer die Wirkung. Kerzen, Schuhe mit Löchern, Neigen in Gläsern, Scherben am Boden, zerwühlte Betten. Nimm Grönemeyers "was soll das" - lebt im Prinzip nur von Schuhen in Reih und Glied, Kämmen in Bürsten, Wohlgerüchen oder Leibgerichten usw. Nix mit Innenschau!

Monsy schrieb:
IWenn ich mir Musik von Künstlern anhöre, mach ich mir 0,0 Gedanken darüber ob ich den Urheber "verstehe", sondern fokussier mich einzig und allein darauf, was die Musik in mir auslöst.

Urheber sind um so besser, umso unwichtiger sie sich nehmen. Denn dann MÜSSEN sie ihre Augen, Ohren und Nasen auf Außenempfang stellen. Ich beispielsweise führe ein anderes Leben als die meisten meiner Interpreten.

Zum Beispiel arbeite ICH an Texten An IHREN Texten, :D aber egal. Also verbietet sich geradezu, über MEIN Leben zu schreiben.

Aber ich lüge, liebe und übertreibe nicht anders als die Anderen. Ich kenne Menschen aus allen sozialen Gruppen. Sehe kaum große Unterschiede. Der einsame Unternehmer ist nicht anders besoffen oder betrogen als seine Mitarbeiter. Die Abläufe, das Timing einer Geschichte müssen stimmen. Also, warum muss ich noch meinen Lebenslauf an die Geschichte heften?- Das stört extrem, weil es vor allem am schamlosen Übertreiben hindert :D

@Tinitus

Mein lieber Feinschmecker rhetorischer Stilelemente. Die Lyrik ist theoretisch ganz gut aufgearbeitet. Im Gegensatz zur Wirkungskraft der Lyrics. Die Lyrik braucht viele Stilelemente, um eine musikalische Sprache zu schaffen. Der Chiasmus gehört für mich dazu. Die Lyrics hingegen müssen vor allem mit der Musik klingen.

Denn: die Musik der Musiktexte konkurriert im Song IMMER mit der Musik der Instrumente. Eine Kreuzstellung in einem Vers ist toll... in eine gut orchestrierten Musikzeile muß dieser Syntax mMn nicht übernommen werden. Solche kleinen Überraschungseffekte kann auch die Musik liefern. Meine Meinung generell: Im Zweifelsfall sollte der Texter dem Komponisten den Vortritt lassen.

Zwei deutsche Autoren können sich ja einigen. Eine Nachdichtung ist aber immer ein Kompromiß. Einen Song dichte ich immer so nach, daß er deutsch gesungen möglichst wie das Original klingt. Der Ton macht die Musik :D

(Ich habe "Mad world" mit "seltsam" nachgedichtet, weil mir das gesungene "e" extrem wichtig war und "Seltsam" und "verrückte Welt" fast synonym erschien. Der Originaltexter hat es ausdrücklich genehmigt. Die eigentliche Wirkung erzielen sowieso die Musik und der Sänger.)

.Gute Nacht
 
Zuletzt bearbeitet:
(Ich habe "Mad world" mit "seltsam" nachgedichtet, weil mir das gesungene "e" extrem wichtig war und "Seltsam" und "verrückte Welt" fast synonym erschien. Der Originaltexter hat es ausdrücklich genehmigt. Die eigentliche Wirkung erzielen sowieso die Musik und der Sänger.)
Finde ich ebenfalls gelungen. Aber neben dem Handwerk ist sowas in meinen Augen auch immer ein Stück Glückssache.
 
J
  • Gelöscht von DeadHonor
  • Grund: Doppelpost
Glücksache - Findest du?

Ich habe ca. 30 Welthits veröffentlicht nachgedichtet. Alle Originale waren so wunderbar getextet, dass es mir um jedes Wort leid tat, welches ich zugunsten eigener Gedanken unter den Tisch fallen musste. Jeder Welthit hat den Text, den er verdient. Da kann für einen geübten Nachdichter eigentlich kaum etwas schief gehen.

Es gibt andere Risiken. Manche Künstler wie Bruce Springsteen verweigern von vorn herein jegliche Nachdichtungen. UND leider verweigern im Prinzip alle Weltstars eine Mitbeteiligung. Man muss also mit den dt. Labels Tonträger-Lizenzen aushandeln und geht bei Aufführungen völlig leer aus. Ja, selbst die Erwähnung als Nachdichter in den Kredits wird nicht sonderlich gern gesehen...eher nur geduldet.

Aber ich war halt glücklich, daß die Originalautoren die Texte autorisierten. :) Und ich staune über die enorme Wirkung, die meine Nachdichtungen zum Beispiel in Livekonzerten hinterlassen. Und darum geht es ja hier: um die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Sprache!

Lg
 
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Glücksache - Findest du?
Nehmen wir mal an, es gibt in dem Fall einfach kein passendes Wort mit "e". Dann muss der nächste Kompromiss gefunden werden.
Ich hab mal ein wenig gegoogelt und die beiden Texte verglichen und ich gratuliere Dir ganz ehrlich zur gelungenen Nachdichtung.
Aber Nachdichtung ist eben auch das Stichwort und ich finde schon, dass der übersetzte Text einen spürbar anderen Charakter hat und eben auch Deine Interpretation mancher Textstellen beinhaltet.
 
@.hs

zu Deinem Link.

Ich habe mich vor längerer Zeit mit vollem Engagement dafür eingesetzt, daß HIER englische Texte mit linearer deutscher Übersetzung angeboten werden. Um Kommentierenden und Übersetzern eine Hilfe anzubieten. An meiner Haltung hat sich bis heute leider nichts geändert ;-)

Dann bin ich mal auf dein "volles Engagement" gespannt. :)
 
@Tinitus

Ich freue mich sehr über deine Zustimmung. Danke :)

Die Interpretation des Originaltextes ist tatsächlich in jedem Fall ein, wenn nicht DER Knackpunkt einer Nachdichtung. In diesem Punkt unterscheiden sich jede wortgetreue lineare Übersetzung von der eher werkgetreuen Nachdichtung.

Für mich gibt es als Maßstab für Pop-Übersetzungen die Nachdichtungen von Bob Dylans Texten durch Carl Weissner. Dylan hatte lediglich verlangt, dass die Reimstruktur eingehalten wird. Selbst der sehr strenge Bob Dylan hat überraschend dem Nachdichter eine Menge Spielraum gestattet. Und Weissner musste noch nicht mal die Metrik übernehmen.

Kompromisse muss man bei einer sangbaren Nachdichtung immer eingehen. Aber wie gesagt: es tat mir um jeden Gedanken leid, den ich umschreiben musste.

(Auf der anderen Seite wurde ich auch oft gelobt für MEINE Art der Auslegung der Texte. Aber im Gegensatz zu diesen positiven Kritiken bin ich NIEMALS der Meinung, teilweise die Originale übertroffen zu haben, sondern bedaure in jedem Falle eher, wenn ich bewusst einen Spielraum benutzen muss.)

Weil, und da sind wir wieder beim Thema, jeder Welthit oder gar Evergreen so gut funktioniert, dass folgerichtig auch der Text eine millionenfache Zustimmung erhielt. Die Lyrics trafen ja mittels Phantasie, Tonfall, Einfachheit und Stringenz den Nerv riesiger Menschengruppen. Auf lange Zeit gesehen ist es der größte Verdienst jeder gelungenen Nachdichtung, nachzuweisen, daß diese Kriterien in JEDER Sprache klingen und überzeugen können. Ähm...Amen. ;-)
 
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Ich glaube, das höchste, was man mit Nachdichten erreichen kann, ist das Siegel "kongenial", da es umschreibt, dass die Genialität des Urtextes bzw. überhaupt einer Vorlage in einem anderen Medium, einer anderen Sprache erreicht wird - gleiche Augenhöhe, quasi.

Wenn ich auch an meine Texte einen hohen Anspruch habe, so kenne ich doch den Umstand, dass es Musik gibt, wo in erster Linie die Musik zählt und wo es in Bandkonstellationen einer an der Backe hat, da jetzt einen Text dazu zu machen. Oft soll es dann eben doch ein englischer Text sein und da geht es oft um die Schwelle, die ein native speaker hier mal als "über den TÜV schweißen" genannt hat - halt ein sehr pragmatischer Ansatz, der im Grunde sagt, dass es wie bei einem Auto, das man noch vier Jahre fahren will, eben um die Fahrtüchtigkeit und die Abnahme durch den TÜV geht und nicht darum, aus einem VW-Bus eine Luxuskarosse zu machen - bei einem englischen Text halt: keine groben Fehler, möglichst wenig feine, möglichst verständlich und gut zu singen.

Wo ich mir unsicher bin: Nach einigem Hin und Her und einigem Wenden und Drehen halte ich Texte, die mitunter hier als "banale" Texte ohne Anspruch als Beispiel genommen werden, für gute Texte.

Beispiel 1: Dust my broom oder boom boom boom (Blues der älteren Sorte)
Beide Texte funktionieren auf mindestens zwei Ebenen - einem der wortwörtlichen Auffassung und dem der sexuellen Anspielungen, die nicht ausgesprochen, aber vom kundigen Publikum verstanden werden. Das halte ich für eine wichtige Funktion, zumal sie bei vielen Jugendkulturen eine Rolle spielt: es geht gerade darum, dass die Erwachsenen mit der Normalsprache nicht verstehen, was es (wirklich) heißt.
Das halte ich für eine Qualität von Texten und ich halte mich bei native-Texten mit der vorschnellen Beurteilung "banal" eher zurück. Bei den englischen Texten, bei denen eine deutsche Übersetzung mitgeliefert bekommt, kann man normalerweise schnell feststellen, ob der Text wirklich banal ist oder auf zwei Ebenen funktionieren soll.

Beispiel 2: Weine nicht wenn der Regen fällt (Drafi Deutscher, Schlager)
Der Text ist in meiner Interpretation bewußt klischeehaft gehalten, denn das ermöglicht dem Publikum, den Text mit eigenen Inhalten, Erinnerungen, Gefühlen, Bildern zu füllen. Schon eine rothaarige Frau ist eben eine rothaarige Frau und schließt erst mal alle andersfarbigen Frauen aus. Auch hier greift meiner Ansicht nach das Ettikett "banal" zu kurz.

Allerdings gibt es genug banale Schlagertexte.
Wo also die Grenze ziehen zwischen bewußt offenen Texten und banalen, nichtssagenden Texten?

Da komme ich ehrlich gesagt, nicht wirklich weiter, außer mit meinem Bauch, der bekanntlich immer recht hat. Aber wo sind die Kriterien und wie kann man die Grenzen erkennen und ziehen?

Ich glaube auch, dass es im songtextforum, wenn es um einen konkreten songtext geht, der intensiv diskutiert wird, zur Sprache kommt, angeführt wird, an Worten, Formulierungen etc. deutlicher wird. Aber dennoch wären ja auch da allgemeine Kriterien anzuführen, die auf einen konkreten Text angewendet werden.

Wobei mir gerade auffällt, dass das nur bedingt mit dem eigentlichen Threadtitel zu tun hat ...
Allerdings schon in so weit, dass die Kenntnis der unterschiedlichen Ebenen und wie sie durch Sprache erreicht / umgesetzt werden können, einen relativ versierten Umgang mit der Sprache voraussetzt - eigentlich das Kriterium, was für mich das schlagendste überhaupt ist: Kann ich mit dieser Sprache das umsetzen, was ich sagen / rüberbringen / bewegen will?
Und da hat für mich die Muttersprache einen natürlichen Vorteil, der sich allerdings bei genügender Beschäftigung mit einer anderen Sprache auch erlangen läßt.

x-Riff
 
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