1. Objektive Kriterien gibt es
Natürlich kann man messen, wie komplex ein musikalisches Werk ist, genauso wie man messen kann, wie komplex ein literarisches Werk ist - was die Personen, die Handlungen, den Stil, die Stilvielfalt, die Durchkomposition etc. angeht.
Dies sind mehr oder weniger handwerkliche Kriterien.
2. Man kommt nie und nimmer von Kriterien direkt auf Wertungen
Warum soll ein komlexes Werk wertvoller sein als ein weniger komplexes?
Objektive Kriterien sind tatsächlich entweder offensichtlich, oder spätestens dann, wenn man sie auf ihre Wurzel zurückführt (selbst das bloße schreiben einer Melodie hat viel mehr mit handwerk zu tun als man landläufig denkt) handwerklich.
Jetzt könnte man natürlich mit der Diskussion anfangen, ob gute Kunst auch Handwerk braucht, aber das kann sehr weit führen. Jedenfalls kann man mit Sicherheit sagen, daß gutes Handwerk auf keinen Fall schadet, im Gegenteil, von großem Nutzen ist und die Schönheit eines Kunstwerkes umso mehr geltend macht. (auch wenn vllt. einige Hardliner z.B. aus der Modernen Bildenden Kunst mit da widersprechen würden, könnte ich mir denken, ich denke da an mit Füßen gemalte Bilder oder die Farbtopf-an-die-Wand-Technik und was es sonst noch gibt). Deshalb beantworte ich deine Frage nach dem Warum der Komplexität auch ganz einfach damit: Komplexität wird erst durch Beherrschung des Handwerks möglich, genau so, wie man seine Handwerksfähigkeit erst an einem Komplexen Stück wirklich zeigen kann. Es bedingt sich gegenseitig. Somit ist klar, daß für die höchstmögliche Künstlichkeit (im Sinne von "Kunstvollheit", dieses Wort gibt es allerdings nicht) auch komplexität vorhanden sein muss.
Explizit darauf, warum ein komplexes Werk wervoller ist:
Weil es nicht jeder Depp schaffen, sowie jeder Depp spielen kann.
Ich nehm mal wieder das Extrembespiel 3-Akkord-schranz-punk: Das kann ich jedem, der noch nie nen Instrument in der Hand hatte in ner Woche beibringen (vorausgesetzt er ist wenigstens in der Lage nen Takt zu halten).
Jetzt halte ich das Trompetensolo aus dem 2. Brandenburgischen Konzert dagegen: Es gibt auf der ganzen Welt vllt. 50 Leute, vllt. 100, aber kaum mehr, die das so spielen können das man es sich auch anhöhren kann.
Selbiges könnte man anhand von Kompositionstechnischen Belangen vor Augen führen.
Reicht das denn nicht aus um zu sagen, das es höhere, bessere Musik gibt als andere?
Dass Tanzen nun ein "niedriges" Bedürfnis sei, während das andächtige Lauschen eines großen Werkes in konzertanter Umgebung ein "höheres" Bedürfnis sei - das soll mir mal einer allen Ernstes sagen ohne sich lächerlich zu machen.
Auf die Gefahr hin, mich lächerlich zu machen: Tanzen kann jeder (zumindest in dem Sinne wie tanzen heute verstanden wird: Freies bewegen), Musik wirklich Hören können wenige. Musik bewusst zu höhren und darüber nachzugrünbeln ist zweifels ohne eine Intellektuelle Tätigkeit, während das bloße Bewegen zur Musik selbst Tiere können! (Der Kanarienvogel einer bekannten hüpft und piepst tatsächlich zur aus dem Radio schallenden Voksmusik)
@wilbour-cobb
Du sagst es ja selbst: Solide und alltäglich, und davon auch noch viel zu viel. Was soll daran gut sein? Das Leben ist schon alltäglich genug. (Dabei ist es einfach übertrieben, scheußlich geschmackloser Kitsch, aber mit Geschmack wollen wir jetzt nicht anfangen)
wie uffem punkkonzert....
Es ging mir natürlich um die polarisierende Wirkung, die zeigt, wie sehr sich die Leute damals noch für Musik interessiert haben, wie wichtig sie ihnen war. Die Tatsache allein, das man sich geprügelt hat ist höchstens witzig.