Und außerdem darf ja wohl schon der Meinung sein, dass sich auch ein einzelner Ton, angespielt und ausklingen gelassen auf, auf einer teuren Gitarre besser anhören sollte als auf einer billigen, was meiner Erfahrung nach auch zutrifft, nur eben nicht auf auf dem Eband...
Siehst du, das sehe ich eben genau so nicht.
Für mich sind ab einer gewissen Preis- bzw. eher Qualitätskategorie (denn das eine hat absolut nicht zwingend mit dem anderen zu tun) kaum noch objektiv zu beurteilende Unterschiede auszumachen. Natürlich kann man sagen, dass eine Gitarre (bzw. vielleicht viel eher die verwendeten Pickups) mehr Höhen rauswerfen. Auch kann man gewiss Unterschiede in anderen klanglichen Dingen finden, das Sustain ist unterschiedlich, etc etc etc.
Aber ab einer gewissen Klasse unterwirft sich die Bewertung schlicht und ergreifend nur noch subjektiven Kriterien, und die Unterschiede machen sich lediglich darin aus, wie man selber diese subjektiven Qualitäten in sein Spiel einzubauen in der Lage ist. Deshalb sind solche "purer Sound" Vergleichsteste meiner Meinung nach gar nicht sinnvoll.
Die können zwar schon bspw. sowas wie die Flexibilität einer Gitarre demonstrieren, man kann u.U. auch hören, wie sich sowas wie Obertöne und dgl. aufbauen, aber das ändert rein gar nichts daran, dass unterm Strich der Spieler den Ton macht. Es gibt ja die vielzitieren Vergleiche a la "drück EVH 'ne Nylon in die Hand oder Santana 'ne Strat und 'n Marshall - sie werden immer nach EVH oder Santana klingen". Und genau deshalb bringen reine Ton-Vergleichstests mMn absolut gar nichts, denn wenn der Spieler dahinter so viel Einfluss hat (und das ist eindeutig so), dann hilft eine objektive Analyse nicht weiter. Sonst könnte man ja auch einfach das ein oder andere Messgerät (ein Frequenzmeter, ein Lautstärkemeter, einen Oszillographen und dgl.) anschließen und danach objektiv die Qualität einer Gitarre beurteilen. Und genau das klappt nicht.
Einzeln klingende Töne und Akkorde sind absolut kein Qualitätsmerkmal für eine Gitarre. Dei Qualität einer Gitarre kommt erst dann zum Ausdruck, wenn jemand sich durch den gebotenen Sound, die gebotene Bespielbarkeit und etliche andere (oftmals höchst subjektive) Eigenschaften zum "engagierten" Spielen ermuntert fühlt und dadurch noch besser als vielleicht auch schon auf anderen Gitarren in der Lage ist, einen guten "Ton" zu erreichen.
Natürlich kann man danach, aber eben nur auf Basis des "engagierten" Spiels und/oder der Aussagen des Spielers für sich evtl. eine Vorentscheidung treffen (mit ganz starker Betonung auf "Vor"!).
Als Beispiel: Wenn ein guter bis sehr guter Heavy-Spieler sich eine Gitarre schnappt und damit über den Amp seiner Wahl nicht in der Lage ist, der Klampfe gescheite, fette Rocktöne zu entlocken und das meinetwegen noch mit Aussagen wie bspw. "hier matscht die Gitarre zu doll" oder "die PUs könnten deutlich mehr Hochmitten rauswerfen" kommentiert, dann kann ich, so ich denn ansonsten die Qualitäten des Spielers kenne und an einer stilistisch ähnlich angelehnten Gitarre interessiert bin, durchaus die vorgestellte Gitarre bei meinen nächsten eigenen Tests hintenan stellen. Noch deutlicher: Wenn mir EVH sagen würde, er könne aus Gitarre XYZ im Leben keinen gescheiten Van Halen Ton rausholen, dann kann ich, als etwaiger EVH Epigone, ganz augenscheinlich auch die Finger davon lassen (mal abgesehen davon, dass der gute Herr ja aus ganz anderen Gründen für eine Weile auch auf dem allerbesten Equipment keinen gescheiten Ton rausbrachte...). Die vorgestellte Gitarre kann aber durchaus für den ambitionierten Fusion-Spieler ein Traum sein.
Das Umkehrbeispiel wäre, wenn sich irgendein Spieler hinsetzt, und aus einer - sagen wir mal - 300 Gitarre einen fantastischen Sound rausholt. Dann muss mir das, zumindest theoretisch (und an sich auch praktisch) ebenfalls möglich sein. Auch wenn das Oszilloskop von brutalen Frequenzeinbrüchen hier und da berichten mag.
Und dann gibt es noch ein anderes Beispiel, diesmal ein tatsächliches: Da schwärmt ein Herr Heinz Rebellius in der "Gitarre & Bass" von irgendeiner Klampfe oder einem Amp. Naja, und dann gehe ich auf die Webseite und höre mir mal ein paar der seit einiger Zeit verfügbaren Soundfiles an - HUCH? Was ist DAS denn? Schlechtes Timing, kein Fingerton, nix. Wie soll ich dem Typen jemals wieder ein Wort glauben? G&B ward (wenn überhaupt, aber eigentlich gar nicht) fortan nur noch am Zeitungsstand im Supermarkt gelesen, ich zahle kein Geld für eine Zeitschrift, in der kaum brauchbare Spieler und verhinderte Amateurpoeten (a la Franz Holtmann) irgendwelches Zeug plappern.
Aus meiner persönlichen Sicht: Ich habe im Moment 3 Hauptgitarren für den Live-Einsatz:
- Eine G&L Legacy.
- Eine Tom Anderson "semi hollow body (drop top pipapo)".
- Eine Pacifica Tele.
Preislich spielen alle drei Gitarren in vollkommen anderen Ligen. Die Pacifica hat 200 gekostet. Ich habe zwar ca. weitere 600 investiert, hätten aber an sich auch nur 300 sein müssen (man muss ja keine Sperzels, Graphtechs und einen zusätzlichen PU, der auch noch ein neues Pickguard erforderte, in so eine Gitarre einbauen). Macht 500.
Die G&L ist zwar PU-seitig auch ziemlich teuer gepimpt, letztendlich würde der Neuwert in dem Zustand aber vielleicht so bei 1200-1500 liegen.
Und die Anderson (ebenfalls recht heftig gepimpt) sollte so bei 3000 liegen, vielleicht sogar höher.
So, mit allen drei Gitarren kann ich alle Jobs spielen, die jemals so anfallen. OK, die Pacifica wird in der Tat etwas seltener genutzt, das hat aber absolut keinen klanglichen Hintergrund, sondern lediglich damit zu tun, dass kein Jammerhaken dran ist und mich das fehlende Armshaping am Korpus unendlich nervt.
Was sagt mir das? Es ist vollkommen egal, wie teuer oder wie "objektiv gut" eine Gitarre ist, ab einer gewissen Qualität geht es nur noch um subjektive Dinge. Dem einen mag das sein Vogelaugenahorn sein, dem anderen die Vintage-PUs, wieder andere müssen's voll modern mit FR und EMGs haben, und dann gibt's auch Typen, die es ganz toll finden, wenn ein Instrument "relict" wurde. Na bitte sehr. Besonders objektive Kriterien sind das allesamt nicht.
Für mich persönlich gibt es drei "objektive" Qualitäten einer Gitarre:
- Flexibilität (brauche ich und möchte ich).
- Brummfreiheit (was mir einige andere Nachteile beschert).
- Gute Bespielbarkeit, das heißt aber nicht unbedingt Briefmarkensaitenlage. es muss nur ausgewogen sein, ich bin nicht der Meinung, dass ich mit einer Gitarre um den Ton "kämpfen" sollte.
Vielleicht zählt noch "Sustain" dazu, aber das betrachte ich bei jeder Gitarre, die auch nur annähernd interessant sein könnte, als gegeben.
Der ganze Rest ist dann komplett subjektiv. Und von daher mit objektiven Soundvergleichen überhaupt nicht abzudecken.
Gruß
Sascha