In einem Gitarrenmagazin (GTR oder so) habe ich gelesen, dass ein Gitarrenbauer aus München, Typ mit Weltruf (das ist nicht wertend gemeint) Les Pauls kauft und sie in den Zustand der 50/60er Jahre zurückzuführen, weil sie damals anscheinend besser klangen - das heißt, er bricht ihnen den Hals raus, um ihn wieder mit Knochenleim zu verkleben, entlackt die Teile, sägt die Decke runter oder macht sie dünner, um die alte Optik wieder herzustellen
Ich habe den Bericht in der Gitarre & Bass gelesen und fand' ihn - ehrlich gesagt - ziemlich cool! Die Detailbesessenheit und das handwerkliche Know-How des Gitarrenbauers hat mich schon beeindruckt. Etwas absurd fand ich lediglich, dass die Kunden darauf bestehen, dass er die Modifikationen auf Basis von originalen Gibson-Reissues durchführt, denn nur dann darf "Gibson" auf der Kopfplatte stehen. Das ist schon ein ziemlicher Markenfetischismus.
Na, jedenfalls: Wenn es den Markt dafür gibt, kann man dem Gitarrenbauer nicht vorwerfen, dass er diesen bedient. Ich bin überzeugt, dass es einige Cracks gibt, die beurteilen können, ob so eine extrem gemoddete Gitarre einem alten Original nahe kommt oder nicht.
Gleichwohl gibt es sicher auch Anwälte/Zahnärzte, die kaum 'ne Gitarre halten können, sich damit aber einen Traum erfüllen ... Finde ich auch ok! Die offensichtlich im Überfluss vorhandene Kohle ist doch bei einem kleinen Gitarrenbauer besser aufgehoben als bei der Bank ...
... ich finde es komisch, dass wir alt oder vintage immer gleich mit besser in Verbindung bringen. Ich habe immer das Gefühl, dass neueren Gitarren abgesprochen wird, gut zu klingen.
Na, in diesem Fall geht es ja nicht um das
besser sondern um das
wie. Die Gitarre soll möglichst authentisch aussehen und klingen
wie eine '58er Les Paul - und nicht
besser als irgendeine modernere Konstruktion. Mir erscheint logisch, dass man das am besten erreicht, in dem man möglichst die gleichen Materialien und Fertigungstechniken anwendet, wie bei den Originalen in den 50ern.
Wenn ich eine möglicht flexible, einfachst zu bespielende, stimmstabile Gitarre suche, nehme ich am besten eine moderne Stratvariante mit HSS-Bestückung, FR, 24 Jumbo-Bünden usw. So eine Gitarre ist auch ergonomischer und leichter als eine Les Paul. Hat also objektiv nur Vorteile. Wer das "Mojo" oder "Voodoo" alter Les Pauls sucht, den wird so eine Gitarre kaum glücklich machen.
Man kann es mit "Voodoo" sicher übertreiben, keine Frage. Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass "Musik machen" nichts "objektives", "rationelles" ist, sondern viel mit Emotion, Inspiration usw. zu tun hat. Sonst müssten wir alle unsere Klampfen wegschmeißen, uns Keyboards besorgen und bzgl. des Songwritings Dieter Bohlen nacheifern ...
Vielleicht zahlt EBMM den Künstlern mehr und sichert denen sonst noch irgendwelche Gimmicks zu, die sie bei den Großen wie Ibanez und co. nicht bekommen. Denn mal im Ernst, ich glaub kaum, dass Petrucci gewechselt ist, weil der Ibanez Custom Shop zu unfähig war, ihm eine Gitarre auf den Leib zu schneidern.
Da kann es so viele Gründe geben, die wir nicht kennen ...
Vielleicht hat es P. einfach gern ein wenig individueller, MM-Gitarren trifft man ja deutlich seltener an als Ibanez-Klampfen ... Zudem ist der bei MM neben Morse und Lukather eigentlich DER Endorser, welche Unmengen prominenter Ibanez-User gibt es im Vergleich dazu? Diese Form der Exklusivität mag ihm schmeicheln und ein Grund sein ... Vielleicht ist es auch ganz banal der menschliche Faktor und er findet seine Ansprechpartner bei MM sympathischer? Nicht zuletzt: Der Custom-Shop von Ibanez baut sicher qualitativ über alle Zweifel erhabene Gitarren - aber vielleicht gefällt ihm die Form der MM-Gitarren einfach besser?
Grundsätzlich teile ich jedoch die Einschätzung, dass man Endorsements mit Vorsicht genießen und nicht überbewerten sollte. Für viele "Pros" ist einfach das Thema "Verfügbarkeit" extrem wichtig, dafür verzichten viele gerne auf die letzten paar Prozent an (Sound-)Qualität. Und auch unter den "Pros" sind nicht alles Equipment-Freaks, die alles und jeden kennen und bewerten können!