Nur das noch:
Jetzt wirst Du arrogant - sorry, wenn ich das mal so direkt schreiben muss.
Was ich damit meinte, war:
Ihr wollt von mir, daß ich etwas zeige, was "meinen 90%" entspricht.
Problem: Was für mich 90% sind, ist für andere Keyboarder "Niemals,
NIEMALS werde ich mich hinsetzen und derart winzigkleine futzelige Details rauszufriemeln versuchen! Nicht mal Tributebands gehen derart ins Detail! Außerdem hört das niemand, nicht über Referenzmonitore und über eine PA schon gar nicht!"
Will sagen: Ich werte anders. Wenn das Filter des Synthesizers, mit dem ich einen Sound nachbaue, bei gleicher Flankensteilheit, gleicher Cutoff-Frequenz und gleicher Resonanz anders klingt als das Filter beim Original, dann bedeutet das für mich schon mal 10% oder mehr Abzug, weil ich das einfach nicht haben kann, weil mich das für mich selbst extrem stört.
Konkretes Beispiel: Das Filter des Access Virus C packt sowohl auf 24 dB/Oktave Tiefpaß als auch als Kette von zweimal 12 dB/Oktave Tiefpaß mehr zu als das Tiefpaßfilter eines der alten Roland Junos (das eigentlich eine theoretisch multimodefähige Kette zweier 12-dB-Filter ist und kein zusammenhängendes 24-dB/Oktave-Transistorkaskadenfilter) und "quakt" bei Cutoff-Modulationen deutlich mehr, als wäre immer die Resonanz ein Stück aufgedreht – auch wenn sie es gar nicht ist. Mich stört das ohne Ende, vor allem, daß ich kaum eine Chance habe, das abzustellen. Es ließe sich nur mit einem unrealistisch heftigen Cutoff-Offset zwischen den beiden 12-dB-Filtern abmildern, aber dann wird das Filter an sich so diffus, als wären die beiden Filterhälften des Juno völlig gegeneinander verstellt.
Anderes Beispiel: Die Hüllkurven des Virus haben auch nicht immer die gewünschte Charakteristik (linear vs. exponentiell, wie stark exponentiell). Es kommt vor, daß mich das so stört, daß ich einen Dreifach-Modulationsslot pro Hüllkurve opfere, damit die jeweilige Hüllkurve sich selbst modulieren kann, also ihre Attack-, Decay- und Release-Phasen (geht beim Virus nicht anders, es gibt keine Einstellmöglichkeiten für die Hüllkurvenform). Aber auch da habe ich schon mal das Problem, daß die Rasterung der Modulationsintensität beim Virus zu grob ist, als daß ich die Charakteristik bekommen kann, die ich gern hätte. "Falsche" Hüllkurvenfahrten führen bei mir auch schon zu deutlicher Prozentabwertung.
Stichwort Hüllkurven: Mich stört bei Synthesizern mit digitalen Hüllkurven generell, daß deren Retriggering nicht funktioniert wie bei klassischen Analoghüllkurven. Bei letzteren startet die Hüllkurve neu bei dem Level, auf dem sie gerade ist. Bei Synthesizern mit digitalen Hüllkurven wird sie meistens hart auf null zurückgesetzt und startet da. Und das klingt bei legato gespielten monophonen Sounds einfach grauenvoll. Die Alternativen wären kein Retriggering (führt dazu, daß man legato die ganze Zeit in der Releasephase spielt, sofern das überhaupt einstellbar ist), oder den Sound polyphon zu bauen (hat auch nicht den charakteristischen Klang eines Monosynth). Mal ehrlich: Das an sich sollte den Authentizitätsgrad eines Sounds doch um mindestens 10–20% abwerten, oder?
Damit sind "meine 90%" schon ein Riesenaufwand und häufig gar nicht erreichbar.
Martman