Natürlich wurden und werden die gebrochen. Wie bringst du konkret Debussys Ganztonakkorde, Bartoks Vierteltöne, außereuropäische Skalen, Cages prepared piano oder 4'33" oder mikrotonale Musik von Harry Partch in "deinem" Regelsystem unter?
Einspruch! Gerade Cage hat gerne die überkommenen Regeln in der Musik gebrochen. Er hat ja beileibe nicht nur mit den "sieben Tönen und fünf Halbtönen" gearbeitet und komponiert.
Ich denke da vor allem an die vielen Werke, in denen er Geräusche und geräuschhaft verfremdete Klänge verwendet, z.b. präparierte Klaviere u.a.
Ich habe davon gesprochen, dass es Regeln unterschiedlicher Art gibt.
Die Spielregeln des Schach (ein König darf nur auf bestimmte Art ziehen) werden
nie gebrochen, ansonsten ist es kein Schach mehr.
Wenn beim Fußball ein Feldspieler den Ball in die Hand nimmt, ist das nie erlaubt, ansonsten ist es kein Fußball mehr.
Das sind Regeln unverrückbarer Art. Wer diese Regeln bricht, ist kein kreativer Fußballer oder Schachspieler, sondern spielt kein Fußball oder Schach mehr.
Regeln beim Schach wie "Regeln der Eröffnung" basieren auf Erfahrungswissen und Konventionen und meinethalben einer "Kunst des Schachspielens" - und diese dürfen gebrochen werden, ohne dass man dadurch aufhört, Schach zu spielen.
Wenn ein Trainer mit konventionellen Taktikregeln bricht - was immer mal wieder geschieht, beispielsweise wenn ohne Mittelstürmer oder mit einer variablen 3er- und 5er-Abwehrkette gespielt wird, bricht auch Regeln des Erfahrungswissens, der Konvention oder meinethalben der "Kunst des Fußballspielens" - aber er spielt immer noch Fußball.
Das sind Regeln konventioneller Art. Wer diese Regeln bricht, ist kreativ, spielt aber immer noch Fußball oder Schach.
Unter den Bruch der Regeln dieser konventionellen Art fasse ich alle oben genannten Beispiele und weitere.
Das sind aber nicht die Regeln, die meines Erachtens Glareanus gemeint hat und auf die ich mich beziehe.
Genauso ist das mit der Musik und der KI und Kreativität bzw. learning by doing.
Es geht bei den neuen Programmen, von denen Galeanus eins aus dem Bereich Schach angeführt hat, darum, dass diese nur die Spielregeln - die, wo nicht gebrochen werden dürfen - als Ausgangspunkt haben und "dennoch" nur durch learning by doing in kurzer Zeit führend sind - in einem Spiel, das als sehr komplex angesehen wird (wo also gesammeltes Wissen, Konventionen, Taktiken etc. eine große Rolle spielen).
Cage und alle anderen Beispiele berühren nicht die unverrückbaren Regeln der Musik, sondern nur die Regeln, die sich auf Konventionen beziehen.
Da die neuen Programme, die auf learning by doing auf der Grundlage nur unverrückbarer Regeln basieren, diese Konventionen überhaupt nicht brauchen, steht zu erwarten, dass sie ähnlich wie die Programme beim Schach sehr schnell sehr gute Ergebnisse erzielen werden.
Die Frage für mich ist eher: Wie passiert dieses learning by doing für Programme im Bereich der Musik?
Beim Schach lernt das Programm, indem es merkt, welche Züge erfolgreich waren. Und das ist eindeutig entscheidbar, weil es entweder verliert oder gewinnt oder unentschieden spielt. Je öfter es gewinnt, desto erfolgreicher spielt das Programm. Das kann es durch learning by doing vervollkommnen.
Aber wie erfährt ein Programm, das komponiert, welche Komposition "erfolgreich" oder "gelungen" ist?
Es kann dies nur durch Feedback lernen.
Aber wer gibt dieses Feedback und nach welchen Kriterien?
Bei Charterfolgen ist das einfach - aber die Charts spiegeln nur einen gewissen Bereich der Musik wieder.
Und sie zielen in der Regel auf kurzzeitigen Erfolg ab.
x-Riff