Martman
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Da liegt der Hund begraben. Und leider sind viele Musiker zu "betriebsblind", um das zu bemerken.Wird zumindest von mir nicht behauptert, sondern erfragt: Mein Bekanntenkreis aus der Ecke "nicht Musiker" erwartet genau das. Die gehen dahin um unterhalten zu werden und bei Top40 und Atemlos, möchte jeder das typische Intro hören.
Musiker erwarten von Coverbands einen möglichst kreativen Umgang mit dem Material. Teilweise sogar bei Tributebands.
Nichtmusiker erwarten von Coverbands eine 1:1-Replika. Natürlich geht das nicht, aber Nichtmusiker wissen nicht, daß das nicht geht, weil ihnen sowohl das theoretische als auch das praktische musikalische Basiswissen fehlt.
Leider ist bei den allermeisten Gigs der Anteil der Nichtmusiker um ein Vielfaches größer als der der Musiker...
Es gibt ja sogar die, die darauf bestehen, daß eine 1:1-Reproduktion "zu einfach" sei. Wahrscheinlich haben sie das noch nie versucht, schon gar nicht mit wirklich anspruchsvollem Material vor wirklich anspruchsvollem Publikum. Denn dann könnten sie aus eigener Erfahrung sagen, ob es jetzt wirklich sowohl 1:1 als auch einfach war.Um das nochmal zu sagen: Wenn der Keyboarder das "Kabinettstücken" nicht reproduzieren kann, die Band den Song aber geil findet und ihn deswegen vielleicht auch gut spielt. Alles in Ordnung. Aber sich dann hinzustellen, wie es leider oft der Fall ist und zu sagen: 1:1 reizt mich einfach nicht, oder finde ich Anspruchslos... das ist dann einfach frech.
Gerade "Walk Of Life" und "Rosanna" sind ja Paradebeispiele für Sachen, die extrem schwer zu replizieren sind, für einen einzelnen Keyboarder ohne jegliche Zuspielungen gar überhaupt nicht. Guy Fletcher hat mal gesagt, daß noch keine Cover- und keine Tributeband je eine vernünftige Replika des "Walk Of Life"-Intro hingekriegt hat, auch weil kaum einer weiß, wie und womit das Original gemacht wurde. Das heißt – wenn man weiß, was beim Original verwendet wurde, macht das die Sache auch nicht leichter, im Gegenteil.Ich habs bestimmt schon irgendwo im Forum geschrieben, aber in meinen Coverbandzeiten war's der MuPo erst mal wurst, woher der Sound kam, aber WEHE ein markantes Motiv fällt weg. Plastiksynth-Patch für das Keysolo von Money for Nothing, war allen egal, aber die zweite Stimme von Walk of Life, wenn die sitzt (oder umgekehrt fehlt), das fällt auf.
Oder der Klassiker, das Rosanna-Keyboardsolo. Polyfusion Modular, den trägt keiner rum, aber wenn die Läufe porcaroesk auf acht Sounds verteilt kommen UND passen, DAS wiederum wird positiv honoriert (der etwas faule Greg Phillinganes hat dafür retrospektiv ja auch bisschen aufs Dach bekommen, nachdem das Original wieder auf der Bühne stand und ne Quasi-Replika abgeliefert hat, anstelle den Alibiversionen von Phillinganes und vorher auch Paich).
Allegro ist wieviel bpm genau?Na aber Hallo...
die einzelnen Tempi sind klar definiert. Warum gibt es wohl Bezeichnungen wie Allegro, Moderato, Presto etc...
Welcher Ton kurz oder lang gespielt werden soll ist ebenfalls notiert! Dafür gibt es doch Noten!
Dynamik ist auch klar definiert!
Moderato ist wieviel bpm genau?
Presto ist wieviel bpm genau?
Gab es damals schon quarzgesteuerte Metronome, die in 1-bpm-Schritten einstellbar waren?
Wer hat ein präziseres Timing bei der Tempoangabe, Herbert von Karajan oder ein Akai MPC3000?
Auch in der Notation ist die maschinenmäßige, unbestechliche Präzision eines MIDI-Sequencer jeder klassischen Notation haushoch überlegen. Klassische Notation hat nur ihr grobes Notenraster und ansonsten relative Larifari-Begriffe, außerdem nur acht Dynamikstufen.
Eine legato gespielte punktierte Viertelnote in mezzoforte am Anfang des 87. Taktes wird im MIDI-Sequencer wesentlich eindeutiger und exakter notiert: 87:00.00 Note On, Velocity 72, 87:01.48 Note Off, Release Velocity 72. Da gibt es keinen Spielraum, keine Ungenauigkeiten, kein gar nichts. Digitale Präzision. Klassische Notation kann das so nicht bieten, weil es weder 128 Dynamikstufen noch eine Timingauflösung von 96 ppqn (oder höher) hat, geschweige denn, daß es mit menschlichen Musikern mit akustischen Instrumenten – im Vergleich zu digitalen elektronischen Klangerzeugern, die per MIDI ferngesteuert werden – so präzise umsetzbar wäre.
Der ja noch nicht einmal nur abwärts geht. Das ist im Original eine duophone (!) programmierte Sequenz, bei der eine Stimme die ersten vier Noten sogar diatonisch ansteigt. Zumindest wurde diese Figur auch im Original nicht händisch eingespielt, sondern von einer Maschine (Roland Micro-Composer, der Porcaros Polyfusion ansteuerte – entsprechend simpel waren auch die beiden identischen Patches, die den Sound dazu lieferten, denn sie mußten auf einem und demselben System zeitgleich mit dem ersten Leadsound gepatcht sein).Natürlich nutze ich mittlerweile auch hier und da mal ein Arpeggio, z.B. wenn es um eine schnell gespielte Streicher-Passage geht. Seit PC3 kann ich mir die Arpeggios ja individuell erstellen. Hab ich schon mal für den schnellen Lauf abwärts beim Solo von Rosanna überlegt...
Zu den Videos werde ich mich evtl. äußern, wenn ich Gelegenheit habe, sie zu sehen und vor allem zu hören.
Martman