Ist schon ein komplexes Thema:
Allerdings, darum befassen sich auch so wenige Gitarristen damit und verkünden lieber ihre eigenen, nicht nachprüfbaren Erfahrungen, meist unter inflationärer Verwendung des Wortes "Schwingungen".
Darum sind ihnen auch Leute wie
Helmut Fleischer und Hugo Fastl
kein Begriff, obwohl sie von deren Forschungen profitieren könnten.
Diese beiden Wissenschaftler waren de Herausgeber einer
Schriftenreihe mit Beiträgen zur Vibro- und Psychoakustik an der Universität der Bundeswehr München und TUM.
Helmut Fleischer hat vor einigen Jahren seine Untersuchung "Korpusschwingungen einer Elektrogitarre" veröffentlicht, die inzwischen weltweit zitiert wird - und auf die auch Manfred Zollner baut.
Hiugo Fastl schreibt im Vorwort:
"Entgegen der allgemeinen Erwartung führen bei Elektrogitarren trotz der englischen Bezeichnung "solid body" der Korpus und insbesondere der Hals Schwingungen aus. Bei klassischen Gitarren ist eine Übertragung der Schwingungsenergie der Saiten über den Steg auf den Korpus notwendig. Der Korpus wird in Resonanz versetzt und strahlt das musikalische Signal ab. Das musikalische Signal elektrischer Gitarren wird dagegen wesentlich von elektroakustischen Tonabnhmern bestimmt. Die Klangqualität dieser Instrumente höngt von den verwendeten Tonabnehmern und vom mechanischen Verhalten des Instrumentenkörpers ab. Schwingungen des Halses, wie sie Helmut Fleischer beobachtet, sind bei diesen Instrumenten sogar unerwünscht, da sie in aller Regel zu einer Reduktion des Nachklingens führen. ... Wie schon in früheren Veröffentlichungen weist Helmut Fleischer auch in dieser Arbeit darauf hin, dass die Analyse von Betriebsschwingungen (...) im Hinblick auf die Klangqualität einer Elektrogitarre völlig ausreicht. Die aufwendigere Bestimmung von Eigenmoden bringt für die Praxis keine wesentlichen neuen Erkenntnisse, so dass in vielen Fällen eine explizite Modalanalyse nicht zwingend geboten erscheint."
Fleischer erwähnt einleitend auch das Standardwerk "
The physics of musical instruments" von Neville Horner Fletcher und Thomas D. Rossing, die die E-Gitarre nur kurz abhandeln und die ich deshab auch noch einmal kurz zitieren möchte:
Although it is possible to attach a contact microphone or some other type of pickup to an acoustic guitar, the electric guitar has developped as a distinktly different instrument. Most electric guitars employ electromagnetic pickups, although piezoelectric pickups are also used. Electric guitars may have either a solid wood body or a hollow body. Vibrations of the body are relatively unimportant, and since the strings transfer relatively little energy to the body, electric guitars are characterized by a long sustain time.
Diese renommierten Physiker und Akustiker gingen wohl davon aus, dass man sich weitergehende Überlegungen sparen kann - wie bis vor einigen Jahren auch die Gitarristen (bevor es Fachzeitschriften, immer mehr Konkurrenz bei den Herstellern und das Internet gab!).
Ich weise auch noch einmal darauf hin, dass nach Fleischer keine
Modalanalyse erforderlich ist, weil die Bestimmung der
Eigenfrequenzen, auf die hier immer wieder fälschlich hingewiesen wurde, keine neuen Erkenntnisse bringt. - Auch wenn das nicht jeder glauben will!
Zu den Personen, die eigentlich bekannt sein müssten, wenn man sich schon mal mit Akustik beschäftigt hat:
Helmholtzpreisträger Prof. Dr. Hugo Fastl ist eine Kapazität auf dem Gebiet der Akustik und der bekannteste deutsche Psychoakustiker. Zusammen mit seinem Kollegen
Eberhard Zwicker ist er Autor des Standardwerks "
Psychoacoustics. Facts and models". Jener Eberhard Zwicker, der zusammen mit Manfred Zollner das Standardwerk "
Elektroakustik" verfasst hat.
Helmut Fleischer sagte in seinem
Festvortrag anlässlich des fünfzigjährigen Bestehens des
Instituts für Musikinstrumentenbaus in Zwota zum Thema "Musikalische Akustik und Musikinstrumentenbau":
"Es geht tatsächlich bis zum Z wie Gunter Ziegenhals und Manfred Zollner. Mein Rat ist, gehen Sie hin, hören Sie zu und machen Sie sich selbst ein Bild."
Diesen Rat sollten auch einige der Anwesenden schleunigst befolgen!
Gunter Ziegenhals, um auch das noch einmal zu erwähnen,
schrieb über Zollners Buch:
Im Buch ZOLLNER "Physik der Elektrogitarre", dem derzeit wohl wichtigsten Werk zum Thema und in seinem beispielhaften Vortrag zur DAGA 2012 wurde und wird mit Mythen und Meinungen im Zusammenhang mit der E-Gitarre konsequent aufgeräumt. Dennoch halten sich hartnäckig bestimmte Vorurteile und Auffassungen mit denen sich Instrumentenmacher (professionelle Hersteller von E-Gitarren gibt es allein in Deutschland etwa 30) konfrontiert sehen bzw. die sie bewusst bedienen.