Überanspannung und Konzentrationsverlust erkennen

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morino47
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Hallo zusammen,

angeregt durch einen Gedanken von @Bernnt in einem Nachbarfaden möchte ich hier die Frage aufwerfen, wie man die geistige Anspannung, die geistige Verspannung und den Konzentrationsverlust beim täglichen Spiel erkennen kann. Überanspannung und Konzentrationsverlust ist bestimmt eine Ursache für Suboptimalität und Fehler beim Spiel ebenso wie für mangelnde Effektivität beim Üben. Und das will sicher jeder vermeiden.

Eine darauf aufbauende Frage wäre dann, wie man mit Überanspannung und Konzentrationsverlust umgehen oder sie gar vermeiden kann. Aber das wäre für mich erst die nächste Frage. Zunächst geht es mir lediglich um das Erkennen solcher Situationen.

Dass während längeren Spiels eine gewisse auch geistige Ermüdung eintritt, ist klar. Aber ist das schon "Über"-anspannung oder Konzentrations-"verlust"? Vielleicht hilft eine greifbare Abgrenzung zwischen Ermüdung einerseits und Überanspannung und Konzentrationsverlust andererseits. In meinem Berufsleben als Kopfarbeiter (nein - nicht als Musiker) gilt, dass selbst gut geübte, junge und gesunde Menschen nicht mehr als 6 Stunden am Tag hochkonzentriert geistig produktiv sein können. Wenn ich heute am Akkordeon sitze, dann merke ich, dass je nach Tagesform nach +/- 2 Stunden immer weniger geht. Das Spiel aus dem Rückenmark - sprich eingeübte Bewegungsmuster - klappt immer weniger, Fehler und Ausdrucksschwächen häufen sich. Ist das schon Überanspannung und Konzentrationsverlust? Oder war das schon vorher?

Es geht mir ausdrücklich nicht um körperliche Befindlichkeiten. Ferner ist auch klar, dass es deutliche individuelle Unterschiede gibt, wann der Zustand der Überanspannung und des Konzentrationsverlustes eintritt.

Wie schaffen es dem Erzählen nach manche Profis oder solche, die es werden wollen, in Hochzeiten (Wortsinn beachten!) jahrelang bis zu 8 oder 10 Stunden täglich vor bzw. hinter ihrem Instrument sitzen?

Um es zu betonen, es geht mir hier nicht um Anspannung und Konzentrationsverlust bei Vorspielen oder Auftritt - dafür gibt es bereits einen Faden (außerhalb des Akkordeonforums) - , sondern es geht mir um das täglichen Spielen und Üben.

Ich bin neugierig, was zu diesem Thema zusammenkommt.

Viele akkordeonistische Grüße

morino47
 
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Ich bin zwar kein Akkordeonspieler, sondern Gitarrist und Sänger (Busking), aber ich spiele schon manchmal auch sehr lange.
Mir fällt auf das ich in solchen überlangen Performances (am Ende so nach 4-6 Stunden) fast nur noch Songs spiele (und singe) die mir selbst "in Fleisch undBlut" übergegangen sind. Für die brauch ich wenig Konzentration oder sonst eine Form von Anspannung.
Sowohl die Gesangsmelodie als auch die Akkorde sind da so in mir drin, dass ich eigentlich überhaupt nicht Nachdenke was ich da tue. Das sind dann fast nur mehr die "Selbstläufer".

Die wenigen Lieder die ich dann spiele welche ich nicht "im Schlaf" kann erfordern dann natürlich nur kurzzeitig etwas mehr Konzentration und das bringe ich auch nach 6 Stunden noch locker.

Das sind halt Liveauftritte und keine Übungssessions aber ich denke das macht wenig Unterschied was die Konzentration anbelangt. Die muss ja da wie dort stimmen.
 
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Hallo, ist mit solch einer langen Übezeit "am Stück" gemeint, oder mit Pausen?
Bei mir ist es so, dass ich durchaus mal Sessions über 2 Stunden hinaus durchziehe. In dem Moment fühle ich mich oft erst richtig warmgespielt, so dass ich dann meistens an Sachen rangehe, von denen ich weiß, dass ich normalerweise nicht kann. In diesem Zustand gelingt dann weit mehr als ohne diese lange Vorlaufzeit.
Dann kommt der Moment, wo es kippt.
Ich führe das aber weniger auf Überlastung oder Konzentrationsverschleiß zurück, sondern darauf, dass der Körper Nahrung (Essen/ Trinken) verlangt. Auch wenn ich sonst im Flow bin, ist das dann der richtige Moment aufzuhören.
Anders geschieht es, wenn es etwas bestimmtes quasi als Pflicht zu üben gibt. Dann arbeite ich in gewählten Abschnitten mit kleinen Pausen dazwischen. (Weil ich sonst abschweifen würde ...) Dann fühle ich mich jedoch auch nicht so sehr im Flow und höre nach allerspätestens 2 Stunden auf, weil dann- ich will mal sagen - die Überwindung nachlässt. Hier muss ich auch sagen, dass dann tatsächlich auch keine Konzentration und auch Lust da ist, weiter zu machen.
Bei mir ists also eher davon abhängig, ob ich rein aus Freude spiele oder ob es sich im Beigeschmack wie Arbeit anfühlt. Entsprechend verhält es sich mit Erschöpfung, Überlastung.

PS: Die letzte Zeit ist der Hauptgrund, das Üben zu beenden Folgendes: "Essen ist fertig. Kommst du?" :D Tja ....
 
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"Essen ist fertig. Kommst du?"

Das kenne ich. Meistens dann, wenn ich gerade meine, dass es schön läuft und ich noch weitermachen müsste.

Du hast 2 neue Stichwörter genannt: Überwindung und Lust. Wie wirken sich diese auf Anspannung und Konzentration aus? Welche Erfahrung gibt es dazu?
 
Guten Abend,

wie man die geistige Anspannung, die geistige Verspannung und den Konzentrationsverlust beim täglichen Spiel erkennen kann


ich kenne das eher aus den Fällen (Zeitperioden), wo ich jeden Tag Orgel (Gottesdienste) spielen musste - und deshalb auch vorher üben musste. Als Laie (Musikant) muss ich darauf hinweisen, dass es nie lange gedauert hat und es z.B. bei der Vertretung von Musikerkollegen geschehen. Ich spielte wie eine “Maschine“ – gedankenlos. Keine Gefühle, keine Emotionen. Überwindung war immer notwendig, damit sich die Motorik meines Körpers und die Kognition meines Gehirns an den Ablauf des Werks/Lieds “erinnerten“ (Beim “Scharf-Spielen“ in der Kirche).

Herzliche Grüße, Vladimir
 
Eine darauf aufbauende Frage wäre dann, wie man mit Überanspannung und Konzentrationsverlust umgehen oder sie gar vermeiden kann. Aber das wäre für mich erst die nächste Frage. Zunächst geht es mir lediglich um das Erkennen solcher Situationen.
Ich denke es kommt darauf an. Der Profi der seit Jahren musiziert wird es selbst wohl am besten erkennen wenn das was er macht plötzlich nicht mehr gut klingt, oder sehr fehleranfällig wird. Dann hilft eigentlich nur eine Pause. Wobei ich selbst kenne diesen Konzentrationsverlust nur vom Üben. Wenn ich etwas lerne, dann ist irgendwann die Luft raus. Das merke ich dann wenn die einfachsten Dinge plötzlich sehr kompliziert werden und der Kopf aussteigt. Bei normalen Musizieren wo ich das spiele was ich sicher kann, da habe ich das Problem noch nicht gehabt. Ich habe da auch schon an einem Tag mit schlechten Wetter mal einen gesamten Band des Choralbuchs mit rund 350 Chorälen von der ersten bis zur letzten Seite in guten sechs Stunden durchgespielt. Aber das ist ja eher alles etwas, dass ohne viel Mühe geht weil ich das hunderte Male gemacht habe. Bei anstrengenden Dingen wie Messen oder Konzerte, da wo ich eben richtig gefordert werde, da merke ich dann nach der Stunde die es in der Regel läuft dass ich durch bin. Müde, Schlapp und ohne Antrieb. Also perfekter Zustand für ein gemeinsames Glas Bier beim Essen.

Anders ist es meiner Erfahrung nach bei Neulingen. Am Anfang wenn neue Schüler kommen, dann sind diese nach 30 Minuten durch. Die haben oft nicht die Fähigkeit längere Zeit ihren Fokus auf eine Sache zu richten und müssen das erst lernen. Die merken auch selbst nicht wenn sie einfach durch sind. Dann klappt es nicht und es geht eher in die Richtung "Ich kann das einfach nicht" mit dem Resultat von Frust.
 
Wie schaffen es dem Erzählen nach manche Profis oder solche, die es werden wollen, in Hochzeiten (Wortsinn beachten!) jahrelang bis zu 8 oder 10 Stunden täglich vor bzw. hinter ihrem Instrument sitzen?
Der "Übungstag" hat verschiedene Aspekte - mal "mechanisches" Üben (das auch gerade ohne besondere Konzentration laufen muss), mal konzentriertes Proben an einem neuen Stück, mal das Lesen eines Stückes ohne manuelles Spielen. Da kann man gut zwischendurch zwischen den Belastungen wechseln.
 
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Wie schaffen es dem Erzählen nach manche Profis oder solche, die es werden wollen, in Hochzeiten (Wortsinn beachten!) jahrelang bis zu 8 oder 10 Stunden täglich vor bzw. hinter ihrem Instrument sitzen?

Wie du schon selbst feststellst: Nur dem Erzählen nach in einer meist weit zurückliegenden Vergangenheit. Da ist schlicht viel Nostalgie und Übertreibung dabei. Einige meiner Gitarrenhelden haben anscheinend in ihrer Jugend entweder durchgehend die Schule geschwänzt, keinerlei soziale Interaktion gehabt oder maximal vier Stunden geschlafen. Zumindest wenn man die Angaben zum Übepensum für bare Münze nimmt.
Sehr viele Instrumente kann man auch gar nicht täglich ohne Pause so lange spielen, ohne dass es mittel- bis langfristig zu körperlichen Schäden durch einseitige Fehlhaltungen kommt. Der Saxophonist Jerry Bergonzi meinte auch mal, dass er unter anderem deshalb noch "nebenbei" Drums und Piano spielt.

Ich merke selbst recht schnell, wenn es Zeit ist, Pause zu machen oder das Instrument für den Tag erstmal stehen zu lassen. Der Hinwes schlechthin ist wie du auch schreibst natürlich, wenn ich Fehler mache, die mir eigentlich längst nicht mehr passieren sollten. Das und dass sich mein Gehör verändert: Mittendrin klingt auf einmal alles dumpf, quäkig oder schrill. Bevor ich am Verstärker nachjustiere oder die Saiten wechsle, lasse ich es erstmal sein und genieße die Stille, die mein Gehirn wohl gerade braucht.
Oft hilft es, nach ein paar Lockerungsübungen und einer Tasse Tee (Gyokuro - es gibt kaum etwas Besseres für mich 🍵) etwas anderes anzugehen. Also z.B. nach dem Konzentrationsverlust beim Blattspiel dann Rhythmik oder neue Voicings über einen Standard üben. Es gibt ja immer genug andere Baustellen als das, woran man sich eben die Zähne ausgebissen hat. Das eigentliche Verarbeiten des Gelernten findet eh in den Ruhezeiten statt, da bringt die Brechstange herzlich wenig. Meistens klappt genau das vorläufig "Unmögliche" dann am nächsten Tag gleich viel besser.
 
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Wie schaffen es dem Erzählen nach manche Profis oder solche, die es werden wollen, in Hochzeiten (Wortsinn beachten!) jahrelang bis zu 8 oder 10 Stunden täglich vor bzw. hinter ihrem Instrument sitzen?

Indem sie verschiedenste Sachen an und mit dem Instrument spielen und üben. Technische Etüden, Gehörbildung, Harmonielehre, Repertoireerweiterung, Repertoiresicherung, Komposition, Analyse, Unterricht nehmen, Unterricht geben, Proben mit anderen Musikern. Das sind schon 10 Möglichkeiten, mit denen man locker 8-10 Stunden füllen kann.

Genauso wichtig sind allerdings alle Tätigkeiten ohne Instrument in der Hand: Proben organisieren, Kommunikation mit Veranstaltern, Netzwerken, Arrangieren, Tontechnik anschaffen und beherrschen lernen, Software anschaffen und beherrschen lernen, Trends und gesellschaftliche Entwicklungen wahrnehmen und mitverfolgen, Kommunikation mit Agenturen oder Publikum (z.B. Fans), Social Media, Selbstoptimierung und dabei trotzdem die eigene Gesundheit pflegen. Nochmal um die 10 tagesfüllende Tätigkeiten.

Bei jedem ernstzunehmenden Profi finden sich die meisten dieser ~20 Tätigkeiten jeden Tag irgendwie, irgendwo und irgendwann wieder. Jeder hat seine Stärken und vernachlässigt andere Punkte vielleicht, oder übertreibt bei den 8-10 Stunden am Instrument. Aber wer Profi sein und bleiben will, kann 8-10 Stunden am Tag locker sinnvoll füllen.
 
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Aber wer Profi sein und bleiben will, kann 8-10 Stunden am Tag locker sinnvoll füllen.
Aber sicher! Und mit der von dir beschriebenen Tätigkeitsvielfalt wird sich der Profi aller Wahrscheinlichkeit nach nicht so bald überlasten, sondern an und mit seiner Profession wachsen. Aber auch dazu gehört eine gute und sensible Selbsteinschätzung, denn wer sich übernimmt - egal wie und auf welchem Gebiet - wird sich über kurz oder lang auspowern.

Ich verstehe die Ausgangsfrage, welcher Profi "8-10 Stunden jahrelang täglich vor bzw. hinter seinem Instrument" zu sitzen vermag aber eher in die Richtung des konkreten Übens am Instrument über diese Zeiträume.
Wer will, möge gerne mal probieren, täglich eine mehr oder weniger motorisch repetitive und bewusste, willkürliche Tätigkeit (denn Üben und Spielen am Instrument geschieht so gut wie gänzlich mit mehr oder weniger repetitiven, willkürlichen, konkreten Bewegungen) über 8-10 Stunden auszuführen. Ich bezweifle stark, dass das jahrelang gut gehen wird. Geschichten dieser Art darf man getrost als "Legende" abtun. Denn selbst bei idealem Bewegungsablauf gänzlich ohne Ver- und Überspannungen wird jedes Gewebe irgendwann ermüden. Diese Ermüdung wird keineswegs jahrelang auf sich warten lassen, wahrscheinlich nicht mal tagelang, noch wahrscheinlicher erst nach als 8-10 Stunden. Bei Bläsern liegt dieses Limit noch viel früher (Lippen/Ansatz!).

Das schließt nicht aus, dass es Tage geben mag, an denen man 8-10 Stunden sein Instrument bedient. Aber das geht definitiv auch bei größter Motivation nicht ohne Pausen, und es wird auch ganz sicher nicht aus 8-10 Stunden echtem Üben bestehen. Denn Üben ist vorwiegend eine sehr intensive, hochkonzentrierte Arbeit, die den Körper intensiv fordert. Damit meine ich nicht nur die Muskeln und Gewebe, die spätestens nach Überschreiten der Müdigkeitsgrenze Gefahr laufen, geschädigt zu werden, sondern auch das Gehirn. Denn dieses verbraucht bei reger Inanspruchnahme besonders viel Energie und Sauerstoff. Ab einer gewissen Schwelle ermüdet es auch schnell und es fällt immer schwerer bis unmöglich, sich zu konzentrieren.

Es gilt daher, eine gute Sensibilität für seinen Körper und sein Befinden zu entwickeln. Eine Sensibilität, die sich bewusst ist, was das gute Körpergefühl ist, und die fein die Grenze spürt, ab der das gute Gefühl verloren zu gehen droht - ohne dabei in ein Mimosen-haftes Überreagieren abzugleiten, bei dem man sich womöglich in seinen Möglichkeiten klein macht und unnötig einschränkt. (Dieses "feine und ausgewogene Körpergefühl" ist nebenbei erwähnt eines der zentralen Anliegen des Fachs "Dispokinesis für Musiker (nach G.O. van de Klashorst) von dem ich hier im Forum gelegentlich schon geschrieben habe.)

Da der Mensch keine Maschine ist, kann man nicht seriös irgendwelche definierten zeitlichen Grenzen angeben für das Üben und Spielen. Diese Grenzen werden nicht nur individuell verschieden sein, sondern bei jedem selber immer wieder täglich mehr oder weniger schwanken. Auch abhängig vom allgemeinen Empfinden, das ja auch nicht konstant ist. Es wird Tage geben, wo das Musizieren in der Art eines "Flows" wie von selber geht, die Zeit nicht wahrgenommen wird und Stunden über Stunden ins Land gehen ohne nennenswerte Ermüdung (aber auch da wird irgendwann Schluss sein)
Aber es wird auch Tage geben, wo es einem nicht gelingt, ins Üben hinein zu kommen. Da kann und darf man gerne nach einigen Minuten entscheiden, dass es heute nichts wird und das Üben für den Tag einstellen. (Eine gute) Routine kann hier aber einiges wett machen und kann bei Bedarf auch Reserven mobilisieren, und ein Profi hat sich um diese gute Routine zu bemühen (in diesem Zusammenhang kommt der spannkräftigen, disponierten Form von Körper und Geist eine zentrale Rolle zu - ebenfalls ein zentrales Anliegen der "Dispokinesis").

Van de Klashorst hat immer wieder betont, dass das Üben vom Spielen zu unterscheiden sei. Im Gegensatz zum Üben, bei dem vorwiegend Neues erarbeitet wird, bedeutet das Spielen in diesem Sinne mehr z.B. das Pflegen und Auffrischen des Repertoires, ggf. das Improvisieren, in jedem Fall das freie Spiel von etwas, was einem leicht von der Hand geht, weil man es etwa schon gut kann oder einfach, weil es mit einem ganz freien Gefühl geschieht.
Dieses "Spielen" ist faktisch weniger anstrengend und ermüdend und kann normalerweise über einen längeren Zeitraum mit gutem Gefühl und ohne Ermüdung praktiziert werden.
Aber eine Grenze wird auch dieses Spielen erreichen, sie wird nur weiter weg liegen als beim "Üben". Wie gesagt, der Körper ist keine Maschine, wir sind gehalten, ihn gut zu behandeln und sein Grenzen nicht zu überschreiten.

Und noch etwas: Das gute Bewegen wirkt positiv und stimulierend auf den Körper und die Gewebe. Wer in einer guten, disponierten Form spielt und übt, möglichst frei von Verspannungen und Überspannungen, wird seinem Körper keinen Schaden antun. Dann wird nur die Ermüdung die Grenze setzen, die dann aber zu respektieren ist.
 
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Zum "Erkennen" habe ich bis jetzt folgende Punkte verstanden:

- Anstieg der Fehlerhäufigkeit bei geläufigen Stücken
- Veränderung des eigenen Klangempfindens in Richtung schal oder quäkig
- Achtsamkeit hinsichtlich des ausgewogenen Körpergefühls
- Indisponiertheit erkennen
- Ermüdung akzeptieren


Zum "Vermeiden":

- Beanspruchungswechsel
- Pause
- Lockerungsübungen mental und auch körperlich
- Bewegen beim Spiel/ beim Üben
- Abbruch bei Indisponiertheit oder Ermüdung

Was können wir noch zusammentragen?
 
Bei mir, als noch Anfänger, ich spiele und über Akkordeon seit vielleicht 1,5 Jahren,
merke ich ein nerviges Gefühl im Bauch.
Wenn ich dann auf ein Stück umschwenke welches ich schon besser kann, klappt auch dieses nicht mehr gut.
Dann muss ich eine Pause machen.
Nach 1-3 Stunden übe ich dann erneut.
Mittlerweile ist meine Tochter im Kindergarten und dann kann ich nach 19;00 nicht mehr üben 🤨
Dazu kommt der Schichtdienst. Manchmal komme ich dann 3-4 Tage lang garnicht zum üben. Und schwundiwub habe ich dann nur noch einen Tag vor dem nächsten Akkordeonunterricht Zeit um meine Hausaufgaben zu machen. Dann geht auch nicht viel weil man unter Druck gerät.
Auch Druck kann ein Demotiwator sein und auch die Lernleistung enorm verschlechtern.
 
@LoboMix ,
Hast Du ein paar Links für mich?

Schade, dass ich im Moment 11 Stunden am Instrument hänge, sonst hätte ich Zeit etwas zu schreiben.😁

Nur so viel, mir ist es als Student tatsächlich gelungen, an freien Tagen von früh um 9 bis 23.00 Uhr mit etwa 60 Minuten Spiel und 60 Minuten Pausen zu verbringen.
Nicht jeden Tag, aber vielleicht 2-3 × in der Woche. Mit entsprechenden Fortschritten und Schäden.

Inzwischen sind es höchstens 20 Minuten Einheiten und nur sporadisch am Tag.
Durchschnittlich eher so 5 Minuten.

Ich kann aktuell keine Konzentrationsschwächen durch Überanspannung feststellen, eher körperlich.

Ich denke Konzentrationsverlust erkennt man sofort, wenn die gerade geübte steile Erfolgsquote beim üben wieder schlechter wird.
Das dürfte nicht schwer fallen.

Überanspannung... klingt körperlich, Du meinst aber geistig, was wohl eine zu große Erwartungshaltung meint?
 
Hast Du ein paar Links für mich?
Hier ein kurzer Text über Dispokinesis, den ein Freund und Kollege verfasst hat: http://www.omm.de/feuilleton/dispokinesis.html
Einen längeren Artikel von mir aus dem Jahr 2007 habe ich als PDF angehängt.
Hier noch ein Link zu einer aktuellen Broschüre, die aber nur gegen eine Schutzgebühr von 5,- € zu erwerben ist: https://dispokinesis-ausbildung.de/broschuere.php
Schade, dass ich im Moment 11 Stunden am Instrument hänge ...
Nicht, dass du mir vor Müdigkeit vom Stuhl fällst :stars::sleep: ...
Ich denke Konzentrationsverlust erkennt man sofort, wenn die gerade geübte steile Erfolgsquote beim üben wieder schlechter wird.
Das dürfte nicht schwer fallen.
So ist es, bzw. so sollte es sein. Mit ein wenig Aufmerksamkeit und gutem Gespür für das eigene Befinden merkt das eigentlich jeder. Viele verdrängen aber ihre Empfindungen oder nehmen sie nicht ernst.
Überanspannung... klingt körperlich, Du meinst aber geistig, was wohl eine zu große Erwartungshaltung meint?
Körper und Geist lassen sich ja nicht wirklich trennen. Die mehr philosophische Trennung von Körper und Geist ist ein mehr oder weniger künstliches Konstrukt und gilt auf der physiologischen Ebene praktisch nicht.
Gerade Ermüdung stößt viele Prozesse auf der vegetativen Ebene an und lässt sich nur schwer und je mehr man müde wird irgendwann gar nicht mehr bewusst beeinflussen. Das Gehirn ermüdet in der Regel schneller als die Muskeln, weil es extrem viel Energie/Nährstoffe und vor allem Sauerstoff verbraucht, vor allem bei intensiver Inanspruchnahme wie etwa dem hochkonzentrierten Üben. Dabei gibt es aber auch sich positiv verstärkende gegenläufige Prozesse. Wenn man beim Üben gute Fortschritte bemerkt, dann kann alleine die Freude darüber ausreichend Endorphine ausstoßen, so dass der Ermüdungspunkt dadurch weiter hinaus geschoben wird.
Aber irgendwann ist die Power am Ende, und dann heißt es, besser das Instrument in die Ecke zu stellen, den Koffer zu legen, den Klavierdeckel zuklappen ... denn sonst kann bzw. wird ein weiteres Ankämpfen gegen die Müdigkeit böse Folgen haben.

Jeder kennt das Gefühl, dass einem vor Müdigkeit "der Kopf von den Schultern fallen will". Dann kann der Körper nicht mehr, der Geist sowieso schon lange nicht, und es ist dringend Zeit, ins Bett zu gehen.
Nun tritt dieser Zustand aber nicht plötzlich ein, sondern die Müdigkeit steigert sich normalerweise allmählich. Wer diese Zeichen nicht erkennt oder ignoriert, wird diesem erst nur kleinen Drang des Kopfes, nach vorne zu fallen, sukzessive versuchen, entgegen zu wirken.
Das führt unweigerlich zu einem erhöhten und sich allmählich immer weiter erhöhenden Tonus vor allem der Nackenmuskulatur. Der Kopf wird immer mehr sozusagen künstlich und entgegen dem natürlichen Reflex gehalten. Wer so etwas über längere Zeit zelebriert, der wird irgendwann immer größere Festigkeit in der betroffenen Muskulatur bekommen, schließlich auch Schmerzen. Die Verspannungen bleiben auch selten lokal im Nackenbereich, sondern strahlen meist schon bald in die Schulter- und weiter Armmuskulatur aus. Spätestens dann wird auch die Feinmotorik beeinträchtigt und am Instrument läuft es dann auch immer schlechter.
Wer - vor allem als Bläser - auch noch eingesunken sitzt, dessen Brustraum verkleinert sich und die Atmung wird beeinträchtigt.
Das Erleben von Spiel-Hemmungen motiviert viele dann auch noch, immer mehr zu üben - und ein Teufelskreis beginnt, an dessem Ende am Instrument gar nichts mehr sicher klappen will und nur noch sich Frust anhäuft.

Diese Schilderung mag sich sehr dramatisch und übertrieben anhören, und die meisten werden so klug sein, sich und ihrem Körper doch irgendwann ausreichend Pausen zu gönnen, wodurch sie den Teufelskreis erst mal durchbrechen. Aber nur wer die Ursachen und Zusammenhänge wirklich kennt, kann sich wirksam und dauerhaft vor solchen Teufelskreisen schützen.
Tatsächlich sind mir aus dem Zusammenhang mit meiner Dispokinesis-Tätigkeit, vor allem auch als zeitweiliger Assistent von van de Klashorst und Dozent diverser Kurse und Fortbildungen etliche solcher regelrechten ´Abstürze´ bekannt geworden. Es dauert dann oft Jahre und erfordert eine sehr disziplinierte Arbeit (u.a. mit den Dispokinesis-Übungen und den von van de Klashorst so genannten "Urgestalten von Haltung und Bewegung") um aus diesem Tal wieder heraus zu kommen und seine Spielfähigkeit wieder herzustellen.

Erwartungshaltungen, vor allem zu große Erwartungshaltungen sind per se geeignet, den Körper unter Fehlspannungen zu setzen. Ein realistischer, aber vor allem freundlicher Blick auf sich und das eigene Können bringt da mehr, denn entspanntes Üben ist stets effizienter.
Van de Klashorst hatte in seinem Arbeits-Behandlungszimmer ein Schild mit einem wie ich finde geradezu genialem Spruch hängen:

"Mach es gut ...
(und mit etwas Abstabd eine Zeile darunter)
... aber nicht sehr gut"

Für Musiker, vor allem Profis, die üblicherweise darauf gedrillt werden, einem perfektionistischem Maß nach zu eifern - wobei "perfekt" an sich kein menschliches Maß ist, sondern ein unmenschliches - ein sehr anregender Spruch.
 

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  • Artikel Flötezeitung - Fassung 06-2007 - Dispo-Allgemein.pdf
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Danke Dir, hatte noch nichts davon gehört.
Beim Dr. Altenmüller war ich schon.
Kenne ihn ganz gut.
Am Ende ist es die eigene Disziplin und der Wille, die einem im Weg steht oder auch hilft, wenn man die richtige Einstellung hat.
 
Die Relevanz der Gesundheit Musizierender scheint jetzt auch ein Thema in der Ausbildung an Musikhochschulen zu werden. Ich fand heute diesen Artikel über eine neue diesbezügliche Professur an der Musikhochschule in Lübeck, wobei die Ausbildung der Studenten nicht auf den Umgang mit Lampenfieber beschränkt zu sein scheint.
https://www.ndr.de/nachrichten/schl...Musiker-mit-Lampenfieber,lampenfieber110.html
 
Die Relevanz der Gesundheit Musizierender scheint jetzt auch ein Thema in der Ausbildung an Musikhochschulen zu werden.
Im Grunde war das aber schon immer so. Wobei Gesundheit sich meist auf Physische Gesundheit beschränkte. Also richtige Haltung am Instrument und so weiter. Die Psychische Gesundheit wurde dagegen eher nicht behandelt. Finde ich gut dass man das nun auch einfließen lässt. Natürlich muss jeder Berufsmusiker schauen wie er mit dem ständigen Druck zurechtkommt. Mit dem Laienmusiker kann man das ja nicht vergleichen. Ab dem Punkt wo jemand seinen Lebensunterhalt mit Musizieren verdient, vor allem im hoch professionellen Bereich wie einem Orchester gibt es ja eine Null-Fehlertoleranz. Bevor sich diese Einstellung dem Musiker gegenüber nicht änder, wird man nur verhindern können dass ein Musiker nicht so schnell zum Wrack wird, nicht zu schnell Drogen als Hilfsmittel nutzt oder nicht zu schnell alles hinwirft.

Gegen Lampenfieber hilft nur eine gesunde Einstellung und die Einsicht, dass immer etwas schief gehen wird. Wenn man sein Vorspiel macht und dabei Angst hat einen Fehler zu machen, dann steigt die Anspannung nur noch mehr. Da muss man einfach locker bleiben. Also anständig vorbereiten und im Hinterkopf behalten das etwas schief gehen kann. Darauf hinarbeiten dass man in dem Moment dann mit dem Fehler umgehen kann, oder sich eben dann eingestehen, dass da jetzt eben ein paar falsche Töne waren. Man muss im Hinterkopf behalten dass von den Zuhörer vermutlich mehr als 99% nicht besser sind als man selbst und wenn sie es wären, dann stellt sich die Frage warum sie nicht musizieren :)

Aber wie gesagt im Bereich Berufsmusiker ist alles zum Thema Psychische Gesundheit eigentlich nutzlos, da das Arbeitsumfeld es nicht zulässt gesund zu bleiben.
 
Die Relevanz der Gesundheit Musizierender scheint jetzt auch ein Thema in der Ausbildung an Musikhochschulen zu werden. Ich fand heute diesen Artikel über eine neue diesbezügliche Professur an der Musikhochschule in Lübeck, wobei die Ausbildung der Studenten nicht auf den Umgang mit Lampenfieber beschränkt zu sein scheint.
München wird von physisch bis psychisch alles betreut.
https://www.mri.tum.de/musikermedizin
 
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