Ich glaube Du überschätzt die Größe der Musikindustrie. Die dt. Musikindustrie hat 2015 gerade mal 1.5 Mrd direkten Umsatz gemacht (weltweit knapp 7 Mrd), wieviel macht VW oder Daimler jeweils alleine oder Bayer und co, Aldi oder Lidl? Das war übrigens schon immer so, sieht man vom kurzzeitigen Hoch in den 90'ern wegen CD-Doppelverkäufen ab.
Die Größe spielt doch keine Rolle in der Betrachtung von Strukturen und Fehlern ? Zudem ist es ja nicht nur die Musikindurstrie - hinter diesen Konzernen steckt ja viel mehr an Unterhaltungsindustrie.
Fakt ist, dass durch I-net und co, sowie gefühlten Tausenden von Radiosendern im Autoradio sich die Rahmenbedingungen geändert haben. Jeder kann jede Musik an allen Orten zu allen Zeiten hören, das war früher ganz anders. Dampfradio, dann Fernsehen mit Beatclub und "Disco" , Rockpalast usw. MTV? ist als Musiksender so gut wie tot. Mal sehen, wann die MTV-Awards in "Spotify" Awards umbenannt werden.
Aber wo ist das Problem oder die Verschlechterung ? Brauche ich Sender, deren Programmdirektor mir vorschreibt was ich zu hören bekommen ?
Heute kann ich aus tausenden i-net Radios oder Playlists GENAU DAS hören was ich will und habe nichts dabei was ich nicht mag - ist doch ein Vorteil.
..... irgendein Rapper eine Woche auf Platz 1 kommt weil er nur 10.000 Alben verkauft hat und die nächste Woche auf Platz 120 landet weil seine Klientel die Mucke jetzt schon hat. Das hat zur Folge dass immer mehr Mainstream an unsere Ohren kommt, denn Mainstream verkauft sich prinzipiell besser als Nische. Sollte die Crowd dann doch einmal was neues hypen, gibt es einen Labelvertrag und ein paar Nachahmer. Heute geht kaum noch jemand in der "Industrie" ein Risiko ein. Wenn du nicht 1 Million an Followern irgendwo hast bist du uninteressant ... Sprich: Die Aufbauvermarktung macht der Mucker jetzt selbst
Ja - aber auch hier hast du die Möglichkeit zu sagen: "Mache ich nicht mit" - ich höre keine Radiomusik und schaue schon lange kein "normales Fernsehen" mehr.
Zudem - durch die AUfbauarbeit und die 1 Mio Follower kannst du im Vorfeld und währenddessen schon via Youtube & Co. Geld verdienen. Zudem bist DU dann in einer weitaus besseren Position gegenüber der Plattenfirma - im Vergleich zu früher.
Früher hieß es: Werbekosten, Video, Album ... all das fließt in einen verrechenbaren Vorschuss mit ein - d.h. du hast nur dann was von deinem Geld gesehen, wenn du wirklich viel verkauft hast und "etwas übrig" blieb, nach Abzug der Kosten. Das unternehmerische Risiko ist komplett azuf den Künstler umgelegt worden.
Heute sagst du: so Leute, ich habe X Millionen Follower - was liebes Label willst du für mich machen, damit ich bei dir unterschreibe ?
Das trifft natürlich nicht auf Bands zu, deren Filmchen auf Youtube nur 153 x geklickt wurde
Weitere Entwicklung soweit ich sie überblicke:
Bis in die 2000er wurden die Musiker über Plattenverkäufe finanziert, Tourneen (siehe weiter oben irgendwo) waren nur das Vehikel zum Verkauf der Platten /CD's.
Danach gingen die Zahlen deutlich zurück, jedenfalls in der Breite. Teilweise selbst verschuldet, weil andere Plattformen für neue Musikbeschaffung aufgebaut hatten (iTunes z.B.) und die Preise diktierten was gleichzeitig dafür sorgte dass der Umsatz trotz in etwa gleichbleibenden Absatzes sank. Kurz: Neue Absatzmöglichkeiten wurden schlicht verschlafen. Spotify und ähnliche Streamingportale geben dem Musikern 0,001cent per gestreamten Song - wie oft muss ein Song gehört werden damit mehr als ein Nasenwasser in die Kasse kommt? Bei Youtube konnte man jahrelang - bis heute teilweise - Musik umsonst hören und sehen.
Tja - Zeiten ändern sich. Wer zwingt die Leute denn, sich auf die Musik als einzige Einkommensquelle zu verlassen ?
Ausserdem ist es besser, dass überhaupt etwas rumkommt, als wenn alles kostenlos geladen wird.
Ich sage ja - Kulturflatrate - und dafür alle Inhalt umsonst - jeder wird per Klick gezahlt und niemand wird kriminalisiert. Technisch ist das alles machbar
Daraufhin tourten die bekannteren Bands weils die Verträge mit den Labels noch ermöglichten. Die Ticketpreise zogen an, weil, von irgendwas muss man ja leben und das Risiko trägt oftmals der lokale Veranstalter der dann entsprechende Preise ansetzen muss. Danach hat die Musikindustrie in neuere Verträgen nicht nur eine Tourbeteiligung eingebaut (Preise stiegen weiter) sondern auch noch (ganz oder teilweise) das Merchandise-Geschäft vereinnahmt. Und trotzdem kommen die kaum einen grünen Zweig, eher jene, die den Bestand an guter oder jedenfalls gefälliger Musik derzeit ausbeuten.
ja, das ist schade - aber nochmal. Wenn ich irgendeinen anderen Beruf in Selbständigkeit ausübe und kann dort keine Preise erzielen die mir das Überleben sichern - dann war es der falsche Beruf
Früher wurde für Mucke
anders oder vielleicht sogar
mehr Geld ausgegeben, da der Konsument gar nicht anders konnte: Zu Bands gehen die im Radio nicht gespielt wurden oder nicht oft genug
Platten kaufen, Cassetten etc. Heute ist spotify nur einen Klick entfernt und kostet in der werbefreien Version 10 Euro / Monat. Dafür wird man - in der Werbe-Version oder "Pro-" mit genau der Musik beschallt die man mag oder die man glaubt zu mögen oder mögen zu müssen. Kein Plattenkauf, kein Konzertbesuch mehr nötig. Tanzen geht auch mit DJ.
Heute ist es schlicht anders, weder besser noch schlechter.
Genau - man muss einfach damit umgehen, dass Dinge sind wie sie sind. Es gibt Hörer, denen ist die Musik etwas Wert, anderen nicht.