Letztes Jahr hatte ich auf Muttertag beim Edel-Italiener einen 4 Personen-Tisch reserviert und diesen letztendlich sage und schreibe 1,5 Stunden ohne etwas zu essen blockiert, weil meine Arbeitskollegin ihr smartphone in der Wohnung verlegt hatte und nicht finden konnte..das war ihr offensichtlich wichtiger, als unsere Verabredung einzuhalten.
Werde ich nie vergessen, weil ich es nicht begreifen kann, abgesehen davon, das sie mich obendrein (neben dem Nichterscheinen) noch vor allen Gästen und den Inhabern in größte Peinlichkeit versetzte.
Ihre Schwester (die bei ihr zu Besuch war) schrub mir (noch zu aller Ironie) schließlich auf whatsapp, das ihre Schwester wohl etwas später kommen würde, da sie noch ihr Handy suche.
Mir blieb nichts anderes übrig, als mich beim Inhaber zu entschuldigen und habe dann etwas für "zum Mitnehmen" bestellt, leid taten mir alle kommenden hungrigen Gäste, die keinen freien Tisch fanden.
Es war im doppelten bzw. dreifachen Sinne eine bodenlose Frechheit, mich so, noch dazu unwissend, "im Regen stehen zu lassen", bei Verabredungen warte ich "ohne Nachricht" seitdem maximal 15 Minuten !
Solche Verhaltensweisen wie oben beschrieben sind m.E. einfach nur krank.
Das ist wirklich eine peinliche Situation. Mit solchen Personen würde ich mich auch nicht mehr "verbindlich" verabreden, da mir der Stress zu groß wäre. Ich kenne aber auch so ein paar Personen die sich so ähnlich verhalten, auch wenn da das Smartphone keine Rolle spielt, sondern irgendwelche anderen Banalitäten. Wenn, dann würde ich diese Leute dazu bringen, einen Tisch oder mit ihrem Namen zu reservieren. Meiner Erfahrung nach ist es diesem Typus Person auch nicht peinlich, wenn sie irgendwo nicht erscheinen, obwohl vorher groß und verbindlich angekündigt. Man sollte nur darauf gefasst sein, dass man nicht zu hohe Vorfreude hat, nachher ist da nämlich überhaupt keine Reservierung.
Wärt ihr schon zu zweit in dem Restaurant gewesen (4 Personen-Tisch), so hätte ich einfach schon bestellt und eine kurze Nachricht geschrieben. Irgendwo hört es mit der Höflichkeit auch auf und ich sehe auch nicht ein, mich mit jeder Befindlichkeit von Hinz und Kunz zu beschäftigen. Anders sieht es aus, wenn wirklich etwas dazwischen kommt.
Ich glaube allerdings auch, dass so ein Verhalten heute immer mehr zunimmt. Immer weniger Menschen möchten sich auf etwas festlegen. Sei es bei der Studienfach-, Berufs-, Partner oder Kleidungsauswahl. Es könnte ja noch etwas "besseres" kommen oder man hat plötzlich Lust auf etwas anderes. Diese Leute empfinden diese "Flexibilität" sogar als klug, weil man ja immer auf alles reagieren kann und man unabhängig bleibt. Meiner Meinung nach haben viele aber gar keine Ei.. mehr in der Hose, um sich zu entscheiden, dann müsste man sich nämlich auch mit eventuellen negativen Konsequenzen auseinander setzen oder Fehler zu geben. Nix mehr mit makellosem Lebenslauf.
Zum Thema Smartphone bzw. Handy, denn Smartphones waren 2006 eher noch etwas für Freaks und Businessleute und man hat noch mit Plastikstiften auf dem Display rumgepickt. Zu Studienzeiten habe ich ein Projekt mit einer Kommilitonin bearbeitet und eins ihrer Hobbys lautete auch "Handy". War alles kein Problem, wenn sie mal kurz telefoniert oder gesimst hat, aber an einem Tag hat sie ihr Handy zu hause vergessen. Sie war nun nicht immer die Ruhe in Person, aber zu dem Zeitpunkt war sie richtig nervös und unkonzentriert. Sie hat dann noch über Umwege ihren Freund kontaktiert, der von der Arbeit los ist und ihr das Handy in die Uni gebracht hat. Die große Überraschung kam dann aber, als sie das Display angeschaltet hat, denn nicht ein Anruf oder SMS in Abwesenheit wurde angezeigt. Danach ging es ihr noch schlechter als vorher, weil sie immer Aufmerksamkeit von Mutter, Freund oder Orbiter brauchte.
Ein anderes Beispiel hat mir ein Kollege erzählt. Er hat sich mit einem Freund, den er längere Zeit nicht mehr gesehen hat und ein paar anderen Leuten in einer Bar getroffen. Sein Freund und die anderen haben gleich erst einmal alle ihre Smartphones auf den Tisch gelegt und die ganze Zeit angestarrt. Sobald die Benachrichtigungs-LED anging wurde sofort reagiert. Dabei waren es wohl alles irgendwelche stupiden Facebook-Posts, die gelikt und kommentiert werden mussten. Ein richtiges Gespräch oder Stimmung kam nicht zustande.
Viele Leute machen sich leider immer mehr von den sozialen Medien abhängig. Sie wollen immer die Ersten sein und es wird gelogen und gebogen, bis die erwünschte "Außendarstellung" erreicht ist. In der realen Welt hält diese Fassade oft nicht stand und der coole, abenteuerlustige Typ aus dem Netz ist einfach nur ein Langweiler mit ausgeprägter Sozialphobie. Das macht wahrscheinlich auch den Erfolg von sozialen Netzwerken aus. Man kann schnell und einfach zu etwas werden, wenn auch nur digital, was man im echten Leben nicht oder nur sehr schwer schaffen würde. Außerdem müsste man noch Zeit und Mühen investieren. Warum schwer, wenn es auch einfach geht?