Warum denken wir eher in Dur?

Okay meine Herren, zurück zum Thema bitte, sonst wird hier dichtgemacht. Das Thema war übrigens abseits aller fliegenden Unterwäsche und tonalen Grundsatzdiskussionen "Warum denken wir eher in Dur?".

Harald
 
Was wohl weniger mit Tonalität und Atonalität zu tun hat als mit Massensuggestion

Damit hast Du tatsächlich die Antwort auf sämtliche hier aufgeworfenen Fragen gegeben, mit "Warum denken wir eher Dur" angefangen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Damit hast Du tatsächlich die Antwort auf sämtliche hier aufgeworfenen Fragen gegeben, mit "Warum denken wir eher Dur" angefangen.

Also meinst du, der Masse aller Musikhörer wird das Primat des Durgeschlechts suggeriert, also versteckt nahegelegt? Das klingt doch eher nach Verschwörungstheorie, oder? Etwas zu suggerieren ist ja ein aktiver Akt, und das müsste dann ja aktiv von wesentlich vielen Musikschaffenden betrieben werden - das halte ich für ausgeschlossen.

Harald
 
Ganz einfach: Wenn die Abmachung heißt: "Auflösung" strebt jeder nach (möglichst ökonomischer) Lösung. Die einfachste (Auf-)Lösung ist das Bezwingen der Kanten und Ecken, sprich eine Ebene anzusteuern, mit der weitgehends alle konform gehen. Löse ich nach Dur auf, brauche ich nicht um "zwei Ecken" denken, sondern lass mich auf das "einfach Klingende" ein und das ist eben die normale Dur, weil ich hier eben keine verminderte Terz (heißt das so?) habe. Ein "e" anzusteuern liegt der strukturierten (wahrnehmungspsychol. ausgedrückt: der "guten Gestalt") Wahrnehmung besser, als ein "es" . Denn da müsste ich von der "guten Gestalt" eben nochmal abheben und einen halben Ton drunter gehen. Ich müsste da wieder um die sprichwörtl. "zweite Ecke" denken. Also belass ich das Ganze bei "c e g", statt "c es g" und die Dur, bzw. die sog. "gute Gestalt" ist fertig. Die (Auf-)lösung ist präsent und erfolgte ökonomisch. Wenn du (man verzeihe mir den Vergleich) Farben für ein Gemälde mischt, dann fängst du in der Regel auch nicht an, ein "gelblich-rosa" mit einer anderen Farbe zu mischen, sondern du gehst von einer Grundfarbe aus, weil dies zunächst wiederum die erste "gute Gestalt" darlegt.
 
S
  • Gelöscht von HaraldS
  • Grund: (Leerer Beitrag)
Also meinst du, der Masse aller Musikhörer wird das Primat des Durgeschlechts suggeriert, also versteckt nahegelegt? Das klingt doch eher nach Verschwörungstheorie, oder?

Das Wort "Massensuggestion" stammt von PVaults, da musst Du ihn schon fragen, welche Verschwörungstheorie(n) er da meint.


Etwas zu suggerieren ist ja ein aktiver Akt, und das müsste dann ja aktiv von wesentlich vielen Musikschaffenden betrieben werden - das halte ich für ausgeschlossen.

Also ich finde, zumindest dieser Thread und 99% der Posts im Bereich "Musik-Theorie" hier beweisen das Gegenteil.
 
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Etwas zu suggerieren ist ja ein aktiver Akt, und das müsste dann ja aktiv von wesentlich vielen Musikschaffenden betrieben werden - das halte ich für ausgeschlossen.
Also ich finde, zumindest dieser Thread und 99% der Posts im Bereich "Musik-Theorie" hier beweisen das Gegenteil.

Naja, erstmal sind wir hier im Musiker-Board nur ein minimaler Bruchteil aller Musikschaffenden, und dann sind wir hier in der Musiktheorie-Ecke ein minimaler Bruchteil aller Boarduser. Eine "Massensuggestion" halte ich nicht für belegbar, weder hier bei uns Theoretikern, noch im gesamten Board. Daß einige Beiträge und Ansichten einen Anspruch auf universelle Gültigkeit verströmen, macht sie ja nicht unbedingt wahrer. Hinter dem Kern der Ausgangsfrage "Warum denken wir eher in Dur" verbirgt sich ja durchaus eine belegbare Tendenz - aber das auf Suggestivkraft zurückzuführen ist IMHO zu weit gegriffen.

Harald
 
fugato;4531560 Jedes Mal wenn ich sage "Auflösen" kommt ein Dur-Akkord dabei heraus. WARUM?[/QUOTE schrieb:
Weil in der Obertonreihe der Dur Akkord vor dem Moll Akkord steht.
 
Daß einige Beiträge und Ansichten einen Anspruch auf universelle Gültigkeit verströmen, macht sie ja nicht unbedingt wahrer.

Ob sie wahr oder unwahr sind, ist ja dafür unerheblich: es reicht, wenn sie als einzige "Wahrheit" suggeriert und dann von anderen Menschen geglaubt werden. ;)

Und diese universelle Gültigkeit wird schliesslich auch von Massen an Harmonielehrebüchern suggeriert.


aber das auf Suggestivkraft zurückzuführen ist IMHO zu weit gegriffen.

Schalte doch mal das Radio ein. Was ertönt da? ;) Oder geh in irgendeinen Musikunterricht in der Schule. Was wird gelehrt? Oder Streicherklassenunterricht: Da wird in dem Alter, in dem man am meisten beeinflussbar ist, ununterbrochen diatonik gespielt, erstmal zwei Jahre lang. Alles andere gilt als Spielfehler.

Wir alle werden ununterbrochen auf bestimmte Dinge konditioniert, die uns dann als Normalität erscheinen. Das gilt für Musik genauso wie für vieles andere im Leben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Oder Streicherklassenunterricht: Da wird in dem Alter, in dem man am meisten beeinflussbar ist, ununterbrochen Diatonik gespielt ...
Gespannt warte ich auf deine Geigenschule voller dodekaphonischer Kinderlieder, die die Spatzen von den Dächern pfeifen. Bestimmt wird sie ein durchschlagender Erfolg. Sag bescheid, wenn sie fertig ist.
Beiseite gefragt: Wer ist hier eigentlich der Missionar und Dogmatiker? Mir kommt solch Eifern gegen Diatonik vor wie Predigen gegen das Übel der Schwerkraft. Es bleibt natürlich unbenommen, die Schwerkraft für etwas trivial Lästiges zu halten, nur ist der Schwerkraft das ziemlich egal.
 
Mir kommt solch Eifern gegen Diatonik vor wie Predigen gegen das Übel der Schwerkraft. Es bleibt natürlich unbenommen, die Schwerkraft für etwas trivial Lästiges zu halten, nur ist der Schwerkraft das ziemlich egal.

Diatonik ist keine physikalische Kraft, sondern ein musikalisches Hierarchiesystem mit starker historischer und sozialer Dimension, von daher ist das nicht so 1:1 vergleichbar.

Aber ein Streicherklassenunterricht, der Diatonik relativieren würde oder als gleichwertig zu anderen Systemen darstellt, würde an der Realität dieser Welt hier vorbei gehen. Ich bin aber auf Vorschläge gespannt.

Zudem ist es so, daß gerade hier im Harmonielehre-Forum wohl der größte Anteil an nicht-missionierungsbedürftigen Teilnehmern im Vergleich zu den anderen Unterforen des Musiker-Boards herrscht. Argumente gegen die Diatonik wären also eher dort angebracht, wo man was verändern kann: im praktischen Musikunterricht. Und da wären wir bei einer IMHO hochinteressanten Frage: darf/sollte/muß Diatonik (und dadurch letztlich das Primat des Durgeschlechts) im Musikunterricht aufgeweicht werden?

Harald
 
Gespannt warte ich auf deine Geigenschule voller dodekaphonischer Kinderlieder, die die Spatzen von den Dächern pfeifen.
Soweit ich weiss sind Kleinkinder ziemlich intressiert und offen für dodekaphonie
 
Gespannt warte ich auf deine Geigenschule voller dodekaphonischer Kinderlieder, die die Spatzen von den Dächern pfeifen. Bestimmt wird sie ein durchschlagender Erfolg.

Diese Schule wäre auch zu einseitig.

Fakt ist, dass Kinder, die Instrumente spielen lernen, einseitig konditioniert werden, und danach ist es für viele von ihnen sehr schwer, ihren eigenen Geschmack zu finden oder als Solo-Künstler ihren eigenen Stil zu finden. Teilweise ist bereits die Suche blockiert, weil dem Gehirn alles nicht-diatonische sehr seltsam vorkommt, oder gar weil man seinem alten Lehrer glaubt, es seien alles Spielfehler. Ich habe genügend solcher Fälle gesehen.
 
Hallo, Harald :)

Die Realität besteht jedoch nicht nur aus Diatonik, da gibt es ganz viel anderes. Gerade auch wenn Du von der "Welt" sprichst, denn die Diatonik stammt ja vornehmlich aus unserem Kulturkreis (nur eine Insel gegenüber der Welt). Und das [andere] sollte man doch nicht einfach totschweigen, gerade im Unterricht. Meiner Meinung nach sollte elementarer Bestandteil jeden Musikunterrichts das kennen lernen (und Verständnis-entwickeln für) möglichst vieler Musikrichtungen sein, inkl. der Musik anderer Kulturen. Man muss ja nicht gegenüber dieser so genannten "Realität" aufgeben, man kann es auch etwas besser machen ;)

@möchtegernbach: Kinder sind erstmal offen für alles. Und dann kommt die Prägung durch die Medien (es wird ja schlicht nichts anderes promoted und gespielt als - ich sage mal der Einfachheit wegen - "Unterhaltungsmusik") und die Ablehnung von allen anderen Musikrichtung (inkl. Klassik).

@Maler: Ich bin nicht dafür, das man die Diatonik abschafft. Dein vor Sarkasmus triefendes Posting zeigt allerdings wieder mal, wie alles, was der Standardharmonielehre unseres Kulturkreises nicht entspricht, attackiert wird. Da deutest Du an, ich wäre Dogmatiker um den vermeintlichen Spiess umzukehren, und schwingst die Schwerkraft-Keule. (Und wenn man den Vergleich aufgreift und mal bedenkt, dass es ein "uralter Traum der Menschheit" ist, die Schwerkraft zu überwinden: zuerst nur in der Kunst und in Sagen, dann mit versuchen, Fluggeräte zu konstruieren. Und heute ist es in diversen Sportarten (Paragliding usw.) und für Reisen Normalität. Also mit der Schwerkraft einfach sich abfinden wollte die Menschheit dann doch nicht.)

@cvinos: Ja, also irgendwie ist das doch mehr als offensichtlich: Im Streicherklassenunterricht zwei Jahre (!) lang ausschliesslich Diatonik ins Gehirn reinzuschleifen ... puh ...
 
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Naja, Geigenkinder sollen überhaupt erst einmal hören und intonieren lernen. Das ist also nicht eine Frage der unzulässigen Prägung durch diatonischen Beginn, sondern dieser Beginn ist methodisch der einzig mögliche. Denn atonale Chromatik zu intonieren, wäre für Geigenanfänger eine völlige Überforderung, gehörmäßig wie spieltechnisch. Da müßte jemand schon außerordentlich begabt sein, wenn er innerhalb der ersten zwei Jahre in die Lage versetzt würde, atonale Musik sauber zu spielen. Die Realität ist (und ich kenne die pädagogische Realität), daß die Geigenlehrer schon froh sind, wenn nach zwei Jahren "Hänschen klein" endlich sauber erklingt.
Unterrichtest du Geige und weißt, wovon du sprichst?
 
Diese Schule wäre auch zu einseitig.

Fakt ist, dass Kinder, die Instrumente spielen lernen, einseitig konditioniert werden, und danach ist es für viele von ihnen sehr schwer, ihren eigenen Geschmack zu finden oder als Solo-Künstler ihren eigenen Stil zu finden. Teilweise ist bereits die Suche blockiert, weil dem Gehirn alles nicht-diatonische sehr seltsam vorkommt, oder gar weil man seinem alten Lehrer glaubt, es seien alles Spielfehler. Ich habe genügend solcher Fälle gesehen.
Ist es nicht genau andersrum ? Ein kind soll einen stil finden ? wenn man bongos spielt ist schonmal sicher das man kaum bach fan wird sondern sich genau nach dieser musik orientiert und die möglichen dimensionen der instruments auszuschöpfen versucht ...
eigenen stil finden ? du sagst man wird daran behindert seinen eigenenen stil zu finden ... definiere doch mal stil .. im musikalischem sinne heisst es ncihts mehr als einschränkung der mittel und genau das tut ein instrument doch
und weil man alle möglichen dimensionen ausschöpfen will wird man genau das nach den jahren hin schaffen stell dir doch mal vor wenn man dir von anfang an alle türen der musik öffnet da wirst du dich kaum zurecht finden
erst wird den kindern alles mögliche präsentiert und immer weiter gearbeitet
 
Die Realität besteht jedoch nicht nur aus Diatonik, da gibt es ganz viel anderes. Gerade auch wenn Du von der "Welt" sprichst, denn die Diatonik stammt ja vornehmlich aus unserem Kulturkreis (nur eine Insel gegenüber der Welt). Und das [andere] sollte man doch nicht einfach totschweigen, gerade im Unterricht.

1. IMHO interpretierst du zu weitgehend: Daß die Realität nur aus Diatonik bestehen würde, hat niemand behauptet, von daher ist "da gibt es ganz viel anderes" unbestritten richtig. Das ist aber eine Polarisierung und daher nicht sonderlich aussagekräftig, denn wir sind uns doch sicher einig, daß die Realität aus Grautönen statt nur aus Schwarz und Weiß besteht. Wie diese Zwischenstufen aussehen und wie man gewichtet: das ist doch die entscheidende Frage. Aber nicht, daß einseitige Extreme schlecht wären.

2. Die Diatonik entstammt unserem Kulturkreis, d'accord. Aber die westliche Kunst- und vor allem Popularmusik dominiert über ganz viele andere Musikkulturen: überall in Asien und Afrika werden Charttitel mit europäischer Harmonik produziert und gehört. Natürlich gibt es die traditionellen Musiken nach wie vor, aber aus sicher nicht zuletzt kommerziellen Gründen dominiert die Harmonik der westlichen Popmusik durch die Medien weltweit die Hörgewohnheiten. Das ist nicht unbedingt gut, aber daher halte ich den Begriff der Insel für unpassend. Er spiegelt nicht die faktische Gewichtung der Diatonik wieder, sondern evtl. nur deine gewünschte.

Meiner Meinung nach sollte elementarer Bestandteil jeden Musikunterrichts das kennen lernen (und Verständnis-entwickeln für) möglichst vieler Musikrichtungen sein, inkl. der Musik anderer Kulturen. Man muss ja nicht gegenüber dieser so genannten "Realität" aufgeben, man kann es auch etwas besser machen ;)

Das Kennenlernen anderer Musikkulturen ist ein wichtiger Bestandteil der schulischen Musiklehrpläne seit Jahrzehnten. Und niemand hat davon gesprochen, angesichts der weiten Verbreitung der Diatonik andere Tonordnungssysteme aufzugeben. Auch hier gilt doch: es geht doch nicht um Extrempositionen ("etwas aufgeben"), sondern um den konstruktiven Mittelweg. Da würde ich von dir gerne eine Idee hören, wie Schüler dazu gebracht werden können, vielleicht nicht unbedingt sofort diatonisch zu denken.

Harald
 
... wie Schüler dazu gebracht werden können, vielleicht nicht unbedingt sofort diatonisch zu denken.

Naja, möglicherweise ist es ja gar nicht so einfach, den Schüler aus seinem musiksoziologischen Umfeld herauszureißen und alles an Hörerfahrungen, die er bis jetzt in seinem Leben gemacht hat, zu "löschen" ...
Insofern wäre es vielleicht einfacher und zielführender, sich einmal vorerst damit "zufriedenzugeben", sich in der (bei uns) "traditionellen und angestammten" Musikkultur leidlich gut auszukennen, und von DIESEM Level aus dann neue Horizonte in Form anderer Musikkulturen zu erforschen ... statt irgendeine art der musikalischen "Zweisprachigkeit" anzustreben ...

LG, Thomas
 
So, Kollegen, hier im neuen Thread geht's weiter. Wenn es noch Beiträge zum Thema dieses Threads gibt, dann bitte hier, ansonsten bitte dort ;). Der von Klaus111 vorgeschlagene (und durchaus gute) Titel "Aspekte der Tonalität" erinnert mich zwar erschreckend an die "Aspekte der Musikgeschichte", die legendäre Ringvorlesung des MuWi-Professorentripels an der Folkwang für alle Erstsemester, aber das wäre dann eher ein Fall für "Ausbildung und Studium" :D.

Harald
 
HaraldS
  • Gelöscht von HaraldS
  • Grund: ...doppelt...

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