Nun, ich habe hier zuhause eine (der oben schon angesprochenen) PRS Bernie Marsden für 800€ und eine LP Standard für 2k. Beides Single-Cut, beide recht ähnlich.
Für die günstigere Gitarre spricht:
Der Sound ist super, ich mag nicht klagen. Würde mich nicht zu weit aus dem Fenster hängen und behaupten, dass man den Unterschied hört. Vielleicht beim Steg-Humbucker, aber beim Hals dürfte das ganz schön schwer werden.
Beide Gitarren haben Mahagoni-Body und -Hals sowie eine Ahorn-Decke und ein Palisander-Griffbrett.
Der Wide-Fat-Hals der Marsden scheint dem Slim-Taper von Gibson nachempfunden, ich fühle zwischen den beiden keinen Unterschied.
Beide Gitarren haben ein Binding, das auch den Hals umfasst. Beide Gitarren sind mit ihren jeweils charakteristischen, wunderbaren Kopfplatten und ihren typischen Inlays (Bird, Block) ausgestattet. Die günstige Gitarre kann da also mithalten.
Sowohl-als-auch-Aspekte:
Die Marsden ist unempfindlich lackiert, die LP hingegen mit Nitrolack. Während die eine zeitlos schön bleiben wird, altert die andere in Würde.
Für die teurere Gitarre spricht:
Das Carved-Top der LP gefällt mir einfach besser als das etwas unspektakuläre Top der Marsden.
Bei der Marsden war nach einem Monat der Toggle-Switch defekt und im Vergleich mit der LP fühlt sich dieser auch weniger stabil an. Bei der LP rastet der Switch merklich ein, bei der Marsden ist das etwas klappriger. Die Kabel-Buchse der Marsden muss ich immer wieder andrehen, die der LP sitzt einfach so fest, wie man es erwarten sollte.
Die LP hat Locking-Tuner, die Marsden Standard-Tuner.
An der Marsden sitzen zwei Volumes und ein Tone-Poti, während die LP je zwei Volumes und Tones hat. Darüber hinaus bietet die LP noch Coil-Tap, Out-of-Phase und einen Pure-Bypass (love it!).
Die Marsden hat eine Wrap-Around-Bridge, die LP eine aufwändigere Tune-o-Matic Brücke und Tailpiece. Die Saiten sind einzeln einstellbar.
Die Bünde der LP sind deutlich besser zu bespielen und scheinen mir etwas höher zu sein als die der Marsden und haben Fretnibs.
Die LP kommt in einem schicken, stabilen Koffer und duftet nach Vanille. Die Marsden hat bloß einen robusten Gigbag. Die eine kommt aus den USA, die andere aus Korea.
Vielleicht gibt es noch Unterschiede bei den Potis oder sonst in der Elektrik, aber damit kenne ich mich nicht aus. Ob die Platine in der Gibson gegenüber den Drähten in der Marsden ein Vor- oder Nachteil ist, kann ich nicht beurteilen. (Zumindest mir als Laien ist per Platine sofort transparent, welches Kabel wofür da ist...)
Mein Fazit: Ich mag die Marsden sehr gerne und von Sound und Handling aus gesehen ist sie vielleicht nur einen Hauch hinter der Gibson. Trotz der einfacheren Brücke intoniert sie prima. Die Gibson wiederum bietet doch etwas mehr Soundvielfalt, bessere Verarbeitung sowie schickere Details, und da ich weiß, dass sie aus den USA kommt, das gewisse USA-Slash-Voodoo-Mojo mitbringt und mir einen Jugendtraum erfüllt, nehme ich auch den höheren Preis dafür gerne in Kauf. Vom Voodoo kann ich mich nicht freisprechen (wir sind hier weit weg vom Doppelblindtest
), aber die Gibson bietet faktisch auch mehr.
Ob das dann den Preis rechtfertigt, das entscheide jeder Käufer selbst.