anonymusus
Registrierter Benutzer
- Zuletzt hier
- 13.01.21
- Registriert
- 01.06.07
- Beiträge
- 90
- Kekse
- 441
Hallo Rene´
Du hast - so glaube ich - das Stichwort zur Zerschlagung unseres Gordischen Knotens gegeben. Ich rede gerade nicht von Geschmackskriterien, sondern von messbaren. Lapidar ausgedrückt:
Musik lässt sich emotional und intellektuell aufnehmen und begreifen (wobei das bei mir Hand in Hand geht). Beide Kriterien lassen sich sehr wohl voneinander trennen, wenn man auf die unterschiedlichen Musikhörer und deren Receptionsvermögen eingeht. Nun war ich in diesem thread davon ausgegangen, dass wir uns als Mitglieder einer `Fachseite´ per se über die intellektuelle Seite unterhalten.
Und jetzt zur Erheiterung aller eine Geschichte, die mir tatsächlich passiert ist.
Ich hatte eine neue Freundin, folgende Begebenheit geschah während der ersten Wochen unseres Kennenlernens. Da sie nur wenig Berührung mit klassischer Musik hatte, ihr gegenüber aber recht offen erschien, lud ich sie zu einer Vorstellung in die HH Staatsoper ein. Um es nicht zu schwer für sie zu machen suchte ich Rossinis `Barbier´ aus, schenkte ihr rechtzeitig davor eine CD davon und erklärte ihr die Handlung und deren Hintergründe (Beaumarchais, Figaro etc.).
Es war dann auch eine `nette´ Vorstellung, zumindest für mich sehr kurzweilig. Nach dem Ende gingen wir direkt zu ihrem Auto, um nach Hause zu fahren. Kurz nachdem sie den Motor angelassen hatte, legte sie eine für mich nicht klassifizierbare CD (selbst gebrannt) in den Player, drückte auf den Start-Knopf und es ertönte:
WOLFGANG PETRY !!!
Ich wurde wie von einer brutalen Faust in den Sitz gedrückt (nicht von der Lautstärke) und war vor lauter Fassungslosigkeit wie gelähmt. Das passierte wohlgemerkt etwa 5 Minuten nach dem Schlussakkord der Oper.
Meine Schockstarre dauerte etwa 6 Minuten, genau 2 Titel lang, nach denen sie endlich die Stop-Taste drückte und pathetisch meinte, dass sie das jetzt gebraucht hätte! (Den Fortgang der Beziehung könnt Ihr euch denken) -----
Natürlich ist Petry messbar primitiv. Rhythmisch bietet er nur einen einzigen, stampfenden, geraden 8tel-Rhythmus an. Harmonisch bewegt sich das Ganze im Bereich von etwa 5 Harmonien (Hauptkadenz mit 2 Nebenstufen, meistens Parallelen), wobei die Harmoniewahl vor allem bei den obligaten Git.-Soli derart charakterlos ist, dass man tatsächlich nicht genau weiss, welche Harmonie denn als nächste kommt (da sie ja alle recht eng miteinander verwandt sind). Melodisch weisen die Stücke wahrscheinlich noch die größten Stärken auf (soweit dieser Begriff in dem Zusammenhang zulässig sein mag), da der typische Ohrwurmcharakter angestrebt wird, was aber durch die entsetzlichen Texte wieder zunichte gemacht wird. Formal und dramaturgisch ist es einfallslos. Wahrscheinlich werden es viele Konsumenten als ideale Tanzmusik bezeichnen.
In einer Situation wie der oben beschriebenen - also einem clash of cultures - wird einem diese Messbarkeit spätestens bewusst und vor Augen geführt. Und jetzt erzählt mir bitte nicht: ja - Petry, das ist ja klar, der ist natürlich primitiv, Du hättest aber nicht so ein Totschlag-Beispiel nehmen dürfen.
Nein, das ist ein Beispiel aus dem `prallen Leben´. Und Toleranz hin, political correctness her, Petry macht primitive, und als solche verifizierbare Musik. Das tumbe Herumhüpfen zu einer Petry-Nummer lässt sich nicht vergleichen mit einem Konzertbesuch, und das instrumentale Spielen einer Petry-Nummer ist Lichtjahre entfernt von den Anforderungen eines moderaten, klassischen Stückes oder einer (echten) Jazz-Nummer oder z.B. eines Zappa-Stückes aus dem Rock-Bereich.
Viele Grüße,
Anony.
Du hast - so glaube ich - das Stichwort zur Zerschlagung unseres Gordischen Knotens gegeben. Ich rede gerade nicht von Geschmackskriterien, sondern von messbaren. Lapidar ausgedrückt:
Musik lässt sich emotional und intellektuell aufnehmen und begreifen (wobei das bei mir Hand in Hand geht). Beide Kriterien lassen sich sehr wohl voneinander trennen, wenn man auf die unterschiedlichen Musikhörer und deren Receptionsvermögen eingeht. Nun war ich in diesem thread davon ausgegangen, dass wir uns als Mitglieder einer `Fachseite´ per se über die intellektuelle Seite unterhalten.
Und jetzt zur Erheiterung aller eine Geschichte, die mir tatsächlich passiert ist.
Ich hatte eine neue Freundin, folgende Begebenheit geschah während der ersten Wochen unseres Kennenlernens. Da sie nur wenig Berührung mit klassischer Musik hatte, ihr gegenüber aber recht offen erschien, lud ich sie zu einer Vorstellung in die HH Staatsoper ein. Um es nicht zu schwer für sie zu machen suchte ich Rossinis `Barbier´ aus, schenkte ihr rechtzeitig davor eine CD davon und erklärte ihr die Handlung und deren Hintergründe (Beaumarchais, Figaro etc.).
Es war dann auch eine `nette´ Vorstellung, zumindest für mich sehr kurzweilig. Nach dem Ende gingen wir direkt zu ihrem Auto, um nach Hause zu fahren. Kurz nachdem sie den Motor angelassen hatte, legte sie eine für mich nicht klassifizierbare CD (selbst gebrannt) in den Player, drückte auf den Start-Knopf und es ertönte:
WOLFGANG PETRY !!!
Ich wurde wie von einer brutalen Faust in den Sitz gedrückt (nicht von der Lautstärke) und war vor lauter Fassungslosigkeit wie gelähmt. Das passierte wohlgemerkt etwa 5 Minuten nach dem Schlussakkord der Oper.
Meine Schockstarre dauerte etwa 6 Minuten, genau 2 Titel lang, nach denen sie endlich die Stop-Taste drückte und pathetisch meinte, dass sie das jetzt gebraucht hätte! (Den Fortgang der Beziehung könnt Ihr euch denken) -----
Natürlich ist Petry messbar primitiv. Rhythmisch bietet er nur einen einzigen, stampfenden, geraden 8tel-Rhythmus an. Harmonisch bewegt sich das Ganze im Bereich von etwa 5 Harmonien (Hauptkadenz mit 2 Nebenstufen, meistens Parallelen), wobei die Harmoniewahl vor allem bei den obligaten Git.-Soli derart charakterlos ist, dass man tatsächlich nicht genau weiss, welche Harmonie denn als nächste kommt (da sie ja alle recht eng miteinander verwandt sind). Melodisch weisen die Stücke wahrscheinlich noch die größten Stärken auf (soweit dieser Begriff in dem Zusammenhang zulässig sein mag), da der typische Ohrwurmcharakter angestrebt wird, was aber durch die entsetzlichen Texte wieder zunichte gemacht wird. Formal und dramaturgisch ist es einfallslos. Wahrscheinlich werden es viele Konsumenten als ideale Tanzmusik bezeichnen.
In einer Situation wie der oben beschriebenen - also einem clash of cultures - wird einem diese Messbarkeit spätestens bewusst und vor Augen geführt. Und jetzt erzählt mir bitte nicht: ja - Petry, das ist ja klar, der ist natürlich primitiv, Du hättest aber nicht so ein Totschlag-Beispiel nehmen dürfen.
Nein, das ist ein Beispiel aus dem `prallen Leben´. Und Toleranz hin, political correctness her, Petry macht primitive, und als solche verifizierbare Musik. Das tumbe Herumhüpfen zu einer Petry-Nummer lässt sich nicht vergleichen mit einem Konzertbesuch, und das instrumentale Spielen einer Petry-Nummer ist Lichtjahre entfernt von den Anforderungen eines moderaten, klassischen Stückes oder einer (echten) Jazz-Nummer oder z.B. eines Zappa-Stückes aus dem Rock-Bereich.
Viele Grüße,
Anony.