Wenn beim Modeller die Hardware des Originalgerätes rechnerisch eins zu eins nachgebildet wird und beim Profiler nur eine Art IR des augenblicklichen Zustand des Originalbildes erstellt wird, dann arbeiten Modeller ja viel genauer, als Profiler, weil der Modeller die Hardware mit allen möglichen Zuständen der Hardware abbildet und Profiler nur einen.
Dass ein Modeller die Hardware
komplett und zu 100% realistisch abbildet, ist
das Ideal des herkömmlichen Komponenten-Modellers; wie alle Ideale wird das in der nüchternen Wirklichkeit (Preis, Aufwand etc.) wohl meistens nicht wirklich erreicht und jeder Hersteller beschäftigt schlaue Software-Entwickler, die wissen, wie und wo man tricksen kann/muss/sollte, um das gewünschte Ergebnis möglichst effizient zu erreichen. Fractal scheint da, soweit ich das überblicken kann, tatsächlich den größten Aufwand zu treiben.
Oder könnten Modeller intern nicht auch mit Factory-Profilen arbeiten?
Bitte ganz langsam lesen, damit du wirklich verstehst, worum es geht: Ein Profil ist ein Snapshot einer konkreten Einstellung eines Amps. Es wird ermittelt, indem unterschiedliche Eingangssignale mit den Ausgangssignalen verglichen wird - aus der Differenz berechnen schlaue Algorithmen, wie man das Eingangssignal behandeln muss, damit später das gleiche herauskommt wie das, was der Amp macht. Soweit klar?
Wenn du einen Snapshot von einem voll aufgedrehten Plexi machst, dann steckt in diesen Snapshot die Information, wie dieser Amp auf unterschiedlich laute und hohe Signale reagiert. Wenn du also z. B. das Volume-Poti der Gitarre runterdrehst, dann enthält der Snapshot die Information, wie der Amp darauf reagiert, dass das Eingangssignal jetzt schwächer wird. Was aber
nicht in diesem Snapshot steckt - wie soll es da auch rein kommen? - ist die Information, wie der Plexi sich verhält, wenn du
an den Reglern vom Amp herumfummelst. Was genau passiert da, inwieweit beeinflussen sich die Einstellungen verschiedener Regler, was kommt dabei raus? Das Profil weiß das nicht, aber beim Komponenten-Modelling wird genau das analysiert und
das Zusammenspiel all dieser Parameter (mehr oder wenig detailliert) nachgebildet.
Jetzt haben Hersteller wie Kemper ein paar allgemeine Algorithmen entwickelt, um z. B. Änderungen an EQ-Reglern oder auch Gain einigermaßen sinnvoll und, wenn du willst, "über" das Profil gelegt, zu simulieren. Sie sagen aber auch ganz klar, dass man hier Änderungen am Profil vornimmt, die dem, was der echte Amp macht, höchstwahrscheinlich nicht mehr entsprechen. Das "Liquid Profiling" soll das, ohne ins Detail zu gehen, beim Kemper verbessern, d. h. was der Profiler letztlich "oben drüber legt", soll dadurch realistischer werden. Es bleibt aber dabei: Ein Profil tut
genau dann das, was es tun soll und leisten kann (!), wenn man es möglichst wenig "oben drüber" verändert.
Ich hoffe, die Erklärung hat dir geholfen, dir die Frage selbst zu beantworten.