Möglichst originalgetreu covern? Wo bekommt man die Sounds? Welchen Aufwand betreibt ihr?

  • Ersteller Gregor07
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das würde keiner im Publikum wirklich gut finden
Wird immer gerne behauptet, was aber zu beweisen wäre. Fakt ist aber, die Musikgeschichte ist voll von Künstlern und Bands, die ihre eigenen Songs immer wieder neu interpretiert und neu erfunden haben. Wenn das überhaupt jemand stört, dann höchstens die engstirnige Mukkerpolizei. Was die technischen Fähigkeiten anbelangt: sagen wir mal eine Band covert einen Brian Auger Song, dann freut mich das und ich bin gespannt, was sie draus machen. Denn ich werde kaum erwarten, dass der Keyboarder Auger's Kabinettstückchen 1:1 reproduziert.
 
Wird zumindest von mir nicht behauptert, sondern erfragt: Mein Bekanntenkreis aus der Ecke "nicht Musiker" erwartet genau das. Die gehen dahin um unterhalten zu werden und bei Top40 und Atemlos, möchte jeder das typische Intro hören.

Ich gebe dir in deinem Beispiel recht, dass es genug Künstler gibt, die auch mal Ihre Versionen geändert haben. Aber das ist auch nicht immer gut angekommen, bzw. meistens sucht man sich den Favoriten raus und findet glaube ich nicht, dass beide Varianten gleich gut sind. Auf einem Konzert wünscht man sich dann schon eine Version glaube ich.

Um das nochmal zu sagen: Wenn der Keyboarder das "Kabinettstücken" nicht reproduzieren kann, die Band den Song aber geil findet und ihn deswegen vielleicht auch gut spielt. Alles in Ordnung. Aber sich dann hinzustellen, wie es leider oft der Fall ist und zu sagen: 1:1 reizt mich einfach nicht, oder finde ich Anspruchslos... das ist dann einfach frech.
 
Hallo Michael,
ich möchte in keinem Fall irgendwelche Kriegsschauplätze eröffnen. Es ist ein Meinungsaustausch.

Ich möchte noch einmal sagen, dass 1:1-Covern eine sehr große Herausforderung ist. Wer diese Herausforderung mit Liebe zum Detail annimmt, wird sehr viel dazu lernen. Es ist doch erst einmal wichtig zu analysieren, warum ein Song so klingt wie er klingt und da können wir Keyboarder manchmal echt ins Staunen kommen.
Unser Gehör und unser Gehirn veralbern uns nämlich hin und wieder. Oft hört man nämlich vermeintliche Sachen oder Sounds, die da gar nicht drin sind. Die das Gehirn da einfach mal eben hinzufügt. Ist dir sicher auch schon passiert, dass du eine zweite Stimme mitsingst, wo eigentlich gar keine zweite Stimme drin ist, oder man Streicher reinhält, wo eigentlich eine Synth-Pad drin ist. :-D
Genauso ist es mit den Noten. Wie ich oben erwähnte hören sich manche Kollegen ihre Parts eben nicht intensiv raus. Spielen halt mit dem Bass 8tel auf einem Ton, während da tatsächlich aber 8tel in einem melodischen Lauf gespielt wird und dann wundert man sich, warum es in der Band nicht so lebendig klingt, wie im Original. Meistens spielen die schon ab dem ersten Ton beim vermeintlichen Raushören der Noten mit und da kann man natürlich nichts mehr detailliert hören.
Ich höre z.B. in einzelnen Abschnitten raus. Erst Intro, dann Strophe, dann Refrain und dann Bridge und Ending und das eben auch nicht am Stück, sondern taktweise im Loop. Erst Hören, analysieren, mitschreiben und dann erst mitspielen.

Gitarristen/Pianisten z.B. hauen da gerne stolz über das gesamte Griffbrett/Manual die filigransten Solo´s mit gefühlten 100.000 Noten in einem Takt hin, während es am Ende nur 3 lumpige Töne sind. Oder Sie braten alles zu und lassen so keinen Raum mehr für andere Instrumente. Und dann heißt es, ich spiele es in meiner Art. Das ist nicht Banddienlich.
 
Ich habs bestimmt schon irgendwo im Forum geschrieben, aber in meinen Coverbandzeiten war's der MuPo erst mal wurst, woher der Sound kam, aber WEHE ein markantes Motiv fällt weg. Plastiksynth-Patch für das Keysolo von Money for Nothing, war allen egal, aber die zweite Stimme von Walk of Life, wenn die sitzt (oder umgekehrt fehlt), das fällt auf.

Oder der Klassiker, das Rosanna-Keyboardsolo. Polyfusion Modular, den trägt keiner rum, aber wenn die Läufe porcaroesk auf acht Sounds verteilt kommen UND passen, DAS wiederum wird positiv honoriert (der etwas faule Greg Phillinganes hat dafür retrospektiv ja auch bisschen aufs Dach bekommen, nachdem das Original wieder auf der Bühne stand und ne Quasi-Replika abgeliefert hat, anstelle den Alibiversionen von Phillinganes und vorher auch Paich).

Und das was Jean da schreibt mit den Gitarristen ist auch wahr, je technisch fähiger der Klampfer, desto mehr fiddelt der ums Original rum hinzu, während der Keyboarder schon händetechnisch nicht in der Lage dazu wäre. Schon ekelhaft in manchen Jazz-Situationen, wo das Thema selbst aussagekräftiger wäre würde man es nur richtig spielen, aber im Coverbereich ebenfalls anzutreffen und da nicht selten noch nerviger. Hatte mal die Ehre, ne an sich schon unfähige Toto-Coverband in ner Bar um die Ecke zu hören, deren Gitarrist sich für Luke hielt, aber leider jeder phrasierte Solo in eine Tappingschlacht umwandelte...
 
Jean, mit deinem obigen Beitrag 63 bin ich völlig einverstanden, das sehe ich genauso. Was du schreibst, habe ich ja auch in meinem Beitrag 54 schon so angedeutet:

Ich verstehe durchaus, warum Top-40 und Tribute Bands versuchen, so nahe wie möglich an das Original zu kommen, und habe großen Respekt vor dem Können und dem Aufwand, der da getrieben wird.

PS: Nebenkriegsschauplatz klingt zwar etwas martialisch, aber du weißt schon, wie es umgangssprachlich gemeint ist ;).

Toeti, vielleicht sind wir einfach auch in unterschiedlichen musikalischen Welten unterwegs, und das wirkt sich auch auf den "Bekanntenkreis Ecke Nicht-Musiker" aus. Oder es ist ein Frage des Altersunterschiedes (hüstel) :D. Bei mir im Umfeld ist das eher so, Hauptsache die Leute erkennen das Lied, was da vorgetragen wird, das ist bereits 100% der Miete. Irgendwelche Intros oder andere Details sind völlig egal, oft wissen sie nicht mal den Songtitel oder wer's im Original verbrochen hat, das ist alles Nebensache. Man kennt die Melodie, vielleicht sogar noch ein bisschen Text, weiß wie man sich dazu bewegen kann, und die Welt ist in Ordnung. Gerne werde ich auch mal nach meiner Meinung als jemand, der auch slbst Musik macht, gefragt. Falls ich mich dann mal aufschwinge, irgendwelche konstruktive Kritik zu äußern, dann ist regelmäßig die Antwort: "Ja, DU hörst sowas, mir fällt sowas überhaupt nicht auf, mir gefält einfach, was sie spielen".

Wie du schon schriebst, es gibt nicht Schwarz/Weiß, sondern jede Menge Grauschattierungen. Gerade auch im Publikum, das wäre meine Erfahrung.
 
Die gehen dahin um unterhalten zu werden und bei Top40 und Atemlos, möchte jeder das typische Intro hören.
Einspruch: Die gehen dahin, um unterhalten zu werden und zu tanzen und mitzusingen. Intro ist egal, solang danach die Melodie und der Text ("Wir ziehen durch die Straßen ...") erkennbar und mitsingbar sind.
Ein älterer Musiker meinte mal zu mir: "Beat und Melodie, das ist wichtig. Alles andere ist Orgel" :D

Niemand weiß wirklich, wie Beethovens Neunte bei der Uraufführung geklungen hat
Logisch, weils noch keine Audioaufzeichnung gegeben hat. Ich will mir nicht ausmalen, wie die Musikgeschichte wohl aussähe, wenn es das damals schon gegeben hätte :D
 
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Logisch, weils noch keine Audioaufzeichnung gegeben hat. Ich will mir nicht ausmalen, wie die Musikgeschichte wohl aussähe, wenn es das damals schon gegeben hätte :D
Na ja.... die Aufzeichnungen gibt es schon. Zwar nicht als Audio, aber in Papierform.
Die Komponisten von damals waren auch oft gleichzeitig die Arrangeure und Dirigenten und haben die Partituren für alle Instrumente des Orchesters nach ihren Vorstellungen geschrieben. Die wussten schon sehr genau, wie es klingen soll. Selbst Leute wie Beethoven, welcher taub war. Diese Werke kann man heute noch genauso spielen und klingen lassen wie damals.
 
Na ja.... die Aufzeichnungen gibt es schon. Zwar nicht als Audio, aber in Papierform.

Und eben diese Papierform läßt so viel Interpretationsspielraum, daß man bei zwei extrem in verschiedene Richtungen angelegten Interpretationen des selben Stücks glauben könnte, es handle sich um verschiedene Werke ...

Thomas
 
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Na ja.... die Aufzeichnungen gibt es schon. Zwar nicht als Audio, aber in Papierform.

Also sind Noten für Dich doch so etwas wie MIDI-Files, die alle Informationen zur Tonbildung bis auf den eigentlichen Sound enthalten. Deshalb hatte ich in meiner Antwort weiter oben auch MIDI angeführt. Sind sie aber nicht...

Und eben diese Papierform läßt so viel Interpretationsspielraum, daß man bei zwei extrem in verschiedene Richtungen angelegten Interpretationen des selben Stücks glauben könnte, es handle sich um verschiedene Werke ...

Daher volle Zustimmung hierfür. Meine Mutter ist pensionierte Klavier-Professorin, und immer noch auf der Suche nach der "richtigen" Interpretation, und lernt nach eigener Aussage mit jeder Information über Entstehungszeit, Komponisten, etc. noch etwas dazu...
 
So viel Möglichkeiten zur Interpretation bleiben da nicht, wenn man sich exakt an die die Partitur hält, wie sie der Komponist damals notiert hat und sie nicht nach eigenen Geschmack verändert.
 
So viel Möglichkeiten zur Interpretation bleiben da nicht, wenn man sich exakt an die die Partitur hält, wie sie der Komponist damals notiert hat und sie nicht nach eigenen Geschmack verändert.

Ich glaube, Du unterschätzt die Faktoren

- Tempo
- Dynamik
- Phrasierung
- Agogik

gewaltig.

Thomas
 
Oh das steht alles in einer Partitur! Geschwindigkeit, Betonung, jede einzelne Note, jede einzelne Pause, etc...
Wenn da Andante steht, spielt man nicht Adagio, und bei Pianissimo nicht Fortissimo, wenn da 32tel stehen, spielt man keine 8tel und aus einem Fis wird auch nicht B. Punktierte Noten sind Punktierte Noten und Bidebögen, Bindebögen. Aus einer Partitur für Streicher wird keine Partitur für Posaune und selbst die Orchestergrößen sind klar definiert.

Interpretieren ist, wenn man eine eigene Fassung (Abwandlung) vom Original spielt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Na sicher steht jede Note und jede Pause in den Noten. Das ist aber auch schon alles.

Die Tempobezeichnungen sind erstens nicht so eindeutig wie Angabe in bpm, also durchaus verschieden interpretierbar, selbst wenn man sich daran halten wollte.

Darüber, welcher Ton in einer Phrase leicht, und welcher schwer zu nehmen ist, oder welcher lang und welcher kurz, steht nix in den Noten.

Und auch über die Dynamikunterschiede der verschiedenen Stimmen oder Stimmgruppen (= Balance) steht nix in den Noten.

Thomas
 
Na aber Hallo...
die einzelnen Tempi sind klar definiert. Warum gibt es wohl Bezeichnungen wie Allegro, Moderato, Presto etc...
Welcher Ton kurz oder lang gespielt werden soll ist ebenfalls notiert! Dafür gibt es doch Noten!
Dynamik ist auch klar definiert!
 
Na gut. Ich geb‘s auf.

Ich weiche Deiner zur Schau gestellten Expertise und verziehe mich wieder von hier.

Thomas
 
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So viel Möglichkeiten zur Interpretation bleiben da nicht, wenn man sich exakt an die die Partitur hält, wie sie der Komponist damals notiert hat und sie nicht nach eigenen Geschmack verändert.
Du hörst wenig Klassik, hast vermutlich selbst wenig Klassik gespielt, nehme ich an? Sonst kämst du kaum zu solchen Aussagen. "Allegro" z.B. ist mitnichten "klar definiert", genausowenig wie ff oder pp. Schon ein Klavier mit relativ wenig Artikulationsmöglichkeiten gibt einem enorm viele Dimensionen, die zwar theoretisch notiert werden könnten, aber in der klassischen Literatur eben meist nicht notiert sind, z.B. bei der Stimmführung (also der Anschlagsstärke einzelner Finger bzw. rechte vs. linke Hand oder Heraushebung einzelner Noten) - notiert sind ja meist nur die "globale" Dynamik der gesamten Passage plus ggf. (über)deutliche Akzente. Pedal ist ganz oft überhaupt nicht im Einzelnen notiert (wohl aber vom Komponisten gewollt). Es ist schon ein Unterschied, ob Horowitz einen Chopin spielt oder Lang Lang - und BEIDE halten sich an die Noten!
Und jetzt haben wir von Streichern und Bläsern mit unterschiedlichem Bogenstrich, Ansatz, verschiedenen Griffen für gleiche Noten etc. noch gar nicht angefangen.
 
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So ein Mist, meine 10 Jahre klassische Klavierausbildung, sowie Theorie und Musikgeschichte zu DDR Zeiten an der HfM Franz Liszt, sind vorn Arsch gewesen
 
Ja. Es scheint fast so ...
 
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Das habe ich nicht gesagt. Aber wie man in 10 Jahren klassischer Klavierausbildung, Theorie und Musikgeschichte offenbar die Themen "Interpretation", "Artikulation" und "Agogik" völlig ausklammern kann, ist mir ein Rätsel. ;)
 
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Der Titel dieses Thread heißt „Möglichst originalgetreu Coven“. Oder irre ich mich.
Interpretieren ist nicht „möglichst originalgetreu covern“! Interpretieren ist in Anlehung des Originals als Vorlage und hat nichts mit „moglichst originalgetreu covern“ zu tun.
Mein Lehrer hätte mir auf die Finger geklopft, wenn ich rgendwas anderes in das Notenblatt hineininterpretiert hätte, was dort nicht steht.
 

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