Kleiner Vorschlag: Wie wäre es ganze Modelle inkl. ihrer Besonderheiten/Details welche für die Authentizität sprechen zu Beschreiben und inkl. Bildern zu posten um damit dem geneigten Leser Informationen bereit zu stellen? Ich finde z.B. die Posts bzgl. der Lollipop-Tuner sehr aufschlussreich.
Gute Idee! Statt zu behaupten dieses oder jenes Ebay-Angebot ist nicht original kann man schreiben so sieht mein vergammelter Fender aus möge jeder selbst vergleichen. Ich fange mal an mit einer Beschreibung meines
Fender Jazz Bass Bj. 1974
Eines vorweg:
Alle Angaben bzgl. Jahreszahlen und Eigenheiten der Hardware der 70er Jahre sind ohne Gewähr! Ich gebe hier nur meine Beobachtungen wieder, die ich im Laufe der Zeit gesammelt habe! Dazu habe ich Angebote bzw. Bilder auf Ebay, Talkbass und Gbase.com mit meinen Bässen verglichen. Einige echte alte Fenderbässe habe ich auch schon in der Hand gehabt, die waren aber vornehmlich aus den 60ern.
Wie bereits erwähnt, habe ich den Bass von Privat gekauft und kenne den Verkäufer persönlich. Ausgiebiges Anspielen bei Proben und Gigs war also kein Problem.
Leider hatte der Bass nicht mehr das originale
Pickguard, als ich ihn gekauft habe. Auf einen 74er Sunburst gehört eigentlich ein schwarzes. Das PG auf meinem Exemplar war ein rotes Tortoise, aber kein Celluloid, sondern Plastik, und es war auch nicht druchgefärbt, sondern nur bedruckt. Zudem war es wellig und an einer Stelle gebrochen. Das passiert bei echten Celluloid-PGs aber auch oft, da das Material über die Jahre schrumpft, wodurch oft Risse an den Schraublöchern entstehen, oder auch ganze Ecken abbrechen bzw. -reißen.
Hier ein Bild mit allen Anbauteilen. (Für größere Darstellung Bild anklicken!)
Man beachte, dass der
Thumb Rest dunkelbraun ist! Die heute als Ersatzteil erhältlichen sind schwarz.
Ich habe mir die Freiheit genommen, ein neues, geagetes Celluliod-PG von Montreux draufzuschrauben. Das Schraubenlochpattern passt nicht 100% (ein weiteres Erkennungsmerkmal für die Authentizität), weil das Montreux-PG nach 60er-Specs gefertigt wurde. Anfang der 70er wanderte der "Tug Bar" von der Position unterhalb der G-Saite auf die neue Position über der E-Saite und wurde somit zum "Thumb Rest". Dadurch befinden sich auch die Schrauben an der Oberkante des PG an anderen Stellen als bei 60s Bässen oder zeitgenössischen Modellen (mit Ausnahme der 70s Reissues, natürlich).
Ansonsten ist an dem Bass aber alles original.
Das
Palisandergriffbrett mit weißem Binding und Perlmutt(imitat)-Inlays wurde (correct me if I'm wrong!) 1966 eingeführt. Anfang der 70er kam das Ahorngriffbrett (bzw. der eintielige Ahornhals) mit schwarzem Binding und schwarzen Blocks hinzu. (Ein paar Jahre später hatte dann auch das Ahrongriffbrett weißes Binding und Perloid-Blocks.)
Die
4-Punkt-Verschraubung wurde bei Jazz Bässen bis 1975 verwendet. Im laufe dieses Jahres wurde auf 3-Punkt "Micro Tilt" Verschraubung umgestellt. (Übrigens gab es Precisions zu keiner Zeit mit 3-Punkt-Verschraubung!)
Die
Seriennummer, die bis 1976 auf der Halsplatte zu finden ist, deutet laut
Fender-HP auf den Zeitraum 1973-1976 hin. Leider gibt es in der ersten Hälfte der 70er starke Überlappungen, da die Seriennummern nicht unbedingt aufsteigend vergeben wurden.
Weitere wichtige Hinweise auf das Herstellungsjahr sind die
Potis und die
Tonabnehmer. Mein J hat CTS-Potis, die eine eingeprägte Nummer haben, die sich aus dem Herstellercode (137 = CTS), dem Jahr und der Kalenderwoche zusammensetzt. Die Potis in meinem Bass stammen alle drei aus KW 33 im Jahre 1974.
Die Tonabnehmer tragen oft Datumsstempel auf der Unterseite. Auch hier findet man Auskunft über die Kalenderwoche 33 und das Jahr 74. Was die 18 bedeutet, weiß ich nicht. Vorschläge?
Bei meinem Bass sind die Pickupstempel glücklicherweise sehr gut lesbar, was nicht bei allen Exemplaren der Fall ist. Sie können unleserlich sein oder ganz fehlen.
Stichtwort "fehlen": bei meinem Bass fehlt ein Datumsstempel am Halsfuß. Das ist nichts besonderes, aber schade ist es schon. Was aber vorhanden ist, ist der Name des Angestellten, der den Hals gemacht hat. "J. Torres" hat in den 70ern viele Hälse mit seinem Stempel versehen.
Auch in der Halstasche und/oder der Pickupfräsung findet sich bei vielen Bässen ein (handgeschriebenes) Datum. Nicht so bei meinem. Aber in der Halstasche ist ein handgeschriebenes Kürzel, das ich nicht interpretieren kann, das ich aber schon bei anderen Bässen aus dieser Zeit gesehen habe. Ist es eine Zahl? Ein Buchstabe? Es passt jedenfalls zu den Hieroglyphen am Halsfuß...
Sehr aufschlussreich ist auch das andere Ende des Halses, im Volksmund
Kopfplatte genannt. Bis 1975/Anfang 76 wurde das sog.
TV-Logo verwendet: große, von weitem lesbare Schrift mit Seriphen für den Modellnamen. Ab 1976 wurde die Schrift kleiner und war nicht mehr so verschnörkelt, gleichzeitig wanderte die Seriennummer auf die Kopfplatte und folge dem neuen System mit dem Buchstaben am Anfang, der das Jahrzehnt markiert (S = 197x).
Eine weitere Änderung, die 1976 stattfand, war der Zugang zum
Halsstab (Truss Rod). Die Einstellschraube wurde vom Halsfuß an die Kopfplatte verlegt und erhielt die sog. Bullett Nut (die Form der Schaube erinnert an eine Gewehrkugel).
Auch die
Patentnummern unter dem Logo geben Aufschluss über das Baujahr und die Echtheit, aber da kenne ich mich nicht so gut aus, da kann ich also nicht in Detail gehen. Moulin hat sicher einen Link zu dem Thema parat, oder?
Auch die
Mechaniken wurden Mitte der 70er geändert. Bis einschließlich 1974 war die Grundplatte noch an den Kanten leicht gerundet, ab 1975/76 war sie dann noch etwas größer und streng trapezförmig (vgl. die
Mechaniken an meinem 75er Preci). Es handelt sich in beiden Fällen aber um "rechtsdrehende" Mechaniken, im Gegensatz zu den "Reverse" Mechaniken der 50er und frühen 60er.
Aber auch hier kann man, wie bei der restlichen Hardware, keine klare zeitliche Grenze ziehen. In der Übergangsphase wurde alte und neue Hardware parallel verwendet.
Der Vollständigkeit halber sei noch die
Bridge erwähnt. Auch die unterscheidet sich in den 70ern von der der 60er. Die Gewindestangen als Saitenauflagen wurden duch etwas dickere, aus Stahl gedrehte Saitenreiter ersetzt, die nur noch eine einzelne Nut besitzen. Das Bild zeigt die Bridge meine Preci, die mit der des Jazz exakt baugleich ist.
Übrigens hat mein Jazz Bass eine Krankheit, die bei alten Fenderbässen nicht selten vorkommt: das sogenannte
Ski-Jump Syndrom, also die Sprungschanze. Das heißt, der Hals bzw. das Griffbrett krümmt sich am unteren Ende so ca. ab dem 14. Bund ganz leicht nach oben. Das macht sich dadurch bemerkbar, dass bei sehr niedrig eingestellter Saitenlage ein deutlicher Fretbuzz beim Spielen zwischen dem 12. und 17. Bund entsteht. So etwas lässt sich zwar beheben, aber es ist recht aufwändig. Da muss man mit Dampf und Druck arbeiten. Ich persönlich sehe bei meinem Jazzbass aber keinen akuten Handlungsbedarf, da sich die Schanze bei meinen präferierten Halseinstellungen bzgl Krümmung und Saitenlage kaum bis gar nicht bemerkbar macht. Das heißt konkret: Halskrümmung: 0.5 mm Luft über dem 8. Bund, Saitenlage knapp 3 mm (letzter Bund) bei der E-Saite, 2.5 mm bei den anderen Saiten.
Ich habe für den Bass 2050 Euro bezahlt. Wäre der originale Koffer dabei gewesen, hätte ich wohl noch etwas mehr auf die Theke legen müssen. Der Sound und die Aura des Basses rechtfertigen die Kosten für mich. Der Bass klingt super!
So weit erstmal zum 74er Jass Bass. Eine Beschreibung meines 75er Precision mache ich bei Gelegenheit auch noch. Die wird vielleicht nicht ganz so ausführlich
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Nachtrag:
Den Tonabnehmerabstand habe ich vergessen! Der ist bei meinem Jazz 10 cm, typisch für die 70er. In den 60ern war er 9 cm. Der Stegpickup wurde aus rein optischen Gründen versetzt, damit er vollständig vom Bridge Cover verdeckt wird. Aber die geänderte Position hat natürlich auch klangliche Auswirkungen. Der Stegtonabnehmer klingt noch knackiger und weniger warm als in der 60er-Position.