Man kann ja bei diesem Thread förmlich dabei zusehen, wie der wächst - kaum haste einen Beitrag gelesen, ist schon der nächste da...
Ok, wollte eigentlich schon aussteigen hier aus der interessanten, auch amüsanten und auf jeden Fall sehr kontroversen Diskussion... aber was soll's, so viel Zeit rippe ich mir jetzt doch noch ab
Vorwegschicken möchte ich, dass ich hier auf keinen Fall als Lehrer, Oberlehrer, Pfarrer oder gar Missionar betrachtet werden möchte. Ich weiss eben was ich weiss und ich weiss, was ich sowohl mit Röhrenamps, als auch mit Modellingteilen selbst schon 'erlebt' habe - bzw. 'vermisst' habe. Ich möchte und werde hier niemandem etwas beweisen, ebenso wenig, wie ich versuchen werde, jemandes Meinung wegzunehmen, zu modifizieren oder zu invertieren! Wer mit Modellingteilen zufrieden ist oder sogar damit glücklich wird, dem sei das gegönnt - die anderen können ja jederzeit auf Röhrenverstärker, Transenamps, Akustikgitarren oder auf was völlig anderes zurückgreifen.
Aber nichts desto hallo möchte ich euch (abschliessend?) noch einen weiteren Denkansatz vor Augen führen, über den ihr dann selbst urteilen könnt, ob es denn nun möglich oder unmöglich ist, die schier unendlichen Sound- und Reaktionsfacetten eines Röhrenamps auf elektronische Weise zu simulieren.
Nehmen wir erst mal ein Keyboard - irgend einen Sound gewählt - und ich drücke eine Taste. Es kommt ein Ton, der gleiche Ton, der auch kommt, wenn du diese Taste drückst - der gleiche Ton, wenn deine Oma diese Taste drückst, oder Angela Merkel, oder.....
Jetzt nehmen wir eine Gitarre und einen Röhrenamp - vorzugsweise eine der guten, alten, 'atmungsaktiven und lebhaften' Klassiker oder einen neuzeitlichen mit diesem Verhalten - und du spielst ein paar Töne. Nun gib' die Gitarre Eddie VH (der zufällig da ist
) und lasse ihm die selben Riffs oder Läufe mit unveränderter Ampeinstellung über die gleiche Gitarre spielen. Ob das nun anders klingt?
Jetzt ist aber 'zufällig' Ritchie Blackmoore, Gary Moore, Carlos Santana, Michael Schenker, Ritchie Kotzen, Zakk Wylde, usw. usw. auch noch da (die müssen das gerochen haben, dass da ein Nest ist
) - und alle dürfen/sollen/müssen jetzt nacheinander mit der gleichen Gitarre die gleichen Riffs und Läufe über den selben Amp mit unveränderter Einstellung spielen..... Uiii! Jeder klingt anders, obwohl bis auf den organischen Faktor nichts anders ist! Ja, es klingt teils sogar brachial anders - ganz so, als hätte der eine oder andere unbemerkt die Einstellung am Amp drastisch verändert oder gar den Amp durch einen anderen ausgetauscht! Und mehr noch - es klingt nicht nur anders, sondern es kommt vom Feeling her 'irgendwie' teils völlig unterschiedlich an...
Die Techniker (hoch zwei) unter den fassungslosen Zuhörern fragen sich vielleicht schon insgeheim: "wie man dieses Phänomen denn nun 'messen' und in nachvollziehbare Grafiken oder Tabellen umwandeln kann"
Bingo?
Noch nicht?
Ok! Ich las da im Thread irgendwo etwas, von 'messen' des Frequenzganges - nur welchen Frequenzgang? Der Frequenzgang eines Röhrenamps ist NICHT linear oder Proportional zu 'diesem' und 'jenem' - nein! Der Frequenzgang ist bei jeder Frequenz ein anderer, mehr noch - der Frequenzgang ist bei jeder Signalstärke ein anderer, und noch mehr - ab einer gewissen Signalstärke 'produziert' ein Röhrenamp zusätzliche Frequenzen zu den ursprünglich hineingeschickten Frequenzen hinzu - abhängig von der 'hineingeschickten' Frequenz UND Signalstärke stets unterschiedlich....
... aber um's komplett zu machen - und um den 3GHz Prozessor deines PC nun hoffnungslos zu überfordern - obengesagtes gilt nur für reine Sinusfrequenzen in unterschiedlicher Frequenz und Amplitude. Wenn jetzt aber sehr komplexe Mischfrequenzen (so wie sie halt aus der Gitarre kommen) den Röhrenamp mit unterschiedlicher Grundfrequenz und Amplitude entern, dann wird obiges um's zig-fache komplexer - wenn's jetzt noch dazu Riffs sind mit 2 oder 3 Grundtönen, dann sind wir mit der entstehenden Komplexität dessen, was der Röhrenamp zur 'gelieferten Tonmischung' dazu macht bereits im dreistelligen Bereich, um den sich diese Komplexität vergrössert.
Für Techniker: Die Komplexität der Soundfacetten eines Röhrenamps nebst aller Intermodulationen, Auslöschungen, Überbetonungen, usw. steigt (mindestens) im Quadrat mit der Komplexität des ursprünglich hineingeschickten Signals aus der Gitarre! Hinzu kommt die Multiplikation mit dem vorgenannten durch die unterschiedlichen Spielweisen und Anschlagstechniken der Gitarristen...
... also die Idee mit dem Nasa-Computer ist gar nicht so weit hergeholt
Nur wird man diesen wohl kaum in einem 1-2 HE Gerät unterbringen können.
Man muss halt einfach die zahllosen feineren Zwischenreaktionen eines Röhrenamps weglassen, dann könnte es evtl. eher passen - und man hat zumindest Sounds, die "so ziemlich in die Richtung gehen, wie..."
Aber unbestritten - praktisch ist es schon! Ein Blechkasten, alles drin - nur halt nicht in absoluter Perfektion.
Larry