Sind wir die "MUsikerpolizei"?

  • Ersteller strep-it-us
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Hallo Rene´

Du hast - so glaube ich - das Stichwort zur Zerschlagung unseres Gordischen Knotens gegeben. Ich rede gerade nicht von Geschmackskriterien, sondern von messbaren. Lapidar ausgedrückt:
Musik lässt sich emotional und intellektuell aufnehmen und begreifen (wobei das bei mir Hand in Hand geht). Beide Kriterien lassen sich sehr wohl voneinander trennen, wenn man auf die unterschiedlichen Musikhörer und deren Receptionsvermögen eingeht. Nun war ich in diesem thread davon ausgegangen, dass wir uns als Mitglieder einer `Fachseite´ per se über die intellektuelle Seite unterhalten.

Und jetzt zur Erheiterung aller eine Geschichte, die mir tatsächlich passiert ist.
Ich hatte eine neue Freundin, folgende Begebenheit geschah während der ersten Wochen unseres Kennenlernens. Da sie nur wenig Berührung mit klassischer Musik hatte, ihr gegenüber aber recht offen erschien, lud ich sie zu einer Vorstellung in die HH Staatsoper ein. Um es nicht zu schwer für sie zu machen suchte ich Rossinis `Barbier´ aus, schenkte ihr rechtzeitig davor eine CD davon und erklärte ihr die Handlung und deren Hintergründe (Beaumarchais, Figaro etc.).
Es war dann auch eine `nette´ Vorstellung, zumindest für mich sehr kurzweilig. Nach dem Ende gingen wir direkt zu ihrem Auto, um nach Hause zu fahren. Kurz nachdem sie den Motor angelassen hatte, legte sie eine für mich nicht klassifizierbare CD (selbst gebrannt) in den Player, drückte auf den Start-Knopf und es ertönte:
WOLFGANG PETRY !!!
Ich wurde wie von einer brutalen Faust in den Sitz gedrückt (nicht von der Lautstärke) und war vor lauter Fassungslosigkeit wie gelähmt. Das passierte wohlgemerkt etwa 5 Minuten nach dem Schlussakkord der Oper.
Meine Schockstarre dauerte etwa 6 Minuten, genau 2 Titel lang, nach denen sie endlich die Stop-Taste drückte und pathetisch meinte, dass sie das jetzt gebraucht hätte! (Den Fortgang der Beziehung könnt Ihr euch denken) -----

Natürlich ist Petry messbar primitiv. Rhythmisch bietet er nur einen einzigen, stampfenden, geraden 8tel-Rhythmus an. Harmonisch bewegt sich das Ganze im Bereich von etwa 5 Harmonien (Hauptkadenz mit 2 Nebenstufen, meistens Parallelen), wobei die Harmoniewahl vor allem bei den obligaten Git.-Soli derart charakterlos ist, dass man tatsächlich nicht genau weiss, welche Harmonie denn als nächste kommt (da sie ja alle recht eng miteinander verwandt sind). Melodisch weisen die Stücke wahrscheinlich noch die größten Stärken auf (soweit dieser Begriff in dem Zusammenhang zulässig sein mag), da der typische Ohrwurmcharakter angestrebt wird, was aber durch die entsetzlichen Texte wieder zunichte gemacht wird. Formal und dramaturgisch ist es einfallslos. Wahrscheinlich werden es viele Konsumenten als ideale Tanzmusik bezeichnen.

In einer Situation wie der oben beschriebenen - also einem clash of cultures - wird einem diese Messbarkeit spätestens bewusst und vor Augen geführt. Und jetzt erzählt mir bitte nicht: ja - Petry, das ist ja klar, der ist natürlich primitiv, Du hättest aber nicht so ein Totschlag-Beispiel nehmen dürfen.
Nein, das ist ein Beispiel aus dem `prallen Leben´. Und Toleranz hin, political correctness her, Petry macht primitive, und als solche verifizierbare Musik. Das tumbe Herumhüpfen zu einer Petry-Nummer lässt sich nicht vergleichen mit einem Konzertbesuch, und das instrumentale Spielen einer Petry-Nummer ist Lichtjahre entfernt von den Anforderungen eines moderaten, klassischen Stückes oder einer (echten) Jazz-Nummer oder z.B. eines Zappa-Stückes aus dem Rock-Bereich.

Viele Grüße,
Anony.
 
Hi Surtr und anonymus - und natürlich alle anderen user,

ich sortier es für mich noch mal.

Ich streite überhaupt nicht ab, dass es Unterschiede und auch meßbare Unterschiede in der Musik gibt.
Ich streite nur ab, dass sich daraus objektive Kriterien zur Bewertung von Musik ableiten lassen.

Mir ist sehr wohl bewußt, dass nur wenige Menschen in der Lage sind, komplexe Werke zu schaffen und/oder umzusetzen. Im landläufigen Sinne unterscheidet sich ja Kunst von Alltag davon, dass das eine nur wenige können, das andere aber viele.

Ich wäre von da aus an einer Diskussion über zwei Themen interessiert, die meiner Wahrnehmung nach relativ neue Entwicklungen darstellen und eventuell hier eine neue Sicht oder Definition erfordern:

1. Handwerk und Kunst
Seit ein Herr Durchamp ein Pissbecken in ein Museum gestellt hat gibt es ja eine rege Diskussion darüber. Nehmen wir mal an, es sei Kunst: dann bestünde der künstlerische Akt nicht in einer handwerklichen Leistung sondern in einer konzeptionellen Leistung - nämlich der, bewußt bestimmte Formen der Kunstrezeption zu brechen.

Nun liegt der Unterschied auf der Hand: Wenn dies Kunst ist und wenn die "Kunsthaftigkeit" in der Konzeption und nicht dem Handwerk liegt, so könnte in der Tat jeder das gemacht haben, was Herr Durchamp gemacht hat.

Und dies erforderte meines Erachtens ein Überdenken der handwerklichen Seite von Kunst.

Zweites Beispiel: Per Computertechnik und Sample-Kunst (das wurde in dem thread über die Zukunft der Musik angesprochen) kann im Prinzip jeder Hinz und Kunz ein komplexes Werk entwerfen ohne handwerkliche Fähigkeiten zu haben.

Es ist meine persönliche Privatbehauptung, dass die kompositorischen Regeln sich auch in Programme übersetzen lassen und ich behaupte, dass es einem Menschen mit Geschmack und ausreichender Bedienerfähigkeit mittels dieser Techniken gelingen wird, ein komplexes, schön klingendes musikalisches Werk zu erstellen.

Meines Erachtens ist die Rückbindung dessen, was Kunst ist, an Handwerk und technisches Können zumindest in einigen Teilbereichen der Kunst nicht mehr wirklich tauglich.

Eure Meinung dazu?

2. The soul of Music
Wissenschaft bedarf ja der Objektivierbarkeit. Das ist auch gut so.
Es gibt aber auch Dinge, die sich dem entziehen und trotzdem wesentliches Moment der Realität sind.

Wenn ich nun sage, dass Musik zumindest die Seite hat, Emotionen mittels (profan gesprochen) Schallwellen auszudrücken und zu vermitteln, dann kann ich das durchaus als Kriterium für Kunst nehmen, ob es dies nämlich gelingt oder nicht. Dieses Kriterium könnte man am ehesten darüber einholen, dass die Absicht des Künstlers mit der Wirkung beim (Ziel-) Publikum verglichen wird.

Der Emotionen gibt es nun viele: sehr "einfache" wie Aggression, Freude etc. und eher komplexe, vielschichtige. Ich denke, ich brauche das nicht weiter auszuführen.

Aus diesem - und wirklich aus diesem Grunde - ist für mich ein Blues-Musiker Künstler, wenn er einen song macht, der genau diese Emotion ausdrückt und das Publikum dabei trifft. Ob das nun "Dock of a Bay" von Otis Redding ist oder "What a beautiful World" von Armstrong. Für mich zählt da auch Punk zu - nur mal so nebenbei gesagt. Oder noch klarer: das beschränkt sich überhaupt auf keine Musikrichtung oder -form und liegt jenseits von komplex oder nicht komplex und auch jenseits von Handwerk und Technik.

Wie steht Ihr zu dieser Ebene von Musik und Kunst?

Dazu übrigens ein für mich interessantes Beispiel. Ich kenne einige klassische Musiker.
Und ich kann Euch sagen: Weder auf ihren Instrumenten noch mit ihrer Stimme kommen die an Soul oder Blues oder Rock heran.
Sie können´s einfach nicht. Es ist alles zu rein, zu klar, es ist nicht rotzig genug etc. Sie sagen das auch selbst. Eine Gesangslehrerin hat mir mal gesagt, dass bei einer Stimme für klassische Stücke ganz andere Fertigkeiten und Techniken erforderlich sind als für Soul, Gospel und Blues.

Von daher bin ich sehr geneigt, zu behaupten, dass es hierbei weniger um den Unterschied handwerklich/technisch gut oder nicht gut geht, sondern dass es einfach anderer handwerklicher und technischer Fähigekeiten bedarf.

Also anderer - und nicht besserer oder schlechterer.
(Mich hier bitte nicht mißverstehen: natürlich gibt es diesen Unterschied auch: es gibt Blues-Musiker die es einfach besser drauf haben als andere. Aber diesen Unterschied gibt es so nicht zwischen einem exzellenten Blues-Musiker und einem exzellenten klassischen Musiker.)

Ich will das nicht weiter ausführen, aber das wäre auch der Ansatzpunkt, Eurer These: Kunst ist was nur wenige können - was viele können ist nicht Kunst. Wenn ich das so übernehme, dann sage ich: eine Gitarre halten und einen Blues spielen können in der Tat viele. Aber nur wenige haben den Blues drauf. Und darauf kommt es an. Wenn Ihr es so betrachtet, gibt es sozusagen in jedem Musikbereich einige wenige, die es wirklich drauf haben - und das sind halt in jedem Musikbereich die Künstler oder die besseren Künstler. Ein "Smoke on the Water" besteht nur aus ein paar simplen Riffs - und dennoch schafft es eben nicht jeder so einen song zu machen.

Eure Meinung zu den angesprochenen Themen interessiert mich.

Grüße,

x-Riff
 
Ich hör gerne Progressive Rock ... vielleicht weil es ein willkommener Ausgleich zu den vielen Nummern ist, die gleich zum Höhepunkt kommen. Ist halt so, dass der Genussmensch in mir nicht primär Lust auf einen Quicky hat! ;)

Und spätestens seit Vanilla Sky ist die Kunst des Genussverzögerns ja einem breiten Publikum zugänglich gemacht worden. :D

Und dennoch: was mich hier sehr befremdet ist der Ausdruck Musikerpolizei. :confused:

Ich hab mir dann ein wenig Gedanken gemacht, was die Polizei den für eine Rolle spielt. Polizei hat Macht auf Basis eines gültigen und allgemein akzeptierten Gesetztes unmittelbar zu urteilen und zu ahnden. Und Polizei repräsentiert Macht, die dem einen oder anderen in gewissen Situationen vielleicht sogar willkürlich erscheinen mag. Besonders dann, wenn man bei der Auslegung des Gesetztes einen gegenteiligen Standpunkt vertritt.

Nun erlaube ich mir, gewisse Analogien bei den Vertretern der Musikerpolizei zu ziehen:

Die Repräsentanten der Musikerpolizei sind Organe der musikeidgenössischen Kaste „Bessere Musik“.

Wie alle Kasten verabsolutiert sich diese Kaste selbst. Diese Kaste ist selbsternannte Legislative, die auf Basis wissenschaftlich anerkannter Methoden die objektive Allmacht besitzt, musikalische Gottheit zu spielen und das Musikbusiness in Himmel und Hölle zu unterteilen. Ihre Gesetze haben manchmal fast schon religiösen Charakter, warum der eine oder andere ganz besessen davon zu sein scheint. (Die Priesterkaste gilt nicht nur bei den Indern als höchste Kaste. Anm. d. Red.) Aufgrund fehlender Popularität verfügt sie jedoch über keine schlagkräftige Exekutive, warum sie vor allem auf der Ebene des Besserwissens glänzt, was wohl subjektiv zu einem vorübergehenden Gefühl des Besserseins führen mag.

Nicht selten erkennt man Vertreter der erleuchteten Kaste „Bessere Musik“ an verbalen Ausrutschern und Beschimpfungen politischer Gegner, beispielsweise aus den Musikerkasten „Schlager“, „Volksmusik“, „Castingshows“, „Punk“ etc.

Psychologisch gesehen verführt es, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Kann es sein, dass Defizite auf persönlicher, emotionaler Ebene zu einer Form der intellektuellen Kompensation führen?

Und wenn es nur dasjenige Defizit ist, trotz aller Schlauheit und Wissen um wissenschaftlich anerkannte Methoden nicht das Zeug zu haben, ein Publikum damit zu begeistern ...

These: wer die Fähigkeit besitzt, andere zu begeistern, hat es nicht notwendig .... die, die es können ... zu entwerten ... sondern kritisiert konstruktiv.

Antithesen sind jederzeit gerne willkommen!
 
Ich find's immer schön, Definitionen erstmal nachzuschlagen, anstatt sich selbst was zusammenzustümpern.

Wikipedia schrieb:
.....Kunst ist ein Kulturprodukt, eine Hervorbringung von Menschen, das Ergebnis eines kreativen Prozesses, an dessen Anfang manchmal die religiöse Motivation stand und an dessen Ende entweder das "Kunstwerk" steht oder auch – wie seit der Moderne – der Prozess selbst als Ergebnis gewertet wird.......Kunst im heutigen, am häufigsten gebrauchten Sinn wurde begrifflich vor allem von Winkelmann, Lessing, Herder, Goethe und Schiller geprägt. In ihren ästhetischen Schriften beschreiben sie die menschlichen Hervorbringungen zum Zwecke der Erbauung als Kunst, sei es im Theater, in der Literatur, in der Musik oder die Werke „bildender Künstler“, auf die sich der Begriff schließlich zunehmend verengt......

Hübsch wertneutral, wie sich das gehört. Wird aber einigen nicht in den Kram passen. ;)

Für mich sind die Zauberworte: "kreativer Prozess" und "zum Zwecke der Erbauung".

Ob diese "Erbauung" jetzt auf intellektueller (Dream Theater), emotionaler (B.B.King) oder körperlicher (Wolle Petry) Ebene stattfindet, ist mir ganz persönlich ziemlich wurscht.

Ich mache - für mich selbst, ohne mir Deutungshoheit anzumaßen - dann noch einen Unterschied zwischen der rein handwerklichen Seite und dem Gehalt an "Ausdruck", den ein Kunstwerk mir (mir!) vermitteln kann. Ich kann über Steve Vai sagen: Respekt, handwerklich ganz grosses Kino - aber emotional lässt mich das kalt. Und Angus Young: Bluespentatonik, simpler Kram - but it kicks ass, big time!

WAS mich tatsächlich emotional oder intellektuell berührt, ist aber von meinem ganz persönlichen Erfahrungs- und Bildungshorizont abhängig. Ein Pissoir im Museum ist als "Kunst" (kreativ? ja! Erbauung? ja!!) nur für den erkennbar, der als Museumsgänger und Kunstliebhaber die Aussage erkennt und nachvollziehen kann - weil es eine Aussage über die Kunst selbst ist. Wer sich mit "Kunst" als solches nie beschäftigt, fragt sich notgedrungen: "was soll das?" - und ist mit diesem Gedankengang, wenn er ihn denn ernsthaft angeht, schon Teil des Kunstwerks geworden, weil seine Reaktion kalkuliert ist.
Und wer sich als "Kunstfreund" versteht, kann sich eine halbe Stunde lang davor aufbauen und grübeln - oder einfach lauthals loslachen und weitergehen.

Ist Ärger "Erbauung"? Oder Verwirrung? oder Neugierde? Ich würde vielleicht zusammenfassen: Solange das Publikum sich nicht langweilt, ist es Kunst. :D

Thema "Musikerpolizei": Ja, bin ich. Und ich HASSE es. Ich kann Musik nicht mehr geniessen, weil ich ständig analysiere. Mir ist meine Naivität gestohlen worden. Haltet den Dieb!

Ich stand am Wochenende vor einer kleinen Bühne, auf der mein Nachbar (Mitte vierzig) mit seiner Hobbyband den 6. oder 7. Gig seines Lebens hatte. Rock mit deutschen Texten, eigene Stücke. Objektiv betrachtet kein hohes Niveau - Freizeitmucke halt. Ich drehte mich zu meinem begleitenden Freund (erfahrener Keyboarder, Kirchenorganist und Tanzmucker) und sagte: "Ist es nicht fürchterlich, dass man ständig dabei ist, sowas zu analysieren und einzuordnen und sich zu fragen, was daran gut oder schlecht ist? Kann man den Leuten nicht einfach gönnen, ihren Spass zu haben?" Ich bekam nur einen traurigen Seufzer als Antwort.

Nach dem Konzert kam mein Nachbar von der Bühne, war völlig high und auf Wolke sieben, weil er einfach glücklich war, vor Publikum Musik machen zu dürfen. Und verdammt nochmal: ich hab ihm gratuliert und mich über seine leuchtenden Augen gefreut und die Fresse gehalten. Das gehört sich einfach so.
 
Meines Erachtens ist die Rückbindung dessen, was Kunst ist, an Handwerk und technisches Können zumindest in einigen Teilbereichen der Kunst nicht mehr wirklich tauglich.

Ist sie nie gewesen.

Der Satz "Kunst kommt von Können und nicht von Wollen, sonst hiesse es Wunst" ist zwar lustig - aber als Aussage des Volkskomikers Karl Valentin (München, 30er Jahre) in seinem Kontext betrachtet mit sehr viel Vorsicht zu geniessen, eigentlich sogar entlarvend.

Etymologisch ist das zwar richtig. Sachlich ist es ungeeignet, weil es handwerklichen Aufwand zum Massstab macht. Da ist man dann auch schnell dabei, afrikanische Holzschnitzereien, Pointillismus oder asiatische Kalligrafie auf den Müll zu werfen, ggf. mit dem Stempel "entartet".

Für mich muss Kunst in erster Linie eine Aussage haben. Sie muss mich berühren. Der Trick ist, dass diese Aussage in dem "Kunstwerk" chiffriert wird und der Konsument sie fühlend oder denkend entschlüsseln muss.

Handwerkliches Können des Künstlers kann dieses "Suchspiel" u.U. raffinierter gestalten oder ästhetisch ansprechender - aber notwendig ist es nicht. Oder so gesehen: ein Künstler sollte sein "Handwerk" beherrschen, um die richtigen Werkzeuge wählen zu können - aber er muss (und darf) nicht ständig alle einsetzen. Die angemessene Technik im richtigen Moment zu verwenden ist auch ein Bestandteil der Kunst.
 
Handwerkliches Können des Künstlers kann dieses "Suchspiel" u.U. raffinierter gestalten oder ästhetisch ansprechender - aber notwendig ist es nicht.
Ich hatte mich ja auch dagegen gewehrt, es zu einem Schlüsselkriterium zu machen.

Ich halte es auch nicht in allen Bereichen der Kunst für notwendig.

Dennoch halte ich es nicht für Bedeutungslos. Aus folgenden Gründen:
1. Der virtuose Umgang mit einem Instrument ermöglicht eben ein Kunstschaffen, das ohne diesen virtuosen Umgang nicht zu erlangen ist. So spielen zu können wie petrucci oder vai beruht eben auf einem handwerklichen Können und einer Technik, die ohne dieses nicht nötig ist.

2. Mein Begriff von Künstler hat auch mit Suche und Kreativität zu tun.
Das sich Aneignen von verschiedenen Stilen, verschiedenen Instrumenten,verschiedenen Techniken erhöht den Fundus, aus dem ein Künstler heraus gestalten kann.
Nimm meinethalben Improvisation: das wird bei einem Anfänger eines Instruments notgedrungen recht schmalspurig sein.

3. Die Grenzen ausloten und überschreiten.
Auch dazu bedarf es der intensiven Beschäftigung mit Musik, Stilen und dem Instrument - auch auf handwerklich/technischer Ebene.

Ich gebe Dir vollkommen recht, dass sich Kunst nicht auf die handwerkliche Seite reduzieren läßt und ich gebe Dir auch vollkommen recht, dass etliche Formen der Kunst keines ausgereiften Handwerks bedürfen (Durchamp, Punk etc.).

Aber es gibt eben auch Bereiche und Formen der Kunst, wo Können (Handwerk, Technik) sinnvoll und notwendig ist, weil ansonsten diese Kunst nicht möglich wäre (Improvisation, Prog-Rock, Klassik).

Den Satz: Kunst kommt von Können zu Recht zu negieren, heißt nicht, dass seine Negation zuträfte: Kunst nur ohne Können.

x-Riff
 
@ x-riff

Das ist exakt meine Ansicht, Übereinstimmung zu 100% . Nichts zu ändern, nichts hinzuzufügen.
Dass ich das in diesem Board mal erleben darf, kaum zu glauben.
Das muss ich jetzt mal ein paar Minuten geniessen. :D
Thx.

(Ich würd Dir jetzt gern ein paar Pünktchen geben, aber erst muss ich jemand anderen bewerten, sonst darf ich nicht....;))

EDIT: Doch, eins kann ich hinzufügen: Ein ÜBERMASS an Technik kann die Aussage unkenntlich machen. Technik ist für mich ein MITTEL, ein Werkzeug und kein Selbstzweck. Sie darf die Botschaft nicht ersetzen, dann wird's peinlich.

Das ist ein Vorwurf, den man einigen Prog-Rockern durchaus machen kann:

Ist die Frage "Warum machen die das?"
mit: "Weil sie es können!"
ausreichend beantwortet?
 
Mahlzeit!

Bin "Neu" im Forum und sage Hallo in die Runde.
Gutes Thema könnte man viel zu schreiben. Grundsätzlich ist es aber so, dass Musiker immer dazu neigen, auch die die anspruchsvolle Musik hören, immer damit zu prahlen Musiker zu sein oder großes Musik Verständniss zu haben. Keiner der besonders gut Kegeln kann als Bsp gibt damit so an wie Musiker mit Ihrer Kunst.

Wenn ich so manche Kommentare lese wie zB über Dream Theater, dann muss ich mich fragen wer überhaupt irgendwas an Kritik loslassen kann. Gerade Dream Theater stehen musikalisch gesehn ganz, ganz oben und prägen die gesammte Szene. Das ist nicht weg zu diskutieren.

Sei es drum, wer Musik studiert hat und sich so Richtig in die Musik vertiefen konnte (musste) der ist eher ruhig und hält sich mit Kommentaren zurück weil er weiß worum es wirklich geht. Dieses Geschwätz, ich beziehe mich auch auf den Artikel den Du rausgsucht hast, ist so überflüssig wie das viele gepfurze von Kühen.

Über Geschmack lässt sich nicht streiten. Es ist für jede band schwer genug ein Neues Album zu Konzepieren da das Neue immer irgendwie getoppt werden muss. Warum frag ich mich da?-außerdem sollte man jede Art von Musik hören, um seinen Horizont erweitern zu können sonst droht der Tunnelblick und Scheuklappen denken.

Wohlan
Grüße Aphorisma (copyright)
 
dieser thread ärgert mich insgesamt ein wenig muss ich sagen, da hier einige Leute eine "Gleichmacherei" betreiben, mit der ich mich so gar nicht anfreunden kann. Ich bin schon der Meinung, dass es sowas wie objektive Kriterien für musikalische "Qualität" gibt. Und mit dieser Aussage betreibe ich keineswegs eine Beweihräucherung der von mir bevorzugten Musik, vielmehr bin ich mir bewusst, dass ich teils auch eher "schlechte" Musik subjektiv gut finde, und es gibt auch jede Menge "gute" Musik, mit der ich persönlich nichts anfangen kann. Das mag daran liegen, dass es neben der rein objektiven Ebene auch den Faktor gibt, dass Musik einen halt emotional erreicht, also eher das Herz als den Kopf anspricht. Und dies lässt sich kaum quantifizieren, bis vielleicht auf eine Einschätzung der Glaubwürdigkeit.
Auch ärgert mich das ständige Rumgereite auf Dream Theater, mag ja sein, dass sie für einige Metaller prägend sind und eine der ersten bands waren, die unter Beweis gestellt haben, dass auch metal nicht notwendig primitiv sein muss aber der Inbegriff für "Progressivität" sind sie meines Erachtens nicht. Da waren andere wesentlich früher und wesentlich "radikaler". Zumal sie mich auch kompositorisch nicht überzeugen; Technik spielt für mich eher eine untergeordnete Rolle, vielleicht im jazz eine größere als im rock.
 
dass auch metal nicht notwendig primitiv sein muss aber der Inbegriff für "Progressivität" sind sie meines Erachtens nicht. Da waren andere wesentlich früher und wesentlich "radikaler". Zumal sie mich auch kompositorisch nicht überzeugen; Technik spielt für mich eher eine untergeordnete Rolle, vielleicht im jazz eine größere als im rock.
Hi houllebecq - nenn doch mal ein paar Beispiele.

Sehe selbst Dream Theatre auch als Beispiel aus einem Bereich oder Genre an (metal, bzw. Prog-Rock) und würde auf Grund meiner Wurzeln auch eher bei Rock auf Gruppen wie Yes, Led Zep, Pink Floyd, Zappa, King Crimson, Cream, die alten Genesis und so was rekurrieren. Und mit Jazz fange ich erst mal gar nicht an.

Meines Erachtens war aber das Ergebnis der Diskussion schon, dass es beschreibbare Kriterien gibt auf handwerklicher und kompositorischer Ebene.
Dass es aber auch "einfache" Musik gibt, die eben Durchschlagskraft hat oder eben ganze Musikrichtungen oder Genres beeinflußt (auch das läßt sich ja durchaus nachweisen).
Und dass es zum Schluß einfach subjektive Faktoren gibt, die man nur beschreiben, aber nicht klassifizieren oder verallgemeinern kann.

Nicht zuletzt deshalb gibt es ja extra Leute im Musikbereich, die man sowas wie Talentscouts im Fußball vergleichbar sind, und die die Leute, die angesichts der Schwemme des täglich Produzierten und der knappen Ressourcen an Zeit und Geld auf für sehr Musikinteressierte, eine Art Hinleitfunktion haben und auf interessante Gruppen und neue Trends aufmerksam machen.

Da ist mir Alan Bangs noch in sehr guter Erinnerung.
Auch Rockpalast war damals in den 70er und 80er Jahren für mich eine Chance, interessante Gruppen und Leute kennen zu lernen.

x-Riff
 

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