Boah! Verkaufspreise. Da fallen mir ein paar aktuellste Anekdoten ein:
1. Verkaufe einen (gepimpten) Squier Preci 60s CV, 4 Jahre alt:
Will 550.- Das Ding hat mal neu 400.- gekostet. Ein Interessent pupst mich an: "ey, ist ein Chinese, und ein Squier ich geb Dir 180!!" Ich geh auf seine Anmerkungen zuerst ein, er fängt an zu nerven, ich geb ihm den "Igno".
Am nächsten Tag fragt mich jemand: Du willste den Preci gegen einen Lakland 44-01 tauschen? Ich schau mir die Neupreise und die Gebrauchtpreise an und das Gerät selbst und tausche. Der Lakland kostet neu 965.- Geht aber gebraucht nur schlecht und meist um die 400.- weg. Nie im Leben ist der Preci vom Warenwert, von der Qualität und von seiner Spielbarkeit (und vom Sound) mit dem Lakland vergleichbar. Der Preci ist ein gutes Instrument. Es gibt ein paar Youtube Videos bei denen ein Profi dieses Instrument spielt und damit zeigt wie "gut" der Bass ist (wobei auch hier der Sound aus den Fingern kommt). Fakt: Der Markt will den Squier Preci 60s CV. Den Lakland nicht. Deswegen hab ich ein 400 Euro Squier gegen einen 1000.- Lakland eintauschen können. (Der steht übrigens gerade für 750.- im Ebay Kleinanzeigen, warum: weil ich ihn nicht verkaufen muss, aber wenn den unbedingt einer will: hier ist er und der Preis ist übrigens VB. Anekdote zwei: jemand bot mir an den gegen einen Warwick made in Germany 1991 zu tauschen). Den Lakland kann ich aber vielseitiger als den Preic beim Giggen und in meinem Studio benutzen. Für mich eine klare Entscheidung. Für den Tauschenden auch, weil er unbedingt den kleinen roten Preci wollte.
2. Verkaufe eine Gibson SG Standard in rot mit ABM Brücke und Nickelhardware nachgepimpt. Abverkauf Thomann 2013 für 888.- zzgl Pimpen, liegt die Gitarre bei etwa 1-1.100 Euro:
Ich wollte 800.- Jemand fragte nach ob ich tausche: gegen einen Fender Hotrod Deluxe V 1. Ich gab ihm die Gitarre und er mir den Amp und 300.- Wertausgleich. So ein HR geht etwa um 400 Euronen weg, ja nachdem. Ich will den Amp aber gar nicht verkaufen, ich will ihn spielen. Die Gibson "lag nur rum" also hatte ich mit 300.- dafür Null Problem. Auch hier wieder: keine Reue. Und eine SG Standard für 300.- "verschenkt", quasi. Wahnsinnig? Vielleicht. Mir aber egal.
Ich verkaufe mein Equipment also nicht nach "Gewinnerwartungen".
3. Meine Gibson M2 von Amazon kostete letztes Jahr etwa 370 Euro. Jetzt kostet das gleiche Modell beim Amazonen 480.- NP. Warum das? Scheint eine Nachfrage-Thematik zu sein. Amazon bekommt die Gitarre eben auch für einen hunderter mehr weg. Die Bewertungen der Gitarre sind absolut mau: eigentlich sollte sie billiger geworden sein. (Ich behalte meine auf jeden Fall).
4. Eine Ibanez PF 200: ich wollte um die 650.- dafür haben. Jemand wollte mir maximal 320.- geben und stänkerte rum. Ein anderer (Sammler übrigens) hat dann das gute Stück für 600.- gekauft. Der Neupreis war vor 100 Jahren glaube ich so um die 900 Mark. Die Gitarre war absolut großartig. Fast neuer Zustand, leicht, super bespielbar, qualitativ gut hergestellt. Ibanez "zieht" aber nicht so sehr wie "Gibson" wenn es um dieses Alter geht.
Fazit: der Preis kommt durch die Nachfrage. Nicht mehr und nicht weniger. Jegliche "Logik" a la "60% vom NP" ist total unsinnig und gehören vielleicht zum "Verhandlungsspiel" sind aber für den Preis absolut irrelevant. Wenn jemand so ein Teil sucht, dann zahlt er den Preis, den er dafür aufbringen will und kann. Und eben teilweise über dem Neupreis, weil es die Geräte eben nicht mehr neu gibt aber die Nachfrage da ist. Das hat übrigens nix mit "Neoliberal" zu tun, sondern mit der jeweiligen eigenen Preiseinschätzung und einem "haben wollen". Nur wollen eben mehr Leute alte Gibsons als alte Herticaster.
Neoliberal wird es vielleicht dann, wenn ein Käufer etwas "haben muss" und der Preis auf dieser Basis hoch gesetzt wird, anstatt dass er es "haben will". Und hier in dieser Verkaufsbranche liegen wir bei "haben wollen".
Beispiel dazu: mein Roland TD-11, dass es zur Zeit um die 750.- NP gibt, hatte ich für 1000.- eingestellt (weil ich es nicht verkaufen wollte, sondern die Nachfrage abgecheckt hatte). Es gab tatsächlich einen Anbieter, der genau so ein TD-11 am nächsten Tag für eine Recording Session _brauchte_ und mir deswegen _ernsthaft_ die 1000.- angezeigt hatte. Ich hab es aber nicht verkauft. (Ich hab das TD-11 mittlerweile rausgenommen, weil ich es behalten will).
Was bei mir noch sehr gut funktioniert: wirklich kooperative und nette Interessenten können bei mir zumindest einige hundert Euro aus dem Preis rausschwitzen. An einem entsprechenden Tauschangebot mit Wertausgleich habe ich immer großes Interesse, weil ich so wie Ihr alle gern viele Instrumente oder Gear ausprobiere.
Ich schätze dass der Preis jeglicher Gibsons erst einmal anziehen wird, insbesondere weil durch die Insolvenz nun wieder so ein "das war damals noch eine echte Gibson vor deren Insolvenz"-Ding entsteht.
Ich selber will aber langfristig nur noch richtiges "fick-mich" Gear haben.
(Sorry für die Wortwahl)